TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/8 W204 2140117-2

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Veröffentlicht am 08.09.2021
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Entscheidungsdatum

08.09.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W204 2140117-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER über die Beschwerde des H XXXX R XXXX , geb. am XXXX 1993, StA. Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.01.2020, Zl. 1029567806/190150365, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Spruchpunkte I. und III. bis VI. sowie VIII. werden ersatzlos aufgehoben.

Die Spruchpunkte II. und VII. werden dahingehend abgeändert, dass dem BF in Stattgebung seines Antrags auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine auf zwei Jahre ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), einem afghanischen Staatsbürger, wurde mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 12.10.2016 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

I.2. Die befristet erteilte Aufenthaltsberechtigung wurde nach einem entsprechenden Antrag des BF mit Bescheid vom 17.10.2017 um zwei Jahre verlängert.

I.3. Nachdem der BF einen Antrag auf weitere Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gestellt hatte, langte am 04.02.2019 ein Abschlussbericht ein, wonach der BF verdächtigt werde, fremde Ausweise zu gebrauchen.

I.4. Am 19.09.2019 wurde dem BFA mitgeteilt, dass ein gegen den BF geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Vergehen nach dem SMG eingestellt worden sei.

I.5. Da dem BFA der Aufenthaltsort des BF nicht bekannt war, wurde auf Anregung des BFA ein Abwesenheitskurator für den BF bestellt und diesem schriftlich Parteiengehör zu einer beabsichtigten Aberkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigten gewährt.

I.6. Am 29.07.2019 gab der Abwesenheitskurator des BF den aktuellen Aufenthalt des BF bekannt und führte aus, dass eine Aberkennung des Status nicht gerechtfertigt wäre.

I.7. Am 07.08.2019 nahm der Abwesenheitskurator zu den im schriftlichen Parteiengehör gestellten Fragen Stellung.

I.8. Am 17.10.2019 wurde der BF von der zur Entscheidung berufenen Organwalterin des BFA im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Dari niederschriftlich einvernommen und zu seiner Situation in Österreich und einer möglichen Rückkehr nach Afghanistan befragt. Der BF gab an, er könne nicht zurückkehren, da er in Afghanistan getötet werde. In Afghanistan seien die Leute arm und würden hungern.

I.9. Mit Bescheid vom 15.01.2020 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die befristet erteilte Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde abgewiesen (Spruchpunkt VII.) und gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Begründend führte das BFA aus, dass sich die persönliche Situation des BF seit der Zuerkennung erheblich und nachhaltig verbessert habe. Das Einreiseverbot sei zu erlassen, weil über den BF eine Verwaltungsstrafe verhängt worden und er mittellos sei.

I.10. Mit Verfahrensanordnung vom 16.01.2020 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

I.11. Am 11.02.2020 erhob der BF gegen den unter I.9. genannten Bescheid Beschwerde in vollem Umfang wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid zur Gänze ersatzlos zu beheben, dem Antrag auf Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stattzugeben, festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und dem BF einen Aufenthaltstitel zu erteilen, in eventu den Bescheid zu beheben und die Sache an das BFA zurückzuverweisen.

Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA keine entscheidungswesentliche Änderung aufgezeigt habe. Das BFA verletze das Prinzip der Rechtskraft. Geändert habe sich nicht die Lage, sondern die rechtliche Beurteilung. Unabhängig davon lasse die aktuelle Situation eine Rückkehr des BF nicht zu.

I.12. Am 13.02.2020 langte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein, wobei das BFA die Abweisung der Beschwerde beantragte.

I.13. Am 09.03.2020 legte das BFA die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Gebrauchs fremder Ausweise vor.

I.14. Am 15.06.2020, am 23.07.2020, am 11.12.2020 und am 24.06.2021 legte der BF Integrationsunterlagen vor.

I.15. Am 05.07.2021 wurde die Rechtssache der erkennenden Gerichtsabteilung aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses neu zugewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-        Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle;

-        Einsicht in die aktuellsten Länder- und Medienberichte;

-        Einsicht in die im Rahmen des Verfahrens vorgelegten Unterlagen;

-        Einsicht in das Strafregister, in das Grundversorgungssystem und in das Zentrale Melderegister.

II. Feststellungen:

II.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den Namen H XXXX R XXXX und das Geburtsdatum XXXX 1993. Seine Identität steht nicht fest. Er ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Seine Muttersprache ist Dari. Außerdem spricht der BF Farsi. Der BF ist ledig und kinderlos.

Der BF wurde in K XXXX im Iran geboren und hat dort bis zu seiner Ausreise nach Europa gelebt. Der BF hat im Iran die Schule für zehn Jahre besucht. Im Iran hat er als Musiker und auf Baustellen gearbeitet, womit er in der Lage war, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

II.2. Zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der befristeten Aufenthaltsberechtigung:

Der BF stellte am 23.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, der in Bezug auf den Status des Asylberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2017, W138 2140117-1/12E, rechtskräftig abgewiesen wurde.

In Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten war seinem Antrag bereits zuvor mit Bescheid des BFA vom 12.10.2016 stattgegeben und dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt sowie ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 12.10.2017 erteilt worden. Dazu stellte das BFA fest, dass der BF im Iran geboren worden sei, wo er auch die Schule besucht habe. Er sei nie in Afghanistan gewesen. Er sei gesund und arbeitsfähig. Eine asylrelevante Verfolgung könne nicht festgestellt werden, allerdings könne festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Afghanistan für den BF die reale Gefahr eine Verletzung der in § 8 AsylG genannten Rechte bedeute. Das BFA stellte fest, dass der BF keine Familienangehörigen in Afghanistan habe. Er habe keine familiären, sozialen oder wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Es existiere durch den durchgängigen Aufenthalt des BF im Iran keine Bindung mehr zu Afghanistan.

Am 10.10.2017 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, dem mit Bescheid vom 17.10.2017 stattgegeben wurde. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde bis zum 12.10.2019 erteilt. Die Verlängerung wurde damit begründet, dass die Lage/Sicherheitslage im Herkunftsstaat unverändert sei.

Am 02.08.2019 stellte der BF einen weiteren Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

II.3. Zu Änderungen beim BF seit der Zuerkennung und der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Der BF war von 23.12.2017 bis zum 09.04.2018 Liftangestellter, vom 28.08.2018 bis 21.09.2018 war er Produktionsmitarbeiter in einem Holzunternehmen. Von 04.10.2018 bis 16.11.2018 war er bei einem Sportwettenunternehmen beschäftigt. Von 21.05.2019 bis 11.08.2019 war er als Mitarbeiter in der Systemgastronomie bei einem McDonalds beschäftigt. Ab dem 13.01.2020 war der BF als Abwäscher, ab dem 15.05.2020 als Küchenhilfe beschäftigt. Von 13.07.2020 bis 15.09.2020 war der BF wiederum Abwäscher. Ab dem 01.10.2020 absolvierte der BF eine Lehre als Koch. Im Schuljahr 2020/21 besuchte der BF eine Fachberufsschule für Tourismus. Die Lehre musste der BF aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse abbrechen. Er arbeitet derzeit wieder als Küchenkraft.

Der BF besuchte mehrere Deutschkurse, zuletzt einen B1-Kurs, und hat die Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 bestanden.

Gegen den BF wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vergehen nach § 27 Abs. 1 und 2 SMG geführt. Von der Verfolgung wurde im Mai 2018 vorläufig zurückgetreten.

Gegen den BF wurde ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenunterdrückung (§ 229 Abs. 1 StGB) und der Erschleichung einer Leistung (§ 149 StGB) geführt, weil er einen Postbus mit einem Ticket eines anderen Asylwerbers benutzte und das Fahrgeld nicht entrichtete. Dieses Verfahren wurde diversionell erledigt. Die Staatsanwaltschaft ist nach Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Februar 2020 endgültig von der Verfolgung zurückgetreten.

Über den BF wurde eine Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der StVO in der Höhe von € 1.600, Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen und zehn Stunden, verhängt, weil er ein Fahrrad alkoholisiert lenkte. Von 21.12.2018 bis 03.01.2019 wurde die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen. Am 03.01.2019 wurde die Reststrafe bezahlt und der BF deswegen entlassen.

Eine Tante des BF lebt in Herat. Die Tante lebte bereits bei Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Herat. Die Mutter des BF, die mit seinem Vater und zwei Geschwistern in Deutschland lebt, steht mit der Tante des BF in Kontakt. Der BF war von Jänner bis Mai 2019 bei seiner Familie in Deutschland, weil er bei dieser leben wollte. Eine Schwester des BF lebt in Österreich.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan kann der BF grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, derzeit nicht befriedigen, ohne in eine ausweglose beziehungsweise existenzbedrohende Situation zu geraten. Es ist dem BF nicht möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in Afghanistan Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

II.4. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:

-        Sonderkurzinformation der Staatendokumentation vom 17.08.2021 und

-        Sonderkurzinformation der Staatendokumentation vom 20.08.2021.

II.4.1. Sonderkurzinformation vom 17.08.2021

Der afghanische Präsident Ashraf Ghani ist angesichts des Vormarsches der Taliban auf Kabul außer Landes geflohen. Laut al-Jazeera soll das Ziel Taschkent in Usbekistan sein. Inzwischen haben die Taliban die Kontrolle über den Präsidentenpalast in Kabul übernommen. Suhail Schahin, ein Unterhändler der Taliban bei den Gesprächen mit der afghanischen Regierung in Katar, versicherte den Menschen in Kabul eine friedliche Machtübernahme und keine Racheakte an irgendjemanden zu begehen.

Am 15.08.21 haben die Taliban mit der größtenteils friedlichen Einnahme Kabuls und der Besetzung der Regierungsgebäude und aller Checkpoints in der Stadt den Krieg für beendet erklärt und das Islamische Emirat Afghanistan ausgerufen. Man wünsche sich friedliche Beziehungen mit der internationalen Gemeinschaft. Die erste Nacht unter der Herrschaft der Taliban im Land sei ruhig verlaufen. Chaotische Szenen hätten sich nur am Flughafen in Kabul abgespielt, von welchem sowohl diplomatisches Personal verschiedener westlicher Länder evakuiert wurde als auch viele Afghanen versuchten, außer Landes zu gelangen. Den Taliban war es zuvor gelungen, innerhalb kürzester Zeit fast alle Provinzen sowie alle strategisch wichtigen Provinzhauptstädte wie z.B. Kandahar, Herat, Mazar-e Sharif, Jalalabad und Kunduz einzunehmen. In einigen der Städte seien Gefängnisse gestürmt und Insassen befreit worden.

Die Taliban zeigten sich am Sonntag gegenüber dem Ausland unerwartet diplomatisch. „Der Krieg im Land ist vorbei“, sagte Taliban-Sprecher Mohammed Naim am Sonntagabend dem Sender al-Jazeera. Bald werde klar sein, wie das Land künftig regiert werde. Rechte von Frauen und Minderheiten sowie die Meinungsfreiheit würden respektiert, wenn sie der Scharia entsprächen. Man werde sich nicht in Dinge anderer einmischen und Einmischung in eigene Angelegenheiten nicht zulassen.

Schätzungen zufolge wurden seit Anfang 2021 über 550.000 Afghanen durch den Konflikt innerhalb des Landes vertrieben, darunter 126.000 neue Binnenvertriebene zwischen dem 7. Juli 2021 und dem 9. August 2021. Es gibt zwar noch keine genauen Zahlen über die Zahl der Afghanen, die aufgrund der Feindseligkeiten und Menschenrechtsverletzungen aus dem Land geflohen sind, es deuten aber Quellen darauf hin, dass Zehntausende von Afghanen in den letzten Wochen internationale Grenzen überquert haben.

Der Iran richtete angesichts des Eroberungszugs der militant-islamistischen Taliban im Nachbarland Pufferzonen für Geflüchtete aus dem Krisenstaat ein. Die drei Pufferzonen an den Grenzübergängen im Nord- sowie Südosten des Landes sollen afghanischen Geflüchteten vorerst Schutz und Sicherheit bieten. Indes schloss Pakistan am Sonntag einen wichtigen Grenzübergang zu seinem Nachbarland. Innenminister Sheikh Rashid verkündete die Schließung des Grenzübergangs Torkham im Nordwesten Pakistans am Sonntag, ohne einen Termin für die Wiedereröffnung zu nennen. Tausende Menschen säßen auf beiden Seiten der Grenze fest.

Mittlerweile baut die Türkei an der Grenze zum Iran weiter an einer Mauer. Damit will die Türkei die erwartete Ankunft von afghanischen Flüchtlingen verhindern.

Medienberichten zufolge haben die Taliban in Afghanistan Checkpoints im Land errichtet und sie kontrollieren auch die internationalen Grenzübergänge (bisherige Ausnahme: Flughafen Kabul). Seit Besetzung der strategischen Stadt Jalalabad durch die Taliban, wurde eine Fluchtbewegung in den Osten (Richtung Pakistan) deutlich erschwert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Afghanen aus dem westlichen Teil des Landes oder aus Kabul nach Pakistan gelangen ist gegenwärtig eher gering einzuschätzen. Es ist naheliegender, dass Fluchtrouten ins Ausland über den Iran verlaufen. Es ist jedoch auch denkbar, dass die mehrheitlich sunnitische Bevölkerung Afghanistans (statt einer Route über den schiitisch dominierten Iran) stattdessen die nördliche, alternative Route über Tadschikistan oder auch Turkmenistan wählt. Bereits vor zwei Monaten kam es laut EU-Kollegen zu einem Anstieg von Ankünften afghanischer Staatsbürger in die Türkei. Insofern ist davon auszugehen, dass eine erste Migrationsbewegung bereits stattgefunden hat. Pakistan gibt laut Medienberichten an, dass der Grenzzaun an der afghanisch-pakistanischen Grenze halte (laut offiziellen Angaben sind etwa 90 Prozent fertiggestellt).

Laut Treffen mit Frontex, kann zur Türkei derzeit noch keine Veränderung der Migrationsströme festgestellt werden. Es finden täglich nach Schätzungen ca. max. 500 Personen ihren Weg (geschleust) vom Iran in die Türkei. Dies ist aber keine außergewöhnlich hohe Zahl, sondern eher der Durchschnitt. Der Ausbau der Sicherung der Grenze zum Iran mit Mauer und Türmen schreitet immer weiter voran, und nach einstimmiger Meinung von Mig VB und anderen Experten kann die Türkei mit ihrem Militär (Hauptverantwortlich für die Grenzsicherung) und Organisationen (Jandarma, DCMM) jederzeit, je nach Bedarf die illegale Einreise von Flüchtlingen aus dem Iran kontrollieren. Die Türkei ist jedoch - was Afghanistan angeht - mit sehr hohem Interesse engagiert. Auch die Türkei möchte keine neunen massiven Flüchtlingsströme über den Iran in die Türkei.

IOM muss aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan die Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration mit sofortiger Wirkung weltweit aussetzen. Die Aussetzung der freiwilligen Rückkehr erfolgt bis auf Widerruf.

Während die radikalislamischen Taliban ihren Feldzug durch Afghanistan vorantreiben, gehören Frauen und Mädchen zu den am meisten gefährdeten Gruppen. Schon in der letzten Regierungszeit der Taliban (1996–2001) herrschten in Afghanistan extreme patriarchale Strukturen, Misshandlungen, Zwangsverheiratungen sowie strukturelle Gewalt und Hinrichtungen von Frauen. Die Angst vor einer Wiederkehr dieser Gräueltaten ist groß. Eifrig sorgten Kaufleute in Afghanistans Hauptstadt Kabul seit dem Wochenende bereits dafür, Plakate, die unverschleierte Frauen zeigten, aus ihren Schaufenstern zu entfernen oder zu übermalen – ein Sinnbild des Gehorsams und der Furcht vor dem Terror der Taliban.

II.4.2. Sonderkurzinformation vom 20.08.2021

Aktuelle Lage

Die Spitzenpolitiker der Taliban sind aus Katar, wo viele von ihnen im Exil lebten, nach Afghanistan zurückgekehrt. Frauen werden Rechte gemäß der Scharia [islamisches Recht] genießen, so der Sprecher der Taliban. Nach Angaben des Weißen Hauses haben die Taliban versprochen, dass Zivilisten sicher zum Flughafen von Kabul reisen können. Berichten zufolge wurden Afghanen auf dem Weg dorthin von Taliban-Wachen verprügelt. Lokalen Berichten zufolge sind die Straßen von Kabul ruhig. Die Militanten sind in der ganzen Stadt unterwegs und besetzen Kontrollpunkte.

Die internationalen Evakuierungsmissionen von Ausländerinnen und Ausländern sowie Ortskräften aus Afghanistan gehen weiter, immer wieder gibt es dabei Probleme. Die Angaben darüber, wie viele Menschen bereits in Sicherheit gebracht werden konnten, gehen auseinander, die Rede ist von 2.000 bis 4.000, hauptsächlich ausländisches Botschaftspersonal. Es mehren sich aktuell Zweifel, dass auch der Großteil der Ortskräfte aus dem Land gebracht werden kann. Bei Protesten gegen die Taliban in Jalalabad wurden unterdessen laut Augenzeugen drei Menschen getötet.

Jalalabad wurde kampflos von den Taliban eingenommen. Mit ihrer Einnahme sicherte sich die Gruppe wichtige Verbindungsstraßen zwischen Afghanistan und Pakistan. Am Mittwoch (18.8.2021) wurden jedoch Menschen in der Gegend dabei gefilmt, wie sie zur Unterstützung der alten afghanischen Flagge marschierten, bevor Berichten zufolge in der Nähe Schüsse abgefeuert wurden, um die Menschenmenge zu zerstreuen. Das von den Taliban neu ausgerufene Islamische Emirat Afghanistan hat bisher eine weiße Flagge mit einer schwarzen Schahada (Glaubensbekenntnis) verwendet. Die schwarz-rot-grüne Trikolore, die heute von den Demonstranten verwendet wurde, gilt als Symbol für die abgesetzte Regierung. Der Sprecher der Taliban erklärte, dass derzeit Gespräche über die künftige Nationalflagge geführt werden, wobei eine Entscheidung von der neuen Regierung getroffen werden soll.

Während auf dem Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul weiter der Ausnahmezustand herrscht, hat es bei einer Kundgebung in einer Provinzhauptstadt erneut Tote gegeben. In der Stadt Asadabad in der Provinz Kunar wurden nach Angaben eines Augenzeugen mehrere Teilnehmer einer Kundgebung zum afghanischen Nationalfeiertag getötet. Widerstand bildete sich auch im Panjshirtal, eine Hochburg der Tadschiken nordöstlich von Kabul. In der „Washington Post“ forderte ihr Anführer Ahmad Massoud, Chef der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans, Waffen für den Kampf gegen die Taliban. Er wolle den Kampf für eine freiheitliche Gesellschaft fortsetzen.

Einem Geheimdienstbericht für die UN zufolge verstärken die Taliban die Suche nach "Kollaborateuren". In mehreren Städten kam es zu weiteren Anti-Taliban-Protesten. Nach Angaben eines Taliban-Beamten wurden seit Sonntag mindestens 12 Menschen auf dem Flughafen von Kabul getötet. Westliche Länder evakuieren weiterhin Staatsangehörige und Afghanen, die für sie arbeiten. Der IWF erklärt, dass Afghanistan keinen Zugang mehr zu seinen Geldern haben wird.

Vor den Taliban in Afghanistan flüchtende Menschen sind in wachsender medizinischer Not. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete, dass in Kliniken in Kabul und anderen afghanischen Städten immer mehr Fälle von Durchfallerkrankungen, Mangelernährung, Bluthochdruck und Corona-Symptomen aufträten. Dazu kämen vermehrt Schwangerschaftskomplikationen. Die WHO habe zwei mobile Gesundheitsteams bereitgestellt, aber der Einsatz müsse wegen der Sicherheitslage immer wieder unterbrochen werden.

Priorität für die VN hat derzeit, dass die UNAMA-Mission in Kabul bleibe. Derzeit befindet sich ein Teil des VN-Personals am Flughafen, um einen anderen Standort (unklar ob in AF) aufzusuchen und von dort die Tätigkeit fortzuführen. Oberste Priorität der VN sei es die Präsenz im Land sicherzustellen. Zwecks Sicherstellung der humanitären Hilfe werde auch mit den Taliban verhandelt (? Anerkennung). Ein Schlüsselelement dabei ist die VN-SR-Verlängerung des UNAMA-Mandats am 17. September 2021.

Die Anführer der Taliban

Mit der Eroberung Kabuls haben die Taliban 20 Jahre nach ihrem Sturz wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Dass sie sich in ersten öffentlichen Statements gemäßigter zeigen, wird von internationalen Beobachtern mit viel Skepsis beurteilt. Grund dafür ist unter anderem auch, dass an der Spitze der Miliz vor allem jene Männer stehen, die in den vergangenen Jahrzehnten für Terrorangriffe und Gräueltaten im Namen des Islam verantwortlich gemacht werden. Geheimdienstkreisen zufolge führen die Taliban derzeit Gespräche, wie ihre Regierung aussehen wird, welchen Namen und Struktur sie haben soll und wer sie führen wird. Demzufolge könnte Abdul Ghani Baradar einen Posten ähnlich einem Ministerpräsidenten erhalten („Sadar-e Asam“) und allen Ministern vorstehen. Er trat in den vergangenen Jahren als Verhandler und Führungsfigur als einer der wenigen Taliban-Führer auch nach außen auf.

Wesentlich weniger international im Rampenlicht steht der eigentliche Taliban-Chef und „Anführer der Gläubigen“ (arabisch: amir al-mu’minin), Haibatullah Akhundzada. Er soll die endgültigen Entscheidungen über politische, religiöse und militärische Angelegenheiten der Taliban treffen. Der religiöse Hardliner gehört ebenfalls zur Gründergeneration der Miliz, während der ersten Taliban-Herrschaft fungierte er als oberster Richter des Scharia-Gerichts, das für unzählige Todesurteile verantwortlich gemacht wird.

Der Oberste Rat der Taliban ernannte 2016 zugleich Mohammad Yaqoob und Sirajuddin Haqqani zu Akhundzadas Stellvertretern. Letzterer ist zugleich Anführer des für seinen Einsatz von Selbstmordattentätern bekannten Haqqani-Netzwerks, das von den USA als Terrororganisation eingestuft wird. Es soll für einige der größten Anschläge der vergangenen Jahre in Kabul verantwortlich sein, mehrere ranghohe afghanische Regierungsbeamte ermordet und etliche westliche Bürger entführt haben. Vermutet wird, dass es die Taliban-Einsätze im gebirgigen Osten des Landes steuert und großen Einfluss in den Führungsgremien der Taliban besitzt. Der etwa 45-jährige Haqqani wird von den USA mit einem siebenstelligen Kopfgeld gesucht.

Zur alten Führungsriege gehört weiters Sher Mohammad Abbas Stanikzai. In der Taliban-Regierung bis 2001 war er stellvertretender Außen- und Gesundheitsminister. 2015 wurde er unter Mansoor Akhtar Büroleiter der Taliban. Als Chefunterhändler führte er später die Taliban-Delegationen bei den Verhandlungen mit den USA und der afghanischen Regierung an.

Ein weiterer offenkundig hochrangiger Taliban ist der bereits seit Jahren als Sprecher der Miliz bekannte Zabihullah Mujahid. In einer ersten Pressekonferenz nach der Machtübernahme schlug er, im Gegensatz zu seinen früheren Aussagen, versöhnliche Töne gegenüber der afghanischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft an.

Stärke der Taliban-Kampftruppen

Obwohl in den vergangenen Jahren 100.000 ausländische Soldaten im Land waren, konnten die Taliban-Führer eine offenkundig von ausländischen Geheimdiensten unterschätzte Kampftruppe zusammenstellen. Laut BBC geht man derzeit von rund 60.000 Kämpfern aus, mit Unterstützern aus anderen Milizen sollen fast 200.000 Männer aufseiten der Taliban den Sturz der Regierung ermöglicht haben. Völlig unklar ist noch, wie viele Soldaten aus der Armee übergelaufen sind.

III. Beweiswürdigung:

III.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.

III.2. Zu den Feststellungen zur Person des BF:

Die Feststellungen zur Verfahrensidentität des BF wie auch zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit traf bereits das BFA aufgrund der glaubhaften Aussage des BF. Diese Feststellungen werden im Beschwerdeverfahren auch nicht bestritten. Die weiteren Feststellungen zum BF, also zu seiner Geburt und seinem Aufwachsen im Iran, seinem Schulbesuch und seiner Berufstätigkeit im Iran sowie dass er dadurch imstande war, sich selbst zu erhalten, traf das BFA im nunmehr angefochtenen Bescheid zwar nicht ausdrücklich, legte diese Erwägungen aber seinem Bescheid jedenfalls zugrunde, zumal es auch im Verfahren auf internationalen Schutz keinen Anlass sah, an diesen stets gleich gebliebenen Angaben des BF zu zweifeln. Vielmehr haben das BFA und auch das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren auf internationalen Schutz diese Feststellungen ihren damaligen Entscheidungen zugrunde gelegt. Es bestehen daher keine Bedenken, sie auch der gegenständlichen Entscheidung zugrunde zu legen, zumal die Angaben des BF dazu stets gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar waren. Die Identität des BF kann mangels der Vorlage unbedenklicher Urkunden jedoch nicht festgestellt werden.

Die Feststellung zur Gesundheit folgt aus den eigenen Angaben des BF (AS 1098), der keine Dokumente vorlegte, die eine Erkrankung auch nur nahelegen würden. Auch das BFA hat demzufolge bereits festgestellt, dass der BF gesund ist, was in der Beschwerde auch nicht bestritten wird. Daraus folgt die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit, die sich auch aus seiner derzeitigen Erwerbstätigkeit ergibt.

III.3. Zu den Feststellungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der befristeten Aufenthaltsberechtigung:

Dass und warum dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt wurde sowie dass die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ausgesprochen wurde, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Das BFA stellte im Gewährungsbescheid zwar fest, dass der BF in Afghanistan keine Familienangehörige mehr habe. Der BF sagte jedoch bereits damals aus, dass eine Tante in Afghanistan lebe (AS 130). Dem Gewährungsbescheid sind keine beweiswürdigenden Erwägungen zu entnehmen, warum das BFA diesen Angaben des BF nicht folgte. Vielmehr beurteilte es alle Angaben des BF zu den Umständen seines Aufwachsens und dem Aufenthalt seiner Familienangehörigen als glaubhaft. Das BFA hat daher in diesem Zusammenhang offensichtlich einen falschen Textblock verwendet, was etwa auch daran ersichtlich ist, dass in der rechtlichen Beurteilung festgehalten ist, dass der BF erst seit seinem dritten Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufhältig gewesen sei (AS 243). Insgesamt ist aber damit aus dem Gesamtzusammenhang ersichtlich, dass für das BFA entscheidungswesentlich war, dass der BF selbst nie in Afghanistan lebte und keine nächsten Familienangehörigen, wie Eltern oder Geschwister, in Afghanistan aufhältig sind.

III.4. Zu den Feststellungen zu Änderungen beim BF seit der Zuerkennung und der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und einer möglichen Rückkehr des BF:

Die Feststellungen zur Arbeitstätigkeit, den Deutschkursen und den (verwaltungs)strafrechtlichen Verfahren des BF beruhen auf dem unstrittigen Akteninhalt, den vom BF vorgelegten Unterlagen und seiner eigenen Aussage.

Die Feststellung zur Tante der BF und dem Kontakt zu ihr beruhen auf den stets gleichen Aussagen des BF dazu (AS 128, 130, 1101).

Da das BFA, wie in der rechtlichen Beurteilung noch näher dargelegt wird, keine maßgebliche Änderung in Bezug auf eine Rückkehrmöglichkeit des BF aufzeigen konnte und eine solche vor dem Hintergrund der unübersichtlichen, instabilen, teils noch unklaren, jedenfalls aber wirtschaftlich herausfordernden Situation in Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban, wie sie in den aktuellen Kurzinformationen des BFA geschildert wird, auch im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts nicht ersichtlich ist, war festzustellen, dass dem BF eine Rückkehr nach wie vor nicht zumutbar ist.

III.5. Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Afghanistan stützen sich auf die Sonderkurzinformationen der Staatendokumentation des BFA und die dort genannten Quellen. Diese Berichte stehen auch in Übereinstimmung mit den zahlreichen Berichten verschiedener angesehener seriöser Medien, sodass keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

Diese Berichte wurden zwar weder dem BF noch dem BFA zur Stellungnahme übermittelt, allerdings sind beide dadurch nicht in ihren Parteirechten verletzt. Dem Antrag des BF wurde stattgeben, sodass in der Heranziehung der aktuellen Berichte keine Verletzung seiner Rechte erblickt werden kann. Das BFA ist nicht verletzt, weil die Berichte von der Staatendokumentation des BFA und damit von diesem selbst erstellt wurden und diese Berichte durch das BFA seinen eigenen Entscheidungen stets zugrunde gelegt werden.

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

IV.1. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (erster Fall) oder nicht mehr (zweiter Fall) vorliegen. Diese Bestimmung verfolgt das Ziel, sicherzustellen, dass nur jenen Fremden, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153). Es würde nämlich der allgemeinen Systematik und den Zielen der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Statusrichtlinie) widersprechen, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechtsstellungen Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen. Der Verlust des subsidiären Schutzstatus unter solchen Umständen steht mit der Zielsetzung und der allgemeinen Systematik der Statusrichtlinie, insbesondere mit Art. 18, der die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nur an Personen vorsieht, die die Voraussetzungen erfüllen, im Einklang (EuGH 23.5.2019, Bilali, C-720/17, Rn 44 ff).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG die Konstellation, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat (VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005). § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG erlaubt es der Behörde, die Aberkennung des früher zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten vorzunehmen, wenn sich der Kenntnisstand zu jenem Sachverhalt, der für die Zuerkennung maßgeblich war, geändert hat. Dabei ist nicht erforderlich, dass die damaligen Feststellungen, die sich aufgrund neuer Erkenntnisse später als unzutreffend herausstellen, auf Handlungen zurückgeführt werden müssten, mit denen sich der Fremde die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erschlichen hätte (VwGH 18.11.2020, Ra 2020/14/0082). Dieser Fall ist hier offensichtlich nicht erfüllt und wurde auch vom BFA seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt, sodass darauf in weiterer Folge nicht mehr einzugehen ist.

Nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG darf der Status des subsidiär Schutzberechtigten dann aberkannt werden, wenn sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes beziehungsweise der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG, die nur im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung erteilt werden darf, geändert hat. Nicht jede Änderung des Sachverhalts rechtfertigt allerdings die Aberkennung des subsidiären Schutzes. Eine maßgebliche Änderung liegt unter Bedachtnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben von Art. 19 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie vielmehr nur dann vor, wenn sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass ein Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht (VwGH 12.02.2021, Ra 2020/20/0415).

Dabei kommt es regelmäßig nicht allein auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses an. Der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, kann auch ein Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen sein, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegebenen Situation gelegen sind. Bei Hinzutreten neuer Umstände dürfen alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (VwGH 22.03.2021, Ra 2020/01/0171).

Bei einer Beurteilung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG sind nicht isoliert nur jene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die zeitlich nach der zuletzt erfolgten Bewilligung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eingetreten sind, sondern es dürfen im Rahmen der bei der Beurteilung vorzunehmenden umfassenden Betrachtung bei Hinzutreten neuer Umstände alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (VwGH 10.12.2020, Ra 2020/01/0425; 29.01.2020, Ro 2019/18/0002; 09.01.2020, Ra 2019/19/0496). Unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkungen der Zuerkennungsentscheidung ist es allerdings nicht zulässig, die Aberkennung auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes beziehungsweise der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG nicht geändert hat (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Das BFA führte im Aberkennungsbescheid aus, dass dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt vorherrschenden Sicherheits- und Versorgungslage mangels familiärer Anknüpfungspunkte in Afghanistan und mangels einer staatlichen Unterstützung zuerkannt wurde. Die persönliche Situation des BF habe sich seit der Zuerkennung erheblich und nachhaltig verbessert.

Wie bereits ausgeführt, ist der Vergleichszeitpunkt jedoch nicht die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, sondern die letzte Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung. Bereits insofern ist die Begründung des BFA rechtswidrig. Auch ansonsten gelingt es dem BFA nicht, eine entscheidungswesentliche Änderung – weder in der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan noch in der persönlichen Situation des BF – aufzuzeigen.

Soweit das BFA das mit einem nunmehr bestehenden Familienanschluss begründen will, ist dem entgegenzuhalten, dass – wie bereits in der Beweiswürdigung erläutert – das BFA im Gewährungsbescheid zwar feststellte, dass keine Familienangehörigen in Afghanistan lebten, es sich dabei allerdings um einen falschen Textbaustein handelte beziehungsweise nur die nächsten Familienangehörigen damit gemeint gewesen sein können. Die Tante lebte nämlich zu allen maßgeblichen Zeitpunkten in Herat, sodass auch dieser Aufenthalt eine Änderung nicht begründen kann, zumal die nächsten Familienangehörige allesamt weiterhin nicht in Afghanistan leben.

Das BFA begründete die Aberkennung dann weiter damit, dass der BF unter Beweis stellte, dass er in einer ihm fremden Kultur ohne familiäre Anknüpfungspunkte in der Lage war, Fuß zu fassen, weswegen ihm eine Rückkehr nunmehr zumutbar wäre. Auch wenn diese Beurteilung eine Aberkennung in gewissen Fällen durchaus zu tragen vermag, ist dem im konkreten Fall nicht gänzlich zuzustimmen. Der BF hat nämlich sowohl im Bundesgebiet, als auch im benachbarten Deutschland mehrere Familienangehörige, die ihn unterstützen. Die Erwerbstätigkeiten des BF bis zur Aberkennung durch das BFA waren auch nur jeweils kurzzeitig und als Hilfsarbeiter, sodass er durch diese bei einer Rückkehr auch nicht maßgeblich bessergestellt wäre, als er das zum Zeitpunkt der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung war. Auch die seit der Entscheidung des BFA gewonnene Berufserfahrung ändert an dieser Einschätzung (noch) nichts. Auch damit wird daher keine Änderung der maßgeblichen Lage aufgezeigt. Vielmehr benötigte der BF auch hier im Bundesgebiet die Unterstützung seiner Familie, was besonders daran deutlich wird, dass er deswegen auch in Deutschland bei seiner Familie leben wollte.

Darüber hinaus war für die Zuerkennung des BFA, wie sich aus dem damaligen Gewährungsbescheid ergibt, maßgeblich, dass der BF nie in Afghanistan war. Daran hat sich aber seitdem – unabhängig davon, ob diese Entscheidung damals in allen Punkten der Rechtslage entsprochen hat beziehungsweise ob die Situation tatsächlich die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erforderte – nichts geändert. Auch die Sicherheits- und Versorgungslage hat sich jedenfalls seit der Machtübernahme der Taliban insbesondere auch für Rückkehrer aus dem Iran beziehungsweise Europa nicht zum Besseren verändert, sodass auch insofern keine Änderung in der maßgeblichen Situation eingetreten ist. Auch sind aktuell die Unterstützungsleistungen durch IOM und die frühere Regierung Afghanistans eingestellt, sodass auch diese Begründung des BFA jedenfalls im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr zutreffend ist.

Die Situation des BF, aber auch die allgemeine Situation in Afghanistan ist daher sowohl seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als auch seit der maßgeblichen letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung im Wesentlichen unverändert. Das BFA würdigte damit dieselbe Situation lediglich anders als zum damaligen Zeitpunkt. Eine bloße unterschiedliche Beweiswürdigung beziehungsweise rechtliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleichen Vorbringens ohne maßgebliches neues Sachverhaltssubstrat berechtigt jedoch für sich genommen nicht zu einer Aberkennung, weil darin keine Änderung des Kenntnisstandes des Aufnahmemitgliedstaates liegt (VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0262 mit Verweis auf EuGH 23.05.2019, Bilali, C- 720/17, Rn 50).

Eine maßgebliche Änderung wurde vom BFA somit nicht aufgezeigt und war auch vom Bundesverwaltungsgericht nicht festzustellen. Es sind keine Gründe hervorgekommen, die eine Aberkennung nach § 9 Abs. 2 AsylG rechtfertigen könnten. Der Beschwerde war daher, wie im Spruch ersichtlich, stattzugeben.

Mit Spruchpunkt II. wurde dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen und mit Spruchpunkt VII. der Antrag des BF auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung abgewiesen, da ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde. Wie oben ausgeführt, ist diese Aberkennung rechtswidrig, sodass dem Antrag des BF auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung stattzugeben war. Auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ist die Gültigkeitsdauer der zu erteilenden Berechtigung ausgehend vom Entscheidungszeitpunkt festzulegen. Da die rechtlichen Wirkungen eines Erkenntnisses erst mit dessen Zustellung eintreten und aufgrund der maßgeblichen Rechtsvorschriften eine zweijährige Gültigkeitsdauer der zu verlängernden Aufenthaltsberechtigung vorzusehen ist, hat die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ab dem Datum der Zustellung des Erkenntnisses zu erfolgen (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281).

Die übrigen Spruchpunkte verlieren damit ihre rechtliche Grundlage und waren entsprechend ersatzlos zu beheben.

Letztlich wird zum Vorbringen des BF, wonach er konvertiert sei und dass er aufgrund der Scheidung seiner Schwester im Bundesgebiet von den Familienangehörigen seines Schwagers in Afghanistan bedroht wäre, festgehalten, dass es sich dabei um ein asylrelevantes Vorbringen handelt, das in einem Folgeverfahren zu behandeln wäre. Auf dieses Vorbringen musste aufgrund des Umstands, dass der Beschwerde bereits aus den oben geschilderten Gründen stattzugeben war, nicht eingegangen werden.

IV.2. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 GRC hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge des Abs. 2 leg. cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11, u.a. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung weder Bedenken ob Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Auch der EuGH führte aus, dass im Lichte des Art. 47 GRC und dessen Auslegung anhand von Art. 6 Abs. 1 EMRK keine absolute Verhandlungspflicht besteht. Die Durchführung einer Verhandlung ist im Zusammenhang mit einer umfassenden ex-nunc-Prüfung der angefochtenen Sache durch das Gericht zu verstehen. Ist das Gericht der Auffassung, dass es den Rechtsbehelf anhand des Akteninhalts - einschließlich der Niederschrift einer persönlichen Anhörung durch die Verwaltungsbehörde - prüfen kann, so muss keine mündliche Verhandlung erfolgen. Ist das Gericht dagegen der Auffassung, dass eine mündliche Verhandlung für die umfassende Beurteilung notwendig ist, so hat es eine solche durchzuführen und darf nicht etwa aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung darauf verzichten. Bei der Frage der Durchführung beziehungsweise des Verzichts auf eine mündliche Verhandlung kommt es vor allem darauf an, ob sich die Rechts- und Tatsachenfragen anhand des Akteninhalts lösen lassen und ob die Informationen aus vorangegangenen Anhörungen durch die Behörde entsprechend umfassend und vollständig sind (EuGH 26.07.2017, C-348/16, Sacko/Commissione Territoriale per il riconoscimento della protezione internazionale di Milano).

Zur vorrangig maßgeblichen Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden ist. Er muss bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (VwGH 19.07.2021, Ra 2020/14/0574).

Dazu ist festzuhalten, dass dem Bundesverwaltungsgericht bewusst ist, dass es seiner Entscheidung aktualisierte Länder- und öffentlich zugängliche Medienberichte zugrunde legte, was nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfordert (siehe statt vieler nur VwGH 29.03.2021, Ra 2020/18/0346; 19.06.2020, Ra 2019/19/0562). Im konkreten Fall ist jedoch zu bedenken, dass durch die Heranziehung dieser aktuellen Berichte der BF nicht beschwert ist. Vielmehr war gerade aufgrund dieser seinem Antrag stattzugeben. Der BF ist damit in seinen Rechten nicht verletzt.

Auch das BFA ist in seinen Parteirechten nicht verletzt, auch wenn ihm kein Parteiengehör zu den verwendeten Berichten gewährt wurde. Die Länderberichte wurden von der Staatendokumentation des BFA selbst erstellt und werden auch von ihm seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Damit steht aber aufgrund der Aktenlage fest, dass der Bescheid aufzuheben ist, was nach § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG den Entfall der Verhandlung rechtfertigt.

IV.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Frage, wann nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt werden kann, ist vom Verwaltungsgerichtshof geklärt, wozu auf die oben zitierte Judikatur verwiesen werden kann. Von dieser Judikatur weicht die Entscheidung nicht ab. Ebenfalls geklärt sind die Voraussetzungen zum rechtmäßigen Unterbleiben der Verhandlung.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Teilbehebung Rückkehrentscheidung behoben Rückkehrsituation Sicherheitslage Verlängerung Versorgungslage wesentliche Änderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W204.2140117.2.00

Im RIS seit

10.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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