Entscheidungsdatum
09.09.2021Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §36Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Gstir über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, **** Y, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 02.03.2021, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Tiroler Bauordnung 2018 – TBO 2018,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Entscheidungswesentlicher Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit dem am 26.04.1983 bei der Baubehörde eingelangten Bauansuchen beantragte AA (in der Folge: Beschwerdeführer) unter Anschluss von Eichreichplänen der CC die Errichtung einer Lagerhalle auf den Gsten **1 und **2, beide KG Z.
Aus den Einreichplänen ergibt sich ua auch eine Überbauung der Grenzen der Gste **3 und **2, beide KG Z.
In diesem Baubewilligungsverfahren wurde ua auch am 05.05.1983 eine Bauverhandlung durchgeführt. Aus der Niederschrift dieser Bauverhandlung ergibt sich ua, dass eine Überbauung der Grundgrenze nicht gestattet wird und zur Erlangung der gesetzlichen Abstände beabsichtigt ist zwischen den Gsten **2 und **3, beide KG Z, einen entsprechenden Grundtausch vorzunehmen.
Im Bauakt dieses Baubewilligungsverfahrens findet sich abschließend weiters eine „Erledigung“, die als „Bescheid“ bezeichnet und mit 16.07.1987 datiert ist, die jedoch nicht unterfertigt ist.
Auch auf den Einreichplänen findet sich kein Genehmigungsvermerk der Baubehörde.
Aus dem Aktenvermerk einer Besprechung am 13.03.2018, ua auch im Beisein des Bürgermeisters der Gemeinde Z und des nunmehrigen Beschwerdeführers, ergibt sich, ua auch das Fehlen eines Baubescheides für die bereits errichtete Lagerhalle und dass der erforderliche Grundtausch mit der DD zur Herstellung der gesetzlichen Grenzabstände besprochen wurde.
Mit Bauansuchen vom 14.02.2020 beantragte der Beschwerdeführer dann die Erteilung der nachträglichen Bewilligung für die bereits errichtete Halle sowie einer Einfriedung und die Errichtung eines Einfahrtstores zur Gemeindestraße auf dem nunmehrigen Gst **2 KG Z unter Anschluss von Einreichunterlagen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 24.12.2020, Zl ***, wurden den beantragten Baumaßnahmen (nachträglich) die Baubewilligung unter der Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.
Mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 29.01.2021, bei der Baubehörde eingelangt am 01.02.2021, bzw der Eingabe des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 09.02.2021 und vom 18.02.2021, beantragte der Beschwerdeführer dann hinsichtlich der verfahrens-gegenständlichen - nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers in den Jahren 1983/1984 errichteten - Halle die Feststellung des vermuteten Baukonsenses gemäß § 36 TBO 2018.
Mit dem gegenständlich bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 02.03.2021, Zl ***, wurde der Antrag auf Feststellung des Baukonsenses nach § 36 TBO 2018 abgewiesen.
Die Entscheidung begründend wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen ausgeführt, dass festgestellt werden konnte, dass für die gegenständliche bauliche Anlage zwar ein Bauakt besteht, der betreffende Bau allerdings ohne den erforderlichen baubehördlichen Konsens errichtet wurde. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Planunterlagen, in welchen die Überbauung der Grundgrenze ersichtlich ist. Dies wurde bei der Bauverhandlung am 05.05.1983 besprochen und ein entsprechender Grundtausch für die nötige Abstandsfläche vereinbart. Zwischenzeitlich wurde von Seiten der Baubehörde offensichtlich ein Bescheidentwurf vorbereitet. Dieser Entwurf wurde mit 16.07.1987 datiert, aus den oben angeführten Gründen aber nie unterfertigt oder zugestellt. Dass es sich lediglich um einen Entwurf handelt, zeigt sich schon daraus, dass die Grenzbereinigung erst am 30.07.1987 vom Gemeinderat beschlossen wurde. Mangels Baubewilligung wurden seinerzeit auch weder Erschließungskosten noch Anschlussgebühren entrichtet. Da der betreffende Bau entgegen den zur Zeit seiner Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet wurde, lagen daher die Voraussetzungen nach § 36 TBO 2018 nicht vor. Eine bescheidmäßige Feststellung, dass das Vorliegen der Baubewilligung hinsichtlich des auf dem Gst **2 KG Z befindlichen Gebäudes nach Maßgabe des aus dem Jahr 1987 stammenden Unterlagen (Entwurf eines nicht unterfertigten Baubescheides mit Aktenzeichen ***, der mit einem Ausstellungsdatum 16.07.1987 versehen war) zu vermuten sei, konnte daher nicht getroffen werden.
Abgesehen davon liege für das das Objekt aufgrund des Baubescheides vom 24.12.2020, Zl ***, zwischenzeitlich ohnehin ein Baukonsens vor.
Dagegen brachte der nunmehrige Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter die Beschwerde vom 29.03.2021 ein und führte darin – nach Darlegung des Sachverhalts - im Wesentlichen Folgendes aus:
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei für das vorhandene Gebäude in der Vergangenheit tatsächlich ein Baubescheid ergangen, der auch dem Beschwerdeführer direkt vom Gemeindesekretär in Kopie ausgefolgt worden sei. Der Zustellungsvorgang selbst sei offenbar nicht im Bauakt dokumentiert. Die Tatsache, dass ein Baubescheid existiere, ergebe sich jedenfalls eindeutig aus dem Bauakt. Ein Exemplar sei sogar dem Finanzamt Y überlassen worden. Eine vom Bürgermeister unterfertigte Ausfertigung des Bescheides sei dem Beschwerdeführer jedoch nicht zugegangen. Dieser sei als juristischer Laie naturgemäß davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 16.07.1987 dennoch gültig sei und ihn zum Bau berechtigte. Gestärkt worden sei diese Annahme auch durch die Tatsache, dass es wegen dieses Baues 30 Jahre lang kein Problem gegeben habe und den Vertretern der Gemeinde Z dieser Bau genauestens bekannt gewesen sei. Zudem sei mit Bescheid der Gemeinde Z vom 31.12.1984 die zeitliche Grundsteuerbefreiung mit Erwähnung der „Lagerhalle“ erteilt worden. Von der belangten Behörde hätte daher auch eine entsprechende Feststellung des Baukonsenses getroffen werden müssen.
Darüber hinaus vertrete die belangte Behörde auch die unzutreffende Ansicht, dass für das Objekt aufgrund des Baubescheides vom 24.12.2020, Zl *** zwischenzeitlich ein Baukonsens vorliege. Der Sohn des Beschwerdeführers habe für den Beschwerdeführer respektive in dessen Namen mit E-Mail vom 06.01.2021 mitgeteilt, dass er mit diesem Bescheid nicht einverstanden sei und habe er dessen Änderung begehrt. Dieses E-Mail vom 06.01.2021 sei als Beschwerde gegen den vorbezeichneten Bescheid zu werten. Aufgrund des vorgenannten E-Mails des Beschwerdeführers, habe die belangte Behörde mit Mail vom 15.01.2020 (11:44 Uhr) geantwortet und einen geänderten Bescheid in Aussicht gestellt, welcher zur Abholung auf der Gemeinde bereitliege. Auch diese in Aussicht gestellten Änderungen hätten keine Zustimmung des Beschwerdeführers gefunden, was wiederum mit E-Mail vom 15.01.2021 (13:05 Uhr) durch den Sohn des Beschwerdeführers für den Beschwerdeführer klargestellt worden sei, sodass auch dieses E-Mail als Beschwerde zu werten gewesen sei. Die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer das E-Mail vom 06.01.2021 bzw spätestens das E-Mail vom 15.01.2021 zur Verbesserung zurückstellen müssen, dies mit dem Hinweis respektive dem Auftrag eine den notwendigen Inhaltserfordernissen entsprechende vollständige Beschwerde einzubringen. Da die belangte Behörde dies unterlassen habe, sei davon auszugehen, dass der Baubescheid vom 24.12.2020, Zl ***, nach wie vor nicht rechtskräftig sei.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.04.2021 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.03.2021, Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol samt Bauakten zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Eingabe vom 05.05.2021 wurden vom Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter aufgrund der Aufforderung des Landesverwaltungsgericht Tirol die ihm vorliegenden Ausfertigungen der Erledigung vom 16.07.1987 übermittelt, die ebenfalls nicht unterfertigt sind.
II. Beweiswürdigung:
Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die übermittelten Bauakten der belangten Behörde sowie die ergänzende Eingabe des Beschwerdeführers durch seinen Rechtsvertreter am 05.05.2021.
Daraus ergibt sich, wie vorstehend und im Folgenden im Detail dargetan, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt nach Ansicht des erkennenden Gerichts im gegenständlichen Verfahren aufgrund der Aktenlage feststeht. Die Akten lassen bereits erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, sodass einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstanden.
Es konnte daher nach § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
III. Rechtslage:
Gegenständlich sind insbesondere folgende Rechtsvorschriften entscheidungsrelevant:
Tiroler Bauordnung, LGBL Nr 43/1978 in der hier weiters maßgeblichen Fassung LGBL Nr 19/1984:
„§ 3
Begriffsbestimmungen
(…)
(2) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.
(…)
§ 25
Bewilligungspflichtige Vorhaben
Einer Bewilligung der Behörde bedarf:
a) der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;
(…)
§ 31
Baubewilligung
(1) Die Behörde hat über ein Bauansuchen mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.
(…)
§ 32
Zustellung
(1) Die Entscheidungen über Bauansuchen sind allen Parteien zuzustellen.
(2) Dem Bauwerber sind zwei Ausfertigungen der Baubewilligung und der Planunterlagen mit dem Vermerk auszuhändigen, daß sich die Baubewilligung auf diese Unterlagen bezieht.“
Tiroler Bauordnung 2018 – TBO 2018, LGBl Nr 28/2018 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl Nr 114/2021:
„§ 36Feststellungsverfahren(1) Die Behörde hat hinsichtlich jener bewilligungspflichtigen baulichen Anlagen, für die die Baubewilligung nicht nachgewiesen werden kann, im Zweifel von Amts wegen oder auf Antrag des Eigentümers mit Bescheid festzustellen, ob das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist oder nicht. Das Vorliegen der Baubewilligung ist zu vermuten, wenn aufgrund des Alters der betreffenden baulichen Anlage oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind, und überdies kein Grund zur Annahme besteht, dass die betreffende bauliche Anlage entgegen den zur Zeit ihrer Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet worden ist. Anlässlich der Feststellung, wonach das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist, ist weiters der aus der baulichen Zweckbestimmung der betreffenden baulichen Anlage hervorgehende Verwendungszweck festzustellen.
(2) Dem Antrag nach Abs. 1 erster Satz sind ein Lageplan, im Fall von Gebäuden mit den Inhalten nach § 31 Abs. 2, eine Baubeschreibung sowie Bestandspläne, aus denen die wesentlichen Merkmale der baulichen Anlage ersichtlich sind, in dreifacher Ausfertigung anzuschließen. Im Fall der Einleitung des Verfahrens von Amts wegen hat die Behörde den Eigentümer der baulichen Anlage unter Setzung einer angemessenen Frist zur Vorlage dieser Unterlagen aufzufordern. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen, so ist die Feststellung, wonach das Vorliegen der Baubewilligung nicht zu vermuten ist, zu treffen. Im Auftrag ist auf diese Rechtsfolge hinzuweisen.
(3) Der Bescheid, wonach das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist, ist dem Eigentümer der baulichen Anlage in zweifacher Ausfertigung und unter Anschluss zweier mit einem entsprechenden Vermerk versehener Ausfertigungen der Unterlagen nach Abs. 2 erster Satz zuzustellen. Der Vermerk hat das Datum und die Geschäftszahl des betreffenden Bescheides zu enthalten.
(4) Die Feststellung, wonach das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist, ist dem Bestehen der Baubewilligung gleichzuhalten. Die Feststellung, wonach das Vorliegen der Baubewilligung nicht zu vermuten ist, ist dem Fehlen der Baubewilligung gleichzuhalten.“
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG 1950, BGBl Nr 172/1950 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl Nr 136/1983:
„Erledigungen
§ 18
(…)
(4) Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei telegraphischen, fernschriftlichen odervervielfältigten Ausfertigungen genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.
(…)“
IV. Erwägungen:
1. Hinsichtlich der Prüfbefugnis im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist zunächst klarstellend auszuführen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 27 VwGVG, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen hat.
"Sache" des Beschwerdeverfahrens ist – wie der VwGH in ständiger Judikatur ausführt - nur jene Angelegenheit, die normativer Inhalt der vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Entscheidung war und dies zudem nur insoweit als dieser durch die Beschwerde bekämpft wurde.
Im gegenständlichen Fall wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom 13.04.2021 nur die Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.03.2021, Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol samt Bauakten zur Entscheidung vorgelegt.
Es war daher mit dem gegenständlichem Erkenntnis auch nur über die Beschwerde gegen diesen Bescheid vom 02.03.2021, Zl ***, zu entscheiden.
Die in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde angeführten und angeschlossenen Eingaben gegen den Baubewilligungsbescheid vom 24.12.2020, Zl ***, sind daher nicht „Sache“ des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens.
2. Gemäß § 36 Abs 1 TBO 2018 hat die Behörde hinsichtlich jener bewilligungspflichtigen baulichen Anlagen, für die die Baubewilligung nicht nachgewiesen werden kann, im Zweifel von Amts wegen oder auf Antrag des Eigentümers mit Bescheid festzustellen, ob das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist oder nicht.
Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist bei der Frage, ob ein vermuteter Konsens anzunehmen ist, ein besonders sorgfältiges Ermittlungsverfahren durchzuführen.
3. Hinsichtlich der Bewilligungspflicht der gegenständlichen Halle auf dem nunmehrigen Gst **2 KG Z ist daher zunächst Folgendes auszuführen:
Gemäß § 25 lit a Tiroler Bauordnung, LGBL Nr 43/1978 in der hier weiters maßgeblichen Fassung LGBL LGBL Nr 19/1984 bedurfte ua auch der Neubau von Gebäuden einer Baubewilligung nach der Tiroler Bauordnung.
Dass es sich bei der vom Beschwerdeführer mit dem am 26.04.1983 bei der Baubehörde eingelangten Bauansuchen beantragten Lagerhalle auf den damaligen Gsten **1 und **2, beide KG Z, die nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers in den Jahren 1983/1984 errichtet wurde, um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben gehandelt hat, wird vom Beschwerdeführer im Übrigen auch gar nicht bestritten.
Gemäß § 31 Abs 1 Tiroler Bauordnung, LGBL Nr 43/1978 in der hier weiters maßgeblichen Fassung LGBL Nr 19/1984 war bereits auch damals von der Baubehörde mit schriftlichem Bescheid über ein Bauansuchen zu entscheiden.
Es konnte daher auch nach der damals geltenden Rechtslage nur ein schriftlicher Baubewilligungsbescheid für eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage nach der Tiroler Bauordnung einen Baukonsens erwirken.
4. Über das am 26.04.1983 bei der Baubehörde eingelangten Bauansuchen wurde ua auch am 05.05.1983 eine Bauverhandlung durchgeführt und ergibt sich aus deren Niederschrift, dass eine Überbauung der Grundgrenze nicht gestattet wird und zur Erlangung der gesetzlichen Abstände beabsichtigt ist zwischen den Gsten **2 und **3, beide KG Z, einen entsprechenden Grundtausch vorzunehmen.
Zudem wird in der Beschwerde ausgeführt, dass die vom Gemeinderat der Gemeinde Z beschlossene Widmungsänderung erst ein Jahr später von der Aufsichtsbehörde genehmigt und dann vom 21.04.1984 bis 07.05.1984 kundgemacht worden sei.
Der Grundtausch sei nach Angabe der belangten Behörde dann erst im Jahr 1987 erfolgt.
5. Im Bauakt dieses Baubewilligungsverfahrens findet sich auch eine „Erledigung“ datiert mit 16.07.1987, Zl ***, die jedoch keine Unterfertigung des Genehmigenden enthält.
Gemäß § 18 Abs 4 AVG 1950, BGBl Nr 172/1950 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl Nr 136/1983 mussten alle schriftlichen Ausfertigungen – so insbesondere auch schriftliche Bescheide - die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat.
An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden konnte die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.
Bei telegraphischen, fernschriftlichen oder vervielfältigten Ausfertigungen genügte die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei war nicht erforderlich.
Nur Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurden, bedurften weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.
6. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist eine Unterschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, diesen Namen noch herauslesen kann (vgl VwSlg 5423 F/1979).
Auch wenn der Name nicht lesbar ist, muss es sich um einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden, individuellen Schriftzug handeln, der entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt.
7. Zusammengefasst ergibt sich daraus, dass die im Bauakt einliegende „Erledigung“ in einem Baubewilligungsverfahren datiert mit 16.07.1987, Zl ***, insbesondere auch mit der Unterschrift dessen versehen sein musste, der die Erledigung (allenfalls) genehmigt hat, um Rechtswirkung entfalten zu können.
Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausführt, bewirkt das Fehlen der Unterschrift – in jenen Fällen in denen diese, wie gegenständlich, gefordert ist - die absolute Nichtigkeit der Ausfertigung der Erledigung (vgl auch VwSlg 6856 A/1966; VwGH 13.10.1994, 93/09/0302; VfSlg 12.139/1989).
8. Damit ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass die im Bauakt einliegende „Erledigung“ datiert mit 16.07.1987, Zl ***, mangels Unterschrift des Genehmigenden einen „Nichtbescheid“ darstellt und daher den erforderlichen Baukonsens für die gegenständliche Halle nicht begründen konnte.
Auch die beiden vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 05.05.2021 übermittelten Ausfertigungen der „Erledigung“ datiert mit 16.07.1987, Zl ***, weisen keine Unterfertigung des Genehmigenden auf. Darunter auch die „Erledigung“ datiert mit 16.07.1987, Zl ***, auf der sich der Eingangsstempel des Finanzamtes Y vom 28.11.1988 findet.
Überdies ist – insbesondere aufgrund der Ausführungen des Beschwerdeführers und der belangten Behörde - auch sonst kein Hinweis hervorgekommen, dass sonst eine Ausfertigung der „Erledigung“ datiert mit 16.07.1987 bestehen könnte, die allenfalls eine Unterfertigung des Genehmigenden aufweisen könnte.
9. Zudem ergibt sich gemäß § 32 Abs 2 Tiroler Bauordnung, LGBL Nr 43/1978 in der Fassung LGBL Nr 19/1984 weiters, dass im Falle der Erteilung der Baubewilligung dem Bauwerber zwei Ausfertigungen der Baubewilligung und der Planunterlagen mit dem Vermerk auszuhändigen waren, dass sich die Baubewilligung auf diese Unterlagen bezieht.
Auf den im Akt einliegenden Einreichplänen findet sich jedoch ebenfalls kein Genehmigungsvermerk der Baubehörde.
10. Zusammengefasst ergibt sich sohin, dass die „Erledigung“ datiert mit 16.07.1987, Zl ***, für die verfahrensgegenständliche, bewilligungspflichtige Halle keinen Baukonsens begründen konnte und deren Errichtung sohin konsenslos erfolgte.
11. Gemäß § 36 Abs 1 TBO 2018 hat die Behörde hinsichtlich jener bewilligungspflichtigen baulichen Anlagen, für die die Baubewilligung nicht nachgewiesen werden kann, ua auf Antrag des Eigentümers mit Bescheid festzustellen, ob das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist oder nicht.
Das Vorliegen der Baubewilligung ist gemäß § 36 Abs 1 zweiter Satz TBO 2018 dann zu vermuten, wenn aufgrund des Alters der betreffenden baulichen Anlage oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind, und überdies kein Grund zur Annahme besteht, dass die betreffende bauliche Anlage entgegen den zur Zeit ihrer Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet worden ist.
Die der Behörde eingeräumte Zuständigkeit, das vermutete Vorliegen einer Baubewilligung festzustellen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH restriktiv zu handhaben (vgl VfSlg 14.681/1996).
12. Im gegenständlichen Fall ergibt sich aufgrund des von der belangten Behörde übermittelten Aktes – wie vorstehend im Detail dargetan und vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten – sohin zweifelsfrei, dass vom Beschwerdeführer für die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage die dafür erforderliche Baubewilligung unter Anschluss von Einreichunterlagen beantragt wurde und darüber auch eine Bauverhandlung durchgeführt wurde.
Für das verfahrensgegenständliche Gebäude besteht daher iSd 36 Abs 1 zweiter Satz TBO 2018 sehr wohl ein Bauakt.
13. Die in diesem Bauakt einliegende „Erledigung“ datiert mit 16.07.1987, Zl ***, ist jedoch – wie vorstehend im Detail ausgeführt - nicht vom Genehmigenden unterfertigt und stellt daher einen Nichtbescheid dar, und konnte diese daher auch keinen Baukonsens begründen.
14. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er als juristischer Laie davon ausgegangen sei, dass er mit dem Bauvorhaben beginnen habe können und über einen Baukonsens verfüge, da die bauliche Anlage auch über Jahrzehnte unbeanstandet geblieben sei – stellt dies auch keinen besonderen Umstand iSd 36 Abs 1 zweiter Satz TBO 2018 dar, der die Annahme eines vermuteten Baukonsens iSd § 36 TBO 2018 rechtfertigen könnte.
Wie der VwGH nämlich in ständiger Rechtsprechung ausführt, kann sich aus dem Umstand, dass eine bauliche Anlage lange Zeit von der Baubehörde unbeanstandet geblieben ist, kein baurechtlicher Konsens ergeben, da ein solcher durch ein konkludentes (stillschweigendes) Verhalten der Bauaufsichtsorgane weder begründet noch ersetzt werden kann (vgl VwGH 12.09.1989, 89/05/0045; VwGH 29.09.2016, 2013/05/0183; ua)
Es ist daher zB auch die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages zulässig, wenn eine konsenslose bauliche Anlage jahrelang unbeanstandet existierte (vgl VwGH 26.04.1988, 87/05/0199; VwGH 30.04.2009, 2006/05/0217; ua).
15. Aufgrund des gegenständlichen Sachverhalts sowie der Ermittlungsergebnisse war daher im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht von einem vermuteten Baukonsens für die vom Beschwerdeführer – wie von ihm selbst vorgebracht – in den Jahren 1983/1984 errichteten Halle auszugehen.
16. Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens betreffend den Baubewilligungsbescheid vom 24.12.2020, Zl ***, ist der Vollständigkeit halber noch Folgendes auszuführen:
Sollte der Baubewilligungsbescheid vom 24.12.2020, Zl ***, noch nicht in Rechtskraft erwachsen sein, könnte auch dies aufgrund des diesbezüglichen Baubewilligungsverfahren aufgrund der Kriterien des § 36 TBO 2018 zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die verfahrensgegenständlich zu beurteilende Frage führen, ob für die verfahrensgegenständliche Halle ein Baukonsens zu vermuten ist.
Sofern der Baubewilligungsbescheid vom 24.12.2020, Zl ***, in Rechtskraft erwachsen sein sollte und damit für die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage auch in ihrem gesamten Umfang nunmehr tatsächlich ein Baukonsens gegeben sein sollte, könnte auch dies die gegenständliche Beschwerde nicht zum Erfolg führen, da in einen solchen Fall der gegenständliche Antrag auf Feststellung des Baukonsenses sich als unzulässig erweisen würde und könnte der Beschwerdeführer im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung dann durch die gegenständlich bekämpfte - den Antrag abweisende - Entscheidung auch nicht beschwert sein.
Es war daher seitens des Landesverwaltungsgerichts Tirol im gegenständlichen Beschwerdeverfahren auch nicht geboten auf die der Beschwerde angeschlossenen Eingaben betreffend den Baubewilligungsbescheid vom 24.12.2020, Zl ***, weiter im Detail einzugehen.
17. Zusammengefasst ergibt sich daher im gegenständlichen Fall aufgrund vorstehender Erwägungen, dass der Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 02.03.2021, Zl ***, keine Berechtigung zukommen konnte.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Dazu kann insbesondere auf die in dieser Entscheidung angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen werden.
Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Gstir
(Richterin)
Schlagworte
Feststellungsverfahren Baukonsens;Anmerkung
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 09.09.2021, Z LVwG-2021/36/1065-2, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 10.03.2022, Z Ra 2021/06/0202-3, zurück.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.36.1065.2Zuletzt aktualisiert am
30.03.2022