TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/23 W122 2228439-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.06.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.06.2021

Norm

AVG §73
B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs7
VwGVG §8

Spruch


W122 2228439-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Thomas STOIBERER, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Davisstraße 7 wegen Säumnis des Personalamtes Salzburg der Österreichischen Post AG, zu Recht:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird dem Personalamt Salzburg der Telekom Austria AG aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichtes binnen acht Wochen ab Zustellung zu erlassen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom 05.12.2018, dass bescheidmäßig festgestellt werden möge, dass

-        die Weisung vom 19.11.2018, dass der Einschreiter ab 19.11.2018 seinen Dienst in der Postfiliale XXXX als Filialleiter zu versehen hätte, trotz mehrmaliger Aufforderung nicht schriftlich ausgestellt worden sei;

-        die Befolgung der Weisung vom 19.11.2018, dass der Einschreiter ab 19.11.2018 seinen Dienst in der Postfiliale XXXX als Filialleiter zu versehen hätte, nicht zu den Dienstpflichten des Einschreiters gehöre und diese Arbeitsplatzzuweisung zu Unrecht erfolgt sei und die subjektiven Rechte des Einschreiters verletze;

-        die Personalmaßnahme der Verwendungsänderung (der Einschreiter werde in der Postfiliale XXXX in PT3 verwendet) unter Einhaltung der Formerfordernisse des § 38 Abs. 7 BDG 1979 mit Bescheid zu verfügen gewesen wäre und damit aufzuheben sei;

-        die Befolgung der Weisung, dass der Einschreiter weiterhin als Personalreserve im PAM verwendet werde und als solcher Springertätigkeiten durchführen müsse, nicht zu seinen Dienstpflichten gehöre und die Arbeitsplatzzuweisung in das PAM zu Unrecht erfolgt sei und der Einschreiter dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt worden sei.

Mit Bescheid vom 11.12.2018 wurde der Beschwerdeführer von Amts wegen gemäß § 40 i.V.m. § 38 BDG 1979 mit Ablauf des XXXX von seiner dauernden Verwendung auf dem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT4, Code 0401, Sachbearbeiter/administrativer Dienst im Postkundenservice – Call Center Linz der Unternehmenszentrale, disloziert in Linz abberufen und mit Wirksamkeit XXXX in den Wirkungsbereich des Personalamtes Linz, mit näher genannten Einsatzort versetzt und dort auf einem näher genannten Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT4 verwendet. Weiters wurde der Beschwerdeführer in sieben Filialen vertretungsweise überwiegend auf Arbeitsplätzen der Verwendungsgruppe PT4 mit näher genannter Bezeichnung sowie auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT5 eingesetzt.

Mit der nunmehr gegenständlichen Säumnisbeschwerde vom 01.07.2019 beantragte der Beschwerdeführer, dass das Bundesverwaltungsgericht über die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge entscheiden möge, da die belangte Behörde durch mehr als sechs Monate keine Entscheidung über dessen Anträge getroffen hätte.

Der Beschwerdeführer machte im Zuge dessen weitere Ausführungen hinsichtlich seiner Verwendungen und Diensteinteilungen.

Mit Schreiben vom 04.02.2020 legte die belangte Behörde die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Dabei führte die belangte Behörde an, dass aufgrund einer Versetzung das Personalamt Linz der Österreichischen Post AG die zuständige Dienstbehörde sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen.

Der Beschwerdeführer hat am 05.12.2018 die bescheidmäßige Erledigung verschiedener Anträge beim Personalamt Salzburg der Österreichischen Post AG beantragt.

Über diese Anträge hat die belangte Behörde nicht entschieden.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt konnte aufgrund von übereinstimmenden Angaben zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde festgestellt werden. Dem Vorbringen, wonach die belangte Behörde über die Anträge des Beschwerdeführers nicht entschieden habe, ist die belangte Behörde nicht entgegengetreten. Sie behauptete lediglich, die Anträge an die zuständige Behörde weitergeleitet zu haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt in Ermangelung einer anderslautenden Spezialnorm Einzelrichterzuständigkeit vor. Es handelt sich im Fall einer bloßen Säumnisbeschwerde nicht um eine Angelegenheit der Versetzung, die in Senatszuständigkeit zu entscheiden gewesen wäre.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der "civil rights" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung, abgesehen werden.

Zu A)

Gemäß § 8 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, einen Bescheid zu erlassen.

Der Beschwerdeführer hat am 05.12.2018 die vier Anträge gestellt, über die die belangte Behörde nicht entschieden hat.

Zwar behauptet die belangte Behörde, dass sie nicht zuständig sei, dies entbindet sie jedoch nicht von einer Entscheidung, die wie sie selbst im Vorlageschreiben angibt, auch durch eine Zurückweisung erfolgen könnte, wodurch eine strittige Zuständigkeit geklärt werden könnte.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 73 Abs. 2 AVG nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern "objektiv" zu verstehen, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (vgl. VwGH 21.09.2007, 2006/05/0145).

In diesem Zusammenhang ist daher festzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt nicht ergibt, dass die Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht war. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher von einer durch die Behörde zu verantwortenden Untätigkeit aus, welche die Kriterien des "überwiegenden Verschuldens" erfüllt. Eine lange krankheitsbedingte Abwesenheit des Sachbearbeiters des Personalamtes Linz begründet nicht ein unüberwindliches Hindernis an der Entscheidung.

Die Säumisbeschwerde ist daher zulässig.

Da die belangte Behörde nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den Bescheid innerhalb der Nachfrist von drei Monaten iSd § 16 VwGVG nachzuholen, sondern die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, ist die Zuständigkeit an das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG kann im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.

Auch wenn das Gesetz keine expliziten Voraussetzungen für die Ausübung dieses Ermessens nennt, ist anzunehmen, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung in erster Linie die Grundsätze der Verfahrensökonomie zu beachten hat (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0023 mwN). Aus verfahrensökonomischer Sicht wird die Erlassung eines "Teilerkenntnisses" vor allem dann in Betracht kommen, wenn neben der Lösung der maßgeblichen Rechtsfragen auch noch der Sachverhalt weiter klärungsbedürftig ist.

Vor diesem Hintergrund macht das Bundesverwaltungsgericht von der Ermächtigung gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG Gebrauch und trägt dem Personalamt Salzburg der Telekom Austria AG auf, den versäumten Bescheid innerhalb von acht Wochen unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung nachzuholen:

Zuständige Dienstbehörde ist jene, der der Beamte zur dauernden Dienstleistung zugewiesen ist. Der relevante Zeitpunkt zur Feststellung der zuständigen Dienstbehörde ist jener der Erlassung des Bescheides. Sollte sich aufgrund einer Aufhebung eines Versetzungsbescheides eine Änderung der personalzuständigen Dienstbehörde ergeben, so ist dies vor der Erlassung des Bescheides zu berücksichtigen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.10.2017, Ra 2016/06/0023 und 28.05.2019, Ra 2018/22/0060 zur Frage des Ermessens des Verwaltungsgerichts hinsichtlich § 28 Abs. 7 VwGVG 2014) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entscheidungspflicht Feststellungsantrag Säumnisbeschwerde überwiegendes Verschulden Weisung Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W122.2228439.1.00

Im RIS seit

20.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten