TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/19 W113 2237831-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.04.2021
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Entscheidungsdatum

19.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
UVP-G 2000 Anh1 Z20
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs5
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3a Abs1 Z1
UVP-G 2000 §3a Abs3
UVP-G 2000 §3a Abs4
UVP-G 2000 §3a Abs5
UVP-G 2000 §3a Abs6
UVP-G 2000 §39
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W113 2237831-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina DAVID über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung als UVP-Behörde vom 27.10.2020, Zahl 20504-UVP/13/60-2020, betreffend die Feststellung, dass für das Vorhaben "Weiterentwicklung XXXX Chalets" eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen ist, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Das Verfahren betrifft die geringfügige Erweiterung eines Beherbergungsbetriebs in Form eines Hotel-Chaletdorfs.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die Salzburger Landesregierung (im Folgenden: belangte Behörde) gemäß §§ 3 Abs. 7 i.V.m. 39 Abs. 1 und 4 UVP-G 2000 fest, dass für das Vorhaben „Weiterentwicklung XXXX Chalets“ der XXXX (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei, da der Tatbestand in Anhang 1 Z 20 lit. a i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 3a Abs. 1 Z 1, Abs. 3 Z 1, Abs. 5 und 6 UVP-G 2000 nicht erfüllt sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach (in einem erfolgter) Wiedergabe des bisherigen Verfahrens und Feststellung des relevanten Sachverhaltes zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde aufgrund von Orthofotos davon ausgehe, dass sich das verfahrensgegenständliche Vorhaben außerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebiets befinde. Auch habe das Ermittlungsverfahren ergeben, dass das Projekt in keinem Schutzgebiet der Kategorien A oder B gelegen sei, weshalb Anhang 1 Z 20 lit. a UVP-G 2000 zur Anwendung gelange. Mit Bescheiden der BH Zell am See vom 18.11.2016, Zahlen 30602-152/5252/19-2016 und 30602-152/5252/18-2016, seien die baubehördliche und gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Beherbergungsgroßbetriebes als Hotel-Chaletdorf mit insgesamt 448 Betten erteilt worden. Durch Kumulierung der Auswirkungen des verfahrensgegenständlichen Vorhabens mit Auswirkungen anderer bestehender bzw. geplanter gleichartiger Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang sei mit keinen erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt potenziell zu rechnen, mangels Überschreitung einer Kapazitätsausweitung von mindestens 25 % des Schwellenwertes stelle sich diese Frage nun im Übrigen nicht mehr. Durch das Projekt im Umfang von 4,52 ha werde der Schwellenwert nicht erreicht. Hinsichtlich des Betten-Schwellenwertes sei zunächst zu prüfen, ob die zusätzlichen vorgefundenen potentiellen Schlafgelegenheiten (v.a. Ausziehcouchen) als Betten i.S.v. Anhang 1 Z 20 lit. a UVP-G 2000 anzusehen seien, dann nämlich wäre von einer Überschreitung des Schwellenwertes von 500 Betten auszugehen. Unter näherer Begründung kam die belangte Behörde zum Ergebnis, die Sofas und Ausziehcouchen in diesem konkreten Fall nicht als Betten zu berücksichtigen, weshalb von einer Bettenanzahl im Endausbau von 490 Betten auszugehen sei. Hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme sei nach dem Gutachten der bautechnischen Amtssachverständigen in der baubehördlichen Bewilligung (Bescheid vom 18.11.2016, S. 13) ohnehin von einem neu umbauten oberirdischen Raum von 46.240 m² auszugehen, der somit höher sei als die beantragte Flächeninanspruchnahme. Die beantragten zusätzlichen 42 Betten erreichten nicht die gemäß § 3a Abs. 5 UVP-G 2000 erforderliche Kapazitätsausweitung von mindestens 25 % des Schwellenwertes (das wären 125 Betten), auch insgesamt werde der Schwellenwert von 500 Betten nicht erreicht. Eine Kontrolle der Einhaltung der angebotenen Bettenanzahl zu Übernachtungszwecken sei über die Plattform www. XXXX und über die Gemeinde XXXX möglich.

2. Dagegen richtet sich die zulässige Beschwerde der XXXX (in der Folge: beschwerdeführende Partei), die umfassend zur Frage der Anrechnung von Ausziehcouchen als Betten im Sinne des Anhang 1 Z 20 UVP-G 2000 argumentierte.

3. In ihrer als „Gegenschrift“ bezeichneten Eingabe vom 12.01.2021 (OZ 3) argumentierte die mitbeteiligte Partei insbesondere für eine Nichteinberechnung von Ausziehcouchen, da diese nicht buch- oder reservierbar seien.

4. Der mitbeteiligten Partei wurde mit hg. Schriftsatz vom 18.01.2021 aufgetragen, nähere Angaben zur Zuordnung der einzelnen Chalets zu machen sowie darzulegen, wie sich ihr Kontrollsystem zur Verhinderung der Übernachtungen von nicht gemeldeten Gästen und von Überschreitungen der maximal buchbaren Gästeanzahl pro Chalet gestaltet.

5. In Erfüllung dieses Auftrages legte die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 01.02.2021 (OZ 6) die angeforderten Unterlagen vor und führte zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass die nunmehr beantragte Erhöhung der Bettenanzahl nicht durch die mitbeteiligte Partei, sondern die Eigentümer der Chalets initiiert worden sei. Weiters wurde das Kontrollsystem beschrieben und die Kenntnis desselben durch die Betreibergesellschaft mittels Dokumentenvorlage bestätigt.

Angeschlossen waren insbesondere eine Zuordnung der Betten zu den Chalets auf der Grundlage des Gesamtvorhabens von 490 Betten (Anhang 1), interne Kommunikation zwischen der mitbeteiligten Partei und der Muttergesellschaft (Anhang 5) und zwischen der mitbeteiligten Partei und der Betreibergesellschaft (Anhang 12) sowie eine Bestätigung der Marktgemeinde XXXX (Anhang 11).

6. Dieses Schreiben samt Beilagen wurde der beschwerdeführenden Partei mit hg. Schriftsatz vom 02.02.2021 zur Stellungahme übermittelt, auch wurde ersucht, zur Nichterreichung der für die Anwendung von § 3a Abs. 1 Z 1, Abs. 3 Z 1, Abs. 5 und 6 UVP-G 2000 erforderlichen Kapazitätsausweitungen Stellung zu nehmen.

7. Mit Stellungnahme vom 18.02.2021 (OZ 9), ergänzt mit Schreiben vom 25.02.2021 (OZ 10) führte die beschwerdeführende Partei aus, dass eine Umgehung der UVP-Pflicht durch einen Änderungsantrag unter 25 % des Schwellenwertes vorliege, weshalb kein Änderungsantrag, sondern ein UVP-pflichtiges Gesamtvorhaben vorliege. Die Informationslage zu Schlafgelegenheiten sei bisher unübersichtlich und verwirrend, weshalb durch die beschwerdeführende Partei eine tabellarische Aufarbeitung erfolgt sei, weiters würden Verkaufsunterlagen zu den Chalets 1 bis 41 vorgelegt. Das Gesamtvorhaben überschreite den UVP-Schwellenwert, je nach Berechnungsweise würden zwischen 618 und (unter Berücksichtigung aller möglichen Schlafplätze) 725 Betten errichtet. Der Verkaufsfolder bewerbe den Ruheraum vor der Sauna als zusätzlichen Schlafplatz. Damit sei bewiesen, dass die ursprüngliche Planung und der Verkauf der Chalets bereits von Anfang an für das Gesamtvorhaben mit einer Gesamtzahl an nutzbaren Betten über dem Schwellenwert von 500 vorgesehen gewesen sei, was eine Umgehung der UVP-Pflicht darstelle. Eine Überschreitung des UVP-Schwellenwertes könne nicht schlüssig, nachvollziehbar und kontrollierbar hintangehalten werden. So habe sich beim Ortsaugenschein der UVP-Behörde am 10.03.2020 herausgestellt, dass bei einem Umsetzungsstand von 43 aus 63 Chalets bereits 384 Betten errichtet worden seien. Berücksichtige man diese vorgefundene Anzahl an Betten und ergänze die Bettenanzahl für die übrigen 20 Chalets mit den Angaben aus dem Antrag 2021, so ergebe sich auch daraus eine Gesamtzahl von 541 Betten – ohne Berücksichtigung von weiteren 63 in den Verkaufsunterlagen beworbenen Schlafplätzen (sodann 604).

Der Stellungnahme OZ 10 angeschlossen waren eine tabellarische Aufstellung in den Chalets vorhandener Schlafplätze (Anhang 1) und Verkaufsfolder samt Preislisten (Anhang 2).

8. Mit hg. Schriftsatz vom 02.03.2021 wurde die mitbeteiligte Partei aufgefordert, die Original-Kaufverträge und Verkaufsprospekte vor April 2019 samt Preislisten vorzulegen.

9. Mit Schreiben vom 15.03.2021 (OZ 14 bis 17) samt Ergänzung vom 16.03.2021 (OZ 19) kam die mitbeteiligte Partei dieser Aufforderung nach und legte die bereits abgeschlossenen Kaufverträge sowie Verkaufsprospekte samt Preislisten in Kopie vor. Sie führte zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass andere Aussagen, Schriftstücke, Preislisten, Nebenabreden oder Verkaufsprospekte nicht relevant seien. Falsch sei die irreführende und unrichtige Darstellung der Preislisten der Alpenimmobilien, wonach jedes Chalet mit 4 Zusatzbetten ausgestattet sei. Aufgrund der geologischen Bebauungsmöglichkeiten und der Bodenverhältnisse seien die Chalet-Typen anders errichtet worden und sei es zu einer Verschiebung von Betten zwischen den Chalets gekommen, die vorliegenden Bescheide seien jedoch bindend und werde die Gesamtbettenanzahl von 448 Betten eingehalten. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zum Projektumfang bzw. der Umgehungsabsicht seien Vermutungen, Unterstellungen und falsche Berechnungen.

10. Mit hg. Schriftsatz wurde diese Stellungnahme samt Auszügen aus den Kaufverträgen und den vorgelegten Preislisten der beschwerdeführenden Partei übermittelt, eine Frist zur Stellungnahme binnen einer Woche wurde eingeräumt.

11. Mit Schreiben vom 29.03.2021 (OZ 21) brachte die beschwerdeführende Partei zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass die Angaben in der Stellungnahme vom 25.02.2021 dem Beweis dienen würden, dass innerhalb des bewilligten Gebäudebestandes von Beginn an ein UVP-relevantes Potenzial ausgenutzt werden könne, ohne jemals auf Umweltverträglichkeit überprüft worden zu sein. Es folgen allgemeine Ausführungen zu den von der beschwerdeführenden Partei wahrgenommenen Praktiken der Großbeherbergungsbetriebe. Auf das Fehlen einer Definition von „Bett“ im Sinne des UVP-G 2000 werde hingewiesen, auch dürfe eine zu enge Auslegung des Begriffs nicht eine Umgehung der UVP-Pflicht eröffnen. Beantragt werde, den Europäischen Gerichtshof mit dieser Auslegungsfrage (Anhang II Z 12 lit. c UVP-Richtlinie 2011/92) zu befassen.

12. Mit hg. Schriftsatz vom 06.04.2021 wurden der beschwerdeführenden Partei jene Teile der vorgelegten Kaufverträge, die die Maximalbettenanzahl der Chalets enthalten, zur Stellungnahme binnen einer Woche übermittelt.

13. Mit Schreiben vom 15.04.2021 (OZ 24) brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass die mitbeteiligte Partei selbst eingeräumt habe, das Projekt anders als in den zugrundeliegenden Bescheiden errichtet zu haben. Weiters könnten – innerhalb des derzeitigen Konsenses von 448 Betten – die bewilligten Betten den einzelnen Chalets nicht exakt zugeordnet werden. Die Angaben in den Kaufverträgen würden den behördlichen Feststellungen vom 10.03.2020 und dem Antrag vom 02.03.2020 widersprechen. Auf der Grundlage der vorgelegten Kaufvertragsunterlagen seien die Haustypen angepasst worden, es würden sich daraus 753 Schlafplätze ergeben, dies inklusive Ausziehcouchen und Schlafplätze in den Ruheräumen. Zu hinterfragen sei, warum die externen Verkaufsunterlagen Angaben über zusätzliche Betten (Ausziehsofas) enthalten würden, während diese Angaben in den von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Unterlagen fehlten. Aus den vorgelegten Kaufvertragsauszügen sei keine Beschränkung der zulässigen Schlafplätze abzuleiten, da die mitverkauften Betten angeführt seien, aber nicht definiert werde, was unter einem Bett zu verstehen sei. Es lägen nach wie vor keine Beweise vor, dass der UVP-Schwellenwert nicht als überschritten anzusehen wäre.

Dem Schreiben angeschlossen war eine Ergänzung der Tabelle OZ 10 Anhang 1.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheiden der BH Zell am See vom 18.11.2016, Zahlen 30602-152/5252/19-2016 und 30602-152/5252/18-2016, wurden der mitbeteiligten Partei die baubehördliche sowie gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Beherbergungsgroßbetriebes als Hotel-Chaletdorf mit Infrastruktureinrichtungen, als gewerbliche Betriebsanlage mit 448 Betten, bestehend aus 63 Chalet-Einheiten in 60 Einzelgebäuden und einem Infrastrukturgebäude, als zentrale, gastronomische und organisatorische Versorgungsanlage samt der haustechnischen Nebenanlagen (Lüftungs- und Kältetechnik) erteilt. Das Projektsgebiet erstreckt sich über 35.421 m².

1.2. Mit Schriftsätzen vom 04.03.2020 und 03.07.2020 beantragte die mitbeteiligte Partei die Feststellung, dass für die Erweiterung dieses genehmigten Vorhabens um 42 reguläre Betten (somit insgesamt 490 Betten) sowie eine Erweiterung der Flächeninanspruchnahme auf 45.235 m² (für eine Schiübungspiste, eine Zufahrtsstraße und ein notwendiges Retentionsbecken) keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, in einem gab sie bekannt, in den Chalets insgesamt 29 Ausziehcouchen (wieder) aufstellen zu wollen, nachdem diese auf Veranlassung der Bezirksverwaltungsbehörde entfernt wurden.

Die Projektflächen liegen außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete und nicht in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien A oder B gemäß Anhang 2 zum UVP-G 2000.

1.3. Der verfahrensgegenständliche Antrag wurde nicht in der Absicht der Umgehung UVP-rechtlicher Bestimmungen gestellt.

1.4. Das Geschäftsmodell der mitbeteiligten Partei sieht die Vermietung von Chalets vor, wobei sich die Miete an der Dauer der Vermietung, nicht an der Anzahl der eingemieteten Gäste orientiert.

1.5. Die Einhaltung der genehmigten Maximalbelegung der Chalets wird wie folgt kontrolliert:

Es gibt nur die Buchungsmöglichkeit über den einheitlichen Buchungskanal (www.chaletplus.com), eine Überbuchung in zeitlicher und personeller Hinsicht ist daher technisch nicht möglich.

Die buchende Person meldet die Namen der anreisenden Gäste an Chaletplus, diese Informationen werden der Betreibergesellschaft des Chaletdorfs (= Rezeption) zur Verfügung gestellt.

Mittels tagesaktueller Feratel-Schnittstelle werden Anzahl und Namen der Gäste zur Sicherung der Angaben nach dem Salzburger Nächtigungsabgabengesetz (SNAG) und dem Meldegesetz durch die Betreibergesellschaft an die Standortgemeinde gemeldet.

Die Ausgabe der Schlüsselkarten für die gebuchten Chalets erfolgt im Infrastrukturgebäude, dort erfolgt die Überprüfung der Anzahl der angereisten Gäste durch das Hotelpersonal.

Es erfolgt eine laufende Kontrolle auf „blinde Passagiere“, auffallen würden insbesondere die Bestellung von zusätzlichen Matratzen bzw. zusätzlicher All-inclusive-Karten (derzeitiges Sommerangebot, im Preis inkludiert).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den bau- und gewerbebehördlichen Genehmigungen des bisherigen Vorhabens ergeben sich aus den Bescheiden der BH Zell am See vom 18.11.2016, Zahlen 30602-152/5252/19-2016 und 30602-152/5252/18-2016 (Vorakt OZ 27).

Die Feststellung zur Größe des bisherigen Projektgebiets ergibt sich aus den Einreichunterlagen der mitbeteiligten Partei zum verfahrensgegenständlichen Feststellungsantrag (Vorakt OZ 39).

2.2. Die Feststellungen zum Umfang des Erweiterungsvorhabens ergeben sich aus den Schriftsätzen der mitbeteiligten Partei vom 04.03.2020 (Vorakt OZ 39) und 03.07.2020 (Vorakt OZ 51). Aus dem angefochtenen Bescheid ergeben sich folgende Feststellungen: Belegenheit der Projektsflächen außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete (Seite 2 erster Absatz) sowie Nichtbetroffenheit schutzwürdiger Gebiete der Kategorien A oder B (Seite 3 erster Absatz).

2.3. Die Feststellung zur Problematik einer allfälligen Umgehungsabsicht ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

2.3.1. Chronologie der Beantragung von Schlafplätzen

Im Rahmen des raumordnungsrechtlichen Verfahrens der Standortgemeinde legte die mitbeteiligte Partei ihre Pläne für die Errichtung von Appartementhäusern mit bis zu 500 Zimmern dar (Vorakt OZ 1).

Erstmals im Rahmen einer Besprechung mit der belangten Behörde vom 20.04.2016 (Vorakt OZ 8) brachte die mitbeteiligte Partei ihre Pläne für ein Chaletdorf mit 448 Betten vor. Im Zuge dieser Besprechung brachte sie ebenfalls vor, dass man sich von den noch im Raumordnungsverfahren geäußerten Plänen zur Errichtung eines Apartmenthauses mit bis zu 500 Zimmern nunmehr verabschiedet habe, man plane nur mehr 60 Chalets mit insgesamt 63 Einheiten.

Mit Bescheiden vom 18.11.2016 (Vorakt OZ 27) wurde das Vorhaben mit 448 Betten bau- und gewerberechtlich genehmigt.

Erstmals im Februar 2019 trat die mitbeteiligte Partei an die belangte Behörde mit dem noch nicht konkretisierten Willen zur Errichtung von zusätzlichen 250 bis 300 Betten heran (Vorakt OZ 29). Im April 2019 meinte die mitbeteiligte Partei 300 zusätzliche Betten errichten zu wollen, sofern dafür eine Bewilligung erteilt werden würde. Im Jänner 2020 reduzierte die mitbeteiligte Partei ihren Erweiterungswillen auf 44-123 zusätzliche Betten.

Im Feststellungsantrag der mitbeteiligten Partei vom 04.03.2020 schlug sich der Erweiterungswille letztlich mit einer Erhöhung der Bettenanzahl von 448 auf 499 nieder. Dies wurde im Antrag mit dem schlussendlich geringeren Interesse der potentiellen Käufer begründet.

Bei einer behördlichen Begehung am 10.03.2020 (Vorakt OZ 41) wurden 57 zusätzliche Schlafmöglichkeiten vorgefunden. Dem Auftrag der Behörde entsprechend wurden diese Schlafmöglichkeiten in Form von Ausziehcouchen vorerst entfernt, nach Einholung eines im Juni 2020 beauftragten Rechtsgutachtens der Prof. Dr. N. Raschauer und Prof. Dr. Th. Müller vom 08.06.2020 (Vorakt OZ 51) wurden diese wieder aufgestellt.

Mit Schreiben vom 03.07.2020 (Vorakt OZ 51) wurde der Feststellungsantrag auf ein Gesamtvolumen von 490 Betten eingeschränkt, begründend wurde ausgeführt, dass sich die gewünschte Bettenanzahl nunmehr wiederum reduziert habe.

2.3.2. Interne Kommunikation

Mit Schreiben vom 15.09.2017 (OZ 6 Anhang 5) teilte die mitbeteiligte Partei der niederländischen Muttergesellschaft XXXX mit, dass beim Projekt XXXX folgende Vorgehensweisen einzuhalten seien:

1. wie aus dem Genehmigungsverfahren bekannt sei, seien für den Beherbergungsbetrieb 448 Betten genehmigt. Im Rahmen der Vermittlung des Hotel- und Chaletdorfs müsse verbindlich und nachweislich darauf geachtet werden, dass es sich dabei um die Höchstbettenanzahl der Anlage handle und keine Überbuchung möglich sein dürfe, dies betreffe auch die Höchstbettenanzahl je Chalet.

2. Als Bauträger und Projektentwickler müsse es der mitbeteiligten Partei für die Zukunft gestattet sein, Einsicht auf die Buchungswebsite zu erhalten.

3. Alle Beteiligten müssten sich darüber im Klaren sein, dass ein Nichteinhalten der Höchstbettenanzahl rechtliche Konsequenzen mit sich bringe.

Das Schreiben wurde durch die XXXX mit Unterschrift zur Kenntnis genommen.

Mit Schreiben vom 22.10.2017 (OZ 6 Anhang 12) teilte die mitbeteiligte Partei der XXXX in XXXX mit, dass beim Projekt XXXX folgende Vorgehensweisen einzuhalten und die Mitarbeiter diesbezüglich anzuweisen seien:

1. Bei der Anreise, im Zuge des Check-in und der anschließenden Führung durch das jeweilige Haus sei die Anzahl der angereisten Gäste zu kontrollieren.

2. Die Anzahl der Gäste je Haus müsse laufend mit der bei der Buchung genannten Anzahl gegengeprüft werden.

3. Falls wider Erwarten bei der jeweiligen Vorbereitung der Betten im Chalet festgestellt werde, dass hier mehr Personen oder ein „blinder Passagier“ dabei wären, so müsse eine interne Personenkontrolle in Form einer Nachschau im Haus erfolgen.

Das Schreiben wurde durch die XXXX mit Unterschrift zur Kenntnis genommen.

2.3.3. Beweiswürdigung

Die Beantragung von Projekten, die gesetzliche Schwellenwerte nur ganz knapp unterschreiten (hier: gesamt 490 Betten, Schwellenwert 500 Betten), ist differenziert zu betrachten: Einerseits ist es legitim, Projekte so zu planen, dass Kosten für Verwaltungsverfahren (hier: ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000) nicht anfallen. Andererseits kann eine solche Beantragung ein Indiz für eine Umgehungsabsicht sein, weshalb nach der Judikatur des VwGH in diesen Fällen von den Projektwerbern ein wirksames Kontrollsystem vorzulegen ist.

Die angeführte Chronologie der Ereignisse – Planung von Appartementhäusern mit bis zu 500 Zimmern, Reduzierung auf 63 Chalets und 448 Betten, im Jahr 2019 geplante Erhöhung um 300 Betten, sodann Erhöhung um lediglich 51 Betten, zuletzt eingeschränkt auf 42 zusätzliche Betten – legt den Schluss nahe, dass sich die Beantragung an den wirtschaftlichen Gegebenheiten und der Nachfrage von Seiten der Kundschaft bzw. potentiellen Käufer (OZ 6 Beilage 3) orientiert hat. Hätte sie eine Umgehung der UVP-rechtlichen Bestimmungen beabsichtigt, wäre sie mit großer Wahrscheinlichkeit von Anfang an mit einem einheitlichen Projekt an die Behörden herangetreten und wäre es nicht zu unterschiedlichen Absichtserklärungen und Anträgen gekommen.

Eine Umgehungsabsicht ergibt sich nach Meinung des Gerichts auch nicht aus der im Rahmen der behördlichen Begehung vom 10.03.2020 (Vorakt OZ 41) vorgefundenen Anzahl von Schlafplätzen (vermeintlich) jenseits des bau- und gewerberechtlichen Konsenses. Hätte die mitbeteiligte Partei eine Umgehung der UVP-rechtlichen Bestimmungen beabsichtigt, wäre sie der Anrechnung von Ausziehcouchen auf den Schwellenwert des UVP-G 2000 wohl sofort mit (bereits ausgearbeiteten) rechtlichen Überlegungen entgegengetreten, wäre einem Beseitigungsauftrag nicht nachgekommen und hätte nicht erst nach Begehung und Beseitigungsauftrag ein Rechtsgutachten in Auftrag geben müssen. Die mitbeteiligte Partei war offenbar bereits vor Einholung des Rechtsgutachtens N. Raschauer/Th. Müller der Ansicht, dass Ausziehcouchen nicht als Betten im Sinne des Schwellenwertes in Anhang 1 Z 20 lit. b UVP-G 2000 zu werten sind, wodurch eine Umgehungsabsicht ausgeschlossen ist. Zur Auslegung des Bettenbegriffs wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Würdigung dieses Erkenntnisses verwiesen.

Die Chalets bieten im Vergleich zu Hotelzimmern ein großzügigeres Platzangebot, eine flexiblere Nutzung mit größeren Gruppen, die Möglichkeit von Einladungen und bieten insgesamt umfangreichere Nutzungsmöglichkeiten (mitbeteiligte Partei OZ 15 Seite 5 unten, beschwerdeführende Partei OZ 21 Seite 2). Die Aufstellung von Ausziehcouchen ist – ungeachtet des wirtschaftlichen Geschäftsmodells und der rechtlichen Einstufung – als Attraktivierung des Angebots und nicht als Erhöhung der Schlafgelegenheiten bzw. Übernachtungen zu sehen.

Auch die dem Gericht vorliegende interne Kommunikation zwischen der mitbeteiligten Partei und der holländischen Muttergesellschaft aus September und Oktober 2017 (OZ 6 Anhänge 5 und 12) belegt, dass die UVP-rechtlichen Grenzen aufgezeigt und auf die Notwendigkeit eines effektiven Kontrollsystems, auch bezüglich „blinder Passagiere, hingewiesen wurde.

Läge dem Projekt ein Wille zur Umgehung der UVP-Pflicht zu Grunde, so unterstellte man der mitbeteiligten Partei auch den Willen zur Missachtung gewerbe-, bau-, melde- und abgabenrechtlicher Bestimmungen, was entsprechende (verwaltungs)strafrechtliche Konsequenzen nach sich zöge.

Das Geschäftsmodell sieht die Vermietung von Chalets vor, wobei sich die Miete an der Mietdauer, nicht an der Anzahl der eigemieteten Gäste orientiert. Eine Umgehung der Schwellenwerte erscheint auch deshalb unwahrscheinlich, weil dies nicht den wirtschaftlichen Interessen der mitbeteiligten Partei entspricht – der Betrieb ist bei Vermietung aller Chalets ausgelastet, nicht erst bei Belegung aller Betten – jedoch ein hohes verwaltungs(straf)rechtliches Risiko mit sich brächte.

Die beschwerdeführende Partei brachte insbesondere mit Stellungnahmen OZ 10 und 45 vor, dass das Gesamtvorhaben den UVP-Schwellenwert überschreite, brachte jedoch ebenfalls vor, dass auf Basis der derzeit vorliegenden Daten nur mit Annahmen gerechnet werden könne (OZ 10 Seite 2 oben). Die beschwerdeführende Partei hat selbst erkannt, dass der Konsens von 448 Betten nicht auf die einzelnen Chalets exakt verteilt wurde – vielmehr können diese Betten nach dem Willen der mitbeteiligten Partei verteilt werden (OZ 24 Z 2 und 3). Dies wurde auch von der mitbeteiligten Partei eingeräumt (OZ 15 Seite 3 unten), wenngleich für den Vollausbau eine Bindung des Konsenses für die einzelnen Chalets anerkannt wurde (OZ 6 Anhang 5). Daher ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass nach Meinung der beschwerdeführenden Partei jede Überschreitung des auf die Chalets heruntergebrochenen rechtskräftigen bzw. beantragten Konsenses eine Konsensüberschreitung darstellen soll. Richtig ist vielmehr, dass eine Überschreitung des Konsenses erst bei tatsächlicher Errichtung von (bisher 448 und mit Zustellung gegenständlichen Erkenntnisses) mehr als 490 Betten eintritt, und nicht bereits bei Ergänzung der vorhandenen Betten mit den beantragten Betten der noch nicht errichteten Chalets. Die derart vorgenommenen Annahmen, Vermutungen, Hochrechnungen etc. der beschwerdeführenden Partei waren zur Beweiswürdigung nicht geeignet und daher vom Gericht nicht heranzuziehen.

Den Kaufverträgen ist die Maximalbettenanzahl pro Chalet zu entnehmen. Hiebei handelt es sich nicht um die Anzahl an Betten, die der Verkäufer „maximal“ zur Verfügung stellt (OZ 24 Z 5), da die Verträge eine Nutzung durch die Käufer der Chalets nicht vorsehen (OZ 6 S 5, OZ 15 Z 1.1.). Vielmehr ergibt sich daraus die beabsichtigte Belegung im Vollausbau. Vergleicht man die Bettenanzahl laut den bereits abgeschlossenen Kaufverträgen OZ 14 bis 17 (dies sind 418) mit dem vorliegenden Konsens (448, Verteilung gemäß Aufstellung Vorakt OZ 39 Abl. 458) und lässt die noch nicht verkauften Chalets 4, 8, 19 und 20 bei dieser Betrachtung außer Acht, so ergibt sich eine aktuelle Unterschreitung dieses Konsenses um 4 Betten: Eine Überschreitung des Konsenses für Chalet Nr. 3 um 3 Betten und für Chalets Nr. 9, 15, 35, 36, 40 und 41 um jeweils 2 Betten steht einer Unterschreitung des Konsenses für Chalet Nr. 16 um 1 Bett und für Chalets Nr. 17, 23, 29, 43, 45, 46, 49, 53 und 61 um jeweils 2 Betten gegenüber. Dieser Berechnung zu Grunde liegt die Auslegung des Bettenbegriffs in der rechtlichen Würdigung dieses Erkenntnisses. Zu einem ähnlichen Ergebnis, jedenfalls auch zu keiner Überschreitung des bisherigen Konsenses von 448 Betten, kommt die beschwerdeführende Partei bei ihren Berechnungen OZ 24 Z 4.

Zusammenfassend sind somit keine Verdachtsmomente hervorgekommen, die eine Absicht zur Umgehung bzw. Missachtung umwelt-, gewerbe-, bau-, melde- und abgabenrechtlicher Bestimmungen als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH 25.09.2007, 2006/06/0095 - VwSlg 17278 A/2007).

2.4. Die Feststellung zum Geschäftsmodell ergibt sich aus der ins Verfahren eingebrachten Homepage www. XXXX , der beschwerdeführenden Partei war dieses Modell bekannt (OZ 10 Z 3).

2.5. Die Feststellungen zum Kontrollsystem ergeben sich aus der Stellungnahme OZ 6. Die Angaben erschienen dem Gericht und der beschwerdeführenden Partei (OZ 9 Z 3) plausibel, ihnen wurde im Verfahren nicht widersprochen, auch wurde eine Bestätigung der Standortgemeinde zur Feratel-Lösung (OZ 6 Anhang 11) vorgelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und der Beschwerdelegitimation der Umweltanwältin

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Senaten, hiervon ausgenommen sind Verfahren nach § 3 Abs. 7 leg.cit., weshalb das Verfahren von einer Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichts zu entscheiden war.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um die Amtspartei Umweltanwalt (§ 2 Abs. 4 UVP-G 2000), dem gemäß § 3 Abs. 7 8. Satz UVP-G 2000 Parteistellung und das Beschwerderecht an das Bundesverwaltungsgericht zukommt. Die Beschwerdelegitimation ist somit gegeben, die Beschwerde erweist sich auch nicht als verspätet und ist daher zulässig.

Zu A)

3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen

Das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000), BGBl 1993/697, lautet auszugsweise:

„Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. […]

[…]

(5) Bei der Entscheidung im Einzelfall hat die Behörde folgende Kriterien, soweit relevant, zu berücksichtigen:

1. Merkmale des Vorhabens (Größe des Vorhabens, Nutzung der natürlichen Ressourcen, Abfallerzeugung, Umweltverschmutzung und Belästigungen, vorhabensbedingte Anfälligkeit für Risiken schwerer Unfälle und von Naturkatastrophen, einschließlich solcher, die wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge durch den Klimawandel bedingt sind, Risiken für die menschliche Gesundheit),

2. Standort des Vorhabens (ökologische Empfindlichkeit unter Berücksichtigung bestehender oder genehmigter Landnutzung, Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen des Gebietes und seines Untergrunds, Belastbarkeit der Natur, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der in Anhang 2 angeführten Gebiete),

3. Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt (Art, Umfang und räumliche Ausdehnung der Auswirkungen, grenzüberschreitender Charakter der Auswirkungen, Schwere und Komplexität der Auswirkungen, erwarteter Zeitpunkt des Eintretens, Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen, Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen, Möglichkeit, die Auswirkungen wirksam zu vermeiden oder zu vermindern) sowie Veränderung der Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwirklichung des Vorhabens im Vergleich zu der Situation ohne Verwirklichung des Vorhabens.

[…]

(6) […]

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen, im Fall einer Einzelfallprüfung ist hiefür Abs. 8 anzuwenden. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. In der Entscheidung sind nach Durchführung einer Einzelfallprüfung unter Verweis auf die in Abs. 5 angeführten und für das Vorhaben relevanten Kriterien die wesentlichen Gründe für die Entscheidung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist oder nicht, anzugeben. Bei Feststellung, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ist in der Entscheidung auf allfällige seitens des Projektwerbers/der Projektwerberin geplante projektintegrierte Aspekte oder Maßnahmen des Vorhabens, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden oder verhindert werden sollen, Bezug zu nehmen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

[…]

Änderungen

§ 3a. (1) Änderungen von Vorhaben,

1. die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des in Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen; dies gilt nicht für Schwellenwerte in spezifischen Änderungstatbeständen;

2. für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.

(2) […]

(3) Für Änderungen sonstiger in Spalte 2 oder 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen, wenn

1. der in Spalte 2 oder 3 festgelegte Schwellenwert durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder durch die Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder

2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 2 oder 3 kein Schwellenwert festgelegt ist,

und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.

(4) Bei der Feststellung im Einzelfall hat die Behörde die in § 3 Abs. 5 Z 1 bis 3 angeführten Kriterien zu berücksichtigen. § 3 Abs. 7 und 8 sind anzuwenden. Die Einzelfallprüfung gemäß Abs. 1 Z 2, Abs. 2, 3 und 6 entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(5) Soweit nicht eine abweichende Regelung in Anhang 1 getroffen wurde, ist für die Beurteilung der UVP-Pflicht eines Änderungsprojektes gemäß Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 2 und 3 die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen, wobei die beantragte Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25% des Schwellenwertes oder, wenn kein Schwellenwert festgelegt ist, der bisher genehmigten Kapazität erreichen muss.

(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Änderungsvorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des § 3 Abs. 5 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.

(7) Die Genehmigung der Änderung hat auch das bereits genehmigte Vorhaben soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 17 Abs. 1 bis 5 angeführten Interessen erforderlich ist.“

„Anhang 1

[…]

In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP-Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP-Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen.

Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert. Gebiete der Kategorien A, C, D und E sind für die UVP-Pflicht eines Vorhabens jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.

[…]

Z 20

 

a) Beherbergungsbetriebe, wie Hotels oder Feriendörfer, samt Nebeneinrichtungen mit einer Bettenzahl von mindestens 500 Betten oder einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 5 ha, außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete;

b) Beherbergungsbetriebe, wie Hotels oder Feriendörfer, samt Nebeneinrichtungen in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien A oder B mit einer Bettenzahl von mindestens 250 Betten oder einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 2,5 ha, außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete.

Bei Z 20 sind § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei Vorhaben der lit. a andere Vorhaben mit bis zu 25 Betten, bei Vorhaben der lit. b andere Vorhaben mit bis zu 13 Betten unberücksichtigt bleiben.

[…]

Anhang 2

Einteilung der schutzwürdigen Gebiete in folgende Kategorien:

Kategorie

schutzwürdiges Gebiet

Anwendungsbereich

A

besonderes Schutzgebiet

nach der Richtlinie 2009/147/EG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie), ABl. Nr. L 20 vom 26.01.2009 S. 7 zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/17/EU, ABl. Nr. L 158 S. 193, sowie nach der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie), ABl. Nr. L 206 vom 22.7.1992 S. 7, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/17/EU, ABl. Nr. L 158 S. 193, in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Artikel 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannte Schutzgebiete; Bannwälder gemäß § 27 Forstgesetz 1975; bestimmte nach landesrechtlichen Vorschriften als Nationalpark 1) oder durch Verwaltungsakt ausgewiesene, genau abgegrenzte Gebiete im Bereich des Naturschutzes oder durch Verordnung ausgewiesene, gleichartige kleinräumige Schutzgebiete oder ausgewiesene einzigartige Naturgebilde; in der Liste gemäß Artikel 11 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. Nr. 60/1993) eingetragene UNESCO-Welterbestätten

B

Alpinregion

Untergrenze der Alpinregion ist die Grenze des geschlossenen Baumbewuchses, dh. der Beginn der Kampfzone des Waldes (siehe § 2 ForstG 1975)

[…]"

3.3. Auslegung des Begriffs „Betten“ in Anhang 1 Z 20 lit. a UVP-G im Zusammenhang mit der Anrechnung von Ausziehcouchen auf den Schwellenwert von 500 Betten

In einem ersten Schritt gilt es zu klären, wie umfangreich die beantragte Kapazitätsausweitung sein wird, weshalb vorab zu klären war, ob die in einigen Chalets aufgestellten Ausziehcouchen als Betten im Sinne des Anhangs 1 Z 20 lit. a UVP-G 2000 zu werten sind. Das UVP-G 2000 selbst enthält keine Legaldefinition von Bett.

Auch anderen österreichischen bzw. europäischen Rechtsnormen sind zu dieser Auslegungsfrage keine Hinweise zu entnehmen, insbesondere zählt die Richtlinie (EU) 2011/92 (UVP-Richtlinie) in Anhang II Z 12 lit. c lediglich „Feriendörfer und Hotelkomplexe außerhalb von städtischen Gebieten und zugehörige Einrichtungen“ auf, dies ohne nähere Definition (des Bettenbegriffs).

Die Auslegungsfrage wurde bisher weder vom Europäischen Gerichtshof (zu den UVP-Richtlinien (EWG) 1985/337 und (EU) 2011/92) noch von den österreichischen Höchstgerichten beantwortet.

Auch Literatur zu diesem Begriff ist spärlich vorhanden:

Lampert/Schachinger, Beherbergungsbetriebe nach dem UVP-G, ecolex 2015, 612, sprechen sich ohne nähere Begründung für eine Gleichsetzung des Begriffs mit Person/Gast aus, Bergthaler stimmt dem zu (Bergthaler, Ein Bett ist ein Bett, RdU 2015, 91).

Im oben bereits erwähnten Rechtsgutachten von N. Raschauer/Th. Müller wird folgendes Resümee gezogen:

„1. Der Begriff „Bett“ ist im österreichischen Recht nicht legal definiert.

2. Entscheidend ist, dass das in einem Beherbergungsbetrieb permanent für Schlafzwecke von Gästen eingesetzte Bett (aus Sicht des Projektwerbers) als Schlaf- bzw Lagerstatt für Gäste zum Einsatz kommt und eine Schlaffunktion für Gäste erfüllt. Auf bestimmte technische Aspekte ist dabei nicht abzustellen.

3. Beurteilungserheblich sind nur jene Betten, die für Gäste im Voraus buch bzw reservierbar sind.

4. Bloß kurzfristig auf Kundenwunsch beigestellte Beibetten (etwa für Kinder) sind mit Blick auf § 1 Abs 1 UVP-G auszuklammern.

5. Man kann aufgrund des Schrifttums unterstellen, dass der im Anh 1 Ziff 20 Bst a UVP-G verwendete Begriff „Bett“ iS dieser Bestimmung mit „Person/Gast“ gleichzusetzen ist.“

3.3.1. Grammatikalische Interpretation

Der Duden online führt unter dem Eintrag „Bett“ drei Begriffsbedeutungen an:

1. Möbelstück zum Schlafen, Ausruhen

2. Deckbett, Bettdecke

3. Kurzform für Flussbett

(Duden | Bett | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft, abgerufen am 25.02.2021)

Der Eintrag zum Begriff „Bett“ im Duden, Herkunftswörterbuch, 4. Auflage verweist auf das gemeingermanische Wort für Lagerstatt, Schlafstelle.

Der Duden, Synonymwörterbuch, 6. Auflage, bietet folgende Synonyme an:

1. Lagerstätte; (geh): Lagerstatt, Schlafstatt; […]

2. Bettdecke, Deckbett, Federbett, Oberbett, Plumeau, Schlafdecke; (landsch): Überbett, Zudecke.

Ein Bett in der im vorliegenden Fall einschlägigen Begriffsbedeutung ist demnach funktional durch die Möglichkeit des darauf Schlafens bzw. Übernachtens gekennzeichnet. Unter einer Ausziehcouch ist zunächst eine Couch zu verstehen, auf der man bestimmungsgemäß sitzend und liegend verweilen kann und mit Hilfe derer sich durch Auseinanderziehen der Bestandteile eine planebene Fläche schaffen lässt, die so groß ist, dass darauf je nach Größe eine oder mehrere erwachsene Personen darauf liegen können. Eine solche Couch hat unter anderem auch die Funktion eines Bettes, weshalb eine Subsumtion unter den Bettenbegriff grammatikalisch möglich erscheint.

3.3.2. Systematisch-logische Interpretation

Gemäß § 1 Abs. 1 UVP-G 2000 ist es Aufgabe der UVP, mögliche Auswirkungen von Vorhaben auf Menschen, die biologische Vielfalt, Fläche und Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft sowie Sach- und Kulturgüter festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten.

Betrachtet man Anhang 1 Z 20 lit. a UVP-G 2000 vor diesem Hintergrund, ist zunächst festzuhalten, dass die Gäste der bestimmende Faktor der von einem Beherbergungsbetrieb ausgehenden Umweltbeeinträchtigungen sind. Es kann dem Gesetzgeber daher nicht auf die Anzahl der zu errichtenden Betten oder Matratzen ankommen, weil von diesen per se keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgehen. Ziel der fraglichen Bestimmung ist vielmehr eine ungefähre Quantifizierung der Emissionen, die von den Übernachtungsgästen der Beherbergungsbetriebe ausgehen. Wohl vor dem Hintergrund des klassischen Beherbergungsmodells, bei dem jedes Bett auch buchbar ist, bedient sich der Gesetzgeber hier der Messgröße der Bettenanzahl.

Aus dem Zweck der UVP ergibt sich somit nach Ansicht des Gerichts, dass der Begriff Bett in Anhang 1 Z 20 lit. a UVP-G 2000 mit Gast bzw. Übernachtung gleichzusetzen ist.

3.3.3. Auf das Geschäftsmodell der mitbeteiligten Partei umgelegt bedeutet dies Folgendes:

Zur Vermietung gelangen hier fertig eingerichtete Chalets mit einer Höchstanzahl an Gästen, wobei sich die Miete primär an der Mietdauer, nicht an der Anzahl an eingemieteten Gästen orientiert. Das Unternehmen der mitbeteiligten Partei ist bereits bei Vermietung aller Chalets, nicht erst bei Belegung aller vorhandenen Schlafgelegenheiten, voll ausgebucht. In einigen Chalets übersteigt die Anzahl der vorhandenen Schlafplätze (herkömmliche Betten, Stockbetten und Ausziehcouchen) die maximale Anzahl an Gästen. Nachdem bei richtiger Lesart der Bestimmung nicht die Bettenanzahl, sondern die Anzahl der maximalen Übernachtungen zu berücksichtigen ist, ist die maximal buchbare Anzahl der Gäste in den Chalets für den Schwellenwert relevant, nicht jedoch die Anzahl der dort aufgestellten oder aufstellbaren Matratzen, Betten, Lagerstätten, etc.

3.4. Auswirkungen auf die beweiswürdigenden Überlegungen zur Frage des Vorliegens einer Umgehungsabsicht

Die beschwerdeführende Partei brachte im Verfahren vor, dass der UVP-Schwellenwert von 500 Betten bereits (massiv) überschritten worden wäre, und brachte in diesem Zusammenhang auch den Verdacht einer Umgehungsabsicht vor, der sich im Verfahren nicht verhärtete (vgl. Feststellungen und Beweiswürdigung dazu). Einschlägig in diesem Zusammenhang waren insbesondere

die behördliche Überprüfung vom 10.03.2020 (Vorakt OZ 41), bei der Ausziehcouchen beanstandet wurden,

die vorgelegten Verkaufsprospekte samt Preislisten (OZ 10, diese weisen für alle 42 beworbenen Chalets zwischen 2 und 4 zusätzliche Betten in Form von Ausziehcouchen aus),

die tabellarische Aufstellung der nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei auf Grund verschiedener Annahmen (z.B. „Antrag Wunsch 2021“, „Annahme 6+4 Modell 3-Gipfel“, „Wunsch“) vorhandenen Schlafplätze in Form von Betten, Ausziehsofas, Schlafplätzen in Ruheräumen, etc (OZ 10 samt Ergänzung OZ 24) und

ein Handy-Screenshot der Seite XXXX (OZ 9 Seite 2).

Diesem Vorbringen lag nicht der in Punkt 3.3. oben dargelegte Bettenbegriff zu Grunde, weshalb darauf im Rahmen der Beweiswürdigung nicht einzugehen war.

3.5. Zur Beschwerdeabweisung

Das verfahrensgegenständliche Vorhaben betrifft die Erhöhung der Bettenanzahl eines Hotel-Chaletdorfs von 448 um 42 auf 490 buchbare Betten sowie die Erweiterung der Projektsfläche von 35.421 m² auf 45.235 m², somit um 9.814 m². Nach der Erweiterung des Hotel-Chaletdorfs wird eine in räumlicher und betrieblicher Hinsicht einheitliche Anlage vorliegen, weshalb die Erweiterung als Änderungsvorhaben im Sinne des § 3a UVP-G 2000 zu qualifizieren ist.

Die für die Chalets geplanten 29 Ausziehcouchen (als potentielle Doppelbetten und somit 58 zusätzliche Schlafplätze) waren nach der Definition in Punkt 3.3. nicht auf die buchbaren Betten anzurechnen.

Das Vorhaben wird nicht in Gebieten der Kategorien A oder B gemäß Anhang 2 UVP-G 2000 verwirklicht und die Flächeninanspruchnahme erfolgt außerhalb geschlossener Ortschaften, weshalb Anhang 1 Z 20 lit. a (Spalte 2) leg.cit. zu prüfen war.

Anhang 1 Z 20 lit. a UVP-G 2000 nennt zwei Schwellenwerte: 500 Betten und eine Flächeninanspruchnahme von 5 ha. Die Bagatellgrenzen von 25 % dieser Schwellenwerte (§ 3a Abs. 5 und 6 leg. cit.) liegen somit bei 125 Betten bzw. 12.500 m².

Durch das Vorhaben erfolgt eine Kapazitätsausweitung unterhalb dieser Bagatellgrenzen, weshalb die Bestimmungen

- § 3a Abs. 1 Z 1 (dieser verlangt eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100 % der Schwellenwerte, das wären 500 Betten zusätzlich),

- § 3a Abs. 3 Z 1 (dieser verlangt u.a. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 %, das wären 250 Betten zusätzlich),

- § 3a Abs. 5 und 6 UVP-G 2000 (beide verlangen eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25 %, das wären 125 Betten zusätzlich).

wegen Unterschreitung der dort angeführten Schwellenwerte bzw. Bagatellgrenzen nicht zur Anwendung gelangten (vgl. zu Abs. 5 Raschauer/Bergthaler, Kommentar UVP-G³ [2013] § 3a, Rz 18; zu Abs. 6 ebenda, Rz 23), es waren somit weder Summation, Kumulation bzw. eine Einzelfallprüfung durchzuführen noch in der Folge die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung festzustellen.

Selbst unter Berücksichtigung einer von der beschwerdeführenden Partei in ihrer Beschwerde ins Treffen geführten Kapazitätsausweitung von nicht nur 42 Betten, sondern 100 Betten (nämlich 42 Betten + 29 Ausziehcouchen, ergo 58 zusätzliche Schlafplätze), würden die Schwellenwerte iSd UVP-G 2000 unter keinem Tatbestand erfüllt.

Die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei zur Unbegründetheit der Kumulationsprüfung, die von der belangten Behörde bereits 2016 durchgeführt und nun ergänzt worden sei, gehen schon deswegen ins Leere, da die Bagatellschwelle zur Kumulierungsprüfung von 25 % gemäß § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 nicht erreicht wurde.

Im Ergebnis gelangte sohin auch das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass für das geplante Änderungsvorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen war, weshalb mit Abweisung der Beschwerde vorzugehen war.

3.6. Effektives Kontrollsystem

Gemäß der Judikatur des ehemaligen Umweltsenats und des Verwaltungsgerichtshofs ist eine UVP-Pflicht dann nicht anzunehmen, wenn die beantragte Kapazität des Vorhabens zwar (nur sehr knapp) unter dem Schwellenwert des Anhangs 1 liegt, das Projekt aber ein Kontrollsystem enthält, das durch plausible und nachvollziehbare technische Maßnahmen sicherstellt, dass der beantragte Betriebsumfang eingehalten wird und dieser durch die zuständigen Behörden überprüft werden kann (VwGH 08.08.2019, Ra 2018/04/0190; US 31.07.2009, 5A/2009/12-6, 27.11.2008, 4A/2008/11-59; 09.08.2004, 1A/2004/10-6).

Das von der mitbeteiligten Partei vorgelegte Kontrollsystem, im Wesentlichen bestehend aus einer zentralen Buchungsplattform mit Kapazitätskontrolle, der Kontrolle durch die Hotelmitarbeiter (insbesondere im Hinblick auf „blinde Passagiere“, „Besucher“, etc.) und der Einsehbarkeit der aktuellen Gästeanzahl durch die Standortgemeinde erfüllen nach Ansicht des Gerichts die von der Judikatur aufgestellten Erfordernisse an ein effektives Kontrollsystem.

Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund einer auf Grund des Geschäftsmodells aus Sicht des Gerichts geringen Wahrscheinlichkeit der versuchten Überschreitung des Konsenses: Das Geschäftsmodell sieht die Vermietung von Chalets vor, wobei sich die Miete an der Mietdauer, nicht jedoch an der Anzahl der eigemieteten Gäste orientiert. Eine rechtswidrige Erhöhung der Bettenanzahl bzw. der Übernachtungen entspricht nicht den wirtschaftlichen Interessen der mitbeteiligten Partei – der Betrieb ist bei Vermietung aller Chalets ausgelastet, nicht erst bei Belegung aller Betten – bringt jedoch ein hohes verwaltungs(straf)rechtliches Risiko mit sich.

3.7. Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof

Die Richtlinie (EU) 2011/92 („UVP-Richtlinie“) zählt in Anhang II Z 12 lit. c „Feriendörfer und Hotelkomplexe außerhalb von städtischen Gebieten und zugehörige Einrichtungen“ auf, dies ohne Anführung quantifizierbarer Größen, wie z.B. Übernachtungen oder Betten. Eine Vorlage an den EuGH zur Auslegung des Bettenbegriffs erschien daher nicht zielführend.

3.8. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist. Das Beschwerdeverfahren betraf zum einen Rechtsfragen allgemeiner Natur, deren mündliche Erörterung und Diskussion schon aufgrund der zahlreichen und unstrittigen höchstgerichtlichen Judikatur unterbleiben konnte. Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher nach Einsicht in den Verfahrensakt der UVP-Behörde aufgrund des schriftlichen Beschwerdevorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 Grundrechte-Charta bedeutet hätte (VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146, 27.02.2013, 2010/05/0080; 29.06.2017, Ra 2017/04/0040; jeweils mit Hinweisen auf die Judikatur des EGMR). Auch die Sachverhaltsfragen bedurften in diesem Sinn keiner mündlichen Erörterung, da im Hinblick auf das Behördenverfahren keine Änderung eingetreten ist. Eine mündliche Verhandlung wurde auch nicht beantragt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es ist zwar eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden und auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen (Auslegung des Bettenbegriffs in Anhang 1 Z 20 lit. a UVP G 2000), doch ist diese vor dem Hintergrund der ohnehin nicht erreichten Schwellenwerte nicht entscheidungswesentlich.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Auslegung Belästigung Berechnung Gesamtbetrachtung Gutachten Kapazitätsausweitung Kapazitätserweiterung Kontrollsystem Kumulierung Sachverständigengutachten Schwellenwert Umgehungsverbot Umweltauswirkung Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-Pflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W113.2237831.1.00

Im RIS seit

20.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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