Entscheidungsdatum
10.06.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W195 2241653-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs.2 B-VG gestützte Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX wegen der Verletzung in Rechten durch einen am 29.03.2021 stattgefundenen „Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt durch rechtswidrige Verwehrung der Weiterfahrt“ gegen die Landespolizeidirektion XXXX als belangte Behörde beschlossen:
A)
I. Die Maßnahmenbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG iVm § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung hat der Beschwerdeführer dem Rechtsträger der belangten Behörde XXXX Aufwendungen in Höhe von EUR 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Am 20.04.2021 langte ein mit am selben Tag datierter und von der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers verfasster Schriftsatz beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein. Neben der Bekanntgabe der Vollmacht wurde darin unter einem auch gegen „die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 29.03.2021 kurz vor 11:00 Uhr, am Grenzübergang XXXX “ eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG (sog. Maßnahmenbeschwerde) an das BVwG „wegen Rechtswidrigkeit und Verletzung des einfachgesetzlichen gewährleisteten Rechts auf ungehinderte Einreise eines österreichischen Staatsbürgers nach Österreich und des verfassungsgesetzlichen gewährleisteten Rechts auf Freizügigkeit der Person innerhalb des Staatsgebietes“ erhoben.
Inhaltlich wurde dazu vorgebracht, dass der Beschwerdeführer – nachdem er sich zuvor routinemäßig über die aktuell geschlossenen Grenzübergänge informiert habe – am 29.03.2021 die Grenze zwischen Österreich und Tschechien von Tschechien kommend beim Grenzübergang XXXX übertreten habe. Bei Ankunft am Grenzübergang habe der Beschwerdeführer aufgrund in der Maßnahmenbeschwerde näher dargelegter Gründe davon ausgehen können, dass die Grenze geöffnet sei. Als der Beschwerdeführer bereits die Grenze passiert und sich somit bereits auf österreichischem Bundesgebiet befunden habe, sei er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten und kontrolliert worden. Nach erfolgter Kontrolle sei der Beschwerdeführer darüber aufgeklärt worden, dass dieser Grenzübergang zwar täglich bis 11:00 Uhr geöffnet sei, dies jedoch nur für Bauern, welche einen Acker in Tschechien zu bewirtschaften hätten. Über diese eingeschränkte Nutzbarkeit sei der Beschwerdeführer unverschuldet nicht informiert gewesen. Schließlich sei der Beschwerdeführer von den einschreitenden Organen aufgefordert worden, das Bundesgebiet (wieder) zu verlassen, nach Tschechien zurückzufahren und einen anderen Grenzübergang zu verwenden. Aufgrund des gehörigen Respekts vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sei der Beschwerdeführer dieser Aufforderung (freiwillig) nachgekommen.
Moniert wird nunmehr, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen der Grenzkontrolle lediglich gemäß den in § 12a Grenzkontrollgesetz (im Folgenden: GrekoG) näher genannten Fällen ermächtigt seien Personen den Grenzübertritt zu verwehren. Auf den Beschwerdeführer hätte keine dieser Voraussetzungen zugetroffen. Darüber hinaus habe sich der Beschwerdeführer zudem bereits auf österreichischem Bundesgebiet befunden und seien die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht ermächtigt gewesen, dem Beschwerdeführer als österreichischen Staatsbürger unter Vorlage sämtlicher für den Grenzübertritt notwendiger Dokumente die Weiterfahrt zu untersagen, ihn anzuhalten und ihn aufzufordern, nach Tschechien zurückzukehren. Durch die Untersagung der Weiterfahrt in Österreich und der Aufforderung nach Tschechien auszureisen, sei es durch die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu einer gemäß Art. 4 Abs. 1 StGG unzulässigen Beschränkung der Freizügigkeit des Beschwerdeführers gekommen.
Beantragt wird nunmehr den angefochtenen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG für rechtswidrig zu erklären sowie gemäß § 35 VwGVG dem Beschwerdeführer als obsiegende Partei den Ersatz der entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen der ausgewiesenen Vertreterin binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zuzusprechen und in eventu gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
2. Mit Schreiben des BVwG vom 21.04.2021, GZ. W195 2241653-1/2Z, wurde der Landespolizeidirektion XXXX als belangter Behörde (im Folgenden: belangte Behörde) die Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen ab Zustellung übermittelt. Unter einem wurde um Übermittlung sämtlicher in diesem Zusammenhang vorliegender Unterlagen ersucht.
3. Mit Schreiben vom 07.05.2021, XXXX , langte eine entsprechende Stellungnahme der belangten Behörde ein. Weiters wurden auch diverse im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorfall stehende Unterlagen übermittelt.
Unter Bezugnahme auf mehrere in der Stellungnahme näher genannter gesetzlicher Bestimmungen und Verordnungen wurde seitens der belangten Behörde – zusammenfassend – im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer durch den Grenzübertritt entgegen des Benützungsumfanges – da dieser nur für die Zwecke der Durchführung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten eingeschränkt benutzbar gewesen sei – eine Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 1 Z 2 GrekoG gesetzt habe. Gegenständlich habe man jedoch von der Einhebung einer Geldstrafe mit Organverfügung abgesehen und den Beschwerdeführer lediglich auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam gemacht. Schließlich sei der Beschwerdeführer der Aufforderung, einen anderen Grenzübergang zu benutzen (auch) freiwillig nachgekommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der beim BVwG eingebrachten Beschwerde sowie der Stellungnahme der belangten Behörde vom 07.05.2021. Weder in der Beschwerde noch in der Stellungnahme der belangten Behörde wurde ein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes Vorbringen erstattet. Vielmehr decken sich die Feststellungen mit dem in der Beschwerde bzw. in der Stellungnahme vorgebrachten Sachverhalt. Auch sonst sind keine Zweifel an der Richtigkeit und Relevanz der getroffenen Feststellungen hervorgekommen, weshalb diese als erwiesen anzunehmen und im Rahmen der freien Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde zu legen sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Zurückweisung der Beschwerde:
3.1. Allgemeines zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte u.a. über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3).
Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann jeder gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Erhebung einer solchen Maßnahmenbeschwerde ist dann zulässig, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl. VwGH vom 26.04.2010, 2009/10/0240; VwGH vom 21.10.2010, 2008/01/0028; VwGH vom 31.05.2012, 2010/06/0203). Eine Maßnahmenbeschwerde kann sich demnach nur gegen die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden oder durch Organe in ihrem Dienste richten (vgl. VwGH vom 14.12.1990, 90/18/0234).
Nach der Judikatur des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt im Wesentlichen ein Verwaltungshandeln, das von einem Verwaltungsorgan in der Hoheitsverwaltung durch Ausübung unmittelbaren Zwanges (Gewalt) oder Erteilung eines Befehls (mit unverzüglichem Befolgungsanspruch) gegen einen individuellen Adressaten gesetzt wird (VfSlg. 7346/1974, 11.935/1988; VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0032). Voraussetzung für das Vorliegen eines derartigen Aktes ist, dass einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird (vgl. VwGH vom 19.09.2006, 2005/06/0018). Ein derartiger Eingriff liegt im Allgemeinen vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (VfSlg. 12.791/1991; VwGH vom 23.01.2007, 2005/06/0254). Werden objektiv keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, handelt es sich um keine Ausübung verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt (VwGH vom 24.06.1998, 97/01/0239; VwGH vom 16.11.2000, 98/01/0452 oder VwGH vom 06.07.2004, 2003/11/0175).
An dieser Stelle ist festzuhalten, dass das BVwG – soweit sich aus Art. 131 Abs. 3 B-VG nichts anderes ergibt – gemäß Abs. 2 B-VG nur über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (worunter auch die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde fällt) erkennt, sofern es sich dabei um Rechtssachen handelt, in denen die Vollziehung des Bundes unmittelbar von Bundesbehörden besorgt wird.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH vom 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung hat die Entscheidung gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zu ergehen.
3.2. Zu den im Beschwerdefall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen:
Das GrekoG lautet auszugsweise:
3. ABSCHNITT
Behörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
Behördenzuständigkeit
§ 8. (1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, die Landespolizeidirektion. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die Einhaltung der Bestimmungen des 4. Abschnittes zusätzlich zu überwachen.
[…]
Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
§ 9. (1) Die für die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des 4. Abschnittes zuständigen Behörden können hiefür die ihnen beigegebenen und zugeteilten, die Bezirksverwaltungsbehörden auch die ihnen unmittelbar unterstellten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einsetzen.
[…]
4. ABSCHNITT
Grenzverkehr
[…]
Durchführung der Grenzkontrolle
§ 12. (1) Die Grenzkontrolle obliegt der Behörde. Sie ist Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Landespolizeidirektion (§ 12b) vorbehalten, soweit sie durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu besorgen ist. Amtshandlungen im Rahmen der Grenzkontrolle sind entsprechend den Erfordernissen der Zweckmäßigkeit, Einfachheit, Raschheit und Kostenersparnis vorzunehmen. Die Grenzüberwachung ist so durchzuführen, dass Personen daran gehindert werden, die Kontrolle an den Grenzübergangsstellen zu umgehen.
[…]
Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
§ 12a. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Personen einer Grenzkontrolle zu unterziehen, sofern Grund zur Annahme besteht, dass diese grenzkontrollpflichtig sind oder dass sie den Grenzübertritt unbefugt außerhalb von Grenzübergangsstellen vornehmen wollen oder vorgenommen haben. Diese Ermächtigung besteht bei Grenzübertritten an Grenzübergangsstellen innerhalb des Grenzkontrollbereiches, sonst an jener Stelle, an der ein Grenzkontrollpflichtiger angetroffen wird; sie besteht auch an jener Stelle, an der eine Person, die den Grenzübertritt unbefugt außerhalb einer Grenzübergangsstelle vornehmen will oder vorgenommen hat, auf frischer Tat betreten wird.
[…]
(6) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind im Rahmen der Grenzkontrolle ermächtigt, Personen, denen
1. der Reisepass gemäß § 15 PassG, Personalausweis gemäß § 19 Abs. 2 PassG iVm § 15 PassG, Fremdenpass gemäß § 93 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I Nr.100 oder Konventionsreisepass gemäß § 94 Abs. 5 FPG iVm § 93 FPG vollstreckbar entzogen oder
2. die Ausstellung eines in Z 1 genannten Dokumentes gemäß § 14 PassG, § 19 Abs. 2 PassG iVm § 14 PassG, § 92 FPG oder § 94 Abs. 5 iVm § 92 FPG versagt wurde,
den Grenzübertritt zu verwehren. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, die von ihnen getroffenen Anordnungen nach Maßgabe des § 50 Abs. 2 und 3 SPG mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen.
Art. 78a Abs. 1 B-VG lautet:
3. Sicherheitsbehörden des Bundes
Artikel 78a. (1) Oberste Sicherheitsbehörde ist der Bundesminister für Inneres. Ihm sind die Landespolizeidirektionen, ihnen wiederum die Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden nachgeordnet.
Die relevanten Bestimmungen des SPG lauten:
2. Hauptstück
Organisation der Sicherheitsverwaltung
Besorgung der Sicherheitsverwaltung
§ 2. (1) Die Sicherheitsverwaltung obliegt den Sicherheitsbehörden.
(2) Die Sicherheitsverwaltung besteht aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.
Sicherheitsbehörden
§ 4. (1) Oberste Sicherheitsbehörde ist der Bundesminister für Inneres.
(2) Dem Bundesminister für Inneres unmittelbar unterstellt besorgen Landespolizeidirektionen, ihnen nachgeordnet Bezirksverwaltungsbehörden die Sicherheitsverwaltung in den Ländern.
[…]
3.3. Für die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde bedeutet dies:
3.3.1. In der Maßnahmenbeschwerde wird im Hinblick auf die Zuständigkeit des BVwG Folgendes ausgeführt: „Die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind in XXXX stationiert, der Landespolizeidirektion XXXX unterstellt und damit der Landespolizeidirektion zuzuordnen. Die Bestimmungen des Grenzkontrollgesetzes werden nicht mehr im Rahmen der Sicherheitsverwaltung, sondern ausschließlich durch die Landespolizeidirektionen im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art 102 Abs 2 B-VG iVm § 8 Abs 1 Grenzkontrollgesetz vollzogen.“ Im Unterschied dazu bringt die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 07.05.2021 hinsichtlich der Zuständigkeit zur Entscheidung über die vorliegende Maßnahmenbeschwerde vor, dass „die Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm (Grenzkontrolle) gemäß § 2 Abs. 2 SPG Teil der Sicherheitsverwaltung [sei]. Gemäß § 2 Abs. 1 SPG obliegt die Sicherheitsverwaltung den Sicherheitsbehörden. Gemäß § 4 Abs. 2 SPG besorgt die Landespolizeidirektion die Sicherheitsverwaltung in den Ländern.“
3.3.2. Eingangs ist zunächst festzuhalten, dass die Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung in § 2 Abs. 2 SPG taxativ aufgezählt sind (vgl. VwGH vom 25.06.2019, Ra 2017/19/0261). Die „Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm“ findet sich ebenfalls in dieser taxativen Aufzählung. Weiters handelt es sich bei der belangten Behörde um eine Sicherheitsbehörde iSd Art. 78a Abs. 1 B-VG, der gemäß § 2 Abs. 2 SPG die Besorgung der Sicherheitsverwaltung obliegt (vgl. VwGH vom 17.11.2016, Ro 2016/21/0016).
Im Hinblick auf die Zuständigkeit betreffend Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung ist auf die Rechtsprechung des VwGH (siehe hierzu zB VwGH vom 25.06.2019, Ra 2017/19/0261) hinzuweisen, wonach „ausweislich der Gesetzesmaterialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP 15) […] die ‚Sicherheitsverwaltung‘ nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit der VwG der Lände [fällt], weil sie weder in unmittelbarer noch in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird (vgl. VfSlg. 19.986/2015). Die in Art. 78a B-VG verankerte Behördenorganisation ist ein Vollzugsmodell, das eine Mischform darstellt und außerhalb des Art. 102 B-VG steht. Darauf nehmen auch die erwähnten Gesetzesmaterialien Bezug. Art. 78a B-VG kombiniert Bundes- und Landesbehörden in einer Weise, die weder der mittelbaren noch der unmittelbaren Bundesverwaltung eindeutig zuzuordnen sind. Es handelt sich um eine Mischform, bei der auf unterer Ebene die Elemente der mittelbaren Bundesverwaltung dominieren, während sie auf mittlerer Ebene der unmittelbaren Bundesverwaltung nachgebildet ist. Aus diesem Grund gelangt die Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG zur Anwendung, was die grundsätzliche Zuständigkeit der VwG der Länder in diesen Angelegenheiten zur Folge hat (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP 15).“
Weiters hielt der VwGH in einer Entscheidung vom 24.10.2018, Ra 2018/03/0114, fest, dass für die von den Sicherheitsbehörden nach den Art. 78a ff B-VG sowie § 4 SPG 1991 besorgte Sicherheitsverwaltung nicht das BVwG, sondern die Landesverwaltungsgerichte zuständig sind (vgl. hierzu auch VwGH vom 19.06.2018, Ra 2018/03/0021).
3.3.3. Der Maßnahmenbeschwerde ist zwar insoweit zuzustimmen, als es sich bei der belangten Behörde um eine Bundesbehörde im organisatorischen Sinn handelt, entgegen den Ausführungen in der Maßnahmenbeschwerde werden die Bestimmungen des GrekoG jedoch – wie weiter oben ausgeführt – sehr wohl im Rahmen der Sicherheitsverwaltung besorgt. Dies ergibt sich insbesondere auch aus den ErläutRV 114 BlgNR 20. GP 10 (arg. „Der Entwurf schafft die erforderlichen Begriffsbestimmungen, legt die für die Grenzkontrolle erforderliche Infrastruktur fest, regelt die Behördenzuständigkeit, die Einsetzbarkeit der für die Grenzkontrolle zur Verfügung stehenden Wachkörper sowie die Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und gibt den Rahmen für die aus Anlaß des Grenzübertrittes vorzunehmende Grenzkontrolle, einer routinemäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften der Sicherheitsverwaltung, vor.“). Die belangte Behörde wird somit bei der Vollziehung des GrekoG – entgegen der Ansicht in der Maßnahmenbeschwerde – auch nach dem Willen des Gesetzgebers im Rahmen der Sicherheitsverwaltung tätig (vgl. VwGH vom 17.11.2016, Ro 2016/21/0016).
Nur der Vollständigkeit halber ist zudem auch auf die ErläutRV 2144 BlgNR 24. GP 33 hinzuweisen, wonach iZm § 13 Abs. 4 GrekoG Folgendes festgehalten wird: „Aufgrund der sich aus dem B-VG ergebenden sachlichen Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte für Beschwerden gegen Bescheide der Grenzkontrollbehörden hat dieser Absatz zu entfallen.“ Hierbei wird keineswegs übersehen, dass gegenständlich nicht von einer Beschwerde gegen einen Bescheid, sondern einer Maßnahmenbeschwerde auszugehen ist. Allerdings kann diese Aussage wohl auch auf die Rechtsmittelmöglichkeit gegen eine Maßnahmenbeschwerde übertragen werden. Schließlich ist auch auf die ErläutRV 351 BlgNR 25. GP 8 hinzuweisen, wonach iZm § 12 GrekoG ebenfalls festgehalten wird, dass als „Rechtsmittel […] den betroffenen Personen – wie in anderen Fällen der Anwendung von unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt auch – die Maßnahmenbeschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beim zuständigen Verwaltungsgericht des Landes zur Verfügung [steht].“
3.3.4. Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich somit, dass – entgegen der in der Maßnahmenbeschwerde vertretenen Auffassung – im vorliegenden Fall bei der Vollziehung des GrekoG im Ergebnis eine Angelegenheit der Sicherheitsverwaltung vorliegt, welche von der belangten Behörde als Sicherheitsbehörde iSd Art. 78a B-VG besorgt wird, weshalb gegenständlich keine Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung vorliegt. Aus diesen Erwägungen ergibt sich weiters, dass der Rechtszug im vorliegenden Fall somit nicht an das BVwG, sondern gemäß der Art. 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel an das (örtlich zuständige) LVwG zu gehen hat.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden und die Maßnahmenbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Da die vorliegende Beschwerde mittel Beschluss zurückzuweisen war und aus einer mündlichen Erörterung ohnedies eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, konnte trotz Parteiantrages von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 24 VwGVG, Anm. 7 und 13, mwN).
3.5. Zu den Anträgen auf Kostenersatz:
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Da die Beschwerde im vorliegenden Fall zurückzuweisen war, ist der Beschwerdeführer als unterlegene Partei anzusehen (vgl. hierzu auch VwGH vom 16.03.2016, Ra 2015/05/0090). Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei kein Kostenersatz, weshalb der diesbezügliche Antrag abzuweisen war.
In ihrer Stellungnahme vom 07.05.2021 stellte die belangte Behörde unter anderem auch den Antrag „dem Beschwerdeführer nach den Bestimmungen der VwG-Aufwandersatzverordnung 2014“ einen entsprechenden Kostenersatz aufzuerlegen. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist, aufgrund der mit Spruchpunkt I. erfolgten Zurückweisung der Maßnahmenbeschwerde die belangte Behörde als obsiegende Partei anzusehen.
Gemäß § 1 Z 3 und 4 VwG-Aufwandersatzverordnung wird die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge als Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit EUR 57,40 und als Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit EUR 368,80 festgesetzt.
Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Behörde als obsiegende und der Beschwerdeführer als unterlegene Partei zu gelten hat; daher und auf Grund des Antrages der belangten Behörde vom 07.05.2021 hat der Beschwerdeführer der Behörde den Vorlageaufwand in der Höhe von EUR 57,40 und den Schriftsatzaufwand in der Höhe von EUR 368,80, gesamt EUR 426,20, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch waren keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund einer eindeutigen Rechtslage bzw. in Entsprechung der bisherigen Rechtsprechung des VwGH (vgl. hierzu insbesondere die näher zitierte Rechtsprechung des VwGH unter Punkt 3.3.). Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Einreise Kontrolle Kostenersatz Landespolizeidirektion Maßnahmenbeschwerde Sicherheitsverwaltung Unzuständigkeit BVwG ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2241653.1.00Im RIS seit
16.09.2021Zuletzt aktualisiert am
16.09.2021