TE OGH 2021/9/7 1Ob93/21i

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Veröffentlicht am 07.09.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. März 2021, GZ 30 R 7/21a-24, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. November 2020, GZ 11 Cg 59/20v-18, großteils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in den Punkten 3. und 4. des Ersturteils sowie im Kostenpunkt dahin abgeändert, dass das Urteil insofern lautet:

„3. Die beklagte Partei ist schuldig, mit sofortiger Wirkung die Verwendung der nachstehend genannten Klausel oder sinngleicher Klauseln im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder Vertragsformblättern zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind:

'Die Rückführung des Kredites erfolgt in der jeweiligen ausgenützten Währung.'

4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.561,82 EUR (darin enthalten 598,19 EUR USt und 972,67 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.358,48 EUR (darin enthalten 202,58 EUR USt und 1.143 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.465,24 EUR (darin enthalten 156,52 EUR USt und 1.526 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Der Kläger ist ein zur Unterlassungsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verein. Die Beklagte ist ein Kreditinstitut und betreibt österreichweit Bankgeschäfte. Sie schließt als Unternehmerin mit Verbrauchern auch Fremdwährungskredite ab. Ihren Verträgen legt sie Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde, in denen in Z 75 unter der Überschrift „Fremdwährungskredite“ die Formulierung enthalten ist: „Fremdwährungskredite sind effektiv, das heißt in der Währung zurückzuzahlen, in der sie das Kreditinstitut gegeben hat.“ [Klausel 1a]

[2]       Weiters verwendete die Beklagte in den Jahren 2003 bis 2008 beim Abschluss von (endfälligen) Fremdwährungskrediten mit Verbrauchern mit Laufzeiten von bis zu 25 Jahren Vertragsformblätter (Beilagen ./B, ./E, ./F, ./G und ./H), in denen folgende Formulierungen enthalten waren:

„Wir [...] erklären uns gerne bereit, Ihnen einen in Euro und Fremdwährung einmalig ausnützbaren Kredit bis zum Gegenwert von EUR [...] in folgender Währung: Schweizer Franken auf Ihrem Konto [...] samt allfälligen Konten in den jeweils erforderlichen Währungen zu nachfolgenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen.“

[3]       Unter der Überschrift „Konditionen“ wird jeweils die (unterschiedliche) Zinsenbelastung bei „Ausnützung in Fremdwährung“ (niedriger) und bei „Ausnützung in Euro“ (höher) dargelegt. Bestimmte Spesen sollen im Rahmen der Krediteröffnung dem „Euro-Girokonto“ des Kreditnehmers angelastet werden.

[4]            Der Punkt „Einzugsermächtigung“ lautet: „Sie ermächtigen uns, die dem Kreditkonto jeweils angelasteten Zinsen und Kosten sowie fällige Kapitaltilgungen zu Lasten des Euro-Girokontos [...] einzuziehen.“

[5]       Im Punkt „Rückzahlungsvereinbarung“ wird festgehalten: „Die Rückführung des Kredites erfolgt in der jeweiligen ausgenützten Währung.“ [Klausel 1]

[6]       Der Kläger begehrt (soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz), der Beklagten zu untersagen, die Klausel 1, hilfsweise die Klausel 1a, oder sinngleiche Klauseln im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern zu verwenden und sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der Beklagten mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind. Weiters begehrt er die Veröffentlichung des klagestattgebenden Teils des Urteils in einer Samstagsausgabe einer Tageszeitung auf Kosten der Beklagten. Die beanstandeten Klauseln seien intransparent.

[7]       Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sollte der Klage stattgegeben werden, müsste ihr, obwohl sie aktuell keine neuen Fremdwährungskredite an Verbraucher gewähre, eine Leistungsfrist von drei Monaten eingeräumt werden, um durch Arbeitsanweisungen und dergleichen hausintern sicherzustellen, dass sich weder Mitarbeiter noch IT-Systeme in bestehenden Vertragsverhältnissen darauf berufen.

[8]            Das Erstgericht wies – soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz – das Hauptbegehren (bezüglich der Klausel 1) und das Eventualbegehren (betreffend die Klausel 1a) ab. Schon aus ganz allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ergebe sich, dass Fremdwährungskredite in der Währung zurückzuzahlen seien, in der sie zugezählt worden sind. Der Kläger beanstande auch nicht die Klausel selbst, sondern nur das Fehlen einer allgemeinen Risikoaufklärung bei Fremdwährungskrediten. Zwar schulde die Beklagte eine entsprechende Aufklärung, es stehe aber in ihrem Ermessen, wie sie dieser Verpflichtung nachkommt. Wenn die Beklagte über das Risiko eines Fremdwährungskredits nicht aufkläre, dann könnte dies allenfalls eine unzulässige Geschäftspraktik im Sinn des § 28a KSchG begründen; dies mache der Kläger aber nicht geltend.

[9]            Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Rechtlich führte es aus, ein Fremdwährungskreditvertrag sei ein Kreditvertrag im Sinn des § 988 ABGB. Bei einem endfälligen Kreditvertrag sei der Kreditnehmer schon gemäß § 983 ABGB verpflichtet, am Ende der Laufzeit „ebenso viele Sachen derselben Gattung und Güte“ zurückzugeben, im Fall eines Vertrags wie Beilage ./B daher Schweizer Franken. Dabei sei unerheblich, ob der Kreditbetrag in Schweizer Franken oder in EUR ausgezahlt werde; in jedem Fall bilde die fremde Währung die Berechnungsgrundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers. Wenn dem Kreditnehmer im Jahr 2006 ein endfälliger Kredit zum Gegenwert von 130.000 EUR in Schweizer Franken (damals rund 200.000 Schweizer Franken) gewährt worden sei, müsse er zum Rückzahlungstermin 30. 4. 2031 wiederum rund 200.000 Schweizer Franken zurückzahlen.

[10]           Gemäß § 907b Abs 1 ABGB könne, wenn eine in inländischer Währung ausgedrückte Geldschuld in Österreich zu zahlen sei, die Zahlung in österreichischer Währung erfolgen, es sei denn, dass die Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen worden ist. Diese Bestimmung gewähre (wenn nichts anderes vereinbart wurde) dem Schuldner eine Ersetzungsbefugnis zur Leistung in EUR und solle ihm die Zahlung erleichtern. Die Klauseln 1 und 1a legten fest, dass die Fremdwährungskredite der Beklagten in der ausgenützten, also in der ausländischen Währung (somit ein Kredit nach Beilage ./B in Schweizer Franken) zurückzuzahlen seien. Diese Klauseln schlössen bloß die dispositive Ersetzungsbefugnis des Schuldners gemäß § 907b Abs 1 ABGB aus.

[11]           Nehme jemand einen Fremdwährungskredit auf, dann habe er den Vorteil einer geringeren Verzinsung. Allerdings habe er das Risiko, dass sich der Wechselkurs des EUR zum Schweizer Franken zu seinem Nachteil entwickle; im Gegenzug bestehe aber die Chance, dass sich dieser Wechselkurs zu seinem Vorteil ändere. Diese Risiken bestünden bereits aufgrund des Abschlusses eines Fremdwährungskreditvertrags, aber nicht wegen der Klauseln 1 und 1a.

[12]           Eine Aufklärung über wirtschaftliche Folgen der Klauseln 1 und 1a sei nicht erforderlich, weil die Vereinbarung dieser Klauseln für den Kreditnehmer nicht wirtschaftlich nachteilig sei. Wären diese Klauseln nicht vereinbart worden, hätte der Kreditnehmer nach Ablauf des Kreditvertrags Beilage ./B ebenfalls 200.000 Schweizer Franken oder zumindest den Gegenwert zum Rückzahlungszeitpunkt in EUR zurückzuzahlen. Damit habe die Beklagte mit diesen beiden Klauseln nicht gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verstoßen.

[13]           Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe zu 6 Ob 228/16x [Klausel 21a] die (ähnliche) Klausel 1a als transparent beurteilt.

Rechtliche Beurteilung

[14]     Die – nach Freistellung von der Beklagten beantwortete – außerordentliche Revision des Klägers ist zur Klarstellung der Rechtslage betreffend die Klausel 1 zulässig und auch berechtigt.

[15]           1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist es dem Rechtsmittelgericht nicht verwehrt, ergänzende Feststellungen aus unstrittigen (Vertrags-)Urkunden zu treffen, wenn die Feststellungen des Erstgerichts insoweit unvollständig waren (RIS-Justiz RS0121557). Wenn das Berufungsgericht aus einem vom Kläger selbst vorgelegten Kreditvertrag (Beilage ./B) Feststellungen traf, verletzte es weder den Unmittelbarkeitsgrundsatz noch dessen rechtliches Gehör im Sinn des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO.

[16]           2.1. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Das setzt das Verwenden von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig sind oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht und es der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum ausschließt, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Das Transparenzgebot begnügt sich auch nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169 [T2]).

[17]           2.2. Zutreffend zeigt der Revisionswerber auf, dass die Vertragsklausel 1 durch ihre Bezugnahme auf die „jeweilige ausgenützte Währung“ den Kreditnehmer über den Inhalt seiner Rückzahlungspflicht im Unklaren lässt, zumal der Begriff des „Ausnützens“ auch im übrigen Vertragstext nicht verständlich erklärt wird. Auch die Beklagte kann dazu nichts erhellendes beitragen. Wenn sie in ihrer Revisionsbeantwortung (Rz 48) ausführt, der Kreditnehmer müsse jedenfalls Schweizer Franken zurückzahlen, auch wenn er sich EUR auszahlen lässt, bleibt ganz offen, für welche Konstellation dann die in der Klausel vorgesehene Variante gelten soll, dass bei der vertraglich vorgesehenen „Ausnützung in EUR“ (auch) die Rückführung in dieser Währung „erfolgt“ (gemeint: erfolgen soll).

[18]           Nach dem unstrittigen Inhalt der Kreditverträge (Beilagen ./B, ./E, ./F, ./G und ./H) erklärt sich die Beklagte bereit, einem Kreditnehmer „einen in Euro und Fremdwährung einmalig ausnützbaren Kredit“ bis zu einem bestimmten Gegenwert in EUR in der Währung Schweizer Franken zur Verfügung zu stellen. Unproblematisch ist die Ausnützung des Kredits allein in Schweizer Franken, wenn sich der Kreditnehmer dafür entscheidet, den Kreditbetrag auch in dieser Währung ausgezahlt zu erhalten. In diesem Fall ist die „ausgenützte“ Währung zweifellos der Schweizer Franken.

[19]           Den Kreditverträgen liegt jedoch als weitere Variante zugrunde, dass sich der Kreditnehmer, der mit den Kreditmitteln typischerweise EUR-Verbindlichkeiten begleichen will, den Kredit (in aller Regel) in EUR auszahlen lässt, was sich schon aus der Bezugnahme auf einen bestimmten „Gegenwert“ in EUR ergibt. In diesem Fall soll – nach der Vorstellung der Kreditgeberin – die Fremdwährung zumindest die Verrechnungswährung sein. Ist es für den Kreditnehmer nach der Vertragsformulierung – anders als im vorliegenden Fall – unmissverständlich, dass er einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken aufnimmt und lässt er sich diesen in EUR auszahlen, so bleibt der Kredit zwar ein Fremdwährungskredit, weil die fremde Währung weiterhin die Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers bildet (1 Ob 163/15z [Punkt II.1.] = SZ 2015/128; 1 Ob 190/16x [Punkt III 4.1] = SZ 2017/34; 7 Ob 48/17k [Punkt 1.1.] = ÖBA 2018/2469, 431 [St. Foglar-Deinhardstein]; vgl § 2 Abs 12 VKrG). Zusätzlich schließt der Kreditnehmer in diesen Fällen einen (entgeltlichen) „Geldwechselvertrag“ über das „Wechseln“ von Fremdwährung in EUR (Devisenverkauf) ab (8 Ob 37/20d [Punkt III.2.]).

[20]           Ausgehend von der Formulierung in sämtlichen Vertragsformularen, wonach der „in Euro und Fremdwährung einmalig ausnützbare Kredit bis zum Gegenwert von EUR […] in […] Schweizer Franken“ zur Verfügung gestellt wird, ist nicht klar, was die „ausgenützte“ Währung sein soll, wenn sich der Kreditnehmer den Kreditbetrag in EUR auszahlen lässt. Ohne verständliche Vereinbarung in den Kreditverträgen erschließt sich dem durchschnittlichen Verbraucher nicht, dass auch hier die „ausgenützte“ Währung der Schweizer Franken sein und er zusätzlich einen „Geldwechselvertrag“ (Verkauf der Fremdwährung) abschließen soll. Die Beklagte – und auch das Berufungsgericht – versteht die Klausel (nun) offenbar so, dass auch in diesem Fall der Kreditnehmer den Kreditbetrag in ausländischer Währung erhält und daher in dieser zurückzuzahlen hat, obwohl der Kreditnehmer EUR ausgezahlt erhält und die von der Beklagten stammende Formulierung durchaus in der Weise verstehen kann, dass er damit diese Währung auch „ausnützt“. Für den Verbraucher ist damit aber nicht transparent und klar, dass er – entsprechend dem Verständnis der Beklagten – den Kreditbetrag in Fremdwährung „ausnützt“, obwohl er EUR erhalten will und auch erhält. Im Fall der „EUR-Ausnützung“ des Kredits verschleiert die Klausel 1 dem Kreditnehmer das Währungsrisiko, weil er die Bezugnahme auf die Möglichkeit der Ausnützung „in EUR und Fremdwährung“ auch so verstehen kann, dass ihm alternativ ein gewöhnlicher EUR-Kredit (mit einer höheren Zinsbelastung) angeboten wird. Dieses Verständnis könnte auch durch den Umstand gefördert werden, dass bei „Ausnützung in EUR“ erheblich höhere (und an den EURIBOR gebundene) Zinsen zu zahlen sind, was bei der bloßen Überlassung von Schweizer Franken, die anschließend für den Kunden verkauft werden, dem schließlich der Verkaufserlös ausgezahlt (bzw auf sein EUR-Konto gutgebucht) wird, schwer verständlich ist. Damit ist die Klausel 1 intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG und daher unwirksam. Welche allfälligen weiteren Rechtsfolgen dies hat, ist im Verbandsprozess nicht zu prüfen; die Revisionsgegnerin meint, die Klausel sei ohnehin entbehrlich.

[21]           3. Leistungsfrist

[22]           3.1. Gemäß § 409 Abs 1 ZPO ist, wenn in einem Urteil die Verbindlichkeit zu einer Leistung auferlegt wird, zugleich auch eine Frist für diese Leistung zu bestimmen. Auf reine Unterlassungsansprüche ist § 409 ZPO nicht anzuwenden; die Pflicht zu einer derartigen Unterlassung tritt daher sofort mit der Wirkung des Urteils ein. Ist der Beklagte aber nicht zu einer reinen Unterlassung, sondern zu einer Unterlassung verpflichtet, die auch ein positives Tun erfordert, dann ist eine Frist gemäß § 409 Abs 2 ZPO zu bestimmen. Das gilt etwa auch dann, wenn die Verpflichtung auferlegt wird, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu ändern (9 Ob 82/17z mwN).

[23]     Die Beklagte verwendete die inkriminierte Klausel in Kreditverträgen aus den Jahren 2003 bis 2008. Sie bringt selbst vor, dass sie seit Jahren keine neuen Fremdwährungskredite mehr vergibt und spricht von einem praktischen Verbot der Vergabe von neuen Fremdwährungskrediten an Verbraucher ab 2010. Sie braucht daher ihre Vertragsformblätter nicht zu ändern. Für sie bedeutet dies daher eine Verpflichtung zu einer reinen Unterlassung, wofür keine Leistungsfrist einzuräumen ist.

[24]           3.2. Auch für das Verbot, sich auf unzulässige Klauseln zu berufen, muss eine Leistungsfrist gesetzt werden, wenn für das Befolgen dieser Verpflichtung betriebliche oder organisatorische Maßnahmen notwendig werden, um zu verhindern, dass eine Klausel weiter der Gestion von Altverträgen zugrunde gelegt wird. Allerdings ist immer darauf Bedacht zu nehmen, dass der Unternehmer seine Rechtsposition aus den rechtswidrigen Klauseln keinesfalls ohne Notwendigkeit aufrecht erhalten können soll, weshalb eine einzuräumende Leistungsfrist im Zweifel kurz zu bemessen ist (9 Ob 82/17z mwN).

[25]           Die Beklagte benötigt keine Leistungsfrist, um durch Arbeitsanweisungen und dergleichen hausintern sicherzustellen, dass sich weder Mitarbeiter noch IT-Systeme in bestehenden Vertragsverhältnissen auf die Gültigkeit der Klausel 1 berufen. Sie kann und muss ihre für diese Fremdwährungskredite zuständigen Mitarbeiter darüber informieren, dass die in früheren Vertragswerken formulierte Klausel 1 mangels Transparenz nicht rechtswirksam ist. Damit ist der Beklagten auch in diesem Punkt keine Leistungsfrist einzuräumen.

[26]     4. Veröffentlichungsbegehren:

[27]     Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]).

[28]           Da die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen ihre Leistungen im gesamten Bundesgebiet anbietet, ist es zweckmäßig, die Entscheidung in einer österreichweit erscheinenden Ausgabe einer Tageszeitung zu veröffentlichen. Die Pflicht zur Veröffentlichung wurde bereits in Punkt 2. des erstinstanzlichen Urteils ausgesprochen, sodass im Spruch der Entscheidung nicht neuerlich die Urteilsveröffentlichung in einer Samstag-Ausgabe einer österreichweit vertriebenen Zeitung angeordnet werden muss.

[29]           5. Der Revision ist daher hinsichtlich des Hauptbegehrens zur Klausel 1 Folge zu geben.

[30]           6. Die Kostenentscheidung beruht im erstinstanzlichen Verfahren auf § 43 Abs 1 und § 41 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auf § 41 iVm § 50 ZPO. Die vom Kläger in der Klage beanstandete, nunmehrige (Eventual-)Klausel 1a war bereits Gegenstand der Entscheidung zu 6 Ob 228/16x (Klausel 21a). Der Oberste Gerichtshof sprach dazu aus, dass diese Klausel weder intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG) sei, noch den Kunden gröblich benachteilige (§ 879 Abs 3 ABGB). Im ersten Verfahrensabschnitt bis zur Änderung des Klagebegehrens mit vorbereitendem Schriftsatz vom 29. 10. 2020 ist der Kläger daher mit zwei von drei Klauseln erfolgreich gewesen, sodass ihm gemäß § 43 Abs 1 ZPO der Ersatz von zwei Drittel der Pauschalgebühr sowie von einem Drittel der Kosten für die Klage zustehen. Die von der Beklagten beanstandete und vom Gericht nicht beauftragte Äußerung des Klägers vom 23. 9. 2020 ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich und daher nicht zu honorieren. Die Bemessungsgrundlage für das Revisionsverfahren beträgt nur 12.000 EUR.

Textnummer

E132903

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00093.21I.0907.000

Im RIS seit

22.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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