TE Vfgh Erkenntnis 2021/3/10 E345/2021 ua

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Veröffentlicht am 10.03.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
BVG über die Rechte von Kindern ArtI
AsylG 2005 §8, §10, §34, §55, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
EU-Grundrechte-Charta Art24 Abs2
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigter betreffend eine Familie von Staatsangehörigen des Iraks; mangelhafte Auseinandersetzung mit der Situation von Kindern durch Außerachtlassung aktueller Länderberichte

Spruch

I.   Den Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird im Umfang der Gebührenbefreiung stattgegeben.

II. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen werden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

III. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

IV. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen und nunmehr volljährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer sowie der nach wie vor minderjährigen Viert- bis Sechstbeschwerdeführer. Die Beschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige, gehören der Volksgruppe der Araber an und bekennen sich zum schiitischen Islam. Der Vater der Zweit- und Drittbeschwerdeführer und erste Ehemann der Erstbeschwerdeführerin verstarb 2003. Der zweite Ehemann der Erstbeschwerdeführerin ist der Vater der Viert- bis Sechstbeschwerdeführer und ist – nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in Österreich am 30. April 2015 – am 2. Mai 2019 freiwillig in den Irak zurückgekehrt. Sein Verfahren wurde daraufhin eingestellt.

2. Die Beschwerdeführer hätten, so zusammengefasst ihr Vorbringen, vor ihrer Ausreise aus dem Irak in einem Haus in Bagdad gelebt. Die Erstbeschwerdeführerin habe neun Jahre die Grundschule in Bagdad besucht und von ihrem ersten Ehemann zwei Brautmodengeschäfte in Bagdad geerbt, in denen sie gearbeitet habe. Sie habe diese Geschäfte im Jahr 2005 verkauft. Der Zweitbeschwerdeführer habe sieben Jahre und die Drittbeschwerdeführerin sechs Jahre die Grundschule in Bagdad besucht.

3. Zu den Fluchtgründen brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie von der Familie ihres ersten Ehemannes bedroht worden sei und man ihr ihre Kinder, die von ihrem ersten Ehemann stammten, wegnehmen wolle, zumal man verhindern wolle, dass das Erbe über die Kinder zur schiitischen Glaubensgemeinschaft gelange. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer seien mit der erneuten Heirat der Erstbeschwerdeführerin vom sunnitischen zum schiitischen Islam konvertiert. Zudem werde der Zweitbeschwerdeführer wegen seiner Konversion von der Familie seines Vaters bedroht und der Drittbeschwerdeführerin drohe eine Zwangsheirat. Für die minderjährigen Viert- bis Sechstbeschwerdeführer wurden keine gesonderten Fluchtgründe vorgebracht.

4. Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer stellten am 11. Dezember 2015 Anträge auf internationalen Schutz. Am 21. Juli 2017 wurde für den in Österreich geborenen Sechstbeschwerdeführer ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies die Anträge mit Bescheiden vom 9., 10. und 11. August 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab. Es erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak zulässig sei, und setzte eine 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise.

5. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht nach mündlicher Verhandlung am 15. Juli 2020 mit Erkenntnis vom 16. Dezember 2020 hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet ab. Es erklärte weiters die Abschiebung für dauerhaft unzulässig und erteilte gemäß §55 Abs2 AsylG 2005 den Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten.

5.1. Es begründete die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten im Wesentlichen damit, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht glaubhaft sei.

5.2. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten erachtete das Bundesverwaltungsgericht als nicht gegeben, weil eine Rückkehr in den Herkunftsstaat zur Verfügung stehe. Die Erstbeschwerdeführerin verfüge über eine neunjährige Schulausbildung und sei im Herkunftsstaat bereits berufstätig gewesen. Auch die volljährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer verfügten über eine mehrjährige Schulausbildung. Die Beschwerdeführer sprächen zudem die Landessprache Arabisch. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer sollten daher in der Lage sein, für ihren Lebensunterhalt und den der minderjährigen Viert- bis Sechstbeschwerdeführer zu sorgen. In Bagdad lebten die Eltern, ein Bruder und fünf Schwestern der Erstbeschwerdeführerin mit ihren Familien. Der Vater der Erstbeschwerdeführerin besitze ein Möbelgeschäft, in dem der Bruder der Erstbeschwerdeführerin arbeite. Zwei Schwestern seien berufstätig und arbeiteten als Lehrerin bzw Anwältin. Die Beschwerdeführer könnten daher von diesen Familienangehörigen zumindest in der Anfangszeit unterstützt werden. Es könne sohin nicht erkannt werden, dass den Beschwerdeführern, die in Bagdad über ein familiäres bzw soziales Netz verfügten, im Falle einer Rückkehr nach Bagdad dort die notwendigste Lebensgrundlage entzogen und dadurch die Schwelle des Art3 EMRK überschritten wäre.

6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungs-gesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sowie Verfahrenshilfe beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Situation für die Beschwerdeführer, insbesondere auf Grund des schiitischen Glaubens der Erstbeschwerdeführerin, äußerst bedrohlich sei und die Gefahr bestehe, dass der Erstbeschwerdeführerin die minderjährigen Kinder von den Eltern ihres ersten Ehemannes weggenommen würden. Auch hätte man angenommen, dass die Beschwerdeführer ein soziales Gefüge hätten, in das sie sich begeben könnten, ohne auf das Fluchtvorbringen der Verfolgung aus religiösen Gründen einzugehen.

Weiters wurde eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art8 EMRK wegen Anwendung der verfassungswidrigen Bestimmung des §55 Abs1 AsylG 2005 moniert. Hiezu wurde vorgebracht, dass den Beschwerdeführern lediglich eine "Aufenthaltsgenehmigung" gemäß §55 Abs2 AsylG 2005 zuerkannt wurde, weil sie die Voraussetzung des Abs1 leg. cit. nicht erfüllten. Dadurch, dass die Schranken für die Erlangung einer "Aufenthaltsgenehmigung plus" so hoch gelegt würden, werde das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art8 EMRK mittelbar verletzt, weil nur dieser Aufenthaltstitel eine Beschäftigung am Arbeitsmarkt und den Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung sowie Sozialhilfe ermögliche.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

II. Erwägungen

A. Soweit sich die – zulässige – Beschwerde gegen die Abweisung der Beschwerden durch das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten richtet, ist sie auch begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unter-scheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:

2.1. Bei der Behandlung der Anträge auf internationalen Schutz von Minderjährigen sind – unabhängig davon, ob sie unbegleitet sind oder gemeinsam mit ihren Eltern oder anderen Angehörigen leben – bei entsprechend schlechter allgemeiner Sicherheitslage Länderinformationen zum Herkunftsland, in die auch die Erfahrungen in Bezug auf Kinder Eingang finden, jedenfalls erforderlich (vgl UNHCR, Richtlinien zum Internationalen Schutz: Asylanträge von Kindern im Zusammenhang mit Art1 [A] 2 und 1 [F] des Abkommens von 1951 bzw des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 22.12.2009, Rz 74). Dementsprechend hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt die Bedeutung der Länderfeststellungen im Hinblick auf Minderjährige als besonders vulnerable Antragsteller hervorgehoben (vgl zB VfGH 8.6.2020, E3524/2019 ua mwN). Dieses Verständnis steht im Einklang mit Art24 Abs2 GRC bzw ArtI zweiter Satz des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern, BGBl I 4/2011, wonach bei allen Maßnahmen öffentlicher Stellen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein muss (VfGH 2.10.2013, U2576/2012 mit Verweis auf EuGH 6.6.2013, Rs C-648/11, MA ua, Rz 56 und 57).

2.2. Hinsichtlich der Lage von Kindern werden im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (S 7) zwar Länderinformationen aus dem Jahr 2018 wiedergegeben, die in einem Absatz auf den Zugang zu Schulbildung im Irak Bezug nehmen; eine weitergehende (aktuelle) Auseinandersetzung mit dem Zugang auf Schulbildung sowie eine substantiierte Auseinandersetzung betreffend die Sicherheitslage für Kinder erfolgte jedoch im Erkenntnis nicht. Es wird darin lediglich ausgeführt, dass die Erst- bis Drittbeschwerdeführer in der Lage sein sollten, für ihren Lebensunterhalt und den der minderjährigen Viert- bis Sechstbeschwerdeführer zu sorgen. Zur Rückkehrsituation wird lediglich angeführt, dass die Beschwerdeführer auf eine Unterstützung seitens der näher beschriebenen, im Irak lebenden Familienangehörigen zurückgreifen könnten.

2.3. Auch die zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes bereits verfügbare, aber der angefochtenen Entscheidung nicht zugrunde gelegte Fassung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 17. März 2020 findet keine Erwähnung. Darin finden sich die Feststellungen, dass Kinder weiterhin Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen und in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage sowie durch Gewaltakte gegen sie bzw Familienmitglieder stark betroffen seien.

2.4. Das Bundesverwaltungsgericht hat sohin sein Erkenntnis im angegebenen Umfang mit Willkür belastet, weil es unterlässt, sich substantiiert mit der Frage auseinanderzusetzen, ob den zum Zeitpunkt der Entscheidung minderjährigen Viert- bis Sechstbeschwerdeführern im Falle einer Rückkehr eine Verletzung ihrer gemäß Art2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte droht (vgl hiezu jüngst VfGH 11.12.2020, E1953/2020 ua; 7.10.2020, E1524/2020 ua; 28.11.2019, E2526/2019 ua). Diese Mängel schlagen gemäß §34 Abs4 AsylG 2005 auch auf die Entscheidung betreffend die Erst- bis Drittbeschwerdeführer durch (s VfSlg 19.855/2014); daher ist auch diese im selben Umfang – wie jene betreffend die minderjährigen Viert- bis Sechstbeschwerdeführer – aufzuheben.

B. Im Übrigen, soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung der Anträge auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und die Nichterteilung der Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie die Normbedenken hinsichtlich §55 Abs1 AsylG 2005 richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2. Die Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

3. Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl zu unterschiedlichen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln VfSlg 20.282/2018) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisten Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art8 EMRK wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Dem Gesetzgeber kommt bei der Regelung, welchen Personen in Österreich ein Aufenthaltstitel zuerkannt werden soll, ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Eine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers mit der Festlegung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des §55 Abs1 AsylG 2005 kann vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles nicht erkannt werden.

III. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen werden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten (zum System der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vgl VfSlg 19.867/2014).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

5. Den Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung ist stattzugeben.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist sohin Umsatzsteuer in Höhe von € 476,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht / Vulnerabilität, Kinder, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E345.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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