TE Lvwg Erkenntnis 2021/5/1 LVwG-M-16/001-2021, LVwG-M-16/003-2021

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Veröffentlicht am 01.05.2021
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Entscheidungsdatum

01.05.2021

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
TierschutzG 2005 §37 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über eine auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gestützte Beschwerde der Frau A, vertreten durch B, Rechtsanwälte in ***, betreffend Abnahme eines Hundes am 18. Februar 2021 durch ein Organ des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum Beschwerdevorbringen:

Die Beschwerdeführerin hat mit Eingaben vom 4. März 2021 bzw. vom 8. März 2021 Bescheidbeschwerden an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelt. Diese wurden zunächst zuständigkeitshalber an den Bürgermeister der Stadt St. Pölten weitergeleitet.

 

Mit Schreiben vom 31. März 2021 hat die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, die bisherigen Eingaben dahingehend korrigiert, dass eine auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gestützte Beschwerde im Zusammenhang mit einer Amtshandlung durch Organe des Magistrats der Stadt St. Pölten am 18.02.2021 (Abnahme eines Hundes) erhoben wird. Inhaltlich wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass keinerlei Grund für die Abnahme des Hundes vorgelegen sei. Die Beschwerdeführerin halte den Hund seit beinahe 10 Jahren und er sei weder krank noch vernachlässigt oder sonst in irgendeiner Weise auffällig. Sie gehe in Entsprechung der jeweiligen täglichen Arbeitsbelastung täglich zumindest zweimal mit dem Hund spazieren bzw. gebe ihm Gelegenheit zum Kot- und Harnabsatz außerhalb der Wohnung. Die Beschwerdeführerin gehe an Arbeitstagen bereits vor 06:00 Uhr mit ihrem Hund ins Freie und arbeite bis 13:00 Uhr, gelegentlich auch bis 14:00 Uhr.

Insbesondere nach den Kontrollen am 26.01. bis zum 29.01.2021 aber auch nach den beiden Kontrollen am 10.02. und 11.02.2021 hätte die Behörde Zeit genug gehabt, die Beschwerdeführerin mit den angeblichen Missständen zu konfrontieren und Gelegenheit für eine Erklärung zu geben. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, die Haltlosigkeit der Anschuldigungen darzustellen.

2.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 7. April 2021 wurde die belangte Behörde eingeladen, binnen zwei Wochen ab Zustellung hiezu eine Gegenschrift zu erstatten und dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die bezughabenden Akten vorzulegen.

Die belangte Behörde legte die bezughabenden Akten vor und informierte darüber, dass der Hund am 1. April 2021 gemäß § 37 Abs. 3 TSchG an die Beschwerdeführerin zurückgestellt worden ist, weil diese einen Vertrag vorgelegt hat, wonach eine Betreuungsperson ab sofort verlässlich für den Auslauf des Hundes außerhalb der Wohnung sorgen werde.

Am 29. April 2021 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines veterinärfachlichen Amtssachverständigen durchgeführt.

3.   Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist die Haltern des Hundes „C“, Dackelmix, schwarz, Chip Nr. ***. Weitere Tiere werden von der Beschwerdeführerin nicht gehalten.

Am 6. Februar 2018 war der Hund der Beschwerdeführerin für mehrere Stunden in ihrem Fahrzeug in der Parkgarage des Bahnhofs *** eingesperrt. Über die Beschwerdeführerin wurde diesbezüglich mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 12. Dezember 2018 wegen einer Verletzung des § 5 Abs. 2 Z 10 iVm § 38 Abs. 1 Z 1 Tierschutzgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 250 € verhängt. Ihr wurde vorgeworfen, dass der Hund keine Möglichkeit zum Harn- und Kotabsatz, mangelnden Luftaustausch und mangelnde Wasserversorgung hatte sowie dass dieser durch die Kälte zitterte.

Am 3. April 2018 hat die Hausverwaltung der Beschwerdeführerin Lichtbilder an den Amtstierarzt übermittelt, auf welchen Hundekot im Schlafzimmer der Beschwerdeführerin erkennbar ist. Über die Beschwerdeführerin wurde diesbezüglich mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 12. Dezember 2018 wegen einer Verletzung des § 38 Abs. 3 TSchG iVm Anlage 1 Punkt 1.1. Abs. 2 der 2. Tierhaltungsverordnung eine Geldstrafe in der Höhe von 150,00 € verhängt.

Am 26. April 2018 fand eine angekündigte amtstierärztliche Überprüfung der Hundehaltung statt. Im Rahmen dieser Überprüfung wurde der Beschwerdeführerin von der Amtstierärztin die Abnahme des Hundes angedroht.

Am 26. Oktober 2018 wurde durch zwei Exekutivbeamte in der Wohnung der Beschwerdeführerin ein penetranter Kot-und Uringeruch wahrgenommen und wurden ca. 30 Kothaufen in der Wohnung aufgefunden.

Nach dem 5. Februar 2019 hatte die Beschwerdeführerin vorübergehend bis 8. April 2019 keinen Wohnsitz im Zentralen Melderegister eingetragen.

Am 23. Oktober 2020 fand um ca. 10:30 Uhr eine amtstierärztliche Nachschau am (neuen) Wohnsitz der Beschwerdeführerin statt, nachdem der Hund aus der Wohnung entlaufen ist. Im Schlafzimmer befand sich ein Kothaufen. Über die Beschwerdeführerin wurden diesbezüglich mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 17. November 2020 wegen einer Verletzung des § 10 Abs. 1 Z 1 iVm § 1 Abs. 2 NÖ Hundehaltegesetz und einer Verletzung des § 38 Abs. 3 TSchG iVm Punkt 1.1.(2) der Anlage 1 der 2. Tierhaltungsverordnung zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 70,00 € verhängt. Hinsichtlich der zweitgenannten Verwaltungsübertretung wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, nicht dafür Sorge getragen zu haben, dem Hund ausreichend Gelegenheit zum Kot- und Harnabsatz im Freien gegeben zu haben.

Am 16. November 2020 fand um 6:45 Uhr erneut eine amtstierärztliche Nachschau am Wohnsitz der Beschwerdeführerin statt. Die gesamte Wohnung war frisch aufgewaschen, jedoch konnte von der Amtstierärztin Uringeruch wahrgenommen werden.

Im Jänner 2021 fanden weitere Kontrollen statt, wobei die Beschwerdeführerin nicht angetroffen werden konnte und der Hund in der Wohnung bellte (26.01.2021, 10:00 Uhr; 27.01.2021, 7:30 Uhr; 28.01.2021, 7:15 Uhr; 29.01.2021, 9:30 Uhr). Die Beschwerdeführerin befand sich zu diesen Zeiten an ihrer Arbeitsstätte.

Am 10. Februar 2021 fand zwischen 6:40 Uhr und 7:06 Uhr eine amtstierärztliche Nachschau vor dem Wohnsitz der Beschwerdeführerin statt. Während dieser Zeit konnte nicht beobachtet werden, ob die Beschwerdeführerin mit dem Hund vor der Arbeit spazieren gegangen ist.

Am 11. Februar 2021 fand zwischen 6:15 Uhr und 7:10 Uhr eine amtstierärztliche Nachschau vor dem Wohnsitz der Beschwerdeführerin statt. Während dieser Zeit hat die Beschwerdeführerin die Wohnhausanlage nicht mit dem Hund verlassen, sondern ist alleine in die Arbeit gegangen. Am selben Tag fand zwischen 14:00 Uhr und 15:10 Uhr eine weitere amtstierärztliche Nachschau am Wohnsitz der Beschwerdeführerin statt, wobei diese nicht angetroffen werden konnte und der Hund in der Wohnung bellte. An diesem Tag war der Hund der Beschwerdeführerin jedenfalls in der Zeit von ca. 05:30 Uhr bis zumindest 15:10 Uhr in der Wohnung der Beschwerdeführerin und hatte keine Möglichkeit, Kot und Urin im Freien abzusetzen.

Am 18. Februar 2021 war der Hund der Beschwerdeführerin jedenfalls in der Zeit von ca. 06:30 Uhr bis zumindest 14:30 Uhr in der Wohnung der Beschwerdeführerin und hatte keine Möglichkeit, Kot und Urin im Freien abzusetzen. Dem Hund wurden dadurch Leiden zugefügt. Um 14:30 Uhr fand eine amtstierärztliche Nachschau am Wohnsitz der Beschwerdeführerin statt. Zu diesem Zeitpunkt war der Hund der Beschwerdeführerin im Schlafzimmer eingesperrt. Am Boden befanden sich zumindest drei große Urinlacken in verschiedenen Trocknungsstadien und ein Kothaufen. Im Rahmen dieser Nachschau wurde der Hund behördlich abgenommen.

Diese Abnahme war in Hinblick auf das Wohlbefinden des Hundes bzw. zur Vermeidung weiterer Leiden erforderlich.

4.   Beweiswürdigung:

Die überwiegenden Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten der belangten Behörde und insbesondere den hierin enthaltenen Lichtbildern vom 3. April 2018, vom 26. Oktober 2018, vom 23. Oktober 2020 und vom 18. Februar 2021 sowie den angeführten Strafverfügungen. Die Dauer, für die der Hund am 11. Februar 2021 und am 18. Februar 2021 keine Möglichkeit hatte, Kot und Urin im Freien abzusetzen, ergibt sich aus der Verantwortung der Beschwerdeführerin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. April 2021 sowie den Kontrollaufzeichnungen der Amtstierärztin.

Der Umstand, dass dem Hund am 18. Februar 2021 dadurch Leiden zugefügt worden sind, dass er von den frühen Morgenstunden bis zur Zeit um ca. 14:30 Uhr nicht die Möglichkeit hatte, im Freien auf eine artgemäße Weise Harn und Kot abzusetzen, ergibt sich aus dem schlüssigen Gutachten des veterinärfachlichen Amtssachverständigen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. April 2021. Hierin wurde nachvollziehbar ausgeführt, dass dies deshalb zu Leiden führt, weil Hunde grundsätzlich saubere Tiere sind, die das Bedürfnis haben, den Harn und Kot nur dort abzusetzen, wo sie nicht ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben und deshalb Harn und Kot lange zurückzuhalten versuchen, was dazu führt, dass ihr Wohlbefinden hochgradig vermindert wird und dadurch von einem leidvollen Zustand zu sprechen ist. Ebenso wurden diesbezüglich die Ausführungen der Amtstierärztin berücksichtigt, welche nachvollziehbar ausgeführt hat, dass der Hund aufgrund eines starken Harndranges die gesamte Blase direkt auf freier Bodenfläche entleerte und nicht aufgrund Unsauberkeit bzw. Markierverhaltens kleine Mengen Urin an Möbelkanten abgab.

Die Erforderlichkeit der Abnahme des Hundes wurde ebenso auf Grundlage des schlüssigen Gutachtens des veterinärfachlichen Amtssachverständigen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. April 2021 festgestellt, weil auf Grund der Vorgeschichte davon auszugehen war, dass die Beschwerdeführerin immer wieder den Hund viel zu lange einsperren würde und dadurch wieder Leiden zugefügt würden.

5.   Rechtslage:

Die einschlägigen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004 idF BGBl. I Nr. 86/2018 lauten auszugsweise:

Verbot der Tierquälerei
§ 5.

(1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer

          […]

13.

die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt oder gestaltet, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird;

[…]

Sofortiger Zwang
§ 37.

(1) Die Organe der Behörde sind verpflichtet, wahrgenommene Verstöße gegen §§ 5 bis 7 durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden. Sie sind berechtigt, zu diesem Zweck erforderlichenfalls, insbesondere wenn das Weiterleben für das Tier mit nicht behebbaren Qualen verbunden wäre, für eine schmerzlose Tötung zu sorgen.

(2) Die Organe der Behörde sind verpflichtet, ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen. Sie sind berechtigt, ein Tier Personen, die gegen §§ 5 bis 7 verstoßen, abzunehmen, wenn dies für das Wohlbefinden des Tieres erforderlich ist.

(2a) Organe der Behörde sind berechtigt, Personen, die gegen § 8a verstoßen, die Tiere abzunehmen.

(3) Für abgenommene Tiere gilt § 30. Sind innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme im Sinne des Abs. 2 die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung der Tiere aller Voraussicht nach geschaffen, so sind sie zurückzustellen. Andernfalls sind die Tiere als verfallen anzusehen. Nach Abs. 2a abgenommene Tiere unterliegen dem Verfall im Sinne des § 17 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl. Nr. 52/1991.

[…]“

6.   Erwägungen:

Die Abnahme eines Tieres gemäß § 37 Abs. 2 TSchG ist als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mittels einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anfechtbar (VwGH 15.03.2016, Ro 2016/02/0003).

Zunächst ist festzuhalten, dass bereits die erste Eingabe der Beschwerdeführerin vom 4. März 2021 ungeachtet ihrer Bezeichnung als Maßnahmenbeschwerde gewertet wird, zumal sie die wesentlichen Merkmale gemäß § 9 VwGVG enthält. Schließlich wurden die vorangegangenen Eingaben mit Schriftsatz vom 31. März 2021 auch ausdrücklich als Maßnahmenbeschwerde bezeichnet.

Im Rahmen eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist Gegenstand der Prüfung durch das Verwaltungsgericht alleine, ob der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163). Ausgehend von diesem Prozessgegenstand ist jene Sach- und Rechtslage maßgebend, die im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes bestand (VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0063). Zu berücksichtigen sind nur solche Sachverhaltselemente, die dem einschreitenden Organ bei Anwendung der im Hinblick auf den Zeitfaktor zumutbaren Sorgfalt bekannt sein mussten (ex ante-Betrachtung aus dem Blickwinkel des einschreitenden Organs; VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0373; 25.01.1990, 89/16/0163; 06.08.1998, 96/07/0053). Im Ergebnis ist daher zu prüfen, ob die einschreitenden Organe in zumindest vertretbarer Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für ihr Einschreiten annehmen durften (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163; 24.11.2015, Ra 2015/05/0063; VwSlg 14.142 A/1994).

Im vorliegenden Fall ist auf Grund der dargelegten Beweisergebnisse davon auszugehen, dass dem Hund der Beschwerdeführerin am 18. Februar 2021 dadurch Leiden zugefügt wurde, dass er von den frühen Morgenstunden bis zur Zeit um ca. 14:30 Uhr nicht die Möglichkeit hatte, im Freien auf eine artgemäße Weise Harn und Kot abzusetzen. Dies stellt gemäß § 5 Abs. 2 Z 13 TSchG auch einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 TSchG dar. Die die Abnahme verfügende Amtstierärztin konnte zum Zeitpunkt der Amtshandlung aufgrund der vorgefundenen Urinlacken und des Kothaufens auch jedenfalls vertretbar von einem solchen Verstoß ausgehen.

Ebenso hat das Beweisverfahren ergeben, dass sie Abnahme des Hundes erforderlich war, um eine Wiederholung dieses Zustandes zu verhindern, weil auf Grund der Vorgeschichte vertretbar davon auszugehen war, dass die Beschwerdeführerin den Hund immer wieder viel zu lange einsperren würde und dadurch wieder Leiden zugefügt würden.

Die Amtstierärztin konnte auf Grund der durchgeführten Kontrollen jedenfalls vertretbar davon ausgehen, dass der Hund der Beschwerdeführerin auch eine Woche zuvor, am 11. Februar 2018, in der Zeit zwischen 6:15 Uhr und 15:10 Uhr keine Möglichkeit hatte, Kot und Urin im Freien abzusetzen. Diese Annahme wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ebenfalls bestätigt.

Außerdem waren der Amtstierärztin auch sämtliche der oben dargelegten weiteren Vorfälle bekannt, bei denen der Hund der Beschwerdeführerin unter anderem nicht ausreichend Gelegenheit zum Kot- und Harnabsatz im Freien hatte. Dementsprechend kann der Prognose der Amtstierärztin, wonach die Abnahme des Hundes in Hinblick auf dessen Wohlbefinden bzw. zur Vermeidung weiterer Leiden erforderlich war, nicht entgegengetreten werden.

Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen vor, dass zwischen der letzten amtstierärztlichen Kontrolle, bei welcher die Beschwerdeführerin angetroffen worden ist (16. November 2020) und der Abnahme des Hundes am 18. Februar 2021 ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden wäre, um gelindere Maßnahmen als die sofortige Abnahme des Hundes zu setzen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu erwähnen, dass der Beschwerdeführerin, wenn auch schon vor längerer Zeit (26. April 2018), die Abnahme des Hundes bereits einmal angedroht worden ist. Desweiteren wurde der Beschwerdeführerin am 11. November 2018 angeraten, den Hund freiwillig abzugeben.

Ungeachtet dessen ist jedoch festzuhalten, dass die Abnahme gemäß § 37 Abs. 2 TSchG als sofortige Zwangsmaßnahme ausgestaltet ist, die im Interesse des Tierwohls (RV 1515 BlgNR 25. GP 4) ohne vorangegangenes förmliches Verfahren zu setzen ist. In Hinblick auf die Vielzahl von vorangegangenen Vorfällen und der daraus ersichtlichen Unwilligkeit der Beschwerdeführerin, für eine andauernde Verbesserung der Betreuung des Hundes zu sorgen, war das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet, eine Unverhältnismäßigkeit der gesetzten Maßnahme darzulegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

7.   Zum Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung

Mit Schreiben vom 31. März 2021 hat die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, beantragt, der Beschwerde gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Bereits am 1. April 2021 wurde der Hund der Beschwerdeführerin gemäß § 37 Abs. 3 TSchG wieder an diese zurückgestellt, sodass eine gesonderte Entscheidung nicht erforderlich war. Mit der Entscheidung in der Sache werden Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos und kann ein gesonderter Abspruch hierüber entfallen (VwGH 30.01.2015, Ra 2014/02/0174).

8.   Kosten

Gemäß § 35 VwGVG hat die obsiegende Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Anspruch auf den Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde abgewiesen. Daher war die belangte Behörde die obsiegende Partei. Aufwandsersatz ist gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG nur auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solcher Antrag wurde von der obsiegenden Partei nicht gestellt, sodass keine Kosten zuzusprechen waren.

9.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Vielmehr waren die gegenständlichen Rechtsfragen anhand der jeweils zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu lösen.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Tierabnahme; Hund; Leiden;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.M.16.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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