Index
Sozialversicherung - GSPVGNorm
GSPVG §24 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck, und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde der HK in W, vertreten durch Dr. Johann Suppan, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Mai 1984, Zl. MA 14-K 29/72, betreffend Beitragsvorschreibung nach dem GSPVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1053 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. Juli 1970 stellte die Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 155 GSPVG fest, daß der am 22. August 1969 verstorbene, zuletzt in Wien, M-straße 31, wohnhaft gewesene Architekt Prof. Ing. AK vom 1. Jänner 1958 bis 30. September 1958 und vom 1. Oktober 1959 bis 31. August 1969 gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 dieses Bundesgesetzes in der Pensionsversicherung der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert gewesen und daß eine Verjährung hinsichtlich der bisher unberichtigt gebliebenen Pensionsversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. Oktober 1959 bis 31. August 1969 nicht eingetreten sei. Auf Grund eines von der Beschwerdeführerin als Tochter und Erbin des Architekten Prof. Ing. K erhobenen Einspruches änderte der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 24. November 1971 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit §§ 157, 158 und 115 Z. 2 GSPVG den Spruch des Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft dahingehend ab, daß er wie folgt zu lauten hatte:
„Gemäß § 155 Gewerbliches Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz (GSPVG), BGBl. Nr. 292/1957, in der geltenden Fassung, wird festgestellt, daß der am 22.8.1969 verstorbene, zuletzt in Wien, M-straße 31, wohnhaft gewesene Architekt Prof. Ing. K vom 1.1.1958 bis 30.9.1958 und vom 1.10.1959 bis 31.8.1969 aufgrund von § 2 Abs. 1 Z. 1 und § 4 GSPVG der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen unterlag.“
Der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien erhobenen Berufung gab der Bundesminister für soziale Verwaltung letztlich mit Bescheid vom 20. März 1973 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid, nachdem er die Berufung zunächst mit Bescheid vom 15. Februar 1972 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 159 GSPVG als unzulässig zurückgewiesen hatte, dieser Bescheid jedoch auf Grund einer Beschwerde der Beschwerdeführerin vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 8. November 1972, Zl. 545/72 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war. Gegen den Bescheid des Bundesministers vom 20. März 1973 erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, die mit Erkenntnis vom 19. Oktober 1973, Zl. 736/73, als unbegründet abgewiesen wurde.
Mit Bescheid vom 17. Jänner 1972 stellte die Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 155 Abs. 5 GSPVG fest, daß Architekt Prof. Ing. AK für die Zeiträume vom 1. Jänner 1958 bis 30. September 1958 und vom 1. Oktober 1959 bis 31. August 1969 auf Grund ziffernmäßig bestimmt festgestellter monatlicher Beitragsgrundlagen und Beitragssätze ziffernmäßig bestimmte Pflichtversicherungsbeiträge gemäß §§ 17 Abs. 1 und 18 Abs. 1 und 2 GSPVG samt den gesetzlichen Verzugszinsen gemäß § 19 GSPVG und Nebengebühren zu leisten gehabt hätte.
Den von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch wies der Landeshauptmann von Wien mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab, bestätigte den angefochtenen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und stellte gemäß § 194 GSVG in Verbindung mit §§ 413, 414 und 355 ASVG die Beitragsgrundlagen und Beitragssätze für den verstorbenen Ing. AK für die im Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angegebenen Zeiträume auf Grund von §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 2 und 19 GSPVG wie im genannten Bescheid fest. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß über die Versicherungspflicht des Ing. AK bereits im Vorverfahren, welches mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1973, Zl. 736/73, geendet habe, rechtskräftig abgesprochen worden sei. Es gehe daher im Gegenstand lediglich um die Beitragsgrundlagen und Beitragshöhen. Diesbezüglich sei die Anstalt vom Gesetz her verpflichtet, grundsätzlich von den vom Versicherten vorgelegten steuerlichen Unterlagen auszugehen, so daß dem jeweiligen Versicherten in dieser Beziehung eine laufende Meldeverpflichtung treffe, im Rahmen derer er die Steuerbescheide der jeweils drittvorangegangenen Kalenderjahre vorzulegen habe. Dieser Verpflichtung sei Ing. AK nach der Aktenlage nicht nachgekommen. Die Anstalt habe daher mit der Vorschreibung von Höchstbeitragsgrundlagen vorzugehen gehabt. Wenn letztlich noch Verjährung hinsichtlich der eingeforderten Beiträge eingewendet worden sei, so führe die Einspruchswerberin selbst an, daß die Verjährungsfrist erst ab Jänner 1968 von ursprünglich 10 auf 7 Jahre verkürzt worden sei. Implizite komme dadurch zum Ausdruck, daß auf vor dem Jänner 1968 gelegene Zeiträume die 10jährige Verjährungsfrist zur Anwendung komme, wenn die erforderlichen Meldungen nicht erstattet worden seien. Trotz einer Aufforderung vom 30. März 1967, die erforderlichen Einkommensteuerbescheide für den im Anschluß an eine Überprüfung vom 28. März 1967 sich ergebenden Zeitraum ab 1957 in Vorlage zu bringen, seien die Einkommensteuerbescheide nicht vorgelegt worden. Damit seien die erforderlichen Meldungen nicht erstattet worden. Es sei daher die 10jährige Verjährungsfrist zu Recht zur Anwendung gelangt, wobei der „Erstzeitraum des angefochtenen Bescheides ab 1. Jänner 1958 rückgerechnet ab März 1967 innerhalb des Limites liegt“. Wenn schließlich noch vorgebracht worden sei, die Unterlassung von Eintreibungsmaßnahmen gegen Ing. AK vor März 1967 könne dem Genannten nicht zur Last fallen, so sei dem entgegenzuhalten, da die Anstalt von sämtlichen relevanten Umständen „auf Grund der Unterlassungen von Ing. AK im Meldewesen“ erst über eigene Erhebung vom 28. März 1967 Kenntnis erlangt habe. Da es anderseits zur Unterbrechung der Verjährung nur einer einzigen Unterbrechungshandlung, damals innerhalb von 10 Jahren, bedürfe, sei die Verständigung vom 30. März 1967 jedenfalls zureichend gewesen, die Verjährung zu unterbrechen. Die von der Einspruchswerberin angestrebte zweijährige Verjährung könne zufolge der vorgeschilderte Umstände keinesfalls zur Anwendung kommen. Die Höhe der Beiträge sei rein rechnerisch unbestritten geblieben.
Gegen diesen Bescheid richtet. sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft beantragten in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wenn sich die Beschwerdeführerin darin beschwert erachtet, daß der angefochtene Bescheid sie - die Beschwerdeführerin - zur nachträglichen Entrichtung von Beiträgen zur gewerblichen Pensionsversicherung im Gesamtbetrag von S 30.377,22 verhalten habe, „obwohl gemäß § 19 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 GSPVG in der damaligen und auch in der derzeit geltenden Fassung, diese Beiträge erloschen sind“, so übersieht sie, daß mit dem angefochtenen Bescheid nicht über eine die Beschwerdeführerin treffende Verpflichtung zur Beitragszahlung, sondern nur deklarativ in nicht vollstreckungsfähiger Form über die Beitragszahlungspflicht des verstorbenen Ing. AK abgesprochen wurde.
Auch dem weiteren Beschwerdevorbringen, daß die Beitragsforderungen verjährt seien, kommt keine Berechtigung zu. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei die Verjährung „durch Einforderung der Beiträge im Jahr 1969“ zwar unterbrochen worden, gleichzeitig habe die Verjährungsfrist jedoch erneut zu laufen begonnen und sei seither längst abgelaufen. Eine Hemmung der Verjährung könne, wenn überhaupt, nur bis zur Rechtskraft des Bescheides des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 20. März 1972 eingetreten sein. Seither sei ein Zeitraum von mehr als 11 Jahren verstrichen. Bei Anwendung der für die Zeit ab 1973 geltenden fünfjährigen Verjährungsfrist sei diese Frist seither mehr als zweimal verstrichen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die Beiträge für den Zeitraum vom 1. Jänner 1958 bis 30. September 1958 nach dem Inhalt des Anstaltsaktes (siehe den Aktenvermerk vom 14. März 1972, OZl. 98) nach Vorschreibung am 3. Juli 1959 bezahlt wurden. Damit kann das diese Beiträge betreffende Feststellungsrecht nicht verjährt sein.
Was die Verjährung des Feststellungsrechtes bezüglich der Beiträge für die Zeit ab 1. Oktober 1959 anlangt, so wurde diese - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - gemäß § 24 Abs. 1 GSPVG, BGBl. Nr. 292/1957, in der bis 31. Dezember 1967 geltenden Stammfassung bereits durch das Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 30. März 1967 (OZl. 18 des Anstaltsaktes) unterbrochen. Nach dem zweiten Satz der genannten Bestimmung verjährte das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen 10 Jahren vom Tage ihrer Fälligkeit, wenn der Pflichtversicherte - wie hier - überhaupt keine .... Angaben über die Grundlage für die Berechnung der Beiträge erstattet hat. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird nach dem dritten Satz dieser Bestimmung durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Mit dem erwähnten Schreiben vom 30. März 1967 wurde dem Ing. AK mitgeteilt, daß er ab 1. Oktober 1959 wieder in die Pflichtversicherung nach dem GSPVG einzubeziehen sei, nachdem die Voraussetzung für die Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 GSPVG wegen „Wiederbetriebsmeldung“ weggefallen sei. Gleichzeitig wurde er um die Vorlage der Einkommensteuerbescheide 1956 bis 1964 ersucht. Dieses Schreiben stellt ohne Zweifel eine „zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme“ im Sinne des letzten Absatzes des § 24 Abs. 1 GSPVG dar. Daß dem Ing. AK dieses Schreiben auch zugegangen ist, wurde niemals in Abrede gestellt. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß er davon jedenfalls noch vor dem 31. Dezember 1967 und damit innerhalb der damals geltenden 10jährigen Verjährungsfrist Kenntnis erlangt hatte, wodurch die Verjährung unterbrochen wurde. Mit der Unterbrechung der Verjährung geht aber die vor ihrem Eintritt abgelaufene Verjährungszeit verloren und zählt nicht mehr. Es konnte daher auch die mit dem am 1. Jänner 1968 in Kraft getretene Art. I Z. 7 der 17. Novelle zum GSPVG, BGBl. Nr. 7/1968, normierte Verkürzung der 10jährigen Verjährungsfrist auf 7 Jahre an der bereits vorher eingetretenen Unterbrechung der Verjährung nichts ändern.
Im Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides der Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 17. Jänner 1972 war somit das Recht auf Feststellung der von Ing. AK zu entrichtenden Beiträge nicht verjährt und konnte auch während des weiteren Ganges des Verwaltungsverfahrens nicht verjähren. Die Meinung der Beschwerdeführerin, daß die Verjährung gleichzeitig mit der Unterbrechung erneut zu laufen beginne, entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage. Auch eine „Hemmung der Verjährung“ des Rechtes auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Versicherungspflicht - wie sie der Beschwerdeführerin vorschwebt - ist dem Gesetze fremd.
Aus diesen Überlegungen folgt, daß der angefochtene Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet ist, so daß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 21. März 1985
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1984080144.X00Im RIS seit
12.05.2021Zuletzt aktualisiert am
12.05.2021