TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/19 W137 2186249-2

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Veröffentlicht am 19.04.2021
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Entscheidungsdatum

19.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch


W137 2186249-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb XXXX , StA. Rumänien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2019, Zl. 49369603-190652069, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft von 28.06.2019 bis 04.07.2019 für rechtmäßig erklärt.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1.       Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Rumänien. Er reiste zuletzt spätestens im Februar 2020 nach Österreich ein.

2.       Am 28.06.2019 wurde der Beschwerdeführer beim Verkauf von Zeitungen betreten. Bei der Befragung durch die Behörden des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, im Park zu schlafen und bald nach Rumänien auszureisen.

3.       Am 28.06.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines Festnahmeauftrages vom selben Tag gemäß § 34 Abs 2 Z 2 BFA-VG festgenommen und im Zuge des Parteiengehörs, der Prüfung eines Aufenthaltsstatus, der Prüfung des Sicherungsbedarfs und der Erlassung eines Aufenthaltsverbots niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, gesund und seit zweieinhalb Wochen in Österreich zu sein. Er habe seither abwechselnd bei einem Freund und bei der Caritas genächtigt. Seinen Aufenthalt in Österreich habe er durch den Verkauf von Zeitungen finanziert. Um eine Anmeldebescheinigung habe er sich nicht gekümmert. Er sei ledig und habe zwei Kinder, welche in Moldawien aufhältig seien. Seine Mutter und eine Schwester leben in Rumänien. Er habe ein Familienhaus in Rumänien. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben, zur beabsichtigten Erlassung der Schubhaft Stellung zu nehmen. In diesem Zusammenhang gab er an, Österreich bald zu verlassen. Er habe nichts Schlimmes gemacht.

4.       Mit Bescheid vom 28.06.2019 wurde die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG angeordnet. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfacht angezeigt und rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden sei. Darüber hinaus wurde die Schubhaft mit der weitgehend fehlenden sozialen Verankerung und Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet begründet. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne aufgrund der finanziellen Lage und der mangelnden polizeilichen Meldung nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden „ultima-ratio-Situation“ auch als verhältnismäßig.

5.       Mit Bescheid vom 01.07.2019 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot erlassen.

6.       Am 04.07.2019 wurde der Beschwerdeführer erfolgreich auf dem Landweg nach Rumänien abgeschoben.

7.       Am 23.07.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG (samt Vollmachtsbekanntgabe) ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Gegensatz zur Behauptung im angefochtenen Bescheid nicht strafrechtlich verurteilt, sondern unbescholten sei. Der Beschwerdeführer habe sich im Zuge der behördlichen Amtshandlungen kooperationsbereit gezeigt und bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitgewirkt. Die Behörde gehe auch offensichtlich von einem rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers aus. Es liege keine Fluchtgefahr des Beschwerdeführers vor. Obdachlosigkeit spreche nicht für die mangelnde Greifbarkeit des Beschwerdeführers. Er sei im regelmäßig genutzten Notquartier der Caritas greifbar. Auch das fehlende Reisedokument und die fehlenden Barmittel begründen eine Fluchtgefahr nicht. Die Voraussetzung für die Erlassung eines Einreiseverbots seien nicht vorgelegen. Beantragt werde daher, dass a) eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt werde; b) der angefochtene Bescheid behoben und die Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig erklärt werde; c) ausgesprochen werde, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung nicht vorlägen; d) der belangten Behörde die Kosten aufzuerlegen.

8.       Am 24.07.2019 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Eine Stellungnahme des Bundesamtes wurde nicht abgegeben.

9.       Am 25.07.2019 wurde der Beschwerdeführer bzw dessen rechtsfreundliche Vertretung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (hinsichtlich eines offenkundig überschießenden Beschwerdebegehrens) verständigt und die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen einer Stellungnahme die dargelegten Unstimmigkeiten zu bereinigen und allenfalls das Beschwerdebegehren einzuschränken.

10.      Am 30.07.2019 schränkte der Beschwerdeführer durch seine damalige rechtsfreundliche Vertretung das Beschwerdebegehren wie folgt ein: „[…] es wird u.a. beantragt die Anordnung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft von 28.06.2019 bis 04.07.2019 für rechtswidrig zu erklären […]“.

11.      Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 06.08.2019 den Bescheid betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ersatzlos behoben.

12.      Das Vertretungsverhältnis wurde mit 31.12.2020 aufgelöst; der Beschwerdeführer ist seither unvertreten.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Rumänien. Er verfügt über einen rumänischen Personalausweis.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten. Er ist gesund und nimmt keine Medikamente ein.

Der Beschwerdeführer ist spätestens im Februar 2019 das letzte Mal in das Bundesgebiet eingereist. Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung über keinen aufrechten Wohnsitz. Zuletzt verfügte er lediglich in der Zeit von 09.08.2012 bis 07.12.2012 über eine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verkaufte im Bundesgebiet Zeitungen und versuchte sich so seinen finanziellen Unterhalt zu sichern. Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung verfügte der Beschwerdeführer über rund neun Euro in bar. Der Beschwerdeführer hat in seiner niederschriftlichen Einvernahme ausgeführt, dass er abwechselnd bei einem Freund und in einer Notschlafstelle schlafe. Zuvor hatte er von Nächtigungen im Park gesprochen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über einen eigenen gesicherten Wohnsitz noch über ein existenzsicherndes Vermögen oder Einkommen. Er hatte bei Anordnung der Schubhaft keine Möglichkeiten, umgehend und aus eigenen Mitteln seine Rückkehr nach Rumänien zu organisieren und zu finanzieren. Er ist lediglich eingeschränkt vertrauenswürdig.

In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers. Die Mutter sowie eine Schwester leben in Rumänien. Seine beiden Kinder leben in Moldawien. Der Beschwerdeführer war bei seiner Anhaltung in Schubhaft grundsätzlich gesund sowie jedenfalls arbeits- und haftfähig.

Er wurde vor Einbringung der gegenständlichen Beschwerde nach Rumänien abgeschoben. Eine Beschwerde gegen die Abschiebung wurde nicht eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1.    Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

1.2.    Dass der Beschwerdeführer über einen rumänischen Personalausweis verfügte, ergibt sich aus dessen Angaben in der Niederschrift vom 28.06.2019 und aus dem Verwaltungsakt, in welchem sich eine Kopie des Personalausweises befindet. Bei den Ausführungen in der Beschwerde, wonach „auch das fehlende Reisedokument […] für sich genommen nicht geeignet“ ist, Fluchtgefahr zu begründen, handelt es sich insoweit um eine rechtliche Fehleinschätzung, da der Beschwerdeführer über einen Personalausweis, welcher innerhalb der Europäischen Union als Reisedokument gilt, verfügt.

1.3.    Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme am 28.06.2019 gab der Beschwerdeführer an, über acht bis neun Euro in bar zu verfügen. Weitere finanzielle Mittel kamen im Verfahren nicht hervor. Die Feststellungen rund um seinen Gesundheitszustand und der mangelnden Meldung ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme sowie aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei seiner Festnahme am 28.06.2019 den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gegenüber angab, dass er im Park schlafe, wohingegen er bei der niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag vor der belangten Behörde ausführte, dass er abwechselnd bei einem Freund und in einer Notschlafstelle schlafe. Aufgrund seiner sich widersprechenden Angaben konnte dem Beschwerdeführer keine volle Vertrauenswürdigkeit attestiert werden.

1.4.    Das Fehlen substantieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlange und den authentischen Angaben des Beschwerdeführers. Auch in der Beschwerde wurden keine entgegenstehenden Behauptungen aufgestellt. Er gab selbst an, dass seine Mutter und eine Schwester in Rumänien und seine beiden Kinder in Moldawien leben.

1.5.    Dass der Beschwerdeführer gesund war, ergibt sich aus dessen diesbezüglicher Aussage in der Niederschrift vom 28.06.2019 und sind auch keine gesundheitlichen Beschwerden im Verfahren hervorgekommen. Aus dem Dargestellten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung und während dieser haftfähig war und wurde dies auch nicht angezweifelt.

1.6.    Die Feststellung betreffend die fehlenden Vorstrafen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem rezenten Strafregisterauszug. Die erfolgte Abschiebung ist aus der Aktenlage ersichtlich. Eine Beschwerde gegen die Abschiebung wurde beim Bundesverwaltungsgericht nicht eingebracht, was in der gerichtsinternen Verfahrensadministration ersichtlich ist.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, in der damals gültigen Fassung, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die „Fluchtgefahr“ ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert.

3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit dem bis dato unbekannten Aufenthalt sowie dem Fehlen substanzieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG.

Der Beschwerdeführer ist spätestens im Juni 2019 erneut in das Bundesgebiet eingereist. Er verfügte, abgesehen von den Meldungen in Polizeianhaltezentren, nie über eine Meldeadresse, war jedoch im Jahr 2012 für vier Monate obdachlos gemeldet. Obwohl ihm seine Verpflichtungen nach dem Meldegesetz aus seinen Vorverfahren bekannt waren, verfügte er zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung, zu welchem er zumindest seit rund zweieinhalb Wochen wieder im Bundesgebiet aufhältig war, über keine aufrechte Meldung. Es ist zwar unstrittig, dass der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde angegeben hat, dass er abwechselnd bei einem Freund und in einer Notschlafstelle nächtigt und auch eine Adresse angegeben hat, doch ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer am selben Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angegeben hat, dass er im Park schlafe. Durch seine widersprüchlichen Angaben beschädigte er seine Vertrauenswürdigkeit selbst und konnte nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich greifbar sein wird. Es wird zwar nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer bei der niederschriftlichen Einvernahme die Adresse des Freundes, bei welchem er genächtigt habe, genannt hat, doch handelte es sich dabei um eine unvollständige Adresse und bleibt in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, dass in der Beschwerde nicht mehr behauptet wurde, dass der Beschwerdeführer an dieser Adresse für die Behörden greifbar gewesen wäre.

Dem in diesem Zusammenhang stehenden Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Behörde das Wissen um den Aufenthalt des Beschwerdeführers in einer bestimmten Obdachloseneinrichtung berücksichtigen hätte müssen, sind die Umstände der jeweiligen Einzelfälle entgegenzuhalten. Im Fall, auf welchen in der Beschwerde verwiesen wird, war den Behörden bekannt, wo sich der Beschwerdeführer aufhält und wo er verkehrt – dies auch über einen längeren Zeitraum hinweg. Davon kann im gegenständlichen Fall jedoch überhaupt nicht gesprochen werden, zumal der Beschwerdeführer einerseits vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angegeben hat, dass er im Park schlafe und andererseits vor der belangten Behörde angab, nur abwechselnd mit einer anderen Schlafstelle in der Notunterkunft zu nächtigen.

Dem Vorbringen in der Beschwerde wonach dem Beschwerdeführer nicht ermöglich wurde, freiwillig auszureisen, ist Folgendes entgegenzuhalten. Es ist zwar unstrittig, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde angab, dass er ausreisen wolle. Auch vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte er bereits aus, dass er bald nach Rumänien zurückkehren wolle. Es wird in der Beschwerde allerdings nicht dargelegt, wie der zum relevanten Zeitpunkt faktisch mittellose Beschwerdeführer diese Ausreise selbständig hätte bewerkstelligen sollen.

Seine Vertrauenswürdigkeit beschädigte der Beschwerdeführer darüber hinaus dadurch, dass er, als er beim (versuchten) Verkauf von Zeitungen von der Polizei betreten wurde, versuchte zu flüchten. Weshalb die Behörde darauf vertrauen hätte können, dass der Beschwerdeführer tatsächlich ausreist, wenn er zuvor bereits ein Verhalten gesetzt hat, welches die Vertrauenswürdigkeit schmälerte und bei dem er sich einem behördlichen Zugriff durch flucht entziehen wollte, konnte in der Beschwerde nicht dargelegt werden.

3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid im Kern auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder über substanzielle soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet noch über ausreichend Existenzmittel verfügt. Insbesondere verfügte der Beschwerdeführer über keine gesicherte Unterkunft und über keine familiären Anknüpfungspunkte. Auch in der Beschwerde wir dem nicht substantiiert entgegengetreten. Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben, dass seine Familienangehörigen in Rumänien und Moldawien leben. Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine solchen substantiellen Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur geplanten Abschiebung den Behörden nicht entziehen werde.

3.4. In der Beschwerde wird richtigerweise aufgegriffen, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, die belangte Behörde fälschlicherweise jedoch feststellte, dass er rechtskräftig verurteilt sei. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt, dass die Behörde eine strafrechtliche Verurteilung der rechtlichen Begründung nicht zugrunde gelegt hat, sondern sich ausschließlich auf die verwaltungsrechtlichen Übertretungen gestützt hat. Die diesbezüglichen Feststellungen der Behörde sind jedenfalls aktenwidrig. Dies allein belastet den Bescheid aber nicht mit Rechtswidrigkeit, zumal eine allfällige Straffälligkeit für die Frage der Fluchtgefahr ohnehin nicht relevant ist.

Die Behörde berücksichtigt aber richtigerweise die zahlreichen verwaltungsrechtlichen Übertretungen des Beschwerdeführers bei der Frage der Verhältnismäßigkeit und der öffentlichen Interessen.

3.5. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt im Ergebnis zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.

3.6. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Auf Grund dieser Umstände und der (wenn auch vergleichsweise gering ausgeprägten) Fluchtgefahr, überwogen daher – wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und ist diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.

3.7. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen zudem davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Rumänien nicht nur in zumutbarer, sondern sogar binnen relativ kurzer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war tatsächlich und innerhalb kurzer Zeit zu rechnen. Abschiebungen nach Rumänien fanden regelmäßig statt; der Beschwerdeführer verfügte über einen rumänischen Personalausweis. Die damals absehbare Anhaltedauer betrug auch nur wenige Tage – konkret wurde der Beschwerdeführer bereits am 04.07.2019 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben. Die Beschwerdeerfolgte erst fast drei Wochen nach der Abschiebung. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

3.8. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem in seinem Erkenntnis vom 11.03.2021, Ra 2020/21/0274-12, festgehalten, dass die spätere Aufhebung einer Rückkehrentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht eine auf sie bezogene Schubhaft nicht allein dadurch rechtswidrig werden lässt. Vielmehr ist die Rechtmäßigkeit „aus damaliger Sicht“ (zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung) zu prüfen. Eine Relevanz der späteren Aufhebung eines Aufenthaltsverbots ist daher nicht gegeben.

3.9. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Durch Einträge in öffentlichen Registern (ZMR, Strafregister, etc.) belegte oder widerlegte Tatsachen beziehungsweise Sachverhaltselemente bedürfen ebenfalls keiner mündlichen Erörterung.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

5. Kostenersatz

5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

5.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hätte als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Sie hat einen solchen aber nicht beantragt. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Diese Umstände sind im gegenständlichen Verfahren nicht gegeben. Insbesondere besteht zu den aufgeworfenen Rechtsfragen eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Fluchtgefahr gelinderes Mittel Kostenersatz Meldepflicht Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit Wohnsitz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2186249.2.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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