TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/13 W116 2244491-1

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Veröffentlicht am 13.08.2021
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Entscheidungsdatum

13.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1
WG 2001 §25 Abs1 Z4
ZDG §14 Abs2
ZDG §25

Spruch


W116 2244491-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Hämmerle & Hübner Rechtsanwälte OG, Andreas-Hofer-Straße 4, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 14.06.2021, Zl. 505763/18/ZD/0621, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 14 Abs. 2 des Zivildienstgesetzes 1986 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Mit Bescheid vom 09.12.2020 stellte die Zivildienstserviceagentur (im Folgenden ZISA) gemäß § 5 Abs. 4 ZDG aufgrund der mängelfreien Zivildiensterklärung den Eintritt der Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers mit 26.11.2020 fest.

2.       Mit Schreiben vom 07.01.2021 wurde der Beschwerdeführer über die Vormerkung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes im Gemeindeverband Altenwohnheim XXXX für den Zeitraum 01.11.2021 bis 31.07.2022 informiert.

3.       Mit am 14.05.2021 eingelangten Formular für Zivildienstpflichtige beantragte der Beschwerdeführer Aufschub des Zivildienstes bis zum Abschluss seiner Lehre. Er befinde sich in der zweiten Lehre und sei vor kurzem Vater geworden, er wolle die Lehre beenden und beantrage einen Aufschub bis Oktober 2023. Er übermittelte seinen Lehrvertrag für den Lehrberuf des Kraftfahrzeugtechnikers, in dem die tatsächliche Lehrzeit mit 07.09.2020 bis 06.09.2023 angegeben ist.

4.       Mit Schreiben vom 01.06.2021 wurde der Beschwerdeführer von der ZISA aufgefordert binnen zwei Wochen nachzuweisen, wann er die hier maßgebliche Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung begonnen habe und einen Nachweis der außerordentlichen Härte bzw. des bedeutenden Nachteils welcher ihm durch Unterbrechung der Ausbildung entstünde vorzulegen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer über die Bestimmungen des § 14 Abs. 1 und 2 ZDG sowie durch Anführung von Beispielen darüber informiert, welche Umstände eine außerordentliche Härte oder einen bedeutenden Nachteil darstellen.

5.       Mit dem hier angefochtenen Bescheid wies die ZISA den Antrag auf Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei aufgefordert worden, nachzuweisen, welchen bedeutenden Nachteil er durch die Unterbrechung seiner Ausbildung erleiden würde. Diese Frist sei ergebnislos abgelaufen. Da er trotz Aufforderung keinen Nachweis erbrachte sei der Antrag abzuweisen gewesen. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer mit 17.06.2021 zugestellt.

6.       Dagegen erhob der Beschwerdeführer via E-Mail am 13.07.2021 Beschwerde. Er sei am 07.09.2020 ein Lehrverhältnis als Kraftfahrzeugtechniker eingegangen, er habe bereits eine Bäcker-Lehre absolviert doch sei es ihm aufgrund einer Nuss-Allergie nicht möglich diesen erlernten Beruf auszuüben. Er verfüge daher über keine abgeschlossene Berufsausbildung, welche es ihm ermögliche seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Außerdem sei er am 09.03.2021 Vater geworden, die Kindesmutter befinde sich in Karenz und wäre es dem Beschwerdeführer nicht möglich mit der Grundvergütung der Zivildienststelle die monatlichen Fixkosten der Familie zu bestreiten.

7.       Mit Bescheid der ZISA vom 13.07.2021 wurde der Beschwerdeführer der Einrichtung Gemeindeverband Altenwohnheim XXXX zur Leistung seines ordentlichen Zivildienstes im Zuweisungszeitraum 01.11.2021 bis 31.07.2022 zugewiesen

9.       Mit Anschreiben der ZISA vom 28.06.2021 wurden die Beschwerde und der gegenständliche Verfahrensakt dem BVwG (eingelangt 29.06.2021) vorgelegt.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.

Die Tauglichkeit des Beschwerdeführers zum Wehrdienst wurde von der Stellungskommission laut unbestrittener Aktenlage erstmals am 20.10.2020 festgestellt. Für das Bundesverwaltungsgericht steht weiters der unter Punkt I. dargelegte Sachverhalt unstrittig fest.

Der Beschwerdeführer absolvierte in der Zeit vom 31.07.2017 bis 20.07.2020 eine Lehre als Bäcker. Seit 07.09.2020 befindet er sich in einem Lehrverhältnis als Kraftfahrzeugtechniker. Der Beschwerdeführer leidet an einer Nuss-Allergie sowie an einer Pollenallergie von Frühblüher.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat eine am 09.03.2021 geborene Tochter mit der er im gemeinsamen Haushalt lebt.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen, sowie vorgelegten Urkunden des Beschwerdeführers und sind soweit unstrittig.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2a Abs. 4 ZDG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und ist auch sonst kein Anhaltspunkt für eine Unzulässigkeit erkennbar.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den vorgelegten Unterlagen geklärt erscheint, sodass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhaltes erwarten lässt. Auch die Rechtsfrage ist nicht derart komplex, dass es einer mündlichen Erörterung bedürfte. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (keine „civil rights“ betroffen) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 (kein Bezug zu EU-Normen) entgegen.

Zu Spruchpunkt A):

1.       Der BF machte in seinem Antrag einerseits geltend, dass er sich in einer Lehre befinde und andererseits, dass er vor kurzem Vater geworden sei und wirtschaftliche Interessen (der Familie) gegen die Ableistung des Zivildienstes sprechen.

2.       Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 – ZDG, idF BGBl. I Nr. 163/2020 von Bedeutung:

„§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist – sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen – auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.

(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

[…]

§ 25. (1) Der Zivildienstleistende hat Anspruch auf:

1. Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschläge) ~ (§§ 25a bis 30),

2. Reisekostenvergütung (§ 31),

3. Kranken-und Unfallversicherung (§ 33),

4. Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe (§ 34),

5. Entschädigung und Fortzahlung der Dienstbezüge (§ 34b).

(1a) Der Zivildienstleistende hat Anspruch auf Verpflegung (§ 28 Abs. 1).

(2) Der Zivildienstleistende hat in folgenden besonderen Fällen Anspruch auf Naturalleistungen:

1. Unterbringung (§ 27 Abs. 1),

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 28/2000),

3. Bekleidung und

4. Reinigung der Bekleidung.“

Der in § 14 Abs. 1 ZDG verwiesene § 25 WG 2001 lautet (auszugsweise):

„Ausschluss von der Einberufung

§ 25. (1) Von der Einberufung zum Präsenzdienst sind ausgeschlossen

Z 1 bis Z 3 […]

4. hinsichtlich der Einberufung zum Grundwehrdienst jene Wehrpflichtigen, die nachweislich in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung am Beginn jenes Kalenderjahres standen, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals oder, im Falle einer zwischenzeitlich festgestellten vorübergehenden Untauglichkeit oder Untauglichkeit, neuerlich ihre Tauglichkeit festgestellt wurde.

[…]“

3.       Der Beschwerdeführer wurde erstmals am 22.10.2020 für tauglich befunden. Seine hier maßgebliche Ausbildung begann er jedoch erst im September dieses jahres weshalb § 14 Abs. 1 ZDG nicht einschlägig ist. Der Antrag des Beschwerdeführers ist an § 14 Abs. 2 ZDG zu messen.

4.       § 14 Abs. 2 ZDG regelt zwei Fallkonstellationen:

a) Für die Anwendbarkeit des ersten Satzes dieser Bestimmung ist entscheidend, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zum Zivildienst nicht derart zugewiesen war, dass er den Zivildienst binnen Jahresfrist (gerechnet ab dem Wirksamwerden der Zivildiensterklärung bzw. ab dem Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 leg.cit) anzutreten hatte (vgl. VwGH 21.03.2013, 2012/11/0081).

b) Nach dem zweiten Satz leg.cit gilt dasselbe, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

5.       Zum Zeitpunkt seiner Antragstellung war der Beschwerdeführer noch nicht zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Ein Aufschub nach § 14 Abs. 2 ZDG, erster Satz, ist daher möglich, sofern er durch Unterbrechung seiner im September 2020 begonnenen Lehre einen erheblichen Nachteil erfahren würde.

6.       Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer bereits eine Lehre als Bäcker erfolgreich absolviert hat, welche es ihm grundsätzlich ermöglichen würde, unmittelbar einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In diesem Zusammenhang kann auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen werden, wonach der Zweck des Aufschubes des ordentlichen Zivildienstes iSd § 14 ZDG darin liegt, dass der Zivildienstpflichtige eine Ausbildung, die ihm in die Lage versetzen soll, eine berufliche Tätigkeit zu entfalten, um sich eine materielle Lebensgrundlage zu verschaffen, durch die Zivildienstleistung nicht unterbrechen muss. Er soll – wie dies auch bei einem Schüler der Fall ist – die Ausbildung beenden können, um nach Ableistung des Zivildienstes eine Berufsstellung ergreifen zu können. Er soll nicht gezwungen sein, seine Ausbildung unter den erschwerten Voraussetzungen, die eine durch die Leistung des Zivildienstes bedingte Unterbrechung mit sich bringt, abzuschließen, bevor er ins Berufsleben eintreten kann. Daher kann eine weitere Ausbildung für einen anderen oder für einen höher qualifizierten Beruf eines Zivildienstpflichtigen, der bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung genossen hat und auf Grund dieser Ausbildung in einem Berufsverhältnis steht, einen Aufschub nicht rechtfertigen (vgl VwGH 25.01.1994, 94/11/0001; 27.06.1995, 95/11/0078; 18.02.1997, 96/11/0302).

Wie in oben dargelegter ständiger Rechtsprechung zu § 14 ZDG zum Ausdruck gebracht wurde, besteht nach Abschluss einer Berufsausbildung, die den Zivildienstpflichtigen in die Lage versetzt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, kein Anspruch auf Aufschub zur Ermöglichung einer weiteren Ausbildung für einen anderen oder höher qualifizierten Beruf. Das Rechtsinstitut des Aufschubes des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes dient nicht dazu, den subjektiven Vorstellungen von der Erlangung der Qualifikation für eine künftige Berufsausübung entgegenzukommen, wenn bereits objektiv die Ausbildung für einen Beruf abgeschlossen ist, die den Zivildienstpflichtigen in die Lage versetzt, in das Berufsleben einzutreten (VwGH 30.01.1996, 95/11/0305).
Dass der Beschwerdeführer an einer Nussallergie leide, vermag nicht zu ändern, dass er über eine Ausbildung verfügt die ihn in die Lage versetzt in das Berufsleben einzusteigen. Die Nussallergie bestand laut Vorbringen bereits zum Ausbildungszeitpunkt und war es dem Beschwerdeführer möglich während dieser Zeit in einem Bäckereibetrieb zu arbeiten. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Allergie der Ausübung eines seiner vollendeten Ausbildung entsprechenden Berufes entgegenstehe.

Ein bedeutender Nachteil iSd § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG ist etwa dann anzunehmen, wenn der Zivildienstpflichtige die von ihm begonnene Ausbildung nicht fortsetzen kann, und die ersten beiden Semester der von ihm begonnenen Ausbildung im Falle der Unterbrechung der Ausbildung verloren wären, oder auch im Falle des Verlusts eines ganzen weiteren Schuljahres über die durch die Dauer des Zivildienstes selbst bedingte Verzögerung des Schulbesuches hinaus (siehe dazu VwGH 24.08.1999, 98/11/0203; 24.08.1999, 99/11/0079; 24.10.2000, 2000/11/0139); der Verlust bloß eines (zusätzlichen) Semesters (über die durch die Leistung des Zivildienstes bedingte Unterbrechung der Ausbildung hinaus) könnte hingegen nicht als bedeutender Nachteil angesehen werden (siehe VwGH 24.08.1999, 99/11/0082).

Festzuhalten ist, dass die mit der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes verbundene Verhinderung „einer zügigen und ununterbrochenen Dauer des Studiums [hier: Lehre]“ für sich allein noch keinen „bedeutenden Nachteil“ im Sinne des Gesetzes darstellt. Dieser mit jeder derartigen Unterbrechung einer Ausbildung verbundene Nachteil wird vom Gesetz grundsätzlich in Kauf genommen, wie sich aus § 14 Abs. 2 ZDG ergibt. Eine gegenteilige Auffassung wäre mit Wortlaut und Sinn des Gesetzes, welches ausdrücklich auf einen „bedeutenden Nachteil“ abstellt, nicht vereinbar und hätte faktisch zur Folge, dass § 14 Abs. 2 ZDG weitgehend ins Leere ginge (VwGH 17.12.1998, 98/11/0183).

Einen Rückschlag bzw. Zeitverlust in ihrer Karriere haben alle Zivil- und Wehrdienstleistenden hinzunehmen, die bereits vor Erbringung der jeweilig in Rede stehenden Dienstleistung ihre berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen haben (VwGH 30.06.1992, 92/11/0104).

Entscheidend ist zudem, dass der Lehrvertrag des Beschwerdeführers nur aus besonderen Gründen (§§ 14, 15, 15a Berufsausbildungsgesetz – BAG) – wozu die Heranziehbarkeit zum Zivildienst jedenfalls nicht gehört – aufgelöst werden kann. Die Unterbrechung der laufenden Lehrausbildung, würde daher nicht dazu führen, dass er seine Lehre nach Ableistung des Zivildienstes nicht mehr fortsetzen und beenden könnte.

7.       Auch ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer vor kurzem Vater geworden ist und die Ableistung des Zivildienstes einen Einschnitt in das Familieneinkommen bedeuten würde noch kein bedeutender Nachteil iSd § 14 Abs. 2 ZDG für den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer bringt vor, seine Ehefrau befinde sich in Karenz und beziehe lediglich Kinderbetreuungsgeld, es sei dem Beschwerdeführer mit der Grundvergütung der Zivildienststelle aufgrund des Familieneinkommens nicht einmal möglich die monatlichen Fixkosten zu bestreiten.

Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer als Zivildienstpflichtigem neben der Grundvergütung weitere Ansprüche gemäß § 25 ZDG, insbesondere der Familienunterhalt, zustehen, um seine eigene sowie die soziale Sicherstellung seiner Familie zu gewährleisten. Darüber hinaus bestehen für das minderjährige Kind insbesondere auch Ansprüche nach dem Familienlastenausgleichsgesetz, sodass in Summe die Überlebensfähigkeit der Familie gesichert ist. Die allgemeine Lebenserfahrung rechtfertigt darüber hinaus die Annahme, dass der sich aus den genannten Ansprüchen ergebende Betrag nicht deutlich unter jenem Betrag liegt, der sich aus der Lehrlingsentschädigung (1. Lehrjahr) ergeben würden. Ein bedeutender Nachteil kann in der allfälligen Verschmälerung des Familieneinkommens aufgrund der Ableistung des Zivildienstes durch den Beschwerdeführer nicht erkannt werden.

8.       Da der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes von der belangten Behörde im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde, war der Beschwerde keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Zu B)   Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsfrage des Vorliegens eines bedeutenden Nachteils oder einer außerordentlichen Härte im Sinne des § 14 Abs. 2 ZDG wurde in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH mehrfach behandelt. Nach der oben zu Spruchpunkt A) dargelegten Rechtsprechung war im vorliegenden Fall eine solche zu verneinen.

Schlagworte

Antrittsaufschub außerordentliche Härte bedeutender Nachteil Berufsausbildung Familienunterhalt Lehrausbildung ordentlicher Zivildienst Unterbrechung Zivildienstpflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W116.2244491.1.00

Im RIS seit

13.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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