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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der L in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. November 1995, Zl. 303.968/2-III/11/95, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin verfügte über einen Touristensichtvermerk mit Geltungsdauer vom 7. Dezember 1994 bis 7. Jänner 1995. Sie beantragte am 29. April 1995 auf postalischem Wege bei der österreichischen Botschaft in Budapest die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. In ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 29. August 1995 vor dem Landeshauptmann von Wien gab die Beschwerdeführerin an:
"Ich bin mit einem Touristen-SV (gültig bis 7.1.95) nach Österreich eingereist. Den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung hat der Gatte gestellt. Ich bin seit der Einreise im Dez. 94 nicht mehr ausgereist."
Mit Bescheid vom 11. September 1995 wies der Landeshauptmann von Wien diesen Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) ab, weil die Erteilung der Bewilligung im Anschluß an einen Touristensichtvermerk begehrt werde.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung bestritt die Beschwerdeführerin die Rechtsauffassung, daß "der Touristensichtvermerk eine ganz andere Rechtsfolge hat als die Aufenthaltsbewilligung". Außerdem verwies sie darauf, daß ihre Antragstellung "im Ausland" erfolgt sei. Im übrigen berief sie sich auf ihre familiären Interessen im Bundesgebiet, welche durch die Anwesenheit ihres Ehegatten, eines Fremden, der über eine Aufenthaltsbewilligung und eine Arbeitserlaubnis verfüge, sowie des gemeinsamen in Österreich geborenen Kindes, begründet seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. November 1995 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung - unter anderem - gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage mit einem Touristensichtvermerk eingereist und habe ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen.
Aufgrund dieser Sachlage sei der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gegeben. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2
MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vor, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautet:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 FrG lautet auszugsweise:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der in Rede stehende Sichtvermerksversagungsgrund bereits dann verwirklicht, wenn sich der Fremde - ohne zwischenzeitige Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0536) oder einer Berechtigung zum Aufenthalt aufgrund eines Wiedereinreisesichtvermerkes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1997, Zl. 95/19/1476) - in dem für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Anschluß an eine sichtvermerksfreie oder mit Touristensichtvermerk erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1758). Ein nahtloser Anschluß an den Touristensichtvermerk (ohne zwischenzeitigen unrechtmäßigen Aufenthalt) ist zur Verwirklichung dieses Versagungstatbestandes nicht gefordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0293).
Die Ausführung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei mit einem Touristensichtvermerk eingereist und habe ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen, beinhaltet die Tatsachenfeststellung, die Beschwerdeführerin habe sich im Anschluß an ihre Einreise mit Touristensichtvermerk weiter im Bundesgebiet aufgehalten. Auf Basis dieser Bescheidfeststellung ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gegeben.
In ihrer Verfahrensrüge bestreitet die Beschwerdeführerin diese Feststellung, indem sie behauptet, sie habe sich weder im Zeitpunkt der Antragstellung noch davor und danach in Österreich aufgehalten. Ein solcher Aufenthalt könne auch nicht aus der Tatsache ihrer polizeilichen Meldung allein gefolgert werden.
Dem sind jedoch die eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 29. August 1995 entgegenzuhalten, wonach sie nach ihrer Einreise im Dezember 1994 nicht mehr aus dem Bundesgebiet ausgereist sei und der in Ungarn aufgegebene Antrag auf Aufenthaltsbewilligung von ihrem Gatten gestellt worden sei. Vor dem Hintergrund dieser Angaben ist das Berufungsvorbringen, die Antragstellung sei "im Ausland" erfolgt, nicht dahingehend zu werten, daß die Beschwerdeführerin damit der Annahme der erstinstanzlichen Behörde, sie halte sich nach Einreise mit Touristensichtvermerk im Inland auf, entgegentreten wollte.
Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen verstößt daher gegen das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Insoweit die Beschwerdeführerin ihre familiären Interessen an einem Familiennachzug ins Treffen führt, vermag sie auch damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil bei Anwendung des Versagungstatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden nicht in Frage kommt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, B 338/93, B 445/93, Slg. Nr. 13.497, sowie das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/0362).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996190031.X00Im RIS seit
02.05.2001