TE Vwgh Erkenntnis 1982/10/21 81/06/0045

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Veröffentlicht am 21.10.1982
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Index

Baurecht - Krnt
L82000 Bauordnung
L82002 Bauordnung Kärnten

Norm

BauO Krnt 1866 §1
BauO Krnt 1969 §4 lita
BauRallg implizit

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des HE in V, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 5/11, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 27. Februar 1981, Zl. 8 BauR1-242/2/1980, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde A vom 17. Juni 1970 wurde dem Beschwerdeführer bezüglich eines auf den Grundstücken Nr. 469 und 470, KG S, ohne Vorliegen einer Baubewilligung errichteten Gebäudes gemäß § 29 Abs. 1 lit. b der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 48/1969, die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes angedroht, falls nicht innerhalb von vier Wochen um nachträgliche Baubewilligung angesucht und diese in der Folge erwirkt werde. Da ein Bauansuchen nicht eingebracht wurde, wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bürgermeisters vom 11. März 1980 gemäß § 3 Abs. 1 und § 29 Abs. 3 der Kärntner Bauordnung aufgetragen, das auf den Grundstücken Nr. 469 und 470, KG S, ohne Vorliegen einer Baubewilligung errichtete Gebäude binnen Monatsfrist bis zur Erdgleiche abtragen und das Gelände aufräumen zu lassen.

Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer, im wesentlichen mit folgender Begründung: Laut Vorsprache beim seinerzeitigen Bürgermeister stünde der Errichtung eines kleinen Holz-Gartenhäuschens im Ausmaß von 4 x 4 m, ohne feste Verbindung mit dem Boden, für Zwecke einer Werkzeugablage und als Notunterstand nichts im Wege. Das „Mini-Objekt“ störe nicht die Umgebung und durch die Kurzaufenthalte des Beschwerdeführers und seiner Familie (Samstag und Sonntag) sei niemand in der Umgebung gestört oder benachteiligt. In der Berufung wird dann noch die Vorgeschichte des Grundkaufes und die persönliche Situation des Beschwerdeführers dargelegt.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde A vom 31. Juli 1980 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt: Die Berufung wolle aufzeigen, daß die Herstellung des gegenständlichen Gebäudes nach der zum Zeitpunkt seiner Errichtung geltenden Rechtslage einem Bewilligungsvorbehalt nicht unterworfen gewesen sei; diese Auffassung sei mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und mit der Rechtsauffassung der Gemeindeaufsichtsbehörde in Widerspruch. Solche Gebäude seien sowohl nach der Kärntner Bauordnung von 1866 als auch nach jener von 1969 bewilligungspflichtig,

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Vorstellung an die Aufsichtsbehörde gemäß § 84 der Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 1/1966. Er führte darin im wesentlichen aus: Die Berufungsbehörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, daß der seinerzeitige Bürgermeister ausdrücklich die Errichtung eines kleinen Holzgartenhäuschens im Ausmaß von 4 x 4 m erlaubt habe. Da der Bürgermeister auch Baubehörde gewesen sei, sei die Marktgemeinde A durch diese Zusage gebunden. Es liege somit eine mündliche- Baubewilligung vor. Außerdem sei das Objekt nicht als Gebäude im Sinne der Kärntner Bauordnung anzusehen und bedürfe nicht der Baubewilligung. Es handle sich um ein kleines Holzgartenhäuschen im Ausmaß von 4 x 4 m ohne feste Verbindung mit dem Boden, welches zum Zweck der Werkzeugablage und als Notunterstand verwendet werde. Bei Gebäuden im Sinne des § 4 der Kärntner Bauordnung handle es sich um Konstruktionen mit fester Verbindung mit dem Boden. „Schlußmäßig“ gehe aus der Definition des „Gebäudes“ hervor, daß dieses auf einem festen Fundament errichtet werde. Alle diese Voraussetzungen träfen auf das vom Beschwerdeführer errichtete Holzgartenhäuschen nicht zu, sodaß eine Bewilligungspflicht im Sinne der Kärntner Bauordnung nicht gegeben sei. Festzuhalten sei, daß das Objekt schon seit 1947 stehe, welcher Umstand der Behörde bekannt gewesen sei. Das Häuschen befinde sich in einem ausgesprochen hübschen und ordentlichen Zustand und stelle keine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1981 wurde die Vorstellung gemäß § 84 der Allgemeinen Gemeindeordnung abgewiesen. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt: Der Einwand des Vorstellungswerbers, der zur Zeit der Errichtung des gegenständlichen Objektes im Amt befindliche Bürgermeister habe ihm die mündliche Baubewilligung erteilt, sei auf Grund der Aktenlage nicht erwiesen. Festzustellen sei zunächst, daß das gegenständliche Objekt auch nach den zur Zeit seiner Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Bestimmungen der Baubewilligungspflicht unterlegen sei. Gemäß § 4 lit. a der Kärntner Bauordnung von 1969 bedürfe die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen einer Baubewilligung. Das in Rede stehende Objekt im Ausmaß von 4 x 4 m, das nach Darstellung des Vorstellungswerbers als Werkzeughütte und als Notunterstand verwendet werde, sei zweifelsfrei als Gebäude nach § 4 lit. a der Kärntner Bauordnung zu qualifizieren. Bei einem „Gebäude“ handle es sich nämlich um jede bauliche Konstruktion zur Herstellung eines abgeschlossenen Raumes, ohne daß im einzelnen die Frage geprüft werden müsse, inwieweit für die Herstellung ein gewisses Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei oder nicht. Daß bei fachgemäßer Herstellung eines solchen Objektes auch eine entsprechende Verbindung mit dem Boden vorhanden sein müsse, ergebe sich schon aus der Natur der Sache, weil sonst eine Sicherheitsgefährdung gegeben wäre.

In der Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und „Rechtswidrigkeit infolge Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes“ beantragt. Die belangte Behörde beantragt unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit in der Beschwerde eine „Rechtswidrigkeit infolge Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes“ geltend gemacht wird, kann es sich nur um eine nähere Ausführung der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes handeln, weil der Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung eines Bescheides auf eine behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art. 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes) im Hinblick auf Art. 144 Abs. 1 und Art. 133 Z. 1 des Bundest-Verfassungsgesetzes nicht berufen ist. Die unter diesem Titel geltend gemachte Rechtsverletzung besteht im übrigen nach den Behauptungen des Beschwerdeführers darin, daß rund 30 Personen gleichartige Holzhäuschen errichtet hätten, wovon aber nur 6 Personen den Auftrag erhalten hätten, diese Baulichkeiten zu beseitigen. Ein solches Vorbringen könnte nur dann rechtlich relevant sein, wenn es sich um einen Ermessensbescheid handelte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der von den Baubehörden erster und zweiter Instanz angewendete § 29 Abs. 3 der Kärntner Bauordnung der Behörde keinen Ermessensspielraum einräumt. Ein an sich dem Gesetz entsprechender behördlicher Auftrag, zu dessen Erlassung die Behörde verpflichtet ist, kann aber nicht mit dem Hinweis bekämpft werden, daß die Behörde in gleichgelagerten Fällen nicht eingeschritten sei. Insoweit war die Beschwerde daher von vornherein unbegründet.

Unter dem Titel der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in der Beschwerde vorerst ausgeführt, es bestehe keine Bewilligungspflicht nach § 4 lit. a der Kärntner Bauordnung, weil ein Gebäude nur eine in fester Verbindung mit dem Boden hergestellte kunstmäßige Konstruktion behufs Herstellung eines abgeschlossenen Raumes sei. Im vorliegenden Falle fehle aber die feste Verbindung mit dem Grund und Boden. Das aus Brettern errichtete 4 x 4 m große Gartenhäuschen stehe auf vier Holzstehern und könne ohne weiteres von diesen Holzstehern, und zwar ohne Beschädigung der Substanz, weggetragen werden, Es sei somit einer Bauhütte vergleichbar, für welche keine Baubewilligung gefordert werde. Dieser Auffassung kann der Gerichtshof aus folgenden Gründen nicht beipflichten: Gemäß § 4 lit. a der Kärntner Bauordnung bedarf die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen einer Baubewilligung. Die Kärntner Bauordnung enthält keine gesetzliche Definition des Begriffes „Gebäude“. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von der abzugehen die Beschwerdeausführungen keinen Anlaß geben (vgl, die Erkenntnisse Slg. Nr. 13.059/1899, Slg. Nr. 4.189/A/1906, Zl. 137/67 vom 22. Mai 1967), ist unter einem Bau (Bauwerk, Bauanlage, Baulichkeit) jede Anlage zu Verstehen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht ist und die wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist. Die Verbindung mit dem Boden ist auch dann anzunehmen, wenn eine Anlage zwar so, wie sie ausgeführt wurde bzw. ausgeführt werden soll, keine Verbindung mit dem Boden hat, eine solche aber bei ordnungsgemäßer Ausführung nach den Regeln der technischen Wissenschaften haben müßte (siehe Erkenntnis vom 19. Dezember 1966, Zl. 1532/65). Ebenso muß das Kriterium der Notwendigkeit bautechnischer Kenntnisse auch dann angenommen werden, wenn eine Anlage zwar laienhaft gestaltet ist bzw. gestaltet werden soll, nach den Regeln der technischen Wissenschaften aber einer Ausführung unter Verwertung bautechnischer Kenntnisse bedürfe, wozu auch Erkenntnisse auf dem Gebiete der Statik gehören, weil sonst der widersinnige Zustand einträte, daß eine nicht ordnungsgemäß ausgeführte Anlage bewilligungsfrei bliebe, während eine ordnungsgemäß ausgeführte Anlage einer Bewilligungspflicht unterworfen wäre (siehe Erkenntnis Slg. N. F. Nr. 9657/A), Eine Verbindung mit dem Boden wird nicht etwa nur durch eine Fundamentierung, sondern auch durch das Einschlagen von Pfosten in den Boden herbeigeführt (siehe Erkenntnis vom 9. Mai 1979, Zl. 576/78). Zum Begriff des Gebäudes gehört darüber hinaus die Herstellung eines abgeschlossenen Raumes (siehe etwa Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. N.F. Nr. 5951/A). Es kommt nicht auf die rasche Montagemöglichkeit oder Demontagemöglichkelt an, sondern darauf, ob die Anlage bei werkgerechter Herstellung im Boden sturm- und betriebssicher verankert sein muß (siehe Erkenntnisse vom 19. Dezember 1966, Zl. 1532/65, und vom 21. Februar 1979, Zl. 2131/76). Dieselben Auslegungsgrundsätze gelten auch für die Beurteilung der Baubewilligungspflicht nach der Kärntner Bauordnung für alle Gemeinden außer Klagenfurt von 1866, deren § 1 zur Führung von Neu-, Zu- und Umbauten eine Bewilligung für erforderlich erklärt. Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß selbst eine lediglich 4 m x 4 m große Hütte, welche auch nur vorübergehend und als Notunterkunft dem Aufenthalt von Menschen dient, zwecks Vermeidung einer Sicherheitsgefährdung zur Errichtung eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse sowie zur Gewährleistung der Sturm rund Kippsicherheit einer Verbindung mit dem Boden bedarf. Somit hat aber die belangte Behörde mit Recht sowohl nach den zum Zeitpunkt der Errichtung als auch nach den zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der obersten Gemeindeinstanz geltenden Rechtslage für das vom Beschwerdeführer errichtete Gebäude die Baubewilligungspflicht angenommen.

In der Beschwerde wird dann noch bemängelt, daß die belangte Behörde der Behauptung, der seinerzeitige Bürgermeister habe der Errichtung eines solchen Objektes zugestimmt, nicht ausreichend nachgegangen sei. Nun behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht, eine schriftliche Baubewilligung erhalten zu haben. Er behauptet auch nicht, daß ihm gegenüber gemäß § 62 Abs. 1 und 2 AVG 1950 ein Baubewilligungsbescheid mündlich verkündet sowie der Inhalt und die Verkündung des mündlichen Bescheides in einer Niederschrift beurkundet worden wäre. Nur bei Einhaltung eines solchen Vorganges aber könnte von einem rechtswirksamen mündlich verkündeten Bescheid die Rede sein (siehe Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1962, Zl. 1657/62, und vom 11. Jänner 1955, Slg, N. F. Nr. 3617/A). Der bloßen mündlichen Zusage, gegen eine solche Bauführung nicht einzuschreiten, kommt eine Rechtswirkung unter den Gesichtspunkten des vorliegenden Beschwerdefalles nicht zu. Der belangten Behörde fällt daher auch insoweit eine Rechtswidrigkeit nicht zur Last.

§ 29 Abs. 1 und 3 der Kärntner Bauordnung lautet:

„(1) Wurden Vorhaben ohne Baubewilligung oder vor Wirksamkeit der Anzeige vollendet, hat die Behörde dem Eigentümer die Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes anzudrohen.

(3) Wird von der Möglichkeit des Abs. 2 kein Gebrauch gemacht, wird die Baubewilligung nicht erteilt, eine Baubewilligung für nichtig erklärt oder wird auf Grund der Anzeige die Baubewilligungspflicht festgestellt oder wurden Baustoffe und Bauteile verwendet, die den Anforderungen des § 24 Abs. 2 nicht entsprechen, so hat die Behörde die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen angemessen festzusetzender Frist zu verfügen.“

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage war also dem Beschwerdeführer der gegenständliche baupolizeiliche Auftrag zu Recht erteilt worden,

Da sich somit die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, abzuweisen.

Soweit auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wurde, welche in der Amtlichen Sammlung nicht enthalten sind, wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965, in der vorzitierten Fassung, und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 21. Oktober 1982

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1982:1981060045.X00

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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