Entscheidungsdatum
29.05.2021Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Ing. Mag. Andreas Ferschner als Einzelrichter über die Beschwerde des A, * in ***, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Landespolizeidirektion Niederösterreich betreffend der Anhaltung in „Isolationshaft“ von 28.1.2021 bis 30.1.2021 im Polizeianhaltezentrum ***, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Gang des Verfahrens:
Mit Eingabe vom 29.1.2021 – eingelangt beim Landesverwaltungsgericht am 3.2.2021 - brachte der Beschwerdeführer eine Maßnahmenbeschwerde ein. Dabei brachte er vor, dass er im Polizeianhaltezentrum in Isolationshaft angehalten werde. Einzelhaft sei nur gerechtfertigt, wenn man gegen die Hausordnung verstößt. Dies habe er nicht getan. Es würde somit vorsätzliche Gefangenenmisshandlung mit bleibenden Schäden (Traumatisierung) begangen. Auch habe der Arzt bei der Aufnahme die Befunde nicht gelesen und habe er nicht einmal zuordnen können welches Medikament wofür sei.
Die Landespolizeidirektion Niederösterreich schickte eine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen und führte dazu aus:
Der Beschwerdeführer sei am 28.1.2021 zum Antritt einer Verwaltungsstrafhaft vorgeführt worden. Am 29.1.2021, sei er auf seinen Wunsch durch den Meldungsleger ein Gespräch mit ihm geführt worden. In diesem Gespräch habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er eine Anzeige wegen Insolationshaft erstatten wolle. Ihm sei daraufhin erklärt worden, dass es sich um keine Isolationshaft handle, sondern um eine Absonderung auf Grund der Covid-19 Maßnahmen im Anhaltevollzug. Gemäß Erlass des BMI 2020-0.668.439, vom 23.11.2020, seien gem. Pkt. 3.3., sämtliche Häftlinge, die für den längerfristigen Anhaltevollzug aufgenommen würden (Verwaltungsstraf- oder Schubhaft), für die Dauer der ersten 10 Tage von den sog. Bestandshäftlingen zu trennen. Dabei könnten die innerhalb eines Zeitraumes von bis zu zwei Tagen eingelieferten Häftlinge auch in Kleinstgruppen angehalten werden. In solchen Fällen bemesse sich die Dauer der präventiven Zugangs-Quarantäne für alle gemeinsam angehaltenen Häftlinge immer an der zuletzt aufgenommenen Person. Im Falle des Beschwerdeführers sei der letzte vorherige Zugang am 18.1.2021 gewesen. Seitens des PAZ *** werde angemerkt, dass der Beschwerdeführer in einer Gemeinschaftszelle mit Fernseher angehalten wurde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen wie folgt:
Der Beschwerdeführer wurde vom 28.1.2021 bis 30.1.2021 im Polizeianhaltezentrum *** aufgrund einer Verwaltungsstrafe angehalten. In dieser Zeit belegte der Beschwerdeführer eine Gemeinschaftszelle alleine. Alle Neuzugänge in das Polizeianhaltezentrum werden für die Dauer der ersten 10 Tage von den Bestandshäftlingen getrennt. Dies stellte eine Corona Schutzmaßnahme dar um die Bestandshäftlinge vor Infektionen zu schützen.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Beschwerde und der vorgelegten Stellungnahme. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer alleine in einer Zelle – der Beschwerdeführer bezeichnete dies als „Isolationshaft“ - angehalten wurde. Der Umstand wird vom der Landespolizeidirektion Niederösterreich nicht bestritten. Jedoch wurde ausgeführt, dass Neuzugänge in den ersten 10 Tagen von Bestandshäftlingen zu trennen seien, da dies eine Corona Schutzmaßnahme darstelle und verhindert werden soll, dass sich Corona in dem Polizeianhaltezentrum verbreiten könne.
Rechtlich folgt:
§ 4 Anhalteordnung lautet:
(1) Die Häftlinge sind unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung ihrer Person anzuhalten.
(1a) Hafträume müssen so gelegen und eingerichtet sein, dass darin Häftlinge menschenwürdig angehalten und gesundheitliche Gefährdungen vermieden werden können; sanitäre Einrichtungen müssen so gestaltet sein, dass sie Häftlinge auch in Gemeinschaftshaft auf menschenwürdige Weise benützen können.
(2) Häftlinge haben ihre eigene Kleidung zu tragen. Werden sie zu Hausarbeiten herangezogen oder ist ihre Kleidung etwa aus hygienischen Gründen nicht mehr verwendbar, so ist ihnen die notwendige Kleidung zur Verfügung zu stellen.
(3) Die Anhaltung der Häftlinge erfolgt grundsätzlich in Gemeinschaftshaft. Häftlinge, an denen Schubhaft vollzogen wird (Schubhäftlinge), Häftlinge, an denen eine Verwaltungsfreiheitsstrafe vollzogen wird (Verwaltungsstrafhäftlinge), und Häftlinge, die auf Grund einer durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aus eigenem oder in Vollziehung eines richterlichen Haftbefehls vorgenommenen Festnahme angehalten werden (Verwahrungshäftlinge), sind nach Möglichkeit getrennt voneinander anzuhalten. Frauen sind von Männern, Minderjährige von Erwachsenen getrennt zu verwahren. Wünsche eines Häftlings, mit bestimmten anderen Häftlingen gemeinsam oder nicht gemeinsam angehalten zu werden, sind nach Möglichkeit ebenso zu berücksichtigen wie Wünsche auf Anhaltung in einer Nichtraucherzelle.
(4) Schubhäftlinge unter sechzehn Jahren dürfen nur angehalten werden, wenn eine ihrem Alter und Entwicklungsstand entsprechende Unterbringung und Pflege gewährleistet ist. Wurde auch gegen einen Elternteil oder Erziehungsberechtigten eines minderjährigen Schubhäftlings die Schubhaft verhängt, so sind beide gemeinsam anzuhalten, es sei denn, daß das Wohl des Minderjährigen eine getrennte Anhaltung verlangt.
(5) Zur Verständigung der Aufsichtsorgane sind in den Hafträumen geeignete Einrichtungen vorzusehen.
§ 5
(1) Die Anhaltung eines Häftlings hat in Einzelhaft zu erfolgen:
1. wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß der Häftling gegen andere gewalttätig werde;
2. wenn bei Häftlingen, gegen die ein gerichtliches Strafverfahren anhängig ist, vom Gericht darum ersucht wird;
3. wenn vom Häftling Ansteckungsgefahr ausgeht oder wenn er auf Grund seines Erscheinungsbildes oder seines Verhaltens andere Häftlinge erheblich belasten würde.
(2) Verwahrungshäftlinge sind, sofern dies aufgrund der Umstände der zugrunde liegenden Straftat oder sonst im Interesse anderer Verwahrungshäftlinge geboten scheint, in Einzelhaft anzuhalten.
(3) Die Anhaltung eines Häftlings kann in Einzelhaft erfolgen:
1. auf Wunsch des Häftlings;
2. während der Zeit der Nachtruhe, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung erforderlich scheint;
3. als Disziplinarmittel;
4. wenn es aus organisatorischen Gründen kurzfristig notwendig ist;
5. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Häftling durch Gewalttätigkeit sein Leben oder seine Gesundheit gefährde.
6. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. II Nr. 439/2005)
(4) Über Anordnung der für ihre Anhaltung maßgeblichen Fremdenpolizeibehörde können Schubhäftlinge, bei denen Absprachen mit anderen Schubhäftlingen zu befürchten sind, bis zu ihrer Ersteinvernahme in Einzelhaft angehalten werden; § 4 Abs. 4 bleibt hiebei jedoch unberührt.
(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. II Nr. 439/2005)
Für den vorliegenden Fall ergibt sich somit, dass der Beschwerdeführer in Einzelhaft angehalten wurde. Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Anhalteordnung hat der Gefangene in Einzelhaft angehalten zu werden, wenn vom Häftling Ansteckungsgefahr ausgeht. Genau dieser Punkt trifft im vorliegenden Fall zu. Aufgrund der allgemein bekannten Corona Pandemie musste die Landespolizeidirektion Niederösterreich bei der Aufnahme des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass er eine Ansteckungsgefahr für die restlichen Gefangenen mit Covid 19 darstellt. Deshalb wäre er – wie alle anderen Neuzugänge – die ersten zehn Tage abgesondert angehalten worden. Aufgrund der Tatsache, dass es keine anderen Neuzugänge innerhalb der 10 tägigen Frist gab, musste der Beschwerdeführer (rechtmäßig) in Einzelhaft angehalten werden. Um die daraus resultierende Belastung des Beschwerdeführers zu reduzieren wurde er in einer Gemeinschaftszelle mit TV Zugang angehalten. Da somit kein rechtswidriges Verhalten der Landespolizeidirektion Niederösterreich am Beschwerdeführer aufgezeigt werden konnte war die Beschwerde abzuweisen. Wenn der Beschwerdeführer weiter ausgeführt hat, dass der Arzt seine Befunde nicht gelesen hat bzw. nicht wusste wofür welches Medikament notwendig sei, fehlt es bei diesem Vorbringen an einem konkreten Akt der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt. Es ist aus dem Vorbringen nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer vom Arzt irgendetwas angedroht wurde oder ein Befehl erteilt wurde. Selbst eine Untätigkeit oder Unterlassung des Arztes kommt nicht in Betracht, da der Beschwerdeführer dazu kein Vorbringen in der Beschwerde erstattet hat. Es war daher auch dieser Punkt abzuweisen.
Kosten:
Gemäß § 35 VwGVG hat die obsiegende Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Anspruch auf den Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde abgewiesen. Daher war die belangte Behörde die obsiegende Partei. Aufwandsersatz ist nur auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – welche im Übrigen auch nicht beantragt wurde – konnte abgesehen werden, da der Sachverhalt im Wesentlichen unstrittig war und daher keiner weiteren Klärung im Verfahren beigetragen hätte. Es wurden in der Beschwerde letztlich lediglich Rechtsfragen aufgeworfen und moniert.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde; Anhaltung; Einzelhaft;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.M.1.001.2021Zuletzt aktualisiert am
01.09.2021