TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/30 I406 2239855-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2021
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Entscheidungsdatum

30.07.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
NAG §54 Abs1
NAG §54 Abs5 Z1
StGB §107 Abs1
StGB §107 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I406 2239855-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias 31.12.1989, StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, Jordangasse 7/4, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2021, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.07.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer reiste am 28.11.2008 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte unter der Identität XXXX , geboren am XXXX einen Asylantrag. Dieses Asylverfahren wurde, verbunden mit einer Ausweisung, am 27.07.2009 negativ entschieden. Die gegen den negativen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.11.2009 rechtskräftig abgewiesen. Im Anschluss daran tauchte der Beschwerdeführer unter und verlieb weiter unerlaubt im Bundesgebiet.

2.       Zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates kam es nie, da sich der Beschwerdeführer nie zu diesem Zweck zu seiner Vertretungsbehörde begeben hat.

3.       Am 08.01.2010 stellte er im Stande der Schubhaft einen Asylfolgeantrag. Dieser wurde in 2. Instanz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und neuerlich mit einer durchsetzbaren Ausweisung verbunden. Am 20.10.2010 erzwang der Beschwerdeführer seine Haftentlassung nach Hungerstreik. Anschließend tauchte er wieder unter.

4.       Am 04.07.2013 wurde über den Beschwerdeführer neuerlich die Schubhaft verhängt. Am 02.08.2013 erzwang er abermals seine Haftentlassung durch Hungerstreik.

5.       Der Beschwerdeführer beantragte am 11.11.2015 unter der Identität XXXX , geboren am XXXX am 21.10.2014 die Erteilung eines Aufenthaltstitels als Gründen des Artikel 8 EMRK.

6.       Mit Bescheid vom 26.07.2016, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde diesen Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurück. Zugleich erließ sie gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria fest. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

7.       Am 15.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer von der nigerianischen Botschaft in Wien ein bis 14.11.2021 gültiger, authentischer nigerianischer Reisepass auf den Namen XXXX mit dem Geburtsdatum XXXX ausgestellt.

8.       Am 30.05.2018 schloss der Beschwerdeführer in Italien die Ehe mit XXXX , einer slowakischen Staatsangehörigen, welche in Wien lebt und über eine Anmeldebescheinigung gemäß § 51 Abs 1 Z 1 NAG verfügt.

9.       Mit Bescheid vom 31.05.2018, Zl. XXXX , ordnete das BFA über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14.06.2018, Zl. W117 2197789-1/11E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.

10.      Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2018, Zl. I411 1408212-3/9E, wurde der Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.07.2016 Folge gegeben und dieser ersatzlos behoben. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer als begünstigten Drittstaatsangehörigen unzulässig sei. Außerdem könne begünstigten Drittstaatsangehörigen gemäß § 54 Abs 5 AsylG auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werden, das BFA habe seine Entscheidung jedoch fälschlicher Weise auf § 58 Abs. 11 AsylG gestützt. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.

11.      Am 07.08.2018 erhob die Ehefrau des Beschwerdeführers vor dem Bezirksgericht XXXX eine Ehescheidungsklage, die mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 12.04.2019, Zl. XXXX , abgewiesen wurde, mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer keine Scheidungsgründe und keine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG gesetzt habe und es seiner Ehefrau offenstehe, nach dreijähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft eine verschuldensunabhängige Scheidung nach § 55 EheG zu begehren.

12.      Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.04.2019 teilte das BFA dem Beschwerdeführer mit, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn beabsichtigt sei, weil sein Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Dem Beschwerdeführer wurde eine zweiwöchige Frist zur Erstattung einer Stellungnahme gewährt, wobei er dieser Aufforderung fristgerecht nachkam. Er berief sich insbesondere darauf, mit seiner Ehefrau ein gemeinsames, am XXXX .2016 geborenes Kind zu haben. Er scheine in der Geburtsurkunde nicht als Vater auf und derzeit sei ein Verfahren zur Vaterschaftsanerkennung am Bezirksgericht Innere Stadt anhängig. Die Nähe und ein guter Kontakt zu seinem Sohn würde ihm besonders am Herzen liegen und die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig in sein Familienleben und das Kindeswohl eingreifen.

13.      Am 06.11.2019 übermittelte der Beschwerdeführer ein Gutachten einer gerichtlich angeordneten DNA-Analyse, wonach seine Vaterschaft zu dem Kind mit über 99,999999999-prozentiger Wahrscheinlichkeit erwiesen sei. Am 29.01.2020 übermittelte er einen Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX Wien vom 22.10.2019, Zl. XXXX , wonach er vorläufig berechtigt sei, seinen Sohn im Rahmen eines Besuchscafes zehn Einheiten zu einer Stunde zu sehen und danach wieder ein Termin beim Pflegschaftsgericht stattfinde.

14.      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.01.2020, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB und der Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 07.01.2020, Zl. XXXX , nicht Folge.

15.      Der Beschwerdeführer hatte am 04.03.2019 beim Amt der Wiener Landesregierung einen Antrag auf Ausstellung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts gestellt. Mit Schreiben vom 25.08.2020 befasste das Amt der Wiener Landesregierung das BFA aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 3 NAG mit einer möglichen Aufenthaltsbeendigung.

16.      Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 06.10.2020, zugestellt durch Hinterlegung am 14.10.2020, teilte das BFA dem Beschwerdeführer mit, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn beabsichtigt sei, weil sein Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde und gewährte dem Beschwerdeführer eine zweiwöchige Frist zur Erstattung einer Stellungnahme. Der Beschwerdeführer ließ diese Frist ungenützt verstreichen.

17.      Mit angefochtenem Bescheid vom 25.01.2021, Zl. XXXX , wurde gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).

18.      Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 18.02.2021. Der Beschwerdeführer machte geltend, sich seit 2008 durchgehend in Österreich aufzuhalten und aufgrund seiner Ehe mit einer slowakischen Staatsbürgerin begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein. Sein leiblicher Sohn lebe in Österreich und er pflege regelmäßigen Kontakt zu seinem Kind. Die von ihm begangene Straftat sei keineswegs als derart schwerwiegend anzusehen, dass § 67 Abs. 1 FPG erfüllt sei.

19.      Mit Schriftsatz vom 23.02.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 14.02.2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

20.      Am XXXX .2021 wurde die Ehe des Beschwerdeführers geschieden.

21.      Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine mündliche Beschwerdeverhandlung für den 29.07.2021 an.

22.      Mit der Ladung zur Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Länderberichte zur Situation in Nigeria übermittelt und ihm die Gelegenheit gegeben, zur Frage einer allfälligen sozialen Verfestigung in Österreich Stellung zu nehmen. Die Ladung und das Parteiengehör wurden dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 24.06.2021 zugestellt.

23.      Am 08.07.2021 übermittelte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung dem Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme zum Parteiengehör.

24.      Der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung blieben der am 29.07.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung unentschuldigt fern.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität steht fest. Er heißt XXXX und ist am XXXX geboren.

Er reiste spätestens am 28.11.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.07.2009, AZ: XXXX , negativ entschieden wurde. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.11.2009, AZ: A13 408.212-1/2009/2E, abgewiesen.

Am 08.01.2010 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.01.2010, Zl. XXXX , nach § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer kam seiner daraus erwachsenen Verpflichtung zur Ausreise nicht nach und verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet. Er vereitelte wiederholt seine Abschiebung, indem er am 20.10.2010 und am 04.07.2013 seine Entlassung aus der Schubhaft mittels Hungerstreikes erzwang, für den 07.05.2013 und 19.07.2013 vorgesehene Termine zur Beschaffung eines Heimreisezertifikates bei der nigerianischen Botschaft nicht wahrnahm und sich über lange Zeit der Alias-Identität XXXX , geb. am XXXX , bediente.

Unter seiner Alias-Identität war er in Österreich ab dem 09.12.2008 bis zum 28.06.2018 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die Meldedaten stimmten nicht immer mit der Realität überein. Längere Unterbrechungen seiner behördlichen Meldung bestanden von 21.01.2010 bis 22.12.2010 und von 10.08.2012 bis 03.07.2013, allerdings konnte er schon ab 19.09.2011 nicht mehr an seiner Meldeadresse angetroffen werden, worauf seine behördliche Abmeldung erfolgte (AS 217, 254 und 274). Zwischen 14.11.2013 und 25.09.2014 war er an einer Obdachlosenadresse gemeldet. Von 17.11.2016 bis 07.06.2017 und von 04.09.2018 bis heute verfügt(e) er zusätzlich über eine behördliche Meldeadresse unter seiner wahren Identität, wobei er zwischen Dezember 2016 und März 2018 gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau und ihrem Sohn in XXXX (Ungarn) lebte.

Am 15.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer von der nigerianischen Botschaft in Wien ein bis 14.11.2021 gültiger, authentischer, nigerianischer Reisepass auf den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX ausgestellt.

Am XXXX .2018 ehelichte der Beschwerdeführer in Neapel, Italien, die slowakische Staatsangehörige XXXX , die in Wien lebt und über eine Anmeldebescheinigung gemäß § 51 Abs 1 Z 1 NAG verfügt.

Der Beschwerdeführer stellte am 04.03.2019 beim Amt der XXXX Landesregierung einen Antrag auf Ausstellung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts. Das diesbezügliche Verfahren wurde gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des BFA über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ausgesetzt.

Am 17.07.2018 erfolgte eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau. Am XXXX .2021 erfolgte durch das Bezirksgericht Favoriten eine Scheidung der Ehe nach § 55 Abs. 1 EheG.

Der Beschwerdeführer ist Vater eines am XXXX .2016 geborenen Sohnes. Sein Sohn ist slowakischer Staatsangehöriger und in Besitz einer Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 NAG. Der Beschwerdeführer kümmerte sich zwischen Juni 2017 und März 2018 um das gemeinsame Kind, während die Mutter des Kindes zwischen ihrem früheren Wohnort XXXX und XXXX pendelte, um als Kellnerin zu arbeiten (AS 599). Im März 2018 übersiedelten sie gemeinsam nach XXXX . Sie lebten bis zur Trennung des Beschwerdeführers von seiner Frau im Juli 2018 in einem gemeinsamen Haushalt. Seine (Ex-)Ehefrau ging eine Beziehung mit einem anderen Mann ein und zog gemeinsam mit dem Sohn des Beschwerdeführers in die Wohnung ihres neuen Freundes. Sie verweigerte dem Beschwerdeführer jeglichen Kontakt zu seinem Kind und vermittelte diesem, dass ihr neuer Lebensgefährte sein Vater sei. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 22.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Kontaktrecht im Rahmen des Besuchscafes Aneli im Ausmaß von zehn Einheiten zu einer Stunde eingeräumt, wobei sich seine Ex-Frau (nach Abweisung eines von ihr gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurses) derart dagegen wehrte, dass die Kontakte nicht angebahnt werden konnten. Die Besuchsmittlung scheiterte aufgrund des Verhaltens der Kindesmutter und ihres neuen Lebensgefährten. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 15.09.2020 wurde der Ex-Frau des Beschwerdeführers aufgetragen, sechs Einheiten einer Familien-, Eltern- oder Erziehungsberatung zwecks Vorbereitung auf das Kontaktrecht zu absolvieren, weil sie sich weigerte, irgendeine Art von Kontakt zwischen Sohn und Vater zuzulassen. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt XXXX vom 25.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer neuerlich ein Kontaktrecht im Rahmen des Besuchscafes Ambifam im Ausmaß von zehn Einheiten zu einer Stunde eingeräumt. Ein Zwischenbericht des Besuchscafes fiel positiv aus und es wurde festgehalten, dass die Treffen auf weiten Strecken harmonisch wirken und der Sohn des Beschwerdeführers einen erfreuten und zufriedenen Eindruck mache, wenn er seinen Vater sehe.

Der Beschwerdeführer kann sich gut in der deutschen Sprache verständigen. Er hat mehrere Deutschkurse besucht, am 17.03.2014 eine ÖSD-Prüfung A2 absolviert, ab Oktober 2014 an einem von der XXXX angebotenen Basisbildungskurs teilgenommen, am 20.06.2016 die Pflichtschulabschlussprüfung absolviert, zwischen Oktober 2014 und Oktober 2015 eine XXXX -Agentur als Künstlerbetreuer und Dolmetscher unterstützt, sich am Projekt „ XXXX “ beteiligt und im Bundesgebiet Freundschaften und Bekanntschaften geschlossen. Tiefergehende soziale Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich konnten nicht festgestellt werden. Ab April 2016 unterstütze er ehrenamtlich die XXXX . Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig und ging während der gesamten Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach, kann aber eine Einstellungszusage für die Tätigkeit als Modeverkäufer vorweisen. Er erhält finanzielle Unterstützung und Sachspenden vom Verein XXXX und ist seit September 2018 kostenlos im betreuten Heim des Vereins untergebracht. In Ermangelung sonstiger Anknüpfungspunkte wird festgestellt, dass kein schützenswertes Privatleben vorliegt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft.

Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.01.2020, Zl. XXXX , wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB und der Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer in Wien

I./ Vertreter von öffentlichen Einrichtungen wie Polizeidienststellen und sonstigen Behörden durch das Zusenden der nachgenannten Email-Nachrichten gefährlich mit dem Tod bzw. mit der Gefährdung durch Sprengmittel bedroht hat, um die E-Mail-Empfänger in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er die Nachrichten von den von ihm selbst angelegten Email-Adressen XXXX und XXXX versendete, um den Tagverdacht auf seine Ex-Frau, XXXX , und deren neuen Lebensgefährten XXXX zu lenken, und zwar

1. am 8.9.2018, indem er (auszugsweise dargestellt) schrieb:

„Ich bin sehr wütend auf Dich, als ich diese Botschaft schreibe. Um Sie zu informieren, wie ernst ich bin; Zurzeit entführe ich eine Frau mit ihrem Sohn […]

Ich bin müde mit einem teuflischen Volk namens Österreich zu leben. […] Ich hasse dieses Land so sehr. Natürlich werde ich dieses Land so schnell wie möglich mit unserem Dschihad bombardieren und ist bereits geplant. Vertrau mir. Ich habe getötet, zerstört, terrorisiert und mache noch viel mehr […] Ich hasse dieses Land, die Menschen und eines meiner Ziele ist es sicherzustellen, dass wir dieses Land komplett zerstören […].“

2. im Zeitraum von 11.09.2018 bis 17.09.2018 zumindest in drei Angriffen, indem er jeweils (auszugsweise dargestellt) schrieb:

„Ich bin sehr wütend auf dich, als ich diese Botschaft schreibe, Um Sie wissen zu lassen, wie ernst ich bin, wegen dem, was die österreichische Regierung mir antut, werde ich die österreichische Regierung definitiv wie geplant zerstören. […] Ich hasse dieses Land aus tiefstem Herzen und möchte nicht mehr hier leben oder arbeiten, weil es ein nutzloses, unsinniges, rassistisches und schmutziges Land ist. […] Ich will hier nicht leben. Der nutzlose und wertlose österreichische Pass werde ich zu Asche verbrennen. Ich hasse dieses Land von ganzem Herzen. Natürlich werde ich dieses Land so schnell wie möglich mit unseren Jihad-Plänen bombardieren und ist bereits geplant. Vertrau mir. Ich habe getötet, zerstört, terrorisiert und mache noch viel mehr. Ich schwor, Österreich und seine Regierung vollständig zu stürzen. Ich hasse dieses Land, die Menschen und eines meiner Ziele ist es sicherzustellen, dass wir dieses Land komplett zerstören. Ich kann mein Schicksal entscheiden. […]“

II./ durch die unter Pkt I./ ausgeführten Tathandlungen XXXX und XXXX wiederholt der Gefahr der behördlichen Verfolgung ausgesetzt, und sie somit einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einem Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich jeweils des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB falsch verdächtigt, wobei er wusste (§ 5 Abs. 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch war.

Erschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen gewertet, als mildernd jedoch der bisher ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers.

Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 30.06.2020, Zl. XXXX , nicht Folge und führte dazu aus: „Entgegen den Berufungsausführungen hat der Angeklagte die Tat reiflich überlegt und vorbereitet, weil er dafür eigens zwei E-Mail-Adressen, die den Namen seiner Ehefrau und deren Lebensgefährten enthielten, anlegte, um danach die inkriminierten Nachrichten zu versenden. Von einer „Kurzschlussreaktion“ kann daher keine Rede sein. Da es auch zu entsprechenden Ermittlungshandlungen gegen XXXX und XXXX kam, ist auch nicht einzusehen, warum der Erfolgsunwert der Tathandlungen als gering eingestuft werden sollte. Gleiches gilt auch für den Gesinnungsunwert. Wenngleich der Angeklagte die Taten aus einer von ihm so empfundenen heftigen Gemütsbewegung heraus begangen haben will lag jedenfalls keine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 8 StGB vor, käme doch ein mit rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch aus „enttäuschter Liebe“ nicht auf die Idee, so zu handeln. Ein „sittlicher Vorwurf ist daher jedenfalls gerechtfertigt. Dass kein (monetärer) Schaden eintrat trifft zwar zu, jedoch ist der Milderungsgrund nach Z 13 leg. cit. auf Eigentumsdelikte zugeschnitten, abgesehen davon trat ein Nachteil der verleumdeten Personen insofern ein, als es tatsächlich zu Ermittlungsmaßnahmen gegen sie kam.“

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser.

Auskünfte aus dem Strafregister, den zentralen Fremdenregister (izr) und dem zentralen Melderegister (zmr) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der Vorlage des von der nigerianischen Botschaft in Wien am 15.11.2016 ausgestellten, von der LPD XXXX für authentisch befundenen Reisepasses des Beschwerdeführers fest (AS 477-479).

Die Feststellungen zu seiner Einreise, seinem Aufenthalt in Österreich sowie seiner Verwendung einer Alias-Identität lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister entnehmen.

Die Feststellungen zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz und Erteilung eines Aufenthaltstitels ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister sowie einem Schreiben der XXXX des Amtes der XXXX Landesregierung an das BFA vom 25.08.2020 zwecks Überprüfung aufenthaltsbeendender Maßnahmen (AS 689).

Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, seine Abschiebung vereitelte und nicht an der Beschaffung eines Heimreisezertifikates mitwirkte (AS 154, 320 und 324).

Die Feststellungen zu den Zeiten seiner behördlichen Meldung ergeben sich aus den zu seiner Alias-Identität und seiner wahren Identität eingeholten Auszügen aus dem zentralen Melderegister. Aus dem Verwaltungsakt geht hervor, dass die Angaben des Beschwerdeführers teilweise nicht der Wahrheit entsprachen und es der Beschwerdeführer wiederholt unterließ, Ab-, An- oder Ummeldungen vorzunehmen (siehe etwa AS 217, 254 und 274). Dass der Beschwerdeführer zwischen Dezember 2016 und März 2018 gemeinsam mit seiner Ehefrau und ihrem Sohn in Ungarn lebte, ist dem Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 12.04.2019 zu entnehmen (AS 598-599).

Die Feststellungen zu seiner Ehe mit einer slowakischen Staatsangehörigen ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers sowie den im Verwaltungsakt befindlichen Kopien der Heiratsurkunde samt beglaubigter Übersetzung (AS 468-469), des Reisepasses seiner Ehefrau (AS 436) und einem zusätzlich eingeholten Auszug aus dem zentralen Fremdenregister betreffend seine Ehefrau.

Die Feststellungen zur Trennung des Beschwerdeführers und seiner Frau und der am 31.05.2021 erfolgten Ehescheidung ergeben sich aus dem vorliegenden Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 31.05.2021, XXXX (OZ5).

Die Feststellungen zur Vaterschaft des Beschwerdeführers und der Beziehung zu seinem Kind ergeben sich aus seinen eigenen Angaben und dem Verwaltungsakt, insbesondere den Ausführungen im Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 12.04.2019 (AS 599-600) und den vorliegenden Bestandteilen des Pflegschaftsaktes des Bezirksgerichtes XXXX XXXX , Zl. XXXX (OZ5 und OZ7). Der Beschwerdeführer legte den Reisepass (AS 433), die Geburtsurkunde und die Anmeldebescheinigung seines Sohnes (AS 470f) und ein Gutachten betreffend die Feststellung seiner Vaterschaft (AS 614) vor. Ergänzend wurden vom Bundesverwaltungsgericht im Vorfeld zur mündlichen Beschwerdeverhandlung weitere Unterlagen des Pflegschaftsgerichtes angefordert und am 27.07.2021 samt einer Auskunft der zuständigen Richterin übermittelt (OZ7). Zusätzlich wurde ein Abgleich der zmr-Auskünfte des Beschwerdeführers und seines Kindes vorgenommen.

Betreffend seine Integration brachte der Beschwerdeführer mehrere Deutschkursbestätigungen des Vereins XXXX vom 30.01.2014, 15.05.2014, 02.06.2014 und 30.06.2014 (OZ5) ein ÖSD Zertifikat A2 vom 17.04.2014 (AS 761), mehrere Bestätigungen der XXXX vom 21.10.2014 (AS 763), vom 17.12.2015 (AS 833), vom 04.01.2016 (AS 867-871), vom 22.06.2016 (AS 893 und vom 30.06.2016 (AS 895), ein Pflichtschulabschlusszeugnis vom 20.06.2016 (AS 889-891), eine Bestätigung der Firma XXXX vom 14.10.2014 (AS 765), eine Wohnbestätigung der XXXX vom 30.09.2014 (AS 767), ein Bestätigungsschreiben des Projekts „Student Union of Nigeria“ vom 14.01.2015 (AS 879), eine Bestätigung der XXXX vom 01.09.2016 (OZ5), Unterstützungsbestätigungen des XXXX Vereins vom 08.04.2021 und 05.07.2021 (OZ5), einen Arbeitsvorvertrag eines Bekleidungsgeschäftes in Wien vom 16.06.2021 (OZ5), private Unterstützungsschreiben verschiedener Personen (AS 773-783, 835-849, 881-883, OZ5) und verschiedene Fotos, die den Beschwerdeführer mit Freunden und Bekannten zeigen (AS 851-861; OZ5) in Vorlage. In Zusammenschau und unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände war die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer keine tiefgreifende soziale und integrative Verfestigung im Bundesgebiet aufweist.

Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch ein österreichisches Strafgericht und den der Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten gründet sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister und die vorliegenden Urteile des Landesgerichtes XXXX vom 07.01.2020 (AS 670ff) und des Oberlandesgerichtes XXXX vom 30.06.2020 (AS 677ff). Die Berufungsentscheidung ergibt sich aus dem eingeholten Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 07.12.2016 zu XXXX .

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Zur Rechtslage:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatsangehöriger der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

Gemäß § 54 Abs. 5 Z 1 NAG bleibt das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 erfüllen und die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Wenn der EWR-Bürger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG sogar unbefristet erlassen werden.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Die Verhältnismäßigkeit eines Aufenthaltsverbots ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Gemäß Art. 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

In seinem Beschluss vom 28.11.2019, Ra 2019/19/0359, mwN, hob der Verwaltungsgerichtshof hervor, dass es notwendig sei, sich bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl auseinanderzusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar sei, im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen sei, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden der Fall sei. Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergebe, könnten die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führe.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Vorauszuschicken ist, dass dem Beschwerdeführer durch seine Eheschließung mit einer EWR-Bürgerin, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, die Stellung als „begünstigter Drittstaatsangehöriger“ iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zukommt. Der Beschwerdeführer ist zwar mittlerweile von seiner Frau geschieden, die Ehe bestand allerdings von XXXX .2018 bis XXXX 2021 und somit über drei Jahre. Dadurch liegt der Ausnahmetatbestand iSd § 54 Abs. 5 Z 1 NAG vor, wodurch der persönliche Anwendungsbereich von § 67 FPG eröffnet ist.

Der zum erhöhten Gefährdungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 5.Satz FPG (der Art 28 Abs 3 der Freizügigkeitsrichtlinie [RL 2004/38/EG; vgl § 2 Abs 4 Z 18 FPG] umsetzt) führende zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet muss grundsätzlich ununterbrochen sein. Der Beschwerdeführer hat sich nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten. Zwischen 21.01.2010 und 22.12.2010 und von 10.08.2012 bis 03.07.2013 war er behördlich nicht gemeldet und von Dezember 2016 bis März 2018 lebte er in Ungarn. Daher kommt der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung.

Vor dem Hintergrund des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers seit seiner erstmaligen Ankunft in Österreich im Dezember 2008 und insbesondere seiner strafgerichtlichen Verurteilung aufgrund der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB und der Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB vom 07.01.2020 (rechtskräftig seit 30.06.2020) ist die Annahme des BFA, dass vom Beschwerdeführer auch zukünftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 67 Abs. 1 FPG ausgehen wird, nicht zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte unter Verwendung einer Alias-Identität zwei Asylanträge, die sich als unbegründet bzw. unzulässig erwiesen, wobei die beiden diesbezüglichen Verfahren schon im Jänner 2010 rechtskräftig abgeschlossen waren. Er kam im Anschluss seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nach, verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet und vereitelte seine Abschiebung, indem er immer wieder über Monate untertauchte, an der Beschaffung eines Heimreisezertifikates nicht mitwirkte und sich wiederholt mittels Hungerstreik aus der Schubhaft freipresste.

Seine falsche Identität hielt er über Jahre hinweg aufrecht. Erst ab November 2016 trat er im Bundesgebiet unter seiner wahren Identität in Erscheinung, wobei er sich kurz darauf nach Ungarn begab (ohne eine Abmeldung seiner behördlichen Meldung vorzunehmen). Erst nach erfolgter Eheschließung mit einer slowakischen Staatsangehörigen kehrte er zurück. Gerade die Verschleierung der wahren Identität einer Person stellt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar (VwGH vom 19.12.2006, 2005/21/0278).

Doch insbesondere durch sein strafbares Verhalten hat der Beschwerdeführer die Missachtung der österreichischen Rechtsordnung demonstriert.

So versandte er im September 2018 im Namen seiner Exfrau und deren neuen Lebensgefährten mehrere „terroristische“ Nachrichten an eine Vielzahl von Behörden und Organisationen. Dadurch setzte er seine Ehefrau und deren Lebensgefährten wiederholt der Gefahr der behördlichen Verfolgung aus und hat sie jeweils des Verbrechens der terroristischen Vereinigung falsch verdächtigt. Die Art und Weise der Begehung der oben angeführten Straftaten weist auf eine beträchtliche kriminelle Energie hin. Er hat seine Tat reiflich überlegt und ist geplant vorgegangen, indem er eigens zwei E-Mail-Adressen anlegte, die die Namen seiner Exfrau und deren Lebensgefährten enthielten. Die Schwere der strafbaren Handlungen, insbesondere die Bezichtigung eines Verhaltens seitens der Beschwerdeführers gegenüber den Geschädigten, welches zu deren massiven Verurteilung führen hätte können, zeigt, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Aufgrund dieses Verhaltens wurde er mit Urteil eines Landesgerichtes vom 07.01.2020 wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB und der Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Bei der Strafbemessung sah das Strafgericht das Zusammentreffen von mehreren Vergehen mit einem Verbrechen als erschwerend an. Mildernd wurde hingegen die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers gewertet.

Den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten wohnt ein besonders hoher Unrechtsgehalt inne. Das Verbrechen der Verleumdung hat auch schon der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur zur Erlassung von Aufenthaltsverboten aufgegriffen und festgehalten, dass diesem im Hinblick auf die Aufenthaltsversagung eines Fremden große Bedeutung zukommt. (siehe etwa VwGH vom 27.06.1996, Zahl 95/18/1244).

Die Verhinderung strafbarer Handlungen gegen die Rechtspflege stellt jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar.

Erschwerend hinzu kommt, dass die Wortwahl des Beschwerdeführers in den inkriminierten Nachrichten auch auf seine überaus ausgeprägte persönliche Abneigung gegenüber Österreich insgesamt und den hier rechtlich geschützten Werten schließen lässt. So bezeichnete er Österreich – wenn auch in fremdem Namen – als nutzloses, unsinniges, rassistisches und schmutziges Land, das er von ganzem Herzen hasse. Er äußerte den Wunsch, das Land komplett zu zerstören, zu bombardieren und die Regierung zu stürzen.

Insbesonders aus dieser Geisteshaltung Beschwerdeführer ergibt sich - auch wenn die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht vollkommen wörtlich genommen werden, so doch als deutliches Gesamtbild - dass er eine zukünftige schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Als Begründung für seine Straffälligkeit gab der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht XXXX an, es habe sich um eine Kurzschlussaktion gehandelt und er habe die Tat aus einer heftigen Gemütsbewegung heraus begangen. Diese Verharmlosung lässt jegliche Reue oder Schuldeinsicht vermissen. Eine adäquate Deliktaufarbeitung oder Tateinsicht läßt das im Beschwerdeschriftsatz Gesagten, wonach der Beschwerdeführer in einer privaten Auseinandersetzung falsch reagiert habe, gänzlich vermissen.

Die vom Beschwerdeführer verübten Straftaten liegen noch nicht lange zurück und der seit der Verurteilung vergangene Zeitraum ist noch zu kurz, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können und mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen zu können, dass sich der Beschwerdeführer nicht neuerlich zu einer derartigen Racheaktion gegen seine Exfrau oder andere Personen hinreißen lässt, zumal die dreijährige Probezeit noch nicht abgelaufen ist.

Der Beschwerdeführer wird den Wegfall der durch seine strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens unter Beweis stellen müssen.

Weitere Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist, dass ein damit verbundener Eingriff in das Familien- und Privatleben verhältnismäßig sein muss. Auch dies ist hier erfüllt.

Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers im bereits mehrere Jahre gedauert hat, wobei die Dauer zusammengezählt noch keine zehn Jahre erreicht (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.04.2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iSv Art. 8 EMRK entstanden ist).

Hinweise, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, liegen auch unter Berücksichtigung der Deutschkenntnisse und der Erlangung des Pflichtschulabschlusses durch den Beschwerdeführer nicht vor. Die von ihm vorgebrachten privaten Kontakte entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne der EMRK. Der Beschwerdeführer ist nach wie vor nicht selbsterhaltungsfähig und ging zu keinem Zeitpunkt einer erlaubten Beschäftigung nach.

Auch die Einstellungszusage vermag diesbezüglich keine entscheidende Gewichtung herbeiführen, zumal das erste Monat als Probezeit gilt und sich auch aus einer vorgelegten Einstellungszusage keinerlei Garantie auf eine (Weiter-)Beschäftigung ableiten lässt (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch VwGH 13.10.2011, 2011/22/0065 mwH).

Im Besonderen ist in diesem Zusammenhang auf die folgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, in denen selbst nach langjährigem Aufenthalt und erfolgten Integrationsschritten seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bejaht wurde: VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 ua. (Familie; siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine staatliche Unterstützung), VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (siebeneinhalbjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang Ehe mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; drei Jahre Berufstätigkeit; gute Deutschkenntnisse; engen Kontakt zu Freundes- und Bekanntenkreis sowie Bruder in Österreich; Unbescholtenheit; kaum Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert als Zeitungsausträger, Sportverein), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Grundversorgung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (knapp achtjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit; unbescholten; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; Vereinsmitglied).

Der Beschwerdeführer führt auch kein iSd Art 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich. Er lebt bereits seit Juli 2018 von seiner Exfrau getrennt und auch der Kontakt zu seinem Sohn, der damals rund eineinhalb Jahre alt war, ist seither stark eingeschränkt. Seine Exfrau verweigerte dem Beschwerdeführer zunächst jeglichen Kontakt zu seinem Kind. Ein im Oktober 2019 vom Beschwerdeführer erwirktes Kontaktrecht im Rahmen eines Besuchscafes konnte aufgrund des Verhaltens seiner Frau zunächst nicht durchgesetzt werden. Erst im Jänner 2021 wurde dem Beschwerdeführer neuerlich ein begleitetes Kontaktrecht eingeräumt.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die konkreten Auswirkungen einer Aufenthaltsbeendigung für ein Elternteil auf das Wohl eines Kindes zu ermitteln und bei der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen (vgl VfSlg 19.362/2011; VfGH 25.2.2013, U2241/2012; 19.6.2015, E426/2015; 9.6.2016, E2617/2015; 12.10.2016, E1349/2016; 14.3.2018, E3964/2017; 11.6.2018, E343/2018, E345/2018; 11.6.2018, E435/2018; 26.2.2019, E3079/2018).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur (selbst) eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug der Fall ist. Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. VwGH 11.1.2021, Ra 2020/01/0295, mwN; VwGH 16.06.2021, Ro 2021/01/0013-7, vgl. zur Beurteilung von Art. 8 EMRK im Übrigen VfGH 23.2.2021, E 4200/2020-9).

Im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung ist es notwendig, sich mit dem Kindeswohl und mit den Auswirkungen der Trennung des Beschwerdeführers von seinem in Österreich lebenden viereinhalbjährigen Sohn auseinanderzusetzen.

Eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls aufgrund der Verhängung des Aufenthaltsverbotes steht im Beschwerdefall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht zu befürchten.

Obwohl der Sohn des Beschwerdeführers sich freut, seinen Vater im Rahmen der begleiteten Kontakte wiederzusehen und die begleiteten Kontakte laut Auskunft des Pflegschaftsgerichtes bisher durchaus positiv verlaufen sind, ist der Beschwerdeführer nur in sehr eingeschränktem Ausmaß in die tägliche Versorgung, Erziehung und Betreuung seines Kindes eingebunden. Er stellt für seinen Sohn keine Hauptbezugsperson dar.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer für seinen Sohn zu keinem Zeitpunkt Unterhaltszahlungen geleistet. Der Lebensunterhalt des Kindes wurde allein durch seine Mutter bestritten, sodass die Anwesenheit des Beschwerdeführers auch unter diesem Aspekt nicht erforderlich ist.

Doch selbst wenn der Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aus Sicht des Kindeswohls zu befürworten wäre, kommt den Kriterien des § 138 ABGB im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich die Funktion eines „Orientierungsmaßstabs“ für die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht zu. Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar; das Kindeswohl ist bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung bzw. Interessenabwägung hängt vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. zu allem VwGH 17.5.2021, Ra 2021/01/0150-0152, mwN, VwGH 16.06.2021, Ro 2021/01/0013-7).

Im Beschwerdefall besteht aufgrund der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführers ein hohes öffentliches Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Auch wenn die problematische Wiederanbahnung des Kontaktes zu seinem Sohn vor allem der Sphäre der Kindesmutter zuzurechnen ist, hat der Beschwerdeführer sein Familienleben bewusst aufs Spiel gesetzt hat, indem er die Mutter seines Kindes verleumdete.

Dem Beschwerdeführer musste bewusst gewesen sein, dass sich sein Handeln negativ auf die Beziehung zu seinem Sohn auswirken würde und eine mögliche Einleitung straf- und aufenthaltsrechtlicher Maßnahmen gegen die Mutter des Kindes auch negative Auswirkungen für sein eigenes Kind entfalten könnte. Dies hat er mit seinen nicht etwa im Affekt begangenen sondern vielmehr mit Bedacht vorbereiteten Tathandlungen jedoch bewusst in Kauf genommen.

Schließlich scheint auch ein Kontakt mit und mehr noch eine Prägung durch eine Bezugsperson mit der oben beschriebenen negativen Einstellung zu Österreich und den hier geltenden Werten dem Kindeswohl geradezu abträglich zu sein.

Ein Kontakt bzw. eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Österreich wird auch nicht dauerhaft verunmöglicht bzw. bestünde gegebenenfalls die Möglichkeit, das Familienleben durch Besuche außerhalb Österreichs fortzusetzen.

Ein Eingriff in das Privatleben- und Familienleben des Beschwerdeführers durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kann daher als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden.

Die vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zu Lasten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus. Vielmehr ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, um ihn von der Begehung von Straftaten in Österreich abzuhalten.

Zur Befristung des Aufenthaltsverbotes ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall ein Aufenthaltsverbot nach Maßgabe von § 67 Abs. 2 FPG höchstens für die Dauer von zehn Jahren verhängt werden kann.

Wie die belangte Behörde geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass unter den Umständen des vorliegenden Falls die Befristungsdauer von zwei Jahren zulässig ist. Es besteht daher keine Veranlassung, die von der belangten Behörde festgesetzte Befristungsdauer des Aufenthaltsverbotes zu reduzieren:

Hinsichtlich der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist zu beachten, dass der Beschwerdeführer eine massive Delinquenz verwirklichte. In Hinblick auf die Art und Schwere dieser Straftat und das sich daraus ergebende, zuvor bereits näher dargelegte Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers, sowie die fehlende maßgebliche soziale Anbindung in Österreich ist eine Aufenthaltsverbotsdauer in der Höhe von zwei Jahren, die sich in der unteren Hälfte des verfügbaren Rahmens bewegt, jedenfalls angemessen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 67 FPG abzuweisen war.

3.2.    Zur Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Vor dem Hintergrund des langjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich erschien die Einräumung einer einmonatigen Frist zur Regelung seiner persönlichen Verhältnisse rechtmäßig und war diese nicht zu beanstanden und wurde auch in der Beschwerde nichts Gegenteiliges vorgebracht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 70 Abs. 3 FPG abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I406.2239855.1.00

Im RIS seit

22.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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