TE Lvwg Erkenntnis 2021/2/9 VGW-151/091/11204/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.02.2021
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Entscheidungsdatum

09.02.2021

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
19/05 Menschenrechte
E1E
59/04 EU – EWR

Norm

NAG §11 Abs2 Z4
NAG §11 Abs5
NAG §21 Abs1
EMRK Art. 8
12010E020 AEUV Art20

Text

A.

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Gründel über die Beschwerde des Herrn A. B., geb.: 1983, StA: staatenlos, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 16.6.2020, Zl. MA35-...1-02, mit welchem der Antrag vom 26.11.2019 (richtig: vom 21.2.2019) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ wegen Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthaltes sowie, da der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, gemäß § 21 Abs. 1 2. Satz des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) und § 11 Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 NAG abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.1.2021 zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass es sich um den Antrag vom 21. Februar 2019, eingelangt am 13. März 2019, handelt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B.

und fasst in der unter A. genannten Angelegenheit den

BESCHLUSS

I. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 17 VwGVG, §§ 76 Abs. 1 und 53b AVG wird dem Beschwerdeführer der Ersatz der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 25. Jänner 2021, Zl. VGW-KO-091/38/2021, mit € 124— bestimmten Barauslagen für den zur mündlichen Verhandlung am 20. Jänner 2021 beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher auferlegt. Der Beschwerdeführer hat der Stadt Wien die genannten Barauslagen durch Banküberweisung auf das Bankkonto mit der Kontonummer IBAN AT16 1200 0006 9621 2729, BIC BKAUATWW, lautend auf "MA6 BA40" mit dem Verwendungszweck "VGW-KO-091/38/2021" binnen 14 Tagen bei sonstig er Exekution zu ersetzen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

zu A.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit am 13. März 2019 bei der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv eingebrachtem Antrag, datiert mit 21. Februar 2019, begehrte der Beschwerdeführer die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“.

Mit Schreiben vom 25. März 2019 wurde der Antrag vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Gruppe Innere Verwaltung, Abteilung Polizeiangelegenheiten, an die Bezirkshauptmannschaft C., Fachgebiet Polizei, zuständigkeitshalber weitergeleitet.

Mit Schreiben vom 26. November 2019, eingelangt am 13. Dezember 2019, wurde der Antrag zuständigkeitshalber an den Landeshauptmann von Wien, Magistratsabteilung 35, abgetreten.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies der Landeshauptmann von Wien, Magistratsabteilung 35, den Antrag vom 26. November 2019 (richtig: vom 21. Februar 2019) mit Bescheid vom 16. Juni 2020, Zl. MA35-...1-02, wegen Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthaltes sowie, da der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, gemäß § 21 Abs. 1 2. Satz des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) und § 11 Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 NAG ab.

Gegen den Bescheid vom 16. Juni 2020 erhob der Beschwerdeführer die – rechtzeitige – Beschwerde vom 20. Juli 2020, in welcher er die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels beantragt und im Wesentlichen vorbringt, dass er aus Palästina stamme und seit dem 31. Jänner 2012 mit der österreichischen Staatsbürgerin Frau D. B. verheiratet sei. Der Ehe würden zwei Kinder mit ebenfalls österreichischer Staatsbürgerschaft entstammen. Er habe einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ gestellt und habe dazu zur Einreise ein Visum D erhalten. Die Behörde hätte die Abweisung des Antrages damit begründet, dass er wegen Urkundenfälschung zu einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe von zwei Wochen verurteilt worden sei. Dazu sei festzuhalten, dass die verhängte Strafe weit unter jenem Rahmen des § 53 FPG liege, der zu einem Aufenthaltsverbot ermächtigen würde. Die Behörde hätte daher über seinen Antrag positiv entscheiden müssen. Sie hätte vor Ablauf des Visum D entscheiden müssen, denn es gehe nicht an, dass, obwohl eine offizielle Aufenthaltsbeendigung nicht möglich sei, die MA35 durch gesetzloses Verweigern einer Entscheidung diese dennoch ermögliche. Im Hinblick auf eine allfällige Belastung einer Gebietskörperschaft durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers dürfe bemerkt werden, dass die Gattin seit 1. Juli 2020 EUR 1.754,10 brutto verdiene und dieses Einkommen – Sonderzahlungen mitgerechnet – ausreichen werde. Die Behörde möge auch die für Palästinenser in Israel bestehenden Schwierigkeiten des innerisraelischen Reisens und die mangelnde Sicherheit bedenken. Ein Leben der gesamten Familie in Palästina sei nicht möglich, sodass seine Rechte und die Rechte der Angehörigen gemäß Art. 8 MRK für die Stattgabe des Antrages nach § 21 Abs. 3 NAG sprächen bzw. ein eventuell zu geringes Einkommen gemäß § 11 Abs. 3 NAG zu tolerieren sei. Entgegen der Annahme der Behörde habe er nicht von einem unerlaubten Aufenthalt ausgehen müssen, immerhin habe ihm die Österreichische Botschaft in Tel Aviv ein Einreisevisum erteilt.

Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde samt dem Akt des Verwaltungsverfahrens dem Verwaltungsgericht Wien mit Einlaufdatum vom 7. September 2020 vor.

Das Verwaltungsgericht Wien forderte den Beschwerdeführer mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung auf, bis 8. Jänner 2021 eine leserliche Kopie aller Reisepässe der Ehegattin sowie des Beschwerdeführers, eine Auflistung aller Ein- und Ausreisen in das Bundesgebiet ab Juni 2019, Lohnzettel/Einkommensnachweise der Ehegattin ab Jänner 2020 bis laufend, lückenlose Kontoauszüge aller Konten ab Mai 2020 bis laufend, einen aktuellen KSV-Auszug der Ehegattin und des Beschwerdeführers, eine Auflistung regelmäßiger Aufwendungen samt Nachweisen, einen Nachweis über etwaiges Vermögen samt Mittelherkunft, einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft sowie eine beglaubigte deutsche Übersetzung der Heiratsurkunde vorzulegen.

Mit Schreiben vom 24. November 2020 ersuchte das Verwaltungsgericht Wien das Bezirksgericht C. um Übersendung des Aktes zur Geschäftszahl ...2, welcher in weiterer Folge vom Bezirksgericht C. übermittelt wurde.

Mit Schreiben vom 13. Jänner 2021 übermittelte der Beschwerdeführer eine Kopie der Reisepässe des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, die Lohnzettel der Ehegattin, eine Kopie über eine Änderung im Arbeitsvertrag der Ehegattin, eine Mitteilung über die Zuerkennung von Familienbeihilfe, Kontoauszüge der Ehegattin ab 22. Mai 2020 bis 30. Dezember 2020, einen KSV-Auszug des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, einen Mietvertrag sowie einer Wohnrechtsvereinbarung, eine beglaubigt übersetzte Heiratsurkunde, eine handschriftliche Auflistung regelmäßiger Ausgaben sowie eine AMS Bezugsbestätigung.

Mit Schreiben vom 18. Jänner 2021 ersuchte das Verwaltungsgericht Wien die Österreichische Gesundheitskasse um Bekanntgabe der gemeldeten Beitragsgrundlagen für die Dienstnehmerin D. B. ab Jänner 2020 bis laufend. Mit Schreiben vom 19. Jänner 2021 gab die Österreichische Gesundheitskasse die gemeldeten Beitragsgrundlagen bekannt.

Das Verwaltungsgericht Wien führte am 20. Jänner 2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, im Rahmen derer der Beschwerdeführer als Partei und Frau D. B. als Zeugin einvernommen wurden. Das Ermittlungsverfahren wurde am Ende der mündlichen Verhandlung geschlossen und auf eine mündliche Verkündung der Entscheidung sowie auf eine Fortsetzung der Verhandlung verzichtet.

II. Sachverhalt

Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Der am ...1983 geborene Beschwerdeführer stellte am 13. März 2019 persönlich bei der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv einen mit 21. Februar 2019 datierten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“. Der Beschwerdeführer wurde in E., Palästina, geboren, wuchs dort auf, besitzt ein palästinensisches Reisedokument, das gemäß den Oslo-Verträgen von 1993 ausgestellt wurde und ist staatenlos. Dieses Reisedokument des Beschwerdeführers mit der Nummer ...3 weist eine Gültigkeit bis 17. Februar 2024 auf. Der Beschwerdeführer hat vor seinem Wegzug in das Bundesgebiet immer in Palästina gewohnt.

Der Beschwerdeführer ist mit der österreichischen Staatsangehörigen Frau D. B., geb. am ...1990, verheiratet. Die Ehe wurde am 31. Jänner 2012 in F. geschlossen. Dieser Ehe entstammen die beiden Kinder mit österreichischer Staatsbürgerschaft mj. G. B., geb. am ... 2014, sowie mj. H. B., geb. am ... 2017. Die Ehegattin des Beschwerdeführers ist gegenwärtig erneut schwanger. Die Ehegattin des Beschwerdeführers ist die Tochter von Herrn I.B., dem Onkel des Beschwerdeführers. Die Mutter des Beschwerdeführers ist die Schwester von Herrn I.B..

Die Ehegattin des Beschwerdeführers reiste aus Anlass ihrer Eheschließung im Jänner 2012 nach J. und verblieb dort bis September 2012. Nach einem fünfmonatigen Aufenthalt in Österreich reiste sie erneut nach J. und verblieb dort bis Juli 2014. Am ... 2014 brachte die Ehegattin die mj. G. B. in Wien zur Welt. Im Juli 2016 reiste die Ehegattin des Beschwerdeführers erneut nach J. und verblieb dort bis Mai 2018. Insgesamt besuchte sie den Beschwerdeführer in J. drei Mal. Der Sohn mj. H. B. wurde am ... 2017 in J. geboren. Seit Mai 2018 ist die Ehegattin nicht mehr nach J. gereist. Die Ehegattin des Beschwerdeführers hat das ihr unionsrechtlich zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten bislang nicht in Anspruch genommen.

Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 10. Dezember 2015 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“, welcher von der zuständigen Behörde, rechtskräftig seit 16. September 2016, abgewiesen wurde. Dem Beschwerdeführer wurde ein Visum C gültig für den Schengen-Raum von 8. Juni 2015 bis 21. August 2015 erteilt.

Dem Beschwerdeführer wurde am 23. Juli 2019 ein Visum D gültig für das Bundesgebiet Österreich vom 5. August 2019 bis 4. Dezember 2019 erteilt. Der Beschwerdeführer reise am 11. September 2019 in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer ist seitdem aus dem Bundesgebiet nicht mehr ausgereist.

Der Beschwerdeführer war von 19. September 2019 bis 21. November 2019 in K., L.-gasse, mit dem Hauptwohnsitz behördlich gemeldet. Der Beschwerdeführer übersiedelte in Folge nach Wien, M.-gasse, wo er am 21. November 2019 seinen Hauptwohnsitz behördlich meldete. Am 26. November 2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels von der Bezirkshauptmannschaft C. zuständigkeitshalber an den Landeshauptmann von Wien abgetreten.

Mit per Fax am 17. Februar 2020 eingebrachtem und mit „Antrag gemäß § 21 Abs 3 NAG“ tituliertem Schreiben stellte der Beschwerdeführer einen Antrag „auf Inlandszulassung“ gemäß § 21 Abs. 3 Z 2 NAG. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er mit der österreichischen Staatsbürgerin D. B. verheiratet sei und der Verbindung zwei Kinder mit österreichischer Staatsbürgerschaft entstammen würden. Da seine Gattin auf seine Unterstützung hinsichtlich der Pflege und Erziehung der Kinder angewiesen sei, die Kinder laut Kinderrechtskonvention das Recht auf uneingeschränkten Kontakt zu beiden Elternteilen hätten, sei eine Ausreise und Abwartens der Zuerkennung des Aufenthaltstitels in Palästina unzumutbar. Darüber hinaus sei er palästinensischer Staatsbürger. Die Inlandszulassung sei auf Grund der unzumutbaren und unsicheren Rückkehr nach Israel bzw. Palästina unzumutbar.

Der Beschwerdeführer absolvierte sechs Jahre Grundschule sowie sechs Jahre eine weiterführende Schule in J., Palästina. Er verfügt über einen Studienabschluss der Universität ... im Bereich .... Das Studium wurde am 10. Februar 2015 abgeschlossen und wies eine Ausbildungsdauer von vier Jahren auf. Der Beschwerdeführer verfügt über die allgemeine Universitätsreife iSd § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002. Der Beschwerdeführer verfügt auch über eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich IT, nämlich Internet und Kommunikation. In seinem Heimatland war der Beschwerdeführer zwei Jahre als Konzipient tätig; weitere Berufstätigkeiten hat er nicht ausgeführt.

Der Beschwerdeführer wohnt mit seiner Ehegattin und seinen Kindern in einer Wohnung in Wien, M.-gasse. Der Mietgegenstand weist eine Nutzfläche von rund 130m2 auf und besteht zum einen aus einer Wohnung, die zur Wohnzwecken genutzt wird sowie zum anderen aus einer Geschäftsräumlichkeit. Die zu Wohnzwecken genutzte Wohnung besteht aus vier Zimmern, Küche, Bad, Vorraum und einem WC. Mieter der Wohnung ist Herr Dr. Mag. N. B., ein Onkel des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin. Zwischen Herrn Dr. Mag. N. B. und dem Beschwerdeführer sowie seiner Ehegattin wurde für die Wohnung in Wien, M.-gasse, eine unbefristete Wohnrechtsvereinbarung abgeschlossen.

An der Adresse Wien, M.-gasse, sind der Beschwerdeführer, seine beiden Kinder, seine Ehegattin sowie Frau O.B., geb. am ... 1939, Herr N. B., geb. am ... 1966, Herr I.B., geb. am ... 1961, sowie Herr P. B., geb. am ... 1934, behördlich gemeldet und auch wohnhaft. Dabei handelt es sich um die Großeltern, den Onkel und den Vater der Ehegattin des Beschwerdeführers. Dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin sowie den Kindern stehen zwei Zimmer zur Verfügung, wobei das eine als Kinderzimmer genutzt wird und das andere als Elternschlafzimmer. Die Nebenräume werden mit den weiteren Bewohnern geteilt.

Der Beschwerdeführer hat in J. einen großen Bekannten- und Freundeskreis. Auch im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer einen großen Bekanntenkreis. Die Eltern des Beschwerdeführers leben in Großbritannien. Der Beschwerdeführer hat vier Brüder und vier Schwestern, die in Palästina leben. Drei Onkel des Beschwerdeführers mütterlicherseits und ein Onkel väterlicherseits leben in Österreich. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass an nahen Verwandten, nämlich Onkeln, Tanten und Cousins, insgesamt rund zwanzig, in J. leben. Rund fünfzig seiner Verwandten würden in Österreich, der Großteil in Wien leben.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes C., Zl. ...2, vom 18. Dezember 2019, rechtskräftig seit 24. Dezember 2019, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des § 223 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Wochen, bedingt nachgesehen unter einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers war bislang beim Unternehmen Q. von 23. April 2015 bis 31. Dezember 2015, beim Unternehmen R. GmbH von 2. November 2018 bis 15. November 2019 sowie beim Unternehmen S. KG von 11. Jänner 2016 bis 23. Mai 2016 als Arbeiterin sowie als geringfügig beschäftigte Arbeiterin von 18. Februar 2020 bis 30. Juni 2020 zur Sozialversicherung gemeldet. Seit 1. Juli 2020 bis laufend ist die Ehegattin des Beschwerdeführers beim Unternehmen S. KG als Arbeiterin sowie seit 6. Juli 2020 als geringfügig beschäftigte Angestellte bei dem Unternehmen T. zur Sozialversicherung gemeldet. Aus ihrer Beschäftigung bei der S. KG (Reinigungskraft) bringt die Ehegattin des Beschwerdeführers monatlich EUR 1.729,74 brutto, somit EUR 1.394,43 netto, zzgl. Sonderzahlungen ins Verdienen. Von 9. April 2020 bis 30. Juni 2020 bezog die Ehegattin des Beschwerdeführers Notstandshilfe in Höhe von EUR 26,34 täglich. Von 21. November 2019 bis 8. April 2020 bezog die Ehegattin des Beschwerdeführers Arbeitslosengeld in Höhe von ebenfalls EUR 26,34 täglich.

Aus ihrer geringfügigen Beschäftigung beim Unternehmen T. als Angestellte bringt die Ehegattin des Beschwerdeführers monatlich brutto EUR 460,-- zzgl. Sonderzahlungen ins Verdienen. Die Geburt des dritten Kindes soll zwischen 1. Mai 2021 und 8. Mai 2021 stattfinden. Ab Anfang März 2021 wird sich die Ehegattin des Beschwerdeführers in Mutterschutz befinden und ist geplant, im Anschluss Karenzgeld zu beziehen.

Unter dem Beitragskonto des Dienstgebers T. ist die Ehegattin des Beschwerdeführers mit einer Beitragsgrundlage von EUR 460,-- sowie für die Monate November und Dezember 2020 einer Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen von EUR 224,97 zur Sozialversicherung gemeldet. Unter dem Beitragskonto des Dienstgebers S. KG ist die Ehegattin des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Zeitraum seit 1. Juli 2020 mit einer Beitragsgrundlage von EUR 1.729,74 sowie für die Monate November und Dezember 2020 einer Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen von EUR 869,60 zur Sozialversicherung gemeldet.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers bezieht für die beiden mj. Kinder Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag bis September 2021.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers verfügt gemeinsam mit Herrn U. B., dem Bruder der Ehegattin, über ein Konto bei der BAWAG PSK mit dem IBAN AT...4. Auf dieses Konto wurde der Bezug von Arbeitslosengeld/Notstandshilfe der Ehegattin des Beschwerdeführers ausbezahlt. Auch die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag werden monatlich auf dieses Konto überwiesen. Das Gehalt aus der Beschäftigung bei dem Unternehmen T. wurde der Ehegattin des Beschwerdeführers in den Monaten Juli bis November 2020 bar ausgezahlt. Im Dezember 2020 erfolgte die diesbezügliche Auszahlung auf das Konto der BAWAG PSK. Am 20. Mai 2020 erfolgte auf das angeführte Konto ein Eigenerlag in Höhe von EUR 5.000,--, wobei der Betrag von EUR 5.000,-- am 22. Mai 2020 bereits wieder abgebucht wurde. Zum Stand 14. April 2020 bestand ein Kontoguthaben in Höhe von EUR 63,48; zum Stand 30. Dezember 2020 wies das Konto einen Stand von EUR 485,24 auf. Dieser hat sich bis zum 20. Jänner 2021 nicht signifikant verändert. Das Gehalt aus ihrer Beschäftigung bei der S. KG erhält die Ehegattin des Beschwerdeführers in bar.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers hat regelmäßige Aufwendungen in Höhe von monatlich EUR 33,-- (Wiener Linien), EUR 19,90 (V.), rund EUR 34,-- (Festnetz) sowie quartalsweise EUR 250,-- (Energiekosten). Der auf Grund der Wohnrechtsvereinbarung vom Beschwerdeführer und seiner Ehegattin monatlich zu leistende Mietbeitrag beträgt EUR 200,--.

Kredite des Beschwerdeführers oder seiner Ehegattin bestehen im Bundesgebiet nicht.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers bringt vor, über Erspartes in Höhe von rund EUR 5.000,-- bis EUR 6.000,--, welches in bar zuhause aufbewahrt werde, zu verfügen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass sein Sohn einen Sprachfehler habe und vermehrte Aufmerksamkeit benötige. Sein Sprachfehler verbessere sich jedoch zunehmend. Nach der Entbindung des dritten Kindes sei eine Operation des Sohnes geplant.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers musste sich in der laufenden Schwangerschaft bereits drei Mal für zwei bis drei Tage in stationäre Behandlung begeben. In dieser Zeit wurden sie und die Kinder vom Beschwerdeführer betreut.

Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet kein konkretes Jobangebot in Aussicht. Insbesondere möchte der Beschwerdeführer nicht bei der am Y. ansässigen S. KG arbeiten.

Für den Fall, dass der Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel bekommen würde, wird die Ehegattin des Beschwerdeführers mit den Kindern nicht nach J. ziehen. Bevor der Beschwerdeführer in das Bundesgebiet eingereist ist, hat die Mutter der Ehegattin teilweise die Kinder betreut. Diese lebt in W. und ist einundsechzig Jahre alt.

Eine Kommunikation mit dem Beschwerdeführer und der Zeugin ist ohne Beiziehung eines Dolmetschers nicht möglich.

Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Beschwerdevorbringens und der weiteren, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen, Einholung verschiedener Registerauszüge (Melderegister, Fremdenregister, Strafregister, TPX, Sozialversicherung) sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, im Rahmen derer der Beschwerdeführer als Partei sowie Frau D. B. als Zeugin einvernommen wurde.

Die Feststellungen zu den persönlichen Daten des Beschwerdeführers sowie der Antragstellung bzw. den bisherigen Antragstellungen sowie der erteilten Visa ergeben sich aus dem Reisedokument des Beschwerdeführers, der Geburtsurkunde sowie dem im Verwaltungsakt inliegenden Antragsformular und einem Auszug auf dem Zentralen Fremdenregister. Dass der Beschwerdeführer in Palästina aufgewachsen ist und dort bis zu seinem Wegzug in das Bundesgebiet gewohnt hat, ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 20. Jänner 2021. Dass der Beschwerdeführer als staatenlos anzusehen ist, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer Palästinenser ist und er über keine sonstige Staatsbürgerschaft verfügt. Dass der Beschwerdeführer am 11. September 2019 in das Bundesgebiet einreiste und seitdem nicht mehr ausreiste, ergibt sich aus den Daten im Reisedokument und den Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zur Eheschließung und zu den weiteren Familienverhältnissen ergeben sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde sowie dem Verwaltungsakt und den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die österreichische Staatsbürgerschaft der Ehegattin des Beschwerdeführers und ihrer Kinder ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt inliegenden Staatsbürgerschaftsnachweis.

Die Feststellungen zu den Aufenthalten in J. der Ehegattin ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben in der mündlichen Verhandlung, den vorgelegten Reisepässen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin sowie den Reisepässen der Kinder. Daraus ergibt sich auch, dass die Ehegattin das ihr unionsrechtlich zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten bislang noch nicht in Anspruch genommen hat.

Die Feststellungen zu den behördlichen Meldungen des Beschwerdeführers sowie zu der zuständigkeitshalber erfolgten Abtretung des Antrages an den Landeshauptmann von Wien gründen auf Auszügen aus dem Zentralen Melderegister sowie dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zum Zusatzantrag gemäß § 21 Abs. 3 NAG vom 17. Februar 2020 gründen auf dem entsprechenden Schreiben im Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zur Ausbildung des Beschwerdeführers sowie seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit gründen auf dem Verwaltungsakt sowie den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zu den Wohnverhältnissen gründen auf dem im Verwaltungsakt inliegenden Mietvertrag, den Wohnrechtsvereinbarungen, eingeholten Melderegister- und TPX-Auszügen sowie den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin in der mündlichen Verhandlung vom 20. Jänner 2021. Die Feststellungen zum Freundes- und Bekanntenkreis sowie den weiteren Familienverhältnissen gründen auf den Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers gründen auf dem eingeholten Strafregisterauszug sowie dem beigeschafften Akt vom Bezirksgericht C. zur Zl. ...2, in welchen durch das Verwaltungsgericht Wien und dem Beschwerdeführervertreter Einsicht genommen wurde.

Die Feststellungen zu den Beschäftigungen der Ehegattin und den gemeldeten Beitragsgrundlagen gründen auf einem Sozialversicherungsauszug, den vorgelegten Lohn- und Gehaltszettel, der vorgelegten Änderung des Arbeitsvertrages mit der S. KG, auf der Bekanntgabe der Beitragsgrundlagen durch die Österreichische Gesundheitskasse sowie den damit in Einklang stehenden Angaben der Ehegattin in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen zum Bezug von Notstandshilfe und Arbeitslosengeld gründen auf dem Sozialversicherungsauszug sowie den vorgelegten Mitteilungen über den Leistungsbezug. Die Feststellungen zur geplanten Geburt, dem Mutterschutz und dem geplanten Karenzgeldbezug gründen auf den glaubwürdigen Angaben der Ehegattin in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zum Bezug der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages gründen auf der vorgelegten Mitteilung des Finanzamtes vom 9. Dezember 2019.

Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Konto der Ehegattin bei der BAWAG PSK sowie der Auszahlungsart der Entlohnung im Hinblick auf die Beschäftigungsverhältnisse der Ehegattin gründen auf den vorgelegten Kontoauszügen, den Gehalts- und Lohnzetteln sowie den Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zu den regelmäßigen Aufwendungen ergeben sich zum einen aus der Wohnrechtsvereinbarung sowie den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin in der mündlichen Verhandlung sowie zum anderen aus den vorgelegten Kontoauszügen, aus denen die entsprechenden regelmäßigen Aufwendungen ersichtlich sind. Dass die Abbuchungen des Fitnesscenters sowie der Wiener Linien der Ehegattin und nicht ihrem ebenfalls zeichnungsberechtigten Bruder zuzuordnen sind, ergibt sich für das Verwaltungsgericht daraus, dass im Hinblick auf die Wiener Linien monatlich zwei Abbuchungen in Höhe von je EUR 33,-- erfolgen sowie im Hinblick auf die Abbuchung zugunsten des Fitnesscenters explizit der Name der Ehegattin pro Abbuchung angeführt wird.

Die Feststellungen zu den fehlenden Krediten des Beschwerdeführers sowie seiner Ehegattin gründen auf den vorgelegten KSV-Auszügen.

Die Feststellungen zum Ersparten in Höhe von rund EUR 5.000,-- bis EUR 6.000,-- gründen auf den Angaben der Ehegattin in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zum Sprachfehler des mj. H. B. sowie dessen geplanter Operation gründen auf den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen zu den krankenhäuslichen Aufenthalten der Ehegattin gründen auf den Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie vorgelegte Bestätigungen der Klinik X..

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer kein konkretes Jobangebot in Aussicht hat sowie jedenfalls nicht jener Tätigkeit, der seine Ehegattin am Y. nachgeht, übernehmen möchte, gründen auf den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen zur Kinderbetreuung sowie dazu, dass die Ehegattin mit ihren Kindern im Fall, dass der Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet erhalten sollte, nicht nach J. übersiedeln wird, gründen auf den Angaben der Ehegattin in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, dass eine Kommunikation mit dem Beschwerdeführer und der Zeugin ohne Beiziehung eines Dolmetschers nicht möglich ist, gründet auf den Wahrnehmungen des Verwaltungsgerichtes in der mündlichen Verhandlung.

III. Rechtslage

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, lauten (auszugsweise):

§ 11 NAG idF BGBl. I Nr. 145/2017:

„Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.“

§ 21 NAG idF BGBl. I Nr. 145/2020:

„Verfahren bei Erstanträgen

§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

2. Fremde bis längstens sechs Monate nach Ende ihrer rechtmäßigen Niederlassung im Bundesgebiet, wenn sie für diese Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben;

3. Fremde bis längstens sechs Monate nach Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, oder der Staatsangehörigkeit der Schweiz oder eines EWR-Staates;

4. Kinder im Fall der Familienzusammenführung binnen sechs Monaten nach der Geburt, soweit der Zusammenführende, dem die Pflege und Erziehung zukommt, rechtmäßig aufhältig ist;

5. Fremde, die zur visumfreien Einreise berechtigt sind, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

6. Fremde, die eine Niederlassungsbewilligung – Forscher“ (§ 43c) beantragen, und deren Familienangehörige sowie Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung „Student“, eine Aufenthaltsbewilligung „Freiwilliger“ oder eine „Niederlassungsbewilligung“ gemäß § 56 Abs. 1 beantragen, jeweils nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

7. Drittstaatsangehörige, die einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 beantragen, während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet mit einem Visum gemäß § 24a FPG;

8. Drittstaatsangehörige, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. i oder j AuslBG oder § 1 Z 5, 7 oder 9 AuslBVO vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen sind oder die unter § 1 Z 4 Personengruppenverordnung 2018 – PersGV 2018, BGBl. II Nr. 63/2019, fallen und die eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ oder eine Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ beantragen, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

9. Drittstaatsangehörige, die über ein österreichisches Reife-, Reifeprüfungs- oder Diplomprüfungszeugnis einer in- oder ausländischen Schule verfügen, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts und

10. Drittstaatsangehörige, die über einen gültigen Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates (§ 58a) oder einen gültigen Aufenthaltstitel „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates (§ 61) verfügen.

(3) Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.

(4) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 3 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(5) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Staatsangehörige bestimmter Staaten durch Verordnung zur Inlandsantragsstellung zuzulassen, soweit Gegenseitigkeit gegeben ist oder dies im öffentlichen Interesse liegt.

(6) Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5 schafft kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

(7) Abs. 2 bis 6 gelten nicht für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58) beantragen.“

§ 47 NAG idF BGBl. I Nr. 68/2013:

„Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ und „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“

§ 47. (1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

(2) Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ist ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

[…]“

IV. Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer begehrt die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“, Zusammenführende iSd § 47 Abs. 1 NAG ist seine österreichische Ehegattin, welche ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht in Anspruch genommen hat. Die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 47 Abs. 2 NAG liegen somit vor.

§ 47 Abs. 2 NAG verlangt ferner, dass Drittstaatsangehörige, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind und denen ein Aufenthaltstitel für den Zweck „Familienangehöriger“ erteilt werden soll, die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen müssen.

Der gegenständliche Antrag stellt einen Erstantrag dar, der persönlich am 13. März 2019 bei der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv gestellt wurde. Der Beschwerdeführer reiste im Anschluss mit einem von 5. August 2019 bis 4. Dezember 2019 für das Bundesgebiet gültigen Visum D am 11. September 2019 in das Bundgebiet ein und hält sich seitdem durchgehend in Österreich auf. Am 17. Februar 2020 stellte er einen Antrag gemäß § 21 Abs. 3 NAG.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann die Behörde abweichend von Abs. 1 auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „kann“ gemäß § 21 Abs. 3 Z 2 NAG die "Inlandsantragstellung" - worunter im Sinne eines Größenschlusses auch die Befugnis zu verstehen ist, die Entscheidung im Inland abzuwarten - zugelassen werden, wenn, keines der genannten Erteilungshindernisse vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet "zum Zweck der Antragstellung" - worunter auch der an die Antragstellung anschließende Auslandsaufenthalt fallen muss - im Hinblick auf die gebotene Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK "nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist". In diesem Zusammenhang verweist der Gesetzgeber ausdrücklich auf § 11 Abs. 3 NAG. Im Übrigen ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 Z 2 NAG 2005 ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" die Antragstellung im Inland zuzulassen (vgl. VwGH 24.2.2011, 2010/21/0460 mwN, VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0123).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei dem Erfordernis des § 21 Abs. 1 NAG, den Erstantrag im Ausland einzubringen und die Entscheidung im Ausland abzuwarten, nicht um ein bloßes Formalerfordernis, sondern um eine Erfolgsvoraussetzung. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch festgehalten, dass Fremde, die nach einer Antragstellung im Ausland mit einem Visum in das Bundesgebiet eingereist sind, nicht berechtigt sind, die Entscheidung über ihren - wenn auch im Ausland gestellten - Antrag über den Ablauf der Gültigkeit des Visums hinaus im Inland abzuwarten (siehe VwGH 21.2.2017, Ra 2016/22/0080, Rn. 9). Ein Verbleib im Inland in einer derartigen Konstellation stellt einen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 21 Abs. 1 zweiter Satz NAG dar (siehe VwGH 10.12.2019, Ra 2018/22/0288 mwN).

Gegenständlich ist somit eine Interessenabwägung durchzuführen, wobei den in § 11 Abs. 3 NAG aufgezählten Kriterien maßgebliche Bedeutung zukommt. Für die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzung des § 21 Abs. 3 Z 2 NAG 2005 ist die Rechtsprechung zur Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG 2005 bzw. Art. 8 EMRK maßgeblich (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/22/0086).

Dabei ist sowohl im Anwendungsbereich des § 21 Abs. 3 Z 2 NAG als auch bei Interessenabwägungen nach Art. 8 EMRK in anderen Zusammenhängen einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt eine besondere Bedeutung beizumessen (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/22/0086, VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005; VwGH 10.12.2013, 2013/22/0242; VwGH 17.4.2013, 2011/22/0185; VwGH 26.2.2013, 2010/22/0073; VwGH 13.9.2011, 2009/22/0216). Demgegenüber kommt einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren im Verfahren betreffend Aufenthaltstitel für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 10.5.2016, Ra 2015/22/0158 mwN).

Das persönliche Interesse an einem Verbleib in Österreich nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht alleine maßgeblich, sondern kommt es darauf an, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genutzt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325).

Folgende Umstände – zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten – stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden, das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung, eine Einstellungszusage, das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse, familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen, ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben, eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben, freiwillige Hilfstätigkeiten, ein Schulabschluss bzw. eine gute schulische Integration in Österreich oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. mwN VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Der Beschwerdeführer hält sich seit 11. September 2019, somit seit rund einem Jahr und fünf Monaten im Bundesgebiet auf. Die bisherige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers weist damit kein maßgebliches Ausmaß auf, welches bei der durchzuführenden Interessenabwägung in erheblichem Ausmaß zu berücksichtigen wäre. Besondere soziale oder berufliche Integrationsschritte im Zeitraum des bisherigen Aufenthaltes konnten vom Verwaltungsgericht Wien nicht erkannt werden. Im Übrigen ist das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht gemindert, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hat, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. In diesem Sinn darf die Behörde nach § 21 Abs. 3 Z 2 iVm. § 11 Abs. 3 Z 8 NAG 2005 bei der Interessenabwägung darauf Bedacht nehmen, ob das Privat- und Familienleben der Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VwGH 10.12.2013, 2013/22/0242).

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK dem Bestehen einer Ehe mit einem dauerhaft niedergelassenen Partner große Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 27.4.2017, Ra 2016/22/0102). Der Beschwerdeführer ist mit der österreichischen Staatsbürgerin Frau D. B., welche im Bundesgebiet dauerhaft niedergelassen ist, verheiratet. Aus dieser Ehe entstammen zwei Kinder mit ebenfalls österreichischer Staatsbürgerschaft; die Ehegattin ist ferner gegenwärtig erneut schwanger. Dieser Familienkonstellation des Beschwerdeführers ist entsprechender Bedeutung zuzumessen; abschwächend wirkt jedoch iSd zitierten Rechtsprechung, dass das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. Auch, dass der Sohn des Beschwerdeführers einen Sprachfehler habe und vermehrte Aufmerksamkeit benötige, wobei sich sein Sprachfehler jedoch zunehmend verbessere sowie, dass nach der Entbindung des dritten Kindes eine Operation des Sohnes geplant sei, lässt dem Familienleben des Beschwerdeführers entsprechende Bedeutung zukommen, erreicht jedoch kein Ausmaß, dass diesbezüglich bereits den öffentlichen Interessen an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen weniger Gewicht einzuräumen wäre.

Wenn der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 20. Jänner 2021 vorbringt, dass er dachte, während dem laufenden Verfahren in Österreich bleiben zu können, ihm niemand gesagt habe, dass er das Land verlassen müsse und er nun zum ersten Mal höre, dass er nicht hier sein dürfe, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 13. Mai 2020 darauf hingewiesen wurde, dass die Entscheidung im Ausland abzuwarten ist. Im Übrigen stellte der Beschwerdeführer bereits am 17. Februar 2020 einen Antrag gemäß § 21 Abs. 3 Z 2 NAG, den er zusammenfassend damit begründete, dass ihm eine Ausreise und ein Abwarten auf die Zuerkennung des Aufenthaltstitels in Palästina nicht zumutbar sei. Der Beschwerdeführer war sich somit sehr wohl seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst.

Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, dass die „Inlandsantragstellung“ auf Grund der unzumutbaren und unsicheren Rückkehr nach Israel bzw. Palästina unzulässig sei, so ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Frage einer Unzumutbarkeit der Rückkehr in das Heimatland des Fremden aus Gründen einer Gefährdung im Sinn des § 50 Abs. 1 FrPolG 2005 oder aus Gründen einer asylrelevanten Verfolgung (§ 50 Abs. 2 FrPolG 2005) bei Beurteilung eines Antrages auf Zulassung der Inlandsantragstellung nach § 21 Abs. 3 NAG 2005 nicht zu prüfen ist. Eine derartige Prüfung hat in den dafür vorgesehenen Verfahren zu erfolgen (vgl. VwGH 10.11.2010, 2010/22/0167). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin und den beiden Kindern wiederholt in seinem Heimatland lebte. Die Ehegattin des Beschwerdeführers reiste dreimal in das Heimatland des Beschwerdeführers, während dieser Aufenthalte erfolgte die Eheschließung und kam der gemeinsame Sohn, mj. H. B., zur Welt. Konkret reiste die Ehegattin des Beschwerdeführers im Jänner 2012 nach J. und verblieb dort bis September 2012. Nach einem fünfmonatigen Aufenthalt in Österreich reiste sie erneut nach J. und verblieb dort bis Juli 2014. Am ... 2014 brachte die Ehegattin die mj. G. B. in Wien zur Welt. Im Juli 2016 reiste die Ehegattin des Beschwerdeführers erneut nach J. und verblieb dort bis Mai 2018. Ein unzulässiger Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ist für das Verwaltungsgericht Wien im Hinblick auf die wiederholten Reisen und längerfristigen Aufenthalte im Heimatland des Beschwerdeführers nicht zu erkennen.

In der durchzuführenden Abwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer eine strafrechtliche Verurteilung aufweist. Ferner ist auch eine Kommunikation mit dem Beschwerdeführer ohne Beiziehung eines Dolmetschers nicht möglich. Der Beschwerdeführer vermochte zudem trotz seines eineinhalbjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet keine besonderen integrationsbegründenden Schritte zu setzen. So besteht beispielsweise keine Aussicht auf eine konkrete Erwerbstätigkeit. Weitere Integrationsmerkmale wie eine aktive Teilnahme in Vereinen sind beim Beschwerdeführer nicht ersichtlich. Die Familie des Beschwerdeführers lebt zu einem großen Teil in J.. Der Beschwerdeführer wurde in Palästina geboren, wuchs dort auf und schloss seine gesamte Schul- und Berufsausbildung dort ab, wobei der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einen Studienabschluss im Bereich … erwarb. Bis September 2019 lebte er in Palästina. Auch seine bisherige Berufstätigkeit erfolgte ausschließlich im Heimatland. Im Hinblick auf seinen Bekannten-, Freundes und Familienkreis leben erheblich viele nahe Verwandte in J., wobei der Beschwerdeführer auch zahlreiche familiäre Verbindungen im Bundesgebiet hat. Der Beschwerdeführer bringt dabei vor, dass an nahen Verwandten, nämlich Onkeln, Tanten und Cousins, insgesamt rund zwanzig, in J. und rund fünfzig seiner Verwandten in Österreich, der Großteil in Wien, leben würden. Die Eltern des Beschwerdeführers leben in Großbritannien. Der Beschwerdeführer hat sowohl in J. als auch im Bundesgebiet einen großen Bekannten- und Freundeskreis.

Unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte, insbesondere der bestehenden Bindungen zum Heimatland, ist von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an einer Nichterteilung des Aufenthaltstitels gegenüber den Interessen des Beschwerdeführers an einer Intensivierung seines im Bundesgebiet bestehenden Privat- und Familienlebens auszugehen, da das Familienleben mit seiner Ehegattin und den gemeinsamen Kindern als wesentlichstes integrationsbegründendes Merkmal durch den Umstand entscheidend abgeschwächt wird, dass das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthaltes bewusst war. Sonstige integrationsbegründende Merkmale, die zu einer anderen Gewichtung sämtlicher Aspekte geführt hätten, konnten vom Verwaltungsgericht Wien nicht erkannt werden. Vielmehr weist der Beschwerdeführer erhebliche Bindungen zu seinem Heimatland auf. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung war den öffentlichen Interessen an der Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen der Vorzug einzuräumen.

Gegenständlich war somit von der Erfolgsvoraussetzung des § 21 Abs. 1 NAG, nämlich das Verfahren im Ausland abzuwarten, im Hinblick auf die aus Art. 8 EMRK erfließenden Rechte, nicht abzusehen. Der Beschwerdeführer erfüllt damit die genannte Erfolgsvoraussetzung des § 21 Abs. 1 NAG nicht.

Des Weiteren hat der Beschwerdeführer für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 und Abs. 2 NAG zu erfüllen. Dabei erscheint bereits die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung des erforderlichen Lebensunterhaltes (§ 11 Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 NAG) als fragwürdig:

Die Behörde stützte die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels auch auf den Umstand, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen könnte.

Bei der Prüfung, ob ausreichende Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen, ist eine Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Mittel zu treffen. Das erforderliche Haushaltseinkommen bemisst sich dabei nach den Richtsätzen des § 293 Abs. 1 ASVG (vgl. etwa VwGH 22.3.2011, 2007/18/0689). Jene Beträge, welche dem erforderlichen Einkommen in Richtsatzhöhe hinzuzurechnen sind, werden in § 11 Abs. 5 NAG demonstrativ aufgezählt.

Weiters judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass der nach § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG zu fordernde Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes des Fremden gesichert sein muss und diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (vgl. VwGH 31.5.2011, 2008/22/0709). Bei der Berechnung des vorhandenen Einkommens im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG sind auch die anteiligen Sonderzahlungen zu berücksichtigen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2008/18/0629).

Gemäß §

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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