TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/24 96/06/0284

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Veröffentlicht am 24.04.1997
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Index

L81705 Baulärm Salzburg;
L82005 Bauordnung Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1973 §14 Abs4;
BauPolG Slbg 1973 §14 Abs5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 25. Oktober 1996, Zl. 1/02-35.991/2-1996, betreffend einen Devolutionsantrag in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: X-GmbH in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist aufgrund des rechtskräftigen Zuschlages in einem Zwangsversteigerungsverfahren Eigentümerin des Grundstückes Nr. N69/8 im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Gemeinde. Mit Anbringen vom 12. Mai 1995 hatte die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei im Eigentum an diesem Grundstück unter Berufung auf § 14 Abs. 4 und 5 Salzburger Baupolizeigesetz "um Verlängerung des Bescheides vom 21.8.1992 ... um weitere drei Jahre" angesucht, da es aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, mit den baurechtlich genehmigten Baumaßnahmen zu beginnen. Da über diesen Antrag keine Entscheidung der Behörde erster Instanz erging, stellte die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei am 15. März 1996 gemäß § 73 Abs. 2 AVG einen Devolutionsantrag an die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde. Aufgrund einer Anfrage teilte der Rechtsvertreter der mitbeteiligten Partei mit Schreiben vom 19. Juni 1996 mit, daß die mitbeteiligte Partei aufgrund des Zuschlages in der Zwangsversteigerung Eigentümerin der Liegenschaft geworden sei, er die Mitbeteiligte ebenfalls vertrete und sich hinsichtlich der Vollmacht auf § 10 AVG berufe. Weiters wird in dem Schreiben ausgeführt: "Ferner darf ich mitteilen, daß die (Mitbeteiligte) dem gestellten Devolutionsantrag beitritt und selbstverständlich den Devolutionsantrag aufrecht erhalten wird."

Die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde wies sodann mit Bescheid vom 23. September 1996 den Devolutionsantrag der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei zurück und wies weiters die Erklärung der mitbeteiligten Partei vom 19. Juni 1996, dem Devolutionsantrag der Rechtsvorgängerin beizutreten und ihn aufrechtzuerhalten, zurück.

Aufgrund der Vorstellung der mitbeteiligten Partei hob die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid unter Spruchpunkt 2 den Bescheid der Gemeindevertretung vom 23. September 1996 hinsichtlich des Devolutionsantrages der mitbeteiligten Partei auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich (im Umfang des genannten Spruchteiles 2) die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die Beschwerdeführerin hat auf die Gegenschriften repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit erachtet sich die beschwerdeführende Gemeinde durch den Spruchteil 2 des angefochtenen Bescheides insoweit in ihren Rechten verletzt, als nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar der Rechtsnachfolger im Eigentum die Stellung als Partei in einem baubehördlichen Bewilligungsverfahren erlangen könnte, hiefür jedoch eine ausdrückliche Erklärung erforderlich sei. Die mitbeteiligte Partei habe jedoch keine Anzeige eines Parteiwechsels durchgeführt. Sie habe vielmehr nur erklärt, daß sie dem "gestellten Devolutionsantrag beitritt und selbstverständlich den Devolutionsantrag aufrecht erhalten wird". Da ein Beitritt einer Partei zum Antrag einer anderen Partei dem AVG insbesondere im Zusammenhang mit einem Devolutionsantrag fremd sei, da das AVG eine Streitgenossenschaft nicht kenne, habe die belangte Behörde zu Unrecht die Zulässigkeit des Begehrens der mitbeteiligten Partei ausgesprochen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Wie auch die beschwerdeführende Gemeinde zugesteht, ist aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, daß bei sachbezogenen baurechtlichen Verfahren der Rechtsnachfolger im Eigentum eines Grundstückes oder Bauwerkes in das laufende baurechtliche Verfahren mit den gleichen Rechten und Pflichten eintritt, wie sie seinem Rechtsvorgänger zustanden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0057, mit Hinweis auf VwSlg. Nr. 3847 A/1955 und 7638 A/1969). Dies gilt sowohl für den Antragsteller als auch für Parteien, die als Eigentümer eines Nachbargrundstücks (aufgrund ihrer Nachbarstellung je nach der anwendbaren materiengesetzlichen Bestimmung) die Parteistellung innehaben bzw. erwerben konnten. Unabhängig davon, ob - wie dies teilweise in der Rechtsprechung angenommen wird - und in welchen Fällen der Eintritt ins Verfahren schon aufgrund des Rechtsübergangs erfolgt oder hiezu eine Prozeßerklärung erforderlich ist (insbesondere im Falle des Eigentumsübergangs am betroffenen Grundstück im Wege der Einzelrechtsnachfolge AUF SEITEN DES ANTRAGSTELLERS in Verfahren wie nach den Bauordnungen, in denen der Antragsteller auch eine vom Grundeigentümer verschiedene Person sein kann, wird man keinen "automatischen" Übergang der Parteistellung annehmen können), ergibt sich im Beschwerdefall, daß die oben angeführte Erklärung der mitbeteiligten Partei als ausreichend anzusehen ist, um den Gemeindebehörden den Willen der mitbeteiligten Partei zur Kenntnis zu bringen, als Partei in das von ihrer Rechtsvorgängerin eingeleitete Verfahren, auch hinsichtlich des Devolutionsantrags, einzutreten (vgl. zu einem Parteiwechsel ohne förmliche Erklärung im Fall der Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten des Antragstellers das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1993, Zl. 92/04/0144). Wenngleich es zutrifft, daß das AVG keine Streitgenossenschaft kennt, bedeutet dies nicht, daß die oben wörtlich wiedergegebene Erklärung der mitbeteiligten Partei ausschließlich dahingehend zu verstehen gewesen wäre, daß die mitbeteiligte Partei als Streitgenossin den Devolutionsantrag der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei "beitreten" wollte. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin setzen einerseits voraus, daß die Erklärung in einem ganz bestimmten technischen Sinn zu verstehen wäre, der aber auch auf dem Boden der Beschwerdeausführungen eben nicht aus dem AVG ableitbar ist, weil dieses die Streitgenossenschaft nicht kennt, und übergehen darüberhinaus völlig den Umstand, daß sich die Erklärung der mitbeteiligten Partei nicht in der Verwendung des in der Beschwerde inkriminierten Wortes "beitreten" erschöpfte. Schon der Wortlaut, daß die mitbeteiligte Partei "selbstverständlich den Devolutionsantrag aufrecht erhalten wird" mußte für die Gemeindebehörde klarstellen, daß die mitbeteiligte Partei, die als Rechtsnachfolgerin im Grundeigentum einer Antragstellerin in einem Bauverfahren vor den Behörden der beschwerdeführenden Gemeinde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt war, in das Verfahren einzutreten, eben dies, nämlich den Eintritt ins Verfahren, anzeigen wollte. Daß die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde die Erklärung im übrigen auch so verstanden hat, zeigt der Bescheid der Gemeindevertretung vom 23. September 1996, in dem die "Erklärung der (Mitbeteiligten) ..., dem Devolutionsantrag beizutreten UND IHN AUFRECHTZUERHALTEN" zurückgewiesen wurde. Die nunmehrige Behauptung der beschwerdeführenden Gemeinde, daß für sie klar gewesen sei, daß bei der Gemeindevertretung keine Zweifel bestanden hätten, daß die Erklärung nicht die Bekanntgabe eines Parteiwechsels darstellen sollte, steht somit zumindest in einem Spannungsverhältnis zu dieser Wortwahl im Bescheid vom 23. September 1996, will man nicht annehmen, daß die Formulierung dieses Bescheides ohne Vorstellung von der Bedeutung der gebrauchten Worte erfolgte. Die Erklärung eines Rechtsnachfolgers, einen Antrag seines Rechtsvorgängers aufrechtzuerhalten, ist als Erklärung, in das laufende Verwaltungsverfahren, das vom Rechtsvorgänger im Eigentum an dem Grundstück, auf dem die antragsgegenständliche Anlage errichtet werden soll, eingeleitet wurde, als Partei einzutreten, ausreichend (selbst wenn man der belangten Behörde hinsichtlich der Formulierung "einem Antrag beitreten" folgen wollte und nicht annimmt, daß aus dem Zusammenhang klar wäre, daß ein Rechtsnachfolger mit einer diesbezüglichen Erklärung in einem VERWALTUNGSVERFAHREN nicht ein Institut der ZPO ansprechen wollte, bleibt die beschwerdeführende Gemeinde jede Erklärung dafür schuldig, welchen Zweifel die Worte, daß der Devolutionsantrag aufrechterhalten werde, gelassen hätten).

Wenn die beschwerdeführende Gemeinde sich für ihren Standpunkt auf das Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/04/0228, beruft, so übersieht sie, daß in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Fall eine "entsprechende Prozeßerklärung" hinsichtlich des Eintritts in das Verfahren eben nicht vorlag (wobei noch hinzuzufügen ist, daß das genannte Erkenntnis nicht den Fall betraf, daß ein Antragsteller in einem anlagenrechtlichen Verfahren das Grundstück, auf dem die Anlage errichtet werden sollte, veräußert hatte, sondern den Fall, daß eine physische Person in eigenem Namen einen Antrag gestellt hatte, in weiterer Folge aber eine juristische Person im Verfahren aufgetreten war; Rückschlüsse auf die Anforderungen an eine Prozeßerklärung in dem hier vorliegenden Fall des Eigentumsüberganges lassen sich daher schon aus diesem Grund aus dem von der beschwerdeführenden Gemeinde genannten Erkenntnis nicht ziehen).

Wie der Verwaltungsgerichtshof verschiedentlich ausgesprochen hat (und worauf die beschwerdeführende Gemeinde auch zutreffend hinweist), wäre im Falle von Unklarheiten bezüglich des Inhaltes eines Anbringens die Behörde verpflichtet, von Amts wegen den Parteiwillen zu ermitteln (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1991, Zl. 89/10/0188, oder vom 20. Juni 1994, Zl. 90/10/0064). Es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 89/12/0146). Selbst wenn man im Hinblick auf die Verwendung des Futurs in der Formulierung "beitritt und selbstverständlich den Devolutionsantrag aufrecht erhalten WIRD" den Erklärungswert der Äußerung in einer dem AVG fremden, formalistischen Weise dahingehend auslegen wollte, daß in diesem Satz noch nicht die Erklärung läge, den Devolutionsantrag (in der Gegenwart) aufrecht zu erhalten, wäre somit für die beschwerdeführende Gemeinde nichts gewonnen, da dann die angesprochene Notwendigkeit zur Klarstellung des insofern allenfalls als unklar zu wertenden Antrages ausgelöst gewesen wäre. Keinesfalls kann bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden davon ausgegangen werden, daß die Gemeindebehörde

TROTZ DER AUSDRÜCKLICHEN ERKLÄRUNG DER MITBETEILIGTEN PARTEI

BETREFFEND DEN RECHTSÜBERGANG UND DIE AUFRECHTERHALTUNG DES

ANTRAGS gerade wegen dieser Erklärung ohne Zweifel davon ausgehen hätte können (wie die beschwerdeführende Gemeinde nunmehr in wenig schlüssiger Weise darzulegen versucht), daß die mitbeteiligte Partei den Antrag nicht aufrechterhalten wollte.

Die belangte Behörde hat daher völlig zu Recht mit Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides den bei ihr bekämpften Gemeindebescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde verwiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Parteistellung Parteienantrag Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Erforschung des Parteiwillens Verfahrensrecht AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996060284.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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