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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ABGB §7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden
Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner,
Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein
des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde des E
in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den
Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg vom
5. Juni 1996, Zl. Jv 1709-33a/96, betreffend Gerichtsgebühren,
zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerdeschrift, ihrer Ergänzung und dem Inhalt der
vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt
sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer war im Verfahren 7 Cga 2/96 v vor dem
LG Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht beklagte Partei
und hatte das gegen ihn ergangene Versäumungsurteil vom
22. Jänner 1996 mit Berufung bekämpft. Dafür hatte er gemäß
TP 2 GGG Pauschalgebühr in Höhe von S 10.600,-- entrichtet.
Über die Berufung wurde in der Folge aber nicht
entschieden, weil die klagende Partei die Klage noch vor
Zustellung der Berufung an sie unter Anspruchsverzicht wieder
zurückgezogen hatte (§ 483 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
Daraufhin begehrte der Beschwerdeführer die Rückzahlung der
für die Berufung entrichteten Pauschalgebühr mit der
Begründung, daß sich zufolge der Klagsrückziehung eine
Entscheidung über die Berufung erübrigt habe.
Die belangte Behörde wies den Rückzahlungsantrag unter
Hinweis auf Anm. 3 letzter Satz zu TP 2 GGG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den
Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung
ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof
abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht
Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge
Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich
in seinem Recht darauf verletzt, daß ihm die entrichtete
Pauschalgebühr zumindest zum Teil (zwei Drittel bzw. zur
Hälfte) zurückzuerstatten ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Anm. 3 zur TP 2 GGG lautet:
"Die Pflicht zur Entrichtung der Pauschalgebühr nach
Tarifpost 2 wird dadurch nicht berührt, daß eine im Verfahren
zweiter Instanz ergangene Entscheidung aufgehoben oder
abgeändert wird. Die Gebührenpflicht erlischt auch dann nicht,
wenn über das Rechtsmittel nicht entschieden wird."
Die Beschwerde argumentiert damit, daß auf den
Beschwerdefall (mit Rücksicht darauf, daß das Berufungsgericht
gar nicht beansprucht worden und ein Gerichtsaufwand daher
nicht entstanden sei) die Bestimmungen der Anm. 3 zur TP 1 GGG
bzw. der Anm. 2 zur TP 3 leg. cit. analog anzuwenden seien.
Dabei übersieht die Beschwerde allerdings grundlegend, daß
der Gebührentatbestand der TP 2 GGG in Gestalt der von der
belangten Behörde angewendeten Vorschrift des 2. Satzes der
Anm. 3 gerade zur Frage, daß über ein erhobenes Rechtsmittel
vom Gericht zweiter Instanz (warum auch immer) gar nicht
entschieden wird, eine spezielle Regelung enthält, die von den
oben zitierten Bestimmungen, deren analoge Anwendung der
Beschwerdeführer anstrebt, durchaus abweicht. Mit Rücksicht
darauf, daß der Fall, daß über ein Rechtsmittel, welches gemäß
§ 2 Z. 1 lit. c GGG mit seiner Überreichung die Gebührenpflicht
ausgelöst hat, in der Folge vom Gericht zweiter Instanz gar
nicht entschieden wird, gemäß Satz 2 der Anm. 3 zu TP 2 GGG
ausdrücklich kein Erlöschen der Gebührenpflicht bewirkt, ist
das Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit im Gesetz zu
verneinen. Gerade diesen Fall hat ja der Gesetzgeber explicit
geregelt. Damit fehlt es aber an der Grundvoraussetzung für den
von der Beschwerde angestrebten Analogieschluß (vgl. z.B.
F. Bydlinski in Rummel, ABGB I2 Rz 2 zu § 7 ABGB). Im
Beschwerdefall hat somit die gemäß § 483 Abs. 3 Satz 2 ZPO
zulässigerweise erfolgte Klagsrücknahme dazu geführt, daß die
vom Beschwerdeführer gegen das wider ihn ergangene
Versäumungsurteil erhobene Berufung in der Folge unerledigt
blieb. Nach der dafür bestehenden zitierten Spezialvorschrift
der Anm. 3 Satz 2 zu TP 2 GGG kann dies aber an der mit der
Überreichung des Rechtsmittels begründeten Gebührenpflicht für
die erhobene Berufung nichts mehr ändern.
Insoweit der Beschwerdeführer sich auf den Wortlaut des
Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom
2. Oktober 1996, Zl. B 2346/96-3, zu stützen sucht, ist darauf
hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer angesprochene Passage
aus dem Abs. 2 der Seite 2 des Beschlusses des
Verfassungsgerichtshofes nur einen im Konjunktiv gehaltenen
Stehsatz darstellt, der einerseits lediglich eine bedingte
Aussage enthält (arg.: allenfalls) und der andererseits keine
den Verwaltungsgerichtshof bindende Wirkung dahin erzeugen
kann, daß der angefochtene Bescheid tatsächlich "grob
rechtswidrig" ist. Dazu kommt, daß der Verfassungsgerichtshof
z. B. selbst schon ausgesprochen hat, daß der Umstand, daß die
Anmerkung zur TP 2 GGG keine Ermäßigung der Pauschalgebühr für
den Fall der Rückziehung einer Berufung vorsieht (in welchem
Fall über die Berufung ja auch nicht mehr entschieden werden
muß) keinen Anlaß für die meritorische Behandlung einer
Verfassungsgerichtshofbeschwerde darstellt (vgl. dazu die bei
Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5 unter E 6 zur TP 2 GGG
angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
Mit Rücksicht auf die gegebene Rechtslage kann auch der
erhobenen Verfahrensrüge (betreffend das Unterbleiben von
Feststellungen im angefochtenen Bescheid über einzelne
Aktenvorgänge nach der Klagsrücknahme) von vornherein kein
Erfolg beschieden sein, weil - wie oben schon ausgeführt - die
maßgebliche Gesetzesstelle die Gebührenpflicht ohne Rücksicht
auf den Grund, warum über das Rechtsmittel nicht entschieden
wurde, aufrecht erhält.
Somit ergab sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, daß die
behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die
Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997160020.X00Im RIS seit
21.08.2019Zuletzt aktualisiert am
21.08.2019