TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/26 95/01/0481

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Veröffentlicht am 26.02.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs3;
AsylG 1991 §2 Abs4;
AVG §68 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/01/0482

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden 1.) des J S und 2.) des A S, beide in P, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in P, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 29. September 1995, Zlen. 4.347.206/1-III/13/95 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) und 4.347.207/1-III/13/95 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige der

"Jugosl. Föderation", die gemeinsam am 22. Mai 1995 in das Bundesgebiet eingereist sind, haben die Bescheide des Bundesasylamtes jeweils vom 11. August 1995, mit dem ihre am 4. August 1995 gestellten Asylanträge abgewiesen worden waren, mit Berufung bekämpft.

Mit den Bescheiden vom 29. September 1995 wies die belangte Behörde diese Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Der Abweisung der Asylanträge der Beschwerdeführer durch die Behörde erster Instanz lag zugrunde, daß beide Beschwerdeführer bereits am 24. Mai 1995 Asylanträge eingebracht hatten, die mit Bescheiden vom selben Tag, rechtskräftig mit 8. Juni 1995, abgewiesen worden waren, und die Beschwerdeführer keine anderen Umstände geltend machten als jene, mit denen sie ihre (ersten) Asylanträge vom 24. Mai 1995 bereits begründet hatten.

In ihrer Berufung machten sie jeweils lediglich geltend, daß ihnen die Flüchtlingseigenschaft hätte zuerkannt werden müssen. Eine Bestreitung oder Auseinandersetzung mit dem von der Behörde erster Instanz herangezogenen rechtlichen Argument erfolgte nicht.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung der Berufungen der Beschwerdeführer im wesentlichen durch Verweis auf die von ihr als zutreffend erkannten Ausführungen des Bundesasylamtes, die sie zum Inhalt auch der angefochtenen Bescheide erhob. Hinsichtlich der Berufungsausführungen ergänzte die belangte Behörde in beiden angefochtenen Bescheiden wortgleich, die dortigen Ausführungen bezögen sich lediglich auf die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer, jedoch "in keinster Weise" auf die angefochtenen Bescheide (gemeint offenbar die tragende rechtliche Begründung der erstinstanzlichen Bescheide), sodaß auf das "diesbezügliche, scheinbar unmotivierte und in völliger Verkennung der Rechtslage erstattete Vorbringen" der Beschwerdeführer nicht einzugehen gewesen sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach deren Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit machen beide Beschwerden (wortgleich) geltend, die belangte Behörde habe sich ohne nähere Prüfung der Angaben der Beschwerdeführer lediglich auf die Bestimmung des § 2 Abs. 3 AsylG 1991 gestützt, ohne daß die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 4 leg. cit. zur Anwendung komme. Die belangte Behörde habe mit keinem Wort diese Annahme begründet und sich inhaltlich mit den Berufungen überhaupt nicht auseinandergesetzt, sondern stütze sich lediglich formelhaft auf die erstinstanzlichen Bescheide. Auf die Ausführungen zur Flüchtlingseigenschaft sei sie in keiner Weise eingegangen. Die belangte Behörde begründe überhaupt nicht, warum sie zur Annahme komme, daß die oben erwähnte Ausnahmeregelung (gemeint des § 2 Abs. 4 AsylG 1991) auf die Beschwerdeführer nicht zutreffe. Hätte sich die belangte Behörde mit den Ausführungen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt, hätte sie einerseits zum Schluß kommen müssen, daß sehr wohl die Ausnahmeregelung zum Tragen komme, andererseits in materieller Prüfung auch erkennen müssen, daß ihnen Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen gewesen sei. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe keinerlei Erkundigungen darüber eingezogen, ob ihre Vorbringen den Tatsachen entsprächen. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich entweder mit dem UNO-Kriegstribunal in Den Haag "kurzzuschließen" und die Lage im Kosovo abzuklären, es hätte aber auch die österreichische Botschaft in Belgrad über die Zustände in dem Heimatland der Beschwerdeführer befragt werden können. Wäre dies durchgeführt worden, so hätte sich herausgestellt, daß ihre Angaben der Wahrheit und den Tatsachen entsprächen und die Beschwerdeführer bei Rückkehr in den Kosovo begründete Furcht vor Verfolgung bzw. sogar Tötung hätten haben müssen.

Die Beschwerdeführer verkennen neuerlich die von den Verwaltungsbehörden zur Abweisung ihrer Asylanträge herangezogene rechtliche Argumentation.

Den unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Äußerungen ist daher entgegenzuhalten, daß sich diese lediglich auf die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer im Sinn des § 1 Z. 1 AsylG 1991 beziehen, sohin in Anbetracht der aus gänzlich anderen rechtlichen Erwägungen erfolgten Abweisung der Asylanträge ins Leere gehen. Es war darauf daher nicht näher einzugehen.

Zur Inhaltsrüge sind die Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß sie beide im Verwaltungsverfahren lediglich Fluchtgründe geltend gemacht hatten, die aus der Zeit vor Erlassung der ersten abweislichen Bescheide durch das Bundesasylamt jeweils vom 24. Mai 1995 gelegen waren. "Nachfluchtgründe" habe die Beschwerdeführer nach dem Akteninhalt nicht geltend gemacht.

Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG 1991 wird Fremden kein Asyl gewährt, die bereits einen Asylantrag in Österreich gestellt hatten und deren Antrag abgewiesen wurde. Gemäß Abs. 4 leg. cit. findet Abs. 3 auf Fremde keine Anwendung, die nach rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages in ihren Heimatstaat zurückgekehrt sind und einen Asylantrag auf Umstände stützen, die nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind. Der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 3 AsylG 1991 hat also lediglich zur Voraussetzung, daß bereits ein (in Österreich gestellter) Asylantrag abgewiesen wurde. Diese Voraussetzung liegt bei beiden Beschwerdeführern vor.

Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des Abs. 4 leg. cit. ist (auch), daß der zweite Asylantrag auf Grund eines geänderten Sachverhaltes gestellt wird. Dabei ist nebensächlich, aus welchen Gründen sich ein einmal vorgetragener Sachverhalt ändert. Im Hinblick auf das von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen zu ihren Fluchtgründen in Verbindung mit dem Umstand, daß sie auch nicht ansatzweise behauptet haben, nunmehr einen geänderten Sachverhalt zum Gegenstand ihrer (zweiten) Asylanträge machen zu wollen, ist die Behörde erster Instanz und damit auch die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß eine meritorische Prüfung der Fluchtgründe der Beschwerdeführer infolge Vorliegens des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 3 AsylG 1991 nicht mehr zu erfolgen hatte. Weitere Feststellungen waren aber von den Verwaltungsbehörden nicht zu treffen. Die Beschwerdeführer verabsäumen auch in ihren Beschwerden, Umstände geltend zu machen, aus denen sich hätte ergeben können, daß entgegen der Meinung der Verwaltungsbehörden die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 4 AsylG 1991 in ihren Fällen zum Tragen hätte kommen müssen. Insoweit erweisen sich daher beide Beschwerden als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch eine Entscheidung über die Anträge, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Verfahren vor dem VwGH Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995010481.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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