Entscheidungsdatum
28.06.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W214 2239106-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Huberta MAITZ-STRASSNIG und Mag. Claudia KRAL-BAST als Beisitzerinnen über die Säumnisbeschwerde des XXXX wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Datenschutzbehörde hinsichtlich seiner am 19.02.2019 eingebrachten Beschwerde wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung beschlossen:
A)
Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. In seiner an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gerichteten Beschwerde vom 19.02.2019 behauptete der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung.
2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.11.2019, GZ DSB-D124.240/0007-DSB/2019, wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen.
3. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 08.11.2019 um 09:55:05 Uhr per E-Mail an die Adresse XXXX zugestellt.
4. Mit E-Mail vom 02.12.2019 ersuchte der Beschwerdeführer um Bekanntgabe des Verfahrensstandes.
5. Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.12.2019 mit, dass ihm der das Verfahren erster Instanz beendende Bescheid am 08.11.2019 erfolgreich auf seine E-Mail-Adresse zugestellt worden sei und übersandte die Zustellbestätigung.
6. Mit E-Mail vom 13.12.2019 ersuchte der Beschwerdeführer abermals um Bekanntgabe des Verfahrensstandes.
7. Am 16.12.2020 erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Säumnisbeschwerde und brachte vor, dass die belangte Behörde mit der Entscheidung säumig geworden sei.
8. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch, legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Akt des Verwaltungsverfahrens mit Schreiben vom 22.12.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor (eingelangt am 28.01.2021) und gab eine Stellungnahme ab, in welcher sie zusammengefasst ausführte, dass die Beschwerde mangels Berechtigung zur Erhebung zurückzuweisen sei, der Antrag des Beschwerdeführers vom 19.02.2019, die belangte Behörde möge eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 1 DSG feststellen, sei mit Bescheid vom 04.11.2019, GZ DSB-D124.240/0007-DSB/2019 zur Gänze abgewiesen worden, die Zustellung des Bescheides sei im Behördenakt ausgewiesen und sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.12.2019 erneut nachgewiesen worden.
9. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte dem Beschwerdeführer am 30.03.2021 die Stellungnahme der belangten Behörde zur Kenntnis und Abgabe einer Stellungnahme binnen 14 Tagen ab Zustellung.
10. Die Schriftstücke wurden dem Beschwerdeführer am 08.04.2021 persönlich zugestellt, er erstattete jedoch keine Stellungnahme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Ausführungen unter Punkt I. zum Verfahrensgang werden festgestellt.
Damit steht insbesondere fest, dass die belangte Behörde am 04.11.2019 zur GZ DSB-D124.240/0007-DSB/2019 über die Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers vom 19.02.2019 entschieden hat, indem sie diese zur Gänze abgewiesen hat. Der abweisende Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 08.11.2019 um 09:55:05 Uhr per E-Mail an die Adresse XXXX zugestellt, unter welcher der Beschwerdeführer vor und nach Bescheiderlassung mit der belangten Behörde kommunizierte.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Bescheid der belangten Behörde vom 04.11.2019 zur GZ DSB-D124.240/0007-DSB/2019 und der im Akt einliegenden Zustellbestätigung, welche eine Zustellung dieses Bescheides an die E-Mail-Adresse des Beschwerdeführers, XXXX , am 08.11.2019 um 09:55:05 ausweist. Die relevanten Ermittlungsergebnisse und Urkunden liegen in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ein. Der Beschwerdeführer trat dem festgestellten Sachverhalt nicht entgegen, weshalb der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Eine Säumnisbeschwerde ist vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wenn die Prozessvoraussetzungen nicht vorliegen, d.h. dann, wenn dem Beschwerdeführer kein Erledigungsanspruch zukommt oder die Entscheidungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Andernfalls ist sie abzuweisen, wenn die Verwaltungsbehörde die Säumnis nicht überwiegend verschuldet hat (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht [2014], Rz 933).
Der Verwaltungsgerichthof sprach in der Vergangenheit zum Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG (dieser Rechtsbehelf wurde nach der Einführung der „Zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit“ mit 01.01.2014 durch die Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht ersetzt und existiert nur mehr für Fälle, in denen ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird) aus, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Einbringung abzustellen ist. Eine spätere Änderung der Rechtslage hat auf die Beurteilung der Frage, ob die Antragsvoraussetzungen vorliegen und der Antrag zulässig ist, ebenso wenig Einfluss wie eine nachfolgende Änderung der Sachlage (Hengstschläger/Leeb, AVG § 73, Rz 106, mit Judikaturnachweisen). Diese Grundsätze lassen sich auch auf die Säumnisbeschwerde übertragen (vgl. etwa VwGH 27.06.2017, Ro 2017/12/0012: „Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist dabei die Sachlage im Zeitpunkt ihres Einlangens maßgeblich.“).
Wegen der Verletzung der Entscheidungspflicht ist nicht schon zur Säumnisbeschwerde legitimiert, wer bloß vertretbar einen Erledigungsanspruch behauptet, sondern nur, wem ein solcher Anspruch auch objektiv zusteht. Daher muss der konkrete Beschwerdeführer nicht nur Parteistellung haben, sondern durch die behördliche Säumnis bei der Bescheiderlassung in seinen rechtlichen Interessen beeinträchtigt sein, d.h. er muss aufgrund seines Begehrens Anspruch auf Erlassung des betreffenden Bescheides haben (Hengstschläger/Leeb, VwGVG § 8, Rz 5).
Eine durch Antrag begründete Entscheidungspflicht erlischt einerseits durch jede – wenn auch rechtswidrige – materiell-rechtliche behördliche Entscheidung in der Sache (Stattgabe, Abweisung), gleichgültig ob sie (ausschließlich) mündlich verkündet oder schriftlich zugestellt (ausgefolgt) wurde. Andererseits kann sie von der Behörde auch durch eine rein verfahrensrechtliche Erledigung, wie z.B. durch eine Zurückweisung des Begehrens, erfüllt werden, sofern diese in Form eines Bescheides erfolgt (Hengstschläger/Leeb, AVG § 73, Rz 27).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Säumnis der Behörde dann nicht mehr vor, wenn die Behörde ihre Entscheidung vor Einlangen der Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgericht erlassen hat. Dafür reicht es aus, wenn die Entscheidung (zumindest) einer Partei des Verfahrens rechtswirksam zugestellt worden ist. In einem solchen Fall erweist sich die Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG als unzulässig (VwGH 15.03.2017, Ra 2017/04/0024).
3.3. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde am 16.12.2020 sowie des Einlangens beim Bundesverwaltungsgericht am 28.01.2021 bereits eine Entscheidung im mit Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers vom 19.02.2019 eingeleiteten Verwaltungsverfahren mit dem Bescheid vom 04.11.2019 getroffen hatte. Der abweisende Bescheid wurde dem Beschwerdeführer auch nachweislich am 08.11.2019 um 09:55:05 Uhr per E-Mail an die Adresse XXXX zugestellt, unter welcher der Beschwerdeführer vor und nach Bescheiderlassung auch mit der belangten Behörde kommunizierte.
Dadurch, dass schon bei Einbringung der Säumnisbeschwerde eine Erledigung in der Verwaltungssache des Beschwerdeführers vorlag, kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, ihre Entscheidungspflicht verletzt zu haben. Mangels Säumnis der belangten Behörde war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG entfallen, weil die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheiderlassung Entscheidungspflicht Prozessvoraussetzung Säumnisbeschwerde ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W214.2239106.1.00Im RIS seit
09.08.2021Zuletzt aktualisiert am
09.08.2021