TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/6 W180 2241976-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2021
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Entscheidungsdatum

06.05.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs1
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z3
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1

Spruch


W180 2241976-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2021, Zl. XXXX , sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 16.04.2021 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-III-Verordnung iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger der Republik Algerien, stellte am 28.09.2020 in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz. Er reiste, ohne das Verfahren dort abzuwarten, noch im Jahr 2020 unrechtmäßig ohne Reisedokumente in das österreichische Bundesgebiet ein.

2. Der BF beging in Österreich strafbare Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz. Er wurde am 08.12.2020 nach einer Observation verhaftet und es wurde über ihn am 11.12.2020 die Untersuchungshaft verhängt. Als Geburtsdatum gab der BF den XXXX an.

3. Am 18.12.2020 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt oder BFA), welches von der Verhaftung des BF seitens der Justiz verständigt worden war, der Magistratsabteilung XXXX der Stadt XXXX als Vertreterin des BF ein Parteiengehör zur beabsichtigten weiteren Vorgangsweise – Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot, in eventu Erlassung eines ordentlichen Schubhaftbescheides – und ersuchte um Beantwortung eines konkreten Fragenkataloges. Die genannte Magistratsabteilung ersuchte um Fristerstreckung zur Durchführung von Recherchen und antwortete auf das Schreiben in der Folge dahingehend, dass es sich nach Auskunft der Jugendgerichtshilfe bei dem BF um keinen Minderjährigen handle und er auch in der Justizanstalt als Erwachsener geführt werde, weshalb die Magistratsabteilung vorbehaltlich neuer Beweise davon ausgehe, dass es sich bei dem BF um einen Erwachsenen handle und keine Zuständigkeit der Magistratsabteilung XXXX vorliege. Der übermittelte Fragenkatalog wurde nicht beantwortet.

4. Mit rechtskräftigem Urteil vom 10.03.2021 wurde der BF von einem Landesgericht wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 4 Z 2 SMG, des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 3 SMG, des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei 12 Monate unter Setzung einer Probefrist von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.

5. Das Bundesamt wurde von der Übernahme des BF von der Untersuchungshaft in die Strafhaft per 10.03.2021 mit Verständigung vom 12.03.2021 seitens der Justizanstalt XXXX informiert, die Verständigung wurde dem Bundesamt mit E-Mail vom selben Tag übermittelt. Mit weiterer Verständigung vom selben Tag wurde als voraussichtlicher Entlassungstermin des BF von der Justizanstalt dem Bundesamt der 07.06.2021 (Strafende) bekanntgegeben.

Die Verständigung des Landesgerichts von der rechtskräftigen Entscheidung gegen den BF langte gemeinsam mit einer Kopie des Urteils am 07.04.2021 beim Bundesamt ein.

6. Das Bundesamt traf am 13.04.2021 gegen den BF eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot.

7. Mit Beschluss vom 14.04.2021 bewilligte das Landesgericht für Strafsachen über Antrag des BF dessen bedingte Entlassung aus der Strafhaft gemäß § 46 StGB und nach mehr als zwei Dritteln seiner Strafzeit. Der BF wurde in der Folge am 15.04.2021 aus der Strafhaft entlassen, auf Grund eines Festnahmeauftrages des Bundesamtes vom 10.12.2020 festgenommen und diesem vorgeführt. Von der Entlassung des BF aus der Strafhaft war das Bundesamt zuvor nicht von der Justiz unterrichtet worden.

8. Zufolge der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 15.04.2021 wurde der Bescheid des Bundesamtes vom 13.04.2021 dem BF nicht wie vom Bundesamt intendiert in der Strafhaft zugestellt.

9. Der BF wurde am 15.04.2021 von einem Organ des Bundesamtes zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft niederschriftliche einvernommen. Nachdem der BF im Zuge der Befragung angegeben hatte, in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt zu haben, wurde die Einvernahme unterbrochen und der BF einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen. Ein Fingerabdruckabgleich ergab einen Eurodac-Treffer in der Schweiz. Die Einvernahme des BF wurde daraufhin fortgesetzt.

10. Am 16.04.2021 wurde der BF zur Zustellung der Rückkehrentscheidung vom 13.04.2021 befragt; er gab an, dass er den Bescheid nicht erhalten habe. Die Justizanstalt XXXX bestätigte dem Bundesamt, dass der Bescheid auf Grund der Haftentlassung des BF nicht zugestellt worden sei. Der Bescheid vom 13.04.2021 betreffend die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot wurde somit nicht erlassen.

11. Mit Bescheid vom 16.04.2021 wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-III-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet. Der BF wird seit diesem Zeitpunkt in Schubhaft angehalten.

12. Gegen diesen Bescheid erhob der BF die vorliegende Beschwerde, datiert mit 28.04.2021 und bei Gericht eingelangt am 29.04.2021, und führte im Wesenlichen aus, dass der Bescheid auf Grund des Vorliegens eines Dublin-Sachverhaltes auf § 76 Abs. 2 Z 3 FPG gestützt sei, dieser jedoch rechtswidrig sei, da der BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 67 FPG darstelle. Zudem sei der Bescheid rechtswidrig, da die Behörde kein ordentliches Ermittlungsverfahren gemäß § 56 AVG durchgeführt habe und bis zum 16.04.2021 vom Bestehen einer Rückkehrentscheidung ausgegangen sei. Ferner habe die Behörde nicht die Verpflichtung erfüllt, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken. Der BF sei in Strafhaft angehalten worden, die Behörde habe aber erst nach seiner Entlassung aus der Strafhaft Konsultationen mit der Schweiz eingeleitet. Gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG sei das Bundesamt über den Antritt und die Entlassung aus der Strafhaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu informieren, weshalb im vorliegenden Fall davon auszugehen sei, dass die belangte Behörde zeitnah über das voraussichtliche Strafende Kenntnis erlangt habe. Schließlich seien Fluchtgefahr und der Ausschluss gelinderer Mittel im Bescheid nicht ausreichend begründet worden. In „Dublin-Fällen“ sei das Bestehen „einfacher“ Fluchtgefahr nicht ausreichend, vielmehr sei eine „erhebliche“ Fluchtgefahr erforderlich, die Behörde habe aber nicht dargelegt, aus welchem Verhalten des BF eine erhebliche Fluchtgefahr abzuleiten sei. Bei der Prüfung gelinderer Mittel sei der Behörde vorzuwerfen, den konkreten Sachverhalt nicht berücksichtigt zu haben. Die Ausführungen in diesem Zusammenhang seien allgemein gehalten und würden nicht erkennbar auf den konkreten Sachverhalt eingehen. Gegen den BF sei bislang kein gelinderes Mittel angeordnet worden. Er sei kooperativ und wolle bei der Ausreise in die Schweiz mitwirken. Die Anordnung einer periodischen Meldeverpflichtung oder eine angeordnete Unterkunftnahme wäre zur Sicherung der Abschiebung ausreichend gewesen. Für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtige, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts – insbesondere zur Gefährdungsprognose – beantragt. Desweiteren wurde beantragt, a) den Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei, b) im Rahmen einer Habeas-Corpus-Prüfung auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen und c) der Behörde den Ersatz der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF als Partei aufzukommen hat, einschließlich der Eingabegebühr, aufzuerlegen.

13. Das Bundesamt legte am 29.04.2021 den Verfahrensakt vor und gab eine Stellungnahme zur Beschwerde ab. Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde sowie die Verpflichtung des BF zum Ersatz des Vorlageaufwandes und des Schriftsatzaufwandes der Behörde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zur Person des BF und zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Schubhaft:

1.1. Der BF ist ein volljähriger Staatsangehöriger Algeriens. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Seine Identität steht nicht fest. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.2. Die BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.3. Der BF wird seit 16.04.2021 in Schubhaft angehalten.

1.4. Der BF stellte am 28.09.2020 in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz, entzog sich aber dem Verfahren und reiste nach Österreich weiter.

1.5. Am Tag der Schubhaftverhängung wurde vom Bundesamt betreffend den BF ein Konsultationsverfahren mit der Schweiz und ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung eingeleitet.

1.6. Seitens der Schweiz wurde mit Schreiben des Staatssekretariats für Migration SEM vom 19.04.2021 dem österreichischen Ersuchen um Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit c Dublin-III-VO zugestimmt.

1.7. Das Bundesamt erteilte dem BF mit Bescheid vom 22.04.2021 keine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG, ordnete gemäß § 61 Abs. 1. Z 2 FPG die Außerlandesbringung des BF an und sprach aus, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des BF in die Schweiz zulässig sei. Der Bescheid wurde dem BF am selben Tag zugestellt. Die Anordnung der Außerlandesbringung ist zufolge § 16 Abs. 1 BFA-VG zum Zeitpunkt der gegenwärtigen Entscheidung durchsetzbar, gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG aber nicht durchführbar, da die Rechtsmittelfrist noch offen ist. Eine Beschwerde gegen die Anordnung der Außerlandesbringung liegt dem Bundesverwaltungsgericht zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht vor.

1.8. Eine Überstellung des BF in die Schweiz innerhalb der Fristen des Art. 28 Dublin-III-VO ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt möglich und realistisch.

2. Zur Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:

2.1. Der BF stellte in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz, entzog sich aber dem Verfahren und reiste nach Österreich weiter.

2.2. Der BF reiste ohne Reisedokumente und damit unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein.

2.3. Der BF hat sich in Österreich nie gemeldet, er hielt sich im Verborgenen auf.

2.4. Der BF wurde in Österreich entweder überhaupt sofort oder jedenfalls bereits nach kurzer Zeit gravierend straffällig.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom 10.03.2021 wurde der BF – nach einem gegen ihn und drei weitere Angeklagte geführten Verfahren – wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 4 Z 2 SMG, des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 3 SMG, des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 6 Monate unbedingt, verurteilt.

Der Verurteilung nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 4 Z 2 SMG liegt zu Grunde, dass der BF als Mitglied einer kriminellen Vereinigung Suchtgift, nämlich Cannabiskraut sowie Cannabisharz in einer nicht mehr feststellbaren Menge ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 08.12.2020 einer im Urteil genannten Person überlassen hat.

Der Verurteilung nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 3 SMG liegen die Taten zu Grunde, dass der BF jeweils in bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter im Rahmen einer kriminellen Vereinigung a) von einem nicht mehr festbaren Zeitpunkt 2020 bis zum 03.12.2020 in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 616,7 g Cannabiskraut und 82 g Cannabisharz, mit im Urteil näher genannten enthaltenen Anteilen an THCA und Delta-9-THC, sowie 17 Stück Ecstasy Tabletten, und b) von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt 2020 bis zum 08.12.2020 in einer wiederum die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich Cannabiskraut und Cannabisharz enthaltend 198,2 g THCA und 15,11 g Delta-9-THC, mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, erworben und besessen hat.

Der Verurteilung nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB legte das Strafgericht die Tat zu Grunde, dass der BF am 08.12.2020 einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme, zu hindern versuchte, indem er den Beamten in die rechte Gesichtshälfte schlug und zu flüchten versuchte sowie sich mit Körperkraft gegen die Anlegung der Handfesseln wehrte.

Der Verurteilung des BF wegen Körperverletzung erfolgte wegen der vorsätzlichen Verletzung eines Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben, nämlich der Festnahme des BF am 08.12.2020, in Form einer Prellung und Bindehautverletzung des rechten Auges.

Das Landesgericht wertete im Falle des BF als strafmildernd seine Unbescholtenheit in Österreich, das Alter unter 21 Jahren, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, die Sicherstellung des Suchtgifts und das teilweise Geständnis; als erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen und die Tatwiederholung.

Der beim BF bei seiner Verhaftung sichergestellte Betrag von € 1.975,00 wurde für verfallen erklärt. Begründend führte das Landesgericht dazu und zu weiteren bei den Mitangeklagten sichergestellten Beträgen aus, dass auf Grund des Umstandes, dass die Angeklagten in Österreich ohne Einkommen waren, davon auszugehen sei, dass das sichergestellte Bargeld aus dem Suchtgifthandel stamme. Das Strafgericht hielt in seinen Entscheidungsgründen auch fest, dass die Angeklagten über unterschiedliche Länder, darunter auch die Schweiz, nach Europa kamen, um für eine nordafrikanische Tätergruppe Suchtgift zu verkaufen. Die Angeklagten hätten nicht beabsichtigt, auf legalem Wege in Österreich Geld zu verdienen, sondern sie kamen nach Österreich um Suchtgift im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu verkaufen.

3. Zur familiären/sozialen/beruflichen Komponente:

3.1. Der BF ging in Österreich vor seiner Verhaltung keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz und keine ausreichenden Existenzmittel.

3.2. Ein Bruder des BF befindet sich in Österreich. Dieser gewährte dem BF Unterkunft, ohne ihn zu melden. Weitere familiäre Beziehungen in Österreich bestehen nicht.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt des Bundesamtes und dem Gerichtsakt. Einsicht genommen wurde in das Zentrale Melderegister, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Grundversorgungs-Informationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zur Person des BF und zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Schubhaft:

1.1. Mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente steht die Identität des BF nicht fest. Bei der im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Identität handelt es sich um eine bloße Verfahrensidentität. Der BF nannte gegenüber dem Bundesamt und dem Landesgericht für Strafsachen den im Spruch angeführten Namen und Staatsangehörigkeit sowie als Geburtsdatum XXXX . Wie sich aus der Zustimmung des Staatssekretariats für Migration SEM vom 19.04.2021 zum Wiederaufnahmeersuchen ergibt, wird der BF in der Schweiz (auch) unter diesem Namen, Staatsangehörigkeit und Geburtsdatum geführt. Das Landesgericht für Strafsachen hielt auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes des BF das genannte Geburtsdatum jedoch für unglaubwürdig und ging davon aus, dass der BF jedenfalls vor dem XXXX geboren wurde. Der BF wurde vom Strafgericht als junger Erwachsener und nicht als Jugendlicher verurteilt; gegen das Urteil wurde vom BF kein Rechtmittel erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit Blick auf die erkennungsdienstlichen Fotos im Akt die Beurteilung des Landesgerichts und übernimmt das vom Bundesamt zu Identifizierungszwecken verwendete Geburtsdatum XXXX sowie das vom BF genannte Datum XXXX als Aliasangabe in die Verfahrensidentität. Die Volljährigkeit des BF zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ergibt sich auch unter Zugrundelegung des von ihm angegebenen Geburtsdatums. Dafür, dass der BF zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung am 16.04.2021 bereits volljährig war, sprechen die oben angeführten Überlegungen, im Übrigen wurde diese Frage in der Beschwerde nicht releviert, sondern das vom Bundesamt verwendete Geburtsdatum XXXX übernommen. Hinweise, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, haben sich im Verfahren nicht ergeben, weshalb die entsprechende Feststellung zu treffen war.

1.2. Es haben sich weder aus dem Verwaltungsakt noch aus der Anhaltedatei Hinweise ergeben, dass der BF an einer die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigung leiden würde. Gegenteiliges wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

1.3. Die Anhaltung des BF in Schubhaft seit 16.04.2021 ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

1.4. Dass der BF in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hat, ergibt sich aus seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 15.04.2021 sowie aus der von der Behörde veranlassten Eurodac-Abfrage und wird durch das Zustimmungsschreiben des Staatssekretariats für Migration SEM vom 19.04.2021 nochmals bestätigt. Dass der BF das Verfahren in der Schweiz nicht abgewartet hat, bestätigte er mit seiner Angabe in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 15.04.2021, wonach er nicht wisse, ob sein Antrag abgelehnt worden sei oder nicht.

1.5. Die Feststellung, dass das Konsultationsverfahrens mit der Schweiz am Tag der Schubhaftverhängung am 16.04.2021 eingeleitet wurde, stützt das Gericht auf die diesbezügliche Angabe im Schubhaftbescheid. Nachdem die Antwort der Schweiz bereits am 19.04.2021 erfolgte, ist dies auch glaubhaft.

1.6. Die Zustimmung der Schweiz zum Wiederaufnahmeersuchen ergibt sich aus dem genannten Schreiben des Staatssekretariats für Migration im Verwaltungsakt.

1.7. Die Feststellungen zur Anordnung zur Außerlandesbringung des BF vom 22.04.2021 ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Bescheid und dem im Akt befindlichen Zustellnachweis. Dass zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung dem Bundesverwaltungsgericht keine Beschwerde gegen den genannten Bescheid vorliegt, ergibt sich aus einer Nachschau in der Verfahrensadministration des Bundeverwaltungsgerichts.

1.8. Gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 Dublin-III-VO hat eine Überstellung u.a. innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt zu erfolgen, ab dem der Rechtsbehelf gegen die Überstellungsentscheidung oder die Überprüfung gemäß Art. 27 Abs. 3 leg.cit. keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Im Falle des BF beginnt diese Frist entweder mit Ablauf der Beschwerdefrist ohne Rechtsmittelerhebung oder im Falle, dass ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 22.04.2021 erhoben wird, mit Ablauf der Überprüfungsfrist von sieben Tagen ab Einlagen der Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht. Die Feststellung, dass eine Überstellung des BF innerhalb der dann beginnenden sechswöchigen Frist realistisch erwartet werden kann, stützt das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass für die Überstellung nur ein kurzer Vorlauf vorgesehen ist (Bekanntgabe der Daten im DubiNet drei Arbeitstage vor Überstellung), zum anderen ist es gerichtsbekannt, dass Flüge von Österreich nach Zürich – trotz der nach wie vor gegebenen Corona-Situation – derzeit stattfinden. Eine Überstellung innerhalb dieser Frist ist daher realistisch zu erwarten.

2. Zu Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:

2.1. Es wird auf Pkt. 1.4. verwiesen.

2.2. Dass der BF ohne Reisdokumente nach Österreich eingereist ist, wird auch in der Beschwerde als zutreffend eingeräumt.

2.3. Die Feststellung, dass der BF vor seiner Verhaftung und Anhaltung in Justizhaft in Österreich nicht gemeldet war, stützt sich auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.4. Die Feststellung zur Verurteilung des BF ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteil vom 10.03.2021.

3. Zur familiären/sozialen/beruflichen Komponente:

3.1. Hinweise auf eine legale Erwerbstätigkeit des BF in Österreich liegen nicht vor und einer solchen stünde auch entgegen, dass der BF über keine entsprechende, einer Erwerbstätigkeit erlaubende Aufenthaltsberechtigung verfügt. Aus dem Strafurteil ergibt sich vielmehr, dass der BF als Mitglied einer kriminellen Vereinigung strafbare Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz beging.

Dass der BF über keinen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich daraus, dass er in Österreich nicht gemeldet war; nach seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt hat ihm sein Bruder Unterkunft gewährt, der BF konnte (oder wollte) aber die Adresse dieser Unterkunft nicht nennen. In der Beschwerde wird diesbezüglich nichts vorgebracht und insbesondere auch nicht behauptet, dass für den BF ein gesicherter Wohnsitz vorhanden wäre.

Bei dem Barbetrag von ca. € 240,00, über die der BF im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung laut seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt verfügte, handelt es sich um keine ausreichenden Existenzmittel. Das trifft auch auf den in der Folgezeit (nach Abhebungen des BF und einem per Post übermittelten Betrag von € 400,00) verfügbaren Geldbetrag von € 470 zu.

3.2. Die Feststellung, dass ein Bruder des BF in Österreich lebt und dieser ihm Unterkunft gegeben hat, stützt sich auf die Aussage des BF bei der Einvernahme vor dem Bundesamt. Das trifft auch auf die Feststellung zu, dass er abgesehen von seinem Bruder keine weiteren Verwandten in Österreich hat. Die Feststellung, dass der Bruder dem BF Unterkunft gab, ohne ihn zu melden, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG) lauten:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

3.2. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft

3.2.1. Die Anordnung der Schubhaft erfordert zu allererst das Vorliegen eines bestimmten Sicherungsbedarfs im Sinne des § 76 Abs. 2 FPG. Im gegenständlichen Fall hat das Bundesamt die Schubhaft auf § 76 Abs. 2 Z 3 FPG gestützt. Gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 FPG kann die Schubhaft zur Sicherung der Rücküberstellung nach Art. 28 Dublin-III-VO verhängt werden, wobei sich Sicherungsbedarf und Fluchtgefahr nach Art. 2 lit. n Dublin-III-VO iVm § 76 As. 3 FPG richten.

Da der BF in der Schweiz am 28.09.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, fällt er unter die Bestimmungen der Dublin-III-VO. Das Bundesamt wurde auf diesen Umstand am 15.04.2021 erstmals aufmerksam, nachdem der BF in seiner Einvernahme seine Antragstellung in der Schweiz erwähnte. Eine erkennungsdienstliche Behandlung des BF am selben Tag führte zu einem entsprechenden Eurodac-Treffer. Das Bundesamt leitete ein Konsultationsverfahren mit der Schweiz ein; bereits am 19.04.2021 stimmte die Schweiz dem Wiederaufnahmeersuchen zu. Der Sicherungszweck des § 76 Abs. 2 Z 3 iVm Art. 28 Dublin-III-VO liegt daher grundsätzlich vor.

3.2.2. Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO verlangt für die Verhängung von Haft zum Zweck der Sicherung von Überstellungsverfahren das Vorliegen einer „erheblichen Fluchtgefahr“. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist hierunter allgemein eine solche Fluchtgefahr zu verstehen, die in ihrer Intensität über das hinausgeht, was unter Art. 2 lit. n Dubin-III-VO als „Fluchtgefahr“ definiert wird (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0256). Anders als bei Fluchtgefahr an sich erfordert diese unionsrechtliche Vorgabe jedoch nicht, dass innerstaatlich abstrakte Fälle von „erheblichen Fluchtgefahr“ festgelegt werden müssten, sondern ist § 76 Abs. 3 FPG auch im Anwendungsbereich der Dublin-III-VO anzuwenden (VwGH 29.06.2017, Ro 2017/21/0011). Ob ein über die einfache Fluchtgefahr hinausgehendes Ausmaß vorliege, müsse stets im Einzelfall geprüft werden (VwGH Ro 2017/21/0011).

Im vorliegenden Fall ist entgegen den Beschwerdeausführungen eine erhebliche Fluchtgefahr zu bejahen. Die Behörde stützte die Annahme von Fluchtgefahr, wie sich aus der Begründung des Bescheides ergibt, mit näherer Begründung auf die Erfüllung der Tatbestände der Z 1, Z 6 und Z 9 des § 76 Abs. 3 FPG. Auch nach der Beurteilung des erkennenden Richters sind diese Fluchtgefahrtatbestände erfüllt und begründen in einer Gesamtsicht ein Ausmaß an Fluchtgefahr, das als erheblich zu werten ist.

Der BF reist illegal ins Bundesgebiet ein, kam seiner Meldeverpflichtung nicht nach und hielt sich bis zu seiner Verhaftung im Verborgenen auf. Er erfüllt damit die Z 1 des § 76 Abs. 3 FPG. Weiters ist der Fluchtgefahrtatbestand der Z 6 leg.cit. erfüllt, da auf Grund der Ergebnisse der Befragung des BF und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen war, dass eine Zuständigkeit der Schweiz gemäß Dublin-III-VO besteht, wobei diese Zuständigkeit mittlerweile durch Zustimmung der Schweiz zum Wiederaufnahmeersuchen bestätigt wurde. Der BF ist in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen, sondern hat vielmehr als Mitglied einer kriminellen Vereinigung strafbare Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz begangen. Er verfügt weder über einen gesicherten Wohnsitz noch über ausreichende Existenzmittel. Sein familiärer Bezug zu Österreich beschränkt sich darauf, dass ein Bruder des BF in Österreich lebt, der ihm Unterkunft gewährt hat. Allerdings hat der Bruder des BF ihn nicht gemeldet und damit dazu beigetragen, dass der BF sich in Österreich im Verborgenen aufhalten konnte. Die soziale Vernetzung des BF in Österreich ist unter diesen Umständen als gering zu bezeichnen, weshalb auch der Fluchtgefahrtatbestand der Z 9 leg.cit. erfüllt ist. Der BF erfüllt damit mehrere Fluchtgefahrtatbestände des § 76 Abs. 3 FPG. Auch ist zu bedenken, dass das Untertauchen des BF in Österreich in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Mitglied einer kriminellen Vereinigung steht. Angesichts dieser Sachlage ist daher von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen.

3.2.3. Das Bundesamt begründete den Ausschluss eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG damit, dass eine finanzielle Sicherheitsleistung auf Grund der finanziellen Situation des BF schon von vornherein nicht in Betracht komme, da er lediglich über Geldmittel aus seiner Arbeit in der Justizanstalt verfüge und in der Vergangenheit seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen sei. Den Ausschluss der gelinderen Mittel einer Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und einer periodischen Meldeverpflichtung begründete das Bundesamt im Ergebnis damit, dass der BF viel zu unzuverlässig sei. Auch aus Sicht des erkennenden Richters kommen gelindere Mittel im Falle des BF nicht in Betracht, da es ihm mit Blick auf seine strafrechtliche Verurteilung (unter anderem wegen eines Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz) an Vertrauenswürdigkeit fehlt.

3.2.4. Im vorliegenden Fall überwogen daher – wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt – die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Anordnung der Schubhaft und war diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig. Auf Grund der erheblichen Delinquenz des BF kommt dem öffentlichen Interesse an seiner baldigen Außerlandesbringung auch ein besonders hohes Gewicht zu, worauf die Behörde auch zutreffend hingewiesen hat.

3.2.5. Die Argumentation in der Beschwerde, wonach der Bescheid aus mehreren Gründen rechtswidrig sei, wird vom Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht geteilt.

In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, dass der Bescheid deshalb rechtswidrig sei, da der BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 67 FPG darstelle. Dieses Argument geht schon deshalb in Leere, da § 76 Abs. 2 Z 3 FGP, worauf der vorliegende Schubhaftbescheid gestützt wird, diese Voraussetzung – anders als § 76 Abs. 2 Z 1 FPG – nicht kennt und sich eine derartige Voraussetzung auch nicht aus der Dublin-III-VO ergibt. Abgesehen davon, dass eine Gefährlichkeit im Sinne des § 67 FPG keine Voraussetzung für die Schubhaftverhängung zur Sicherung eines Überstellungsverfahrens darstellt, teilt das Bundesverwaltungsgericht auch nicht die Beurteilung in der Beschwerde, wonach beim BF diese Gefährlichkeit nicht gegeben wäre, wie dargelegt kommt es hinsichtlich der Schubhaftverhängung aber darauf nicht an.

Entgegen den Beschwerdeausführungen hat die Behörde ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt: Sie hat den BF vor Schubhaftverhängung einvernommen und Ermittlungen zu seiner Asylantragsstellung in der Schweiz geführt. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang darauf verweist, die Behörde sei bis zum 16.04.2021 tatsachenwidrig vom Bestehen einer Rückkehrentscheidung ausgegangen, ist darzulegen, dass die Behörde dazu vor Erlassung des Schubhaftbescheides am 16.04.2021 Ermittlungen führte und feststellte, dass die Rückkehrentscheidung mangels Zustellung an den BF nicht erlassen wurde. Die Schubhaft wurde in der Folge auf § 76 Abs. 2 Z 3 FPG zur Sicherung des Überstellungsverfahrens in die Schweiz und nicht auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung der Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat verhängt. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang aus dem Bescheid eine Passage zitiert, wonach gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei, übersieht sie, dass diese Passage dem im Bescheid vollständig und wörtlich wiedergegebenen Einvernahmeprotokoll vom 15.04.2021 entnommen ist. Am Beginn der Einvernahme am 15.04.2021 ging die Behörde tatsächlich noch vom Vorliegen einer Rückkehrentscheidung aus. Daraus ergibt sich aber keine Tatsachenwidrigkeit des Bescheides.

Dem Argument der Beschwerde, die Behörde habe ihre Verpflichtung, die Schubhaft möglichst kurz zu halten, deshalb nicht erfüllt, da erst am 16.04.2021 Konsultationen mit der Schweiz eingeleitet wurden und der BF sich zuvor in Strafhaft befunden hat, ist aus folgenden Gründen nicht zu folgen: Der BF wurde bis zur Verurteilung am 10.03.2021 in Untersuchungshaft angehalten. Das Strafurteil vom 10.03.2021 wurde dem Bundesamt erst am 07.04.2021 seitens der Justiz übermittelt. Zwar erfuhr das Bundesamt schon am 12.03.2021 seitens der Justizanstalt von der Übernahme des BF in die Strafhaft, als voraussichtliches Entlassungsdatum wurde aber der 07.06.2021 genannt. Dass der BF am 15.04.2021 entlassen werden würde, war für das Bundesamt daher nicht vorhersehbar und wurde dem Bundesamt auch nicht vorab angekündigt. Der aus der Strafhaft entlassene BF wurde am 15.04.2021 vom Bundesamt einvernommen und es stellte sich für das Bundesamt erstmals heraus, dass beim BF ein Dublin-Bezug vorliegt, woraufhin Konsultationen mit der Schweiz aufgenommen wurden. Die Verpflichtung der Behörde, die Schubhaft möglichst kurz zu halten, wurde bei diesem Geschehensablauf nicht verletzt.

Zum Vorliegen der erheblichen Fluchtgefahr wird auf die obigen Ausführungen unter Pkt. 3.2.2. verwiesen.

Zum Ausschluss gelinderer Mittel bemängelt die Beschwerde, dass die diesbezüglichen Ausführungen allgemein gehalten und nicht erkennbar auf den konkreten Sachverhalt eingehen würden. Dieser Vorwurf ist jedoch unzutreffend. Der Bescheid ging hinsichtlich des Ausschlusses gelinderer Mittel auf den vorliegenden Fall ein, kam jedoch zutreffend zum Ergebnis, dass mit gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden kann. Der erkennende Richter teilt die Beurteilung der Behörde, dass einem gelinderen Mittel die mangende Vertrauenswürdigkeit des BF entgegensteht.

3.2.9. Aus den angeführten Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft seit 16.04.2021 abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Die unter Pkt. 3.1. dargelegten Erwägungen zur erheblichen Fluchtgefahr, Ausschluss gelinderer Mittel und Verhältnismäßigkeit treffen auch für den Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung zu. Änderungen sind diesbezüglich nicht eingetreten und es wurde auch in der Beschwerde nicht vorgebracht, dass diesbezüglich zwischenzeitlich Änderungen eingetreten wären.

Die Behörde hat zwischenzeitlich mit Bescheid vom 22.04.2021 eine Anordnung zur Außerlandesbringung getroffen und damit das diesbezügliche Verfahren zügig geführt. Die Beschwerdefrist ist derzeit noch offen und der Bescheid noch nicht durchführbar. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist mit einer Überstellung des BF in die Schweiz innerhalb der Frist von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, zu dem ein allfälliges Rechtsmittel gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung mehr hat, zu rechnen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer keine Bindungen und Kontakte vorweisen konnte, die geeignet wären, im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten seiner Freilassung zu beeinflussen.

Die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens überwiegen daher im vorliegenden Fall die Interessen des BF an der Abstandnahme von der Fortsetzung der Schubhaft.

Damit liegt auch die geforderte „ultima-ratio-Situation“ für die Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese im gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. und IV. – Kostenbegehren

3.3.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.3.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei in gegenständlichem Erkenntnis, Anspruch auf Kostenersatz und zwar für den Vorlageaufwand und den Schriftsatzaufwand gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

3.4. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, und zwar insbesondere zur Gefährdungsprognose. Wie bereits ausgeführt, stellt aber eine Gefährdungsprognose gemäß § 67 FPG entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde keine Voraussetzung für eine Schubhaftverhängung zur Sicherung eines Überstellungsverfahrens dar. Wenn in der Beschwerde behauptet wird, dass der festgestellte Sachverhalt substantiiert bestritten worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die Beschwerde die illegale Einreise und das Fehlen eines Wohnsitzes eingeräumt sowie die rechtskräftige Verurteilung und das Leben in Österreich im Verborgenen, die Antragstellung in der Schweiz und die geringe soziale Verankerung in Österreich gerade nicht bestritten hat und dazu auch keine Beweisanträge, insbesondere auch keine Zeugeneinvernahmen beantragt wurden. Was die Einvernahme des BF zur Frage des Vorliegens von Fluchtgefahr und die Anwendbarkeit gelinderer Mittel anbelangt, ist darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in allen Fällen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks – insbesondere in Hinblick auf eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit des Fremden - erforderlich ist, um die konkrete Fluchtgefahr beurteilen zu können. Diese lässt sich auch aus einem einschlägigen Vorverhalten ableiten (VwGH 05.11.2020, Ra 2020/21/0287). Diese Voraussetzung lag im vorliegenden Fall vor, da der BF während seines kurzen Aufenthalts in Österreich als Mitglied einer kriminellen Vereinigung massiv straffällig wurde und seit seiner Verhaftung im Dezember 2020 sich durchgehend in Haft befindet, sodass ein strafrechtliches Wohlverhalten während dieses Zeitraums nicht zu einer günstigen Prognose führen konnte.

Zu Spruchpunkt B. – Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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