Entscheidungsdatum
30.06.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W140 2146453-1/29E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , StA. Iran, gegen die Anhaltung in Schubhaft von 24.01.2017 (14:40) bis 29.03.2017 (19:40), zu Recht:
A.)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 iVm Art. 28 Dublin III-VO stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft vom 24.01.2017 (14:40) bis zum 29.03.2017 (19:40) für rechtswidrig erklärt.
II. Die Anträge der Parteien auf Kostenersatz werden gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.01.2017, Zahl XXXX , wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß Artikel 28 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 57 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 (AVG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Verwaltungsbehörde führte u. a. Folgendes aus:
„(…) Rechtliche Beurteilung (…)
Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Die Voraussetzungen 1, 3, 6 a+c, sowie 9 liegen vor.
Sie reisten bewusst illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Aufgrund einer erkennungsdienstlichen Behandlung konnte festgestellt werden, dass Sie bereits vor Ihrer Einreise nach Österreich in Ungarn aufhältig waren und zweimal einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben. Für Ihr Verfahren ist somit Ungarn, gemäß der Dublin III-VO, zuständig. Sie haben sich bewusst dem Asylverfahren in Ungarn entzogen, indem Sie illegal nach Österreich eingereist sind und illegal nach Deutschland weiterreisen wollen. Einem möglichen aufenthaltsbeendenden Verfahren in Österreich und einer Überstellung nach Ungarn wollten Sie durch die illegale Weiterreise nach Deutschland entkommen.
Sie sind in Österreich in keinster Weise verankert, da weder familiäre, soziale oder berufliche Bindungen bestehen. In Ermangelung eines Reisedokumentes können Sie das Bundesgebiet weder nach Ungarn noch in Ihren Heimatstaat legal verlassen. Da Sie illegal in das Bundesgebiet eingereist sind und niederschriftlich angegeben haben, dass Sie keinesfalls nach Ungarn möchten sondern nach Deutschland weiterreisen wollen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie bei einer Entlassung aus der fremdenpolizeilichen Anhaltung das Land verlassen und nach Ungarn zurückkehren werden. Es ist eher zu befürchten, dass Sie im Falle einer Entlassung versuchen werden, illegal nach Deutschland zu reisen. Eine Weiterreise nach Deutschland ist Ihnen jedoch nicht gestattet, da Sie in Deutschland ebenfalls über kein Aufenthaltsrecht verfügen. Eine illegale Weiterreise bzw. Einreise in ein Land der Europäischen Union kann seitens der ha. Behörde nicht gefördert werden. Sie haben in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz und sind für die ha. Behörde nicht greifbar. Ein Verfahren auf freiem Fuß ist sohin nicht möglich.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens (Stellung zweier Asylanträge obwohl Sie vor haben in einen weiterer EU-Staat zu reisen um dort einen Asylantrag zustellen, Entziehung aus dem Asylverfahren in Ungarn, illegale Einreise und illegaler Aufenthalt in Österreich, Weigerung der Rückkehr in den Dublinstaat, in Aussicht stellen eines illegalem Einreise in einen anderen EU-Staat, Nichtvorlage eines Reisedokumentes, keine behördliche Greifbarkeit, keine familiären Bindungen) als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten, zumal Sie durch Ihre illegale Einreise und die Absicht illegal in einen anderen EU-Staat reisen zu wollen, gezeigt haben, dass Sie die in Österreich bzw. die in Europa geltenden Rechtsvorschriften nicht achten und akzeptieren.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt, zumal Sie über keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich verfügen und auch keine Adresse zw. Unterkunft nennen können an welcher Sie tatsächlich aufhältig und für ein Verfahren (Abschiebung auf freiem Fuß) greifbar wären. Sie führten selbst an, dass Sie seit Ihrer Einreise am Bahnhof aufhältig gewesen sind. Da Sie selbst angegeben haben, nicht nach Ungarn zurück zu wollen, kann mit einem Verfahren auf freiem Fuss nicht vorgegangen werden, zumal die ha. Behörde Grund zur Annahme hat, dass Sie bei einer Entlassung untertauchen werden, um sich einer Überstellung nach Ungarn entziehen zu können. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass Sie illegal nach Deutschland weiterreisen werden. (…)
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat. (…)
Zu Österreich bestehen keinerlei relevante Bindungen, Sie haben sich bewusst dem Asylverfahren in Ungarn entzogen, und sind bewusst illegal nach Österreich eingereist. Auch ist Ihnen Ihr illegaler Aufenthalt in Österreich bewusst. Sie wollten illegal nach Deutschland weiterreisen um dort einen Asylantrag zu stellen. Sie missachten die in Österreich geltenden Rechtsvorschriften. Sie zeigen sich – im Hinblick auf das Dublinverfahren - ausreiseunwillig und gaben an, nicht nach Ungarn zu wollen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass ein gelinderes Mittel zur Verfahrenssicherung ausreicht, zumal Sie über keine Unterkunft verfügen und der ha. Behörde keine Adresse nennen können an welcher Sie tatsächlich aufhältig und greifbar wären. Vielmehr besteht die Gefahr, dass Sie neuerlich im Bundesgebiet untertauchen werden, oder illegal in einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union weiterreisen, um sich so einer Abschiebung/ Überstellung nach Ungarn entziehen zu können. Sie sind für ein Verfahren vor der ha. Behörde nicht greifbar. In Ermangelung eines Reisedokumentes kann einer Entlassung zur freiwilligen Ausreise aus Eigenem ebenfalls nicht entsprochen werden. Auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise mit Hilfe der Schubhaftbetreuung wurden Sie hingewiesen.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt. (…)“
Mit Verfahrensanordnung vom 23.01.2017 wurde dem BF durch das BFA gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE XXXX amtswegig zur Seite gestellt.
Der BF stellte am 24.01.2017 um 14:40 aus dem Stande der Schubhaft einen Asylantrag.
Mit Schriftsatz vom 01.02.2017 erhob der BF durch seine Vertretung Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 23.01.2017 sowie die darauf gegründete Anhaltung. In der Beschwerde wird – in den hier relevanten Teilen – im Wesentlichen ausgeführt, der BF habe nach erfolgter Rechtsberatung umgehend einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Seine ursprüngliche Absicht, nach Deutschland reisen zu wollen, habe er aufgegeben. Aufgrund der ihm nunmehr zukommenden Grundversorgung könne er auch in einem Grundversorgungsquartier untergebracht werden, sodass sich die Anhaltung in Schubhaft spätestens ab Antragstellung als rechtswidrig erweise. Die Anwendung gelinderer Mittel sei zu Unrecht ausgeschlossen worden. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, Kostenersatz im gesetzlichen Ausmaß, Gewährung von Verfahrenshilfe sowie die Beschwerdestattgabe.
Das Bundesamt legte die Verwaltungsakten vor und erstattete am 02.02.2017 nachstehende Stellungnahme:
„Der Beschwerdeführer (Bf.) reiste lt. eigenen Angaben vor ca. 8 Monaten aus dem Iran aus in die Türkei, wo er eine Nacht verblieb um mit Hilfe eines Schleppers über Bulgarien nach Serbien weiterzureisen. In Serbien will er 4-5 Monate verblieben sein, danach nach Ungarn weitergereist und dort 35 Tage verblieben sein, um am 21.01.2017 mittels Bahn nach Österreich weiterzureisen, wo er mittels Schlepper weiter nach Deutschland gelangen wollte um dort einen Asylantrag zu stellen.
Am 23.01.2017 wurde der Bf. von Beamten des XXXX am Hauptbahnhof einer Personenkontrolle unterzogen und wurde festgestellt, dass der Bf. über keinerlei Personendokumente verfügte. Der Bf. wurde mittels eines Dolmetschers befragt, ob er einen Asylantrag stellen wolle, und gab an, dass er nicht in Österreich bleiben sondern nach Deutschland weiterreisen wolle um dort einen Asylantrag zu stellen. Es wurden weiters zwei EURODAC-Treffer festgestellt, denen zufolge der Bf. sowohl am 19.12.2016 als auch am 13.01.2017 bereits in Ungarn Asylanträge gestellt hat. Nach Rücksprache mit dem diensthabenden Beamten des BFA-Journals wurde der Bf. ins XXXX verbracht.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 23.01.2017 gab der Bf. außer seiner Reiseroute und seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er auf keinen Fall nach Ungarn zurückkehren sondern nach Deutschland weiterreisen möchte, um dort einen Asylantrag zu stellen.
Mangels ausreichend vorhandener Geldmittel zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung, der Bf. verfügte über EUR 370,--, kam die Hinterlegung eines Sicherstellungsbetrages nicht in Betracht.
Die Verhängung des Gelinderen Mittels kam für den Bf. zu einem nicht in Betracht, da er nicht über ausreichend Barmittel verfügte, um seine Ausreise, bzw. den Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet bis zur Ausreise aus eigenem mit legalen Mitteln zu bestreiten, und hat er auch keine Chance, sich diese Geldmittel auf legalem Wege zu verdienen, zum anderen hatte er sich offensichtlich bereits zwei Asylverfahren in Ungarn entzogen, bestritt jedoch, in Ungarn einen Asylantrag gestellt zu haben, und wollte er weder nach Ungarn zurückkehren noch in Österreich verbleiben, sondern mittels Schlepper nach Deutschland weiterreisen. Zudem verfügt der Bf. in Österreich weder über eine Unterkunft, noch über Familienangehörige oder Freunde.
Daher musste von einer erheblichen Fluchtgefahr ausgegangen werden und wurde als ultimo ratio über den Bf. zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und der Abschiebung nach Ungarn die Schubhaft verhängt.
Vom Bf. wurden keinerlei gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht, es gab keinerlei Anzeichen für eine allfällige Haftunfähigkeit, und kann ihm auch im Stande der Schubhaft adäquate medizinische Hilfe geboten werden, sollte sich sein Gesundheitszustand verschlechtern. Zudem ist im XXXX eine Sanitätsstelle eingerichtet und besteht für den Bf. auch die Möglichkeit auf eigenen Wunsch dem Amtsarzt vorgeführt zu werden.
Am 24.01.2017 stellte der Bf. im Stande der Schubhaft nach erfolgter Betreuung durch die XXXX einen Asylantrag, offensichtlich um die Überstellung nach Ungarn zu vereiteln, da er zuvor, selbst auf konkrete Nachfrage, immer angegeben hatte, nicht in Österreich bleiben sondern nach Deutschland weiterreisen zu wollen um dort einen Asylantrag zu stellen.
In der Erstbefragung zu seinem Asylantrag durch die XXXX am 25.01.2017 gab der Bf. widersprüchlicherweise an, dass er in Ungarn einen Asylantrag stellen wollte, dort jedoch keine „Asylanten“ erwünscht wären und er nur in ein sicheres Land wollte. Als Fluchtgrund behauptete er, zum Christentum konvertieren zu wollen und erwarte ihn deshalb im Iran die Todesstrafe.
Der Bf. befindet sich noch in Schubhaft, ein Konsultationsverfahren mit Ungarn wurde eingeleitet, und ist beabsichtigt, den Bf. so schnell wie möglich nach Ungarn zu überstellen.
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht Wien möge
1. die Beschwerde als unbegründet abweisen,
2. gemäß § 83 Abs. 4 FPG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,
3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.“
Mit Erkenntnis vom 09.02.2017, Zl. XXXX , gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde dahingehend statt, dass die Anhaltung des BF nach Ablauf von 24h nach Stellung seines Asylantrages bis zur Zustellung des Erkenntnisses für rechtswidrig erklärt wurde. Im Übrigen wies es die Beschwerde gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 und Abs. 6 FPG iVm §22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab (Spruchpunkt A.I.). Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z 2 und Abs. 6 FPG wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen (Spruchpunkt A.II.). Der Antrag des BF auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Ausmaß der Eingabegebühr wurde abgewiesen (Spruchpunkt A.III.). Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt (Spruchpunkt B.).
Gegen das Erkenntnis erhoben sowohl der BF als auch die belangte Behörde Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof entschied über die erhobene Revision mit Erkenntnis vom 31.08.2017, Ro 2017/21/0004-6, Ro 2017/21/0013-4, wie folgt:
„I. den Beschluss gefasst:
Die Revision des XXXX wird, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 23. Jänner 2017 und gegen die darauf gegründete Anhaltung in Schubhaft bis zur Stellung seines Antrags auf internationalen Schutz am 24. Jänner 2017 richtet, zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
1. Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als mit Spruchpunkt A.I. in (teilweiser) Stattgebung der Beschwerde die Anhaltung des XXXX in Schubhaft "nach Ablauf von 24 Stunden nach Stellung seines Asylantrags bis zur Zustellung dieses Erkenntnisses" für rechtswidrig erklärt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
2. Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als mit Spruchpunkt A.I. die Beschwerde betreffend die Anhaltung des XXXX in Schubhaft während des Zeitraums von 24 Stunden ab der Stellung seines Antrags auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, und insoweit, als mit Spruchpunkt A.II. festgestellt wurde, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
3. Im Übrigen wird die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, nämlich soweit sie sich gegen die mit Spruchpunkt A.III. vorgenommene Abweisung des Antrags des XXXX auf Bewilligung der Verfahrenshilfe "im Ausmaß der Eingabengebühr" richtet, als unbegründet abgewiesen.
4. Der Bund hat XXXX Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.“
Seine Entscheidung begründete der VwGH auszugsweise wie folgt:
„ (…) 17 Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 11. Mai 2017, Ro 2016/21/0021, in Rz 17 und 18 iVm Rz 15 fest, dass nach den dort zitierten ErläutRV zum FrÄG 2015 (582 BlgNR 25. GP 21 ff) mit der Neufassung des § 76 FPG unionsrechtlichen Vorgaben entsprochen werden sollte, wobei in diesem Zusammenhang in den Gesetzesmaterialien die Aufnahme-RL (Richtlinie 2013/33/EU) und die Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) sowie die Dublin III-VO (Verordnung (EU) Nr. 604/2013) ausdrücklich erwähnt worden seien. Die Neufassung des § 76 FPG solle also einerseits der Umsetzung der in den genannten Richtlinien getroffenen einschlägigen Anordnungen sowie andererseits der Anpassung der österreichischen Rechtslage an die unmittelbar geltenden Vorschriften der Dublin III-VO dienen. Vor dem Hintergrund dieser zweifachen unionsrechtlichen Aufgabenstellung erkläre sich auch die in § 76 Abs. 2 FPG vorgenommene Aufgliederung der Schubhaftfälle, wobei der Tatbestand der Z 1 des § 76 Abs. 2 FPG alle außerhalb der Dublin-III-VO liegenden Situationen, die mit der Z 2 geregelt werden, erfasse. Allerdings könne - unabhängig vom ausdrücklich geäußerten Umsetzungswillen des österreichischen Gesetzgebers - kein Zweifel bestehen, dass im jeweiligen Anwendungsbereich der Aufnahme-RL und der Rückführungs-RL auch eine an deren Regelungen zur Haft orientierte unionsrechtskonforme Auslegung des § 76 FPG Platz zu greifen habe.
(….)
21 Art. 8 Abs. 3 lit. d der Aufnahme-RL gilt nur für den Fall, dass sich der Fremde im Rahmen eines Verfahrens im Sinne der Rückführungs-RL in Schubhaft befindet (siehe in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 30. Mai 2013, C-534/11, Rs "Arslan"). Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf die vorliegende Konstellation, dass die Schubhaft in einem der Dublin III-VO unterliegenden Fall wegen Vorliegens von erheblicher Fluchtgefahr angeordnet wurde und nach späterer Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz aufrechterhalten werden soll; diese Fallgestaltung ist vielmehr von Art. 8 Abs. 3 lit. f der Aufnahme-RL iVm Art. 28 Abs. 2 der Dublin III-VO erfasst. Demzufolge ist auch § 76 Abs. 6 FPG - mag dessen Wortlaut generell jeden Fall der Stellung eine Antrags auf internationalen Schutz während der Anhaltung in Schubhaft erfassen - richtlinienkonform in diesem (eingeschränkten) Sinn zu verstehen, zumal kein Anhaltspunkt ersichtlich ist, dass der österreichische Gesetzgeber von den unionsrechtlichen Vorgaben abweichen wollte. Demnach kann eine gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnete Schubhaft auf Basis dieser Bestimmungen unter den dort genannten Voraussetzungen, insbesondere dem weiterem Vorliegen von erheblicher Fluchtgefahr, ohne Weiteres auch nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz aufrechterhalten werden. Hierfür kommt es auf das Vorliegen einer Verzögerungsabsicht iSd § 76 Abs. 6 FPG und auf die Erfüllung der dort (wegen der damit verbundenen Änderung des Haftgrundes) vorgesehenen verfahrensrechtlichen Kautelen nicht an.
22 Andernfalls stellte sich nämlich die Frage, weshalb für die Fortsetzung der Haft gegen einen nachträglich zum Asylwerber gewordenen Fremden eingeschränktere Voraussetzungen gelten sollen als für die Verhängung der Haft gegen einen Fremden, der schon davor Asylwerber war. Auf den vorliegenden Fall bezogen wäre es somit nicht nachvollziehbar, wenn ein sich in Freiheit befindender Asylwerber wegen Vorliegens von erheblicher Fluchtgefahr gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung des "Dublin-Überstellungsverfahrens" in Schubhaft genommen werden darf, während dieser Haftgrund bei einem bereits gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG vor der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich inhaftierten Fremden, der aufgrund der nachträglichen Antragstellung zum Asylwerber wird, nicht genügen soll, sondern es in Bezug auf diesen Antrag überdies noch einer Umgehungsabsicht bedürfte. Eine solche Deutung wäre - wie bereits erwähnt - mit Art. 8 Abs. 3 der Aufnahme-RL nicht in Einklang zu bringen, weil der dort in der lit. f normierte Haftgrund - Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 28 Dublin III-VO - eigenständig neben dem (eine Sonderkonstellation regelnden) Tatbestand der lit. d und davon unabhängig besteht.
23 Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, dass es auf die Voraussetzungen gemäß § 76 Abs. 6 FPG nicht angekommen wäre. Auf das - vom BVwG unterstellte - Fehlen dieser Bedingungen hätte somit die mit der vorliegenden Amtsrevision bekämpfte Feststellung der (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Schubhaft nicht gegründet werden dürfen. Insoweit erweist sich Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses als inhaltlich rechtswidrig, sodass in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG dessen Aufhebung vorzunehmen war.
(…)
26 In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde nämlich schon wiederholt dargelegt, dass die Frage, ob bei Vorliegen eines Tatbestandes nach § 76 Abs. 3 FPG dann auch konkret von (erheblicher) Fluchtgefahr auszugehen ist, stets eine solche des Einzelfalles sei, die daher nicht generell zu klären und als einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel sei, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde. Das gelte sinngemäß auch für die Frage, ob von einem Sicherungsbedarf auszugehen ist, dem nur durch Schubhaft und nicht auch durch gelindere Mittel begegnet werden könne (vgl. etwa den Beschluss vom 11. Mai 2017, Ro 2016/21/0022, Rz 12, mwN).
27 Das ist vorliegend der Fall, weil die diesbezügliche Beurteilung durch das BVwG vor dem Hintergrund des eingangs dargestellten, auch in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Sachverhalts nicht unvertretbar war. Aufgrund der vom Revisionswerber geäußerten Absicht, weder in Österreich bleiben, noch in den nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat Ungarn zurückkehren, sondern nach Deutschland weiterreisen zu wollen, war jedenfalls der Tatbestand nach der lit. c des § 76 Abs. 3 Z 6 FPG ("es aufgrund der Ergebnisse der Befragung ... oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt") verwirklicht. Dazu kommt, dass sich die Ernsthaftigkeit dieser Absicht nicht nur aus ihrer wiederholten Bekundung ableiten ließ, sondern auch daraus, dass der Revisionswerber nach seiner Einreise mit den österreichischen Behörden von sich aus keinen Kontakt aufnahm, sondern sich zwei Tage im Bereich des Ankunftsbahnhofs aufhielt, um von dort die bereits organisierte Weiterreise mittels Schleppers anzutreten. Außerdem durfte in diesem Stadium noch berücksichtigt werden, dass es der Revisionswerber ablehnte, in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, sodass er keinen Anspruch auf Grundversorgung hatte. Eine Anordnung im Sinne des § 77 Abs. 3 Z 1 und 2 FPG, in vom BFA bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden, musste aber im Hinblick auf die manifeste Weiterreiseabsicht des Revisionswerbers nicht zwingend als zielführend angesehen werden.
28 Vor diesem Hintergrund war die Annahme, es liege erhebliche Fluchtgefahr iSd Art. 28 Abs. 2 der Dublin III-VO vor, der nur durch Schubhaft begegnet werden könne, in diesem Verfahrensstadium insgesamt zumindest vertretbar, sodass sich in diesem Zusammenhang am Maßstab der in Rz 26 erwähnten Rechtsprechung keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG stellen. Die Parteirevision war daher in dem aus Spruchpunkt I. ersichtlichen Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Fünfersenat zurückzuweisen.
29 Den Erwägungen des BVwG, soweit es die Beschwerde für den Zeitraum nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz abgewiesen und einen positiven Fortsetzungsausspruch getroffen hat, liegt maßgeblich die Annahme zugrunde, der Revisionswerber habe auch noch in diesem Zeitraum die Absicht zur illegalen Weiterreise nach Deutschland gehabt und er hätte das Verfahren über diesen Antrag nicht in Österreich abwarten wollen. Das steht allerdings im Widerspruch zum gegenteiligen Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Revisionswerber beabsichtigt habe, sein Asylverfahren in Österreich zu führen. Mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz habe er zum Ausdruck gebracht, dass eine Weiterreise nach Deutschland nicht mehr in Frage komme. Insbesondere zu diesem Thema hatte der Revisionswerber in der Beschwerde auch ausdrücklich die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung beantragt. Diesbezüglich lag somit kein "aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärter Sachverhalt" iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG vor, weshalb sich die auf diese Bestimmung gestützte Begründung des BVwG für die Nichtdurchführung der Beschwerdeverhandlung als nicht tragfähig erweist (vgl. dazu auch noch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2017/21/0080, Rz 15 ff, mwN). Schon deshalb war das angefochtene Erkenntnis in dem aus Spruchpunkt II.2. ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. (…)“
Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 18.11.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W197 abgenommen und der Gerichtsabteilung W140 neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der BF ist Staatsangehöriger des Iran und nicht österreichischer Staatsangehöriger. Er reiste über die Türkei kommend am 21.01.2017 mit dem Zug aus Ungarn in das Bundesgebiet ein.
In Ungarn stellte der BF laut EURODAC-Abfrage sowohl am 19.12.2016 als auch am 13.01.2017 Anträge auf internationalen Schutz.
Der BF wurde im Bundesgebiet am 23.01.2017 am XXXX einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und in weiterer Folge festgenommen. Er gab in seiner Einvernahme durch das BFA an, in Österreich keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen und die Weiterreise nach Deutschland zu beabsichtigen, um dort einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.
Mit Mandatsbescheid des BFA vom 23.01.2017, XXXX , wurde über den BF gemäß Artikel 28 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 57 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 (AVG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Der BF stellte während seiner Anhaltung in Schubhaft am 24.01.2017 um 14:40 Uhr einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF befand sich von 23.01.2017 bis 29.03.2017 (19:40 Uhr) in Schubhaft.
Vor dem BVwG wurde im Verfahren zum Erkenntnis vom 09.02.2017, XXXX , keine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses ist der BF im Bundesgebiet aufrecht gemeldet.
2. Beweiswürdigung
Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA, dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sowie aus Auszügen aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung und dem Zentralen Melderegister. Der gegenständlich festgestellte Sachverhalt ergibt sich daraus.
3. Rechtliche Beurteilung
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.02.2017 wurde unter anderem die Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 23.01.2017 sowie die darauf gestützte Anhaltung des BF bis zur Asylantragsstellung gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 und Abs. 6 FPG iVm §22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen (teilweise Spruchpunkt I. des zitierten Erkenntnisses). Die dagegen erhobene Revision wurde, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und gegen die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft bis zur Stellung des Antrages auf internationalen Schutz richtet, vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 31.08.2017 zurückgewiesen (Spruchpunkt I. der VwGH Entscheidung), sodass dieser Spruchteil des BVwG-Erkenntnisses in Rechtskraft erwuchs.
Es war daher gegenständlich nur noch über die vom VwGH mit Erkenntnis vom 31.08.2017 behobene Anhaltung ab Stellung des Antrages auf internationalen Schutz am 24.01.2017 (14:40) bis zur Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes am 09.02.2017 sowie über die behobene Anhaltung im Zeitraum von 09.02.2017 (Fortsetzungsausspruch) bis zur Entlassung des BF aus der Schubhaft am 29.03.2017 (19:40) abzusprechen.
Zu Spruchpunkt A.I.) Anhaltung in Schubhaft vom 24.01.2017 (14:40) bis zum 29.03.2017 (19:40):
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautete:
„(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.
Zur Aufhebung des Fortsetzungsausspruches hielt der VwGH in seinem Erkenntnis vom 05.10.2017, Ra 2017/21/0161, fest: „Ein die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft feststellender Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG wirkt als neuer (Titel-)Bescheid und kann die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG selbst dann legitimieren, wenn die vorangehende Anhaltung als rechtswidrig erkannt wurde (vgl. schon zur geltenden Rechtslage den hg. Beschluss vom 11. Mai 2017, Ro 2017/21/0001, Rz 13, unter anderem mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 2014, Zl. 2013/21/0138, Punkt 2. der Entscheidungsgründe, mit weiteren Nachweisen). In den vorliegenden Fällen sind die in diesem Sinn als Grundlage der weiteren Anhaltung der Revisionswerberinnen im angeführten Zeitraum fungierenden (positiven) Fortsetzungsaussprüche durch die Aufhebung mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Mai 2017, Ra 2016/21/0073, 0074, wieder weggefallen, und zwar gemäß § 42 Abs. 3 VwGG mit Wirkung "ex tunc". Das bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen der Erlassung der Erkenntnisse vom 22. Februar 2016 und ihrer Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob die aufgehobenen Erkenntnisse (die Hafttitel) von Anfang an nicht erlassen worden wären. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet auch, dass allen Rechtsakten und Vollzugsakten, die während der Geltung der vom Verwaltungsgerichtshof danach aufgehobenen Erkenntnisse auf deren Grundlage gesetzt worden sind, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen worden ist. Im Ergebnis entbehrt damit ex post betrachtet die weitere Anhaltung der Revisionswerberinnen in Schubhaft im Zeitraum nach Erlassung der Erkenntnisse des BVwG vom 22. Februar 2016 einer Grundlage. Demzufolge war die Anhaltung der Revisionswerberinnen in Schubhaft im Zeitraum vom 22. Februar 2016 bis 11. März 2016 schon deshalb rechtswidrig, weil sich die hierfür jeweils allein als Titel fungierenden Fortsetzungsaussprüche in den Spruchpunkten A.IV. der Erkenntnisse des BVwG vom 22. Februar 2016 als rechtswidrig erwiesen haben und demzufolge vom Verwaltungsgerichtshof mit dessen Erkenntnis vom 11. Mai 2017 (rückwirkend) aufgehoben wurden. Eine nachträgliche Sanierung kommt diesfalls nicht in Betracht (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, Zl. 2013/21/0184).“
Der VwGH behob die Beschwerdestattgabe hinsichtlich des Anhaltezeitraums des BF in Schubhaft nach Asylantragstellung bis zur Zustellung des Erkenntnisses. Weiters behob der VwGH den vom BVwG getroffenen Ausspruch nach §22a Abs. 3 BFA-VG zum Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen zur Fortsetzung der Schubhaft.
Anhaltung ab Stellung des Antrages auf internationalen Schutz am 24.01.2017 (14:40) bis zur Erlassung des Erkenntnisses des BVwG am 09.02.2017:
Die Stattgabe der Beschwerde hinsichtlich der Anhaltung des BF nach seiner Asylantragstellung bis zum Fortsetzungsausspruch des BVwG (24.01.2017/14:40, - 09.02.2017) wurde vom VwGH behoben.
Der VwGH führte dazu Folgendes aus:
„(…) diese Fallgestaltung ist viel mehr von Art. 8 Abs. 3 lit. f der Aufnahme-RL iVm Art. 28 Abs. 2 der Dublin III-VO erfasst. Demzufolge ist auch § 76 Abs. 6 FPG - mag dessen Wortlaut generell jeden Fall der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz während der Anhaltung in Schubhaft erfassen - richtlinienkonform in diesem (eingeschränkten) Sinn zu verstehen, zumal kein Anhaltspunkt ersichtlich ist, dass der österreichische Gesetzgeber von den unionsrechtlichen Vorgaben abweichen wollte. Demnach kann eine gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnete Schubhaft auf Basis dieser Bestimmungen unter den dort genannten Voraussetzungen, insbesondere dem weiteren Vorliegen von erheblicher Fluchtgefahr, ohne Weiteres auch nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz aufrechterhalten werden. Hierfür kommt es auf das Vorliegen einer Verzögerungsabsicht iSd § 76 Abs. 6 FPG und auf die Erfüllung der dort (wegen der damit verbundenen Änderung des Haftgrundes) vorgesehenen verfahrensrechtlichen Kautelen nicht an.
Andernfalls stellte sich nämlich die Frage, weshalb für die Fortsetzung der Haft gegen einen nachträglich zum Asylwerber gewordenen Fremden eingeschränktere Voraussetzungen gelten sollen als für die Verhängung der Haft gegen einen Fremden, der schon davor Asylwerber war. Auf den vorliegenden Fall bezogen wäre es somit nicht nachvollziehbar, wenn ein sich in Freiheit befindender Asylwerber wegen Vorliegens von erheblicher Fluchtgefahr gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung des "Dublin-Überstellungsverfahrens" in Schubhaft genommen werden darf, während dieser Haftgrund bei einem bereits gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG vor der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich inhaftierten Fremden, der aufgrund der nachträglichen Antragstellung zum Asylwerber wird, nicht genügen soll, sondern es in Bezug auf diesen Antrag überdies noch einer Umgehungsabsicht bedürfte. Eine solche Deutung wäre - wie bereits erwähnt - mit Art. 8 Abs. 3 der Aufnahme-RL nicht in Einklang zu bringen, weil der dort in der lit. f normierte Haftgrund - Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 28 Dublin III-VO - eigenständig neben dem (eine Sonderkonstellation regelnden) Tatbestand der lit. d und davon unabhängig besteht.
Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, dass es auf die Voraussetzungen gemäß § 76 Abs. 6 FPG nicht angekommen wäre. Auf das - vom BVwG unterstellte - Fehlen dieser Bedingungen hätte somit die mit der vorliegenden Amtsrevision bekämpfte Feststellung der (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Schubhaft nicht gegründet werden dürfen. Insoweit erweist sich Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses als inhaltlich rechtswidrig, sodass in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG dessen Aufhebung vorzunehmen war.“
Das BVwG hatte in seinem Erkenntnis die Rechtswidrigkeit der Anhaltung - im Zeitraum zwischen der Asylantragstellung und der Erlassung des Erkenntnisses des BVwG - auf das Fehlen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 6 FPG gestützt.
Eine gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnete Schubhaft kann auf Basis dieser Bestimmungen unter den dort genannten Voraussetzungen - insbesondere dem weiteren Vorliegen von erheblicher Fluchtgefahr - ohne Weiteres auch nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz aufrechterhalten werden.
Der BF war - laut Beschwerdevorbringen - ab Stellung des Antrags auf internationalen Schutz nicht mehr im Begriff das Land nach Deutschland zu verlassen. Aufgrund des Umstandes, dass der BF weder vor dem BFA noch vor dem BVwG zu seinen Beweggründen zur Stellung seines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich befragt wurde - das Vorliegen von erheblicher Fluchtgefahr somit nicht ausreichend geprüft wurde - ist daher im Zweifel in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen davon auszugehen, dass ab diesem Zeitpunkt keine erhebliche Fluchtgefahr des BF mehr bestand. Für diese Einschätzung spricht zudem, dass der BF auch aktuell im Bundesgebiet aufrecht gemeldet ist.
Die Anhaltung des BF nach seiner Asylantragstellung bis zum Erkenntnis des BVwG - sohin im Zeitraum 24.01.2017 (14:40) bis 09.02.2017 - erweist sich daher als rechtswidrig.
Zur Anhaltung im Zeitraum von 09.02.2017 - Fortsetzungsausspruch - bis 29.03.2017 (19:40) Entlassung des BF aus der Schubhaft:
Hinsichtlich des Fortsetzungsausspruches sprach der VwGH bezüglich der Behebung aus:
„Den Erwägungen des BVwG, soweit es die Beschwerde für den Zeitraum nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz abgewiesen und einen positiven Fortsetzungsausspruch getroffen hat, liegt maßgeblich die Annahme zugrunde, der Revisionswerber habe auch noch in diesem Zeitraum die Absicht zur illegalen Weiterreise nach Deutschland gehabt und er hätte das Verfahren über diesen Antrag nicht in Österreich abwarten wollen. Das steht allerdings im Widerspruch zum gegenteiligen Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Revisionswerber beabsichtigt habe, sein Asylverfahren in Österreich zu führen. Mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz habe er zum Ausdruck gebracht, dass eine Weiterreise nach Deutschland nicht mehr in Frage komme. Insbesondere zu diesem Thema hatte der Revisionswerber in der Beschwerde auch ausdrücklich die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung beantragt. Diesbezüglich lag somit kein "aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärter Sachverhalt" iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG vor, weshalb sich die auf diese Bestimmung gestützte Begründung des BVwG für die Nichtdurchführung der Beschwerdeverhandlung als nicht tragfähig erweist (vgl. dazu auch noch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2017/21/0080, Rz 15 ff, mwN). Schon deshalb war das angefochtene Erkenntnis in dem aus Spruchpunkt II.2. ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.“
Aufgrund des Absehens des BVwG von der beantragten mündlichen Verhandlung und der Ansicht des VwGH, dass kein "aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärter Sachverhalt" iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG vorlag, wurde das angefochtene Erkenntnis bezüglich Spruchpunkt A.II. durch den VwGH wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Rechtswidrigkeit des Anhaltezeitraumes von 09.02.2017 bis 29.03.2017 stützt sich nunmehr - wie aus der zitierten Judikatur ersichtlich - auf die Behebung des Fortsetzungsausspruches, der als Titel für die weitere Anhaltung des BF seit Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 09.02.2017 fungierte. Aufgrund des Wegfalls des Schubhafttitels - durch die Behebung des VwGH - war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt A.II.) Kostenbegehren
Der VwGH hat im Erkenntnis vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, ausgeführt, dass die Beschwerde an das BVwG, soweit damit die dem (gemeint: rechtswidrigen) Schubhaftbescheid nachfolgende Anhaltung bekämpft wird, eine Beschwerde gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, weshalb auch § 35 VwGVG zur Anwendung kommt, und zwar zumindest insoweit, als er einem Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht im Falle des Obsiegens in einem Beschwerdeverfahren wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kostenersatz einräumt.
Ein Kostenzuspruch setzt stets voraus, dass eine Partei obsiegt und die andere unterliegt. Ist das Maßnahmenbeschwerdeverfahren einzustellen, erfolgt kein Kostenzuspruch (vgl VwSlg 17.649 A/2009; VwGH 10. 8. 2010, 2010/17/0091; 14.3.2018, Ra 2017/17/0160; BVwG 5.5.2017, W169 2014377-1); ebenso wenig bei einem bloß teilweisen Obsiegen hinsichtlich mehrerer als Einheit zu wertender Amtshandlungen (vgl VwGH 4. 5. 2015, Ra 2015/02/0070).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Über die Kostenanträge wurde im Erkenntnis des BVwG vom 09.02.2017 nicht abgesprochen. Im ersten Rechtsgang obsiegte das BFA im Hinblick auf die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 23.01.2017 sowie die Anhaltung des BF bis zur Stellung des Antrages auf internationalen Schutz. Nunmehr obsiegte der BF hinsichtlich seiner Beschwerde für die Anhaltung ab Stellung des Asylantrages.
Beide Verfahrensparteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen. Da keine der beiden Parteien vollständig obsiegte, waren beide Anträge abzuweisen.
Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu Spruchpunkt B.) – Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Es sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Asylantragstellung Außerlandesbringung Dublin III-VO Fortsetzung der Schubhaft Kostenersatz Rechtsanschauung des VwGH Rechtswidrigkeit Schubhaft teilweises ObsiegenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W140.2146453.1.00Im RIS seit
01.10.2021Zuletzt aktualisiert am
01.10.2021