TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/7 W145 2215787-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.01.2021
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Entscheidungsdatum

07.01.2021

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §5 Abs1 Z2
ASVG §7 Z3 lita
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W145 2215787-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX GmbH, vertreten durch XXXX Steuerberatung GmbH, gegen den Bescheid der (vormals:) Wiener Gebietskrankenkasse vom 22.01.2019, GZ XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.10.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Österreichische Gesundheitskasse (vormals: Wiener Gebietskrankenkasse; im Folgenden kurz: ÖGK) hat mit Bescheid vom 22.01.2019, GZ XXXX , festgestellt, dass Frau XXXX , VSNR XXXX , aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Dienstgeberin XXXX GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) im Zeitraum vom 01.06.2017 bis 30.06.2017 und am 04.07.2017, 05.07.2017, 07.07.2017, 10.07.2017, 17.07.2017, 19.07.2017, 21.07.2017, 24.07.2017, 25.07.2017, 26.07.2017, 08.08.2017, 09.08.2017, 10.08.2017, 11.08.2017, 23.10.2017, 24.10.2017, 06.11.2017, 07.11.2017, 08.11.2017, 09.11.2017, 10.11.2017, 13.11.2017, 15.11.2017, 16.11.2017, 17.11.2017, 21.11.2017, 22.11.2017, 23.11.2017, 27.11.2017 und am 29.11.2017 der Teil(Unfall-)versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG unterliege.

Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass Frau XXXX aufgrund ihrer Tätigkeit als Call-Center Mitarbeiterin als Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG qualifiziert worden sei. Da der Entgeltbezug im verfahrensgegenständlichen Zeitraum jeweils die Geringfügigkeitsgrenze nicht überstiegen habe, sei für diesen Zeitraum von einer Teil(Unfall)versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG auszugehen.

2. Gegen diesen Bescheid der ÖGK vom 22.01.2019 hat der Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20.02.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde die vollinhaltliche Aufhebung des Bescheides, die Stornierung der Pflichtversicherung und der Beiträge und Verzugszinsen beantragt.

Im Vorbringen wurde zusammenfassend ausgeführt, dass keine Teil(Unfall)versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG von Frau XXXX in den angeführten Zeiträumen vorliege, sondern eine selbständige Tätigkeit. Es bestehe keine Verpflichtung zum Tätigwerden. Die persönliche Anhängigkeit sei aufgrund des sanktionslosen Ablehnungsrechtes ausgeschlossen. Es bestehe keine Bindung an Arbeitszeit und –ort. Es erfolge keine laufende Kontrolle, sondern nur eine „Endkontrolle“ durch den Klienten der Beschwerdeführerin – dies liege in der Natur der Sache. Eine Einbindung in die Betriebsorganisation liege mangels regelmäßigen Tätigwerdens nicht in einem notwendigen Ausmaß vor. Damit bestehe keine Dispositionsmöglichkeit über die Arbeitskraft von Frau XXXX . Es bestehe eine grundsätzliche Vertretungsmöglichkeit – die Beschwerdeführerin habe mit einer Vertretung rechnen müssen. Frau XXXX verfüge über wesentliche eigene Betriebsmittel.

3. Die ÖGK legte die Beschwerde sowie den bezughabenden Verwaltungsakt am 27.02.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Mit Beschluss vom 15.10.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Abteilung W 145 per 04.11.2019 neu zugewiesen.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 21.10.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführerin im Beisein ihres gesetzlichen Vertreters und ihres Vertreters, ein Vertreter der ÖGK, zwei Vertreter der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (vormals: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft; im Folgenden kurz: SVS) sowie Frau XXXX persönlich teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Frau XXXX meldete sich am 07.07.2017 gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG aufgrund ihrer Tätigkeit als Betreuerin von Bestell- und Informationshotlines (Call-Center-Agent für „inbound-calls“) für die Beschwerdeführerin bei der SVS. Folglich trat die SVS zur Klärung der Versicherungszugehörigkeit gemäß § 412 d ASVG an die ÖGK heran.

Frau XXXX schloss am 21.06.2017 einen als „Werkvertrag“ bezeichneten unbefristeten Vertrag mit der Beschwerdeführerin; eine Vereinbarung für Teilnahmegebühr zur Projektpräsentation und eine Vereinbarung zur Geheimhaltung und Datenschutz (Anlage 1 der Beschwerde) waren als Anhänge beigeschlossen.

Frau XXXX war für die Beschwerdeführerin aufgrund des am 21.06.2017 geschlossenen Vertrages im verfahrensrelevanten Zeitraum als Call-Center-Agent im Inbound Bereich für das Projekt „ XXXX -Kundendienst“ tätig; die XXXX AG (kurz: XXXX ) ist hier Auftraggeberin der Beschwerdeführerin.

Nach einem Vorstellungsgespräch in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin und einer 3tägigen-Einschulung/Projektpräsentation durch eine Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin nahm Frau XXXX ihre Beschäftigung für das Projekt „ XXXX -Kundendienst“ auf. Im Zuge der Einführungsveranstaltung wurden Frau XXXX Präsentationsunterlagen und ein Gesprächsleitfaden der XXXX übergeben und Gesprächsszenarien, Fragen der Teilnehmer und wichtige Anliegen seitens der Auftraggeberin der Beschwerdeführerin (wie zB Herstellung der Verbindung zur Datenbank und zum Link der XXXX , Anrufannahme, standardisierte Begrüßung, sprachliche Floskeln, Befüllen der XXXX -Maske, Protokollierung von Anrufen, Eintragung in den Termin-Onlinekalender, etc.) durchbesprochen. Am Ende dieser 3 Tage wurden die Zugangsdaten (Passwort) zur Datenbank (= Telefonsystem) der Beschwerdeführerin an Frau XXXX übergeben. Auch der Link und das Passwort für den spezifischen Zugang zum System (mit Eingabe-Maske), das im Telefonsystem der Beschwerdeführerin integriert ist, der Auftraggeberin XXXX , wurde Frau XXXX zur Verfügung gestellt.

Laut Schreiben der Beschwerdeführerin an die ÖGK vom 07.02.2018 gab es für die technische Infrastruktur, die jeder Bewerber vor Arbeitsaufnahme mittels von der Beschwerdeführerin zugesandten link selbst an seinem PC überprüfen konnte, seitens der Beschwerdeführerin Mindestanforderungen (Stand 2017), die den üblichen Standard im Privathaushalt überschreiten. Ohne die entsprechende technische Infrastruktur war ein Arbeiten von den Call-Center-Agents für die Beschwerdeführerin nicht möglich. Auch Frau XXXX musste dahingehend investieren und sich einen Laptop, ein Headset und einen – einzig für diesen Zweck - entsprechenden „festen“ Internetanschluss zuhause neu anschaffen. Frau XXXX hat immer von zuhause aus gearbeitet, weil sie nur dort über diese erforderliche technische Infrastruktur verfügen konnte.

Die Servicezeit des Kundendienstes wurde von der Auftraggeberin der Beschwerdeführerin vorgegeben; diese war Montag bis Freitag von 7 bis 19 Uhr und Samstag von 7 bis 13 Uhr. Zu diesen Rahmenuhrzeiten war eine Entgegennahme von Anrufen möglich. Frau XXXX konnte ihre Arbeitszeit innerhalb dieses Rahmens in einen Online-Termin-Kalender, der von der Beschwerdeführerin aufgrund eines von der XXXX im Vorhinein bekanntgegebenen Callvolumens errechnet und angeboten wurde, frei – sofern noch Plätze verfügbar waren - wählen und eintragen. Es bestand auch die Möglichkeit sich ohne in den Online-Termin-Kalender einzutragen Anrufe während der angebotenen Kundendienstzeiten entgegenzunehmen und abzuarbeiten. Frau XXXX war immer persönlich tätig; sie hat sich nie vertreten lassen. Im Falle, dass Frau XXXX zur im Kalender eingetragenen Zeit nicht arbeiten konnte (zB aufgrund eines Arztbesuches), musste sie sich aus dem Online-Termin-Kalender durch eine Mitarbeiterin – die Projektleiterin - der Beschwerdeführerin austragen lassen (siehe Anlage 2 der Beschwerde). Ein selbständiges Austragen eines einmal eingetragenen Zeitfensters war nicht möglich.

Grundsätzlich gibt es einen sich untereinander selbstkoordinierenden Vertretungspool bei der Beschwerdeführerin, der an die 250 bis 270 Personen, die für die Beschwerdeführerin für unterschiedliche Projekte tätig waren oder tätig sind, umfasst. Mitunter können nicht alle Personen aus dem Pool für das Projekt der XXXX telefonieren, weil sie den spezifischen technischen XXXX -Zugang nicht haben. Hier hätte der link und das Passwort für den Zugang zum XXXX -System an die Vertreter überbunden werden müssten; auch eine Vertretung durch geeignete Dritte wäre nur auf diese Art und Weise möglich gewesen. Eine dritte Person, die noch nie für ein Call-Center tätig war, würden neben den technischen System-Zugängen und Passwörter darüber hinaus eine Einschulung insbesondere hinsichtlich der notwendigen Sachkenntnisse wie Arbeitsabläufe, besondere Anforderungen/Wünsche der XXXX , etc. bedürfen.

Alle Telefonate eines jeden Call-Center-Agents werden aufgezeichnet. So auch jene, die Frau XXXX geführt hat. Es erfolgt regelmäßig eine stichprobenartige Kontrolle der Aufzeichnungen durch die Beschwerdeführerin, ob der Auftrag für den Auftraggeber ordnungsgemäß und qualitativ entsprechend erfüllt wurde. Frau XXXX habe aufgrund einer so durchgeführten monatlichen Qualitätskontrolle eine E-Mail von der Supervisorin erhalten, dass sie zu lange Pausen zwischen den Sätzen mache. Frau XXXX wurde auch von der Supervisorin der Beschwerdeführerin per E-Mail angewiesen ihre Gespräche kürzer zu fassen. Weiters gab es Vorgaben zB wenn gewisse Telefonnummern nicht mehr weiterzugeben waren, bei Aufscheinen gewisser Telefonnummern den Anruf nicht entgegenzunehmen oder den Anrufer wegzudrücken; derartige Vorgaben hat Frau XXXX seitens der Beschwerdeführerin im Durchschnitt einmal pro Woche erhalten.

Jeder Anruf war von Frau XXXX in der XXXX -Eingabe-Maske im Telefonsystem zu dokumentieren/protokollieren. Die XXXX -Eingabe-Maske enthielt vorgefertigte Felder, aber auch individuell befüllbare Felder. Jeder Anruf musste durch Ausfüllen der Maske abgeschlossen werden ansonsten hätte das System ein Weitertelefonieren nicht zugelassen. Für den Fall, dass ein Anruf von Frau XXXX nicht erledigt werden konnte, musste sie diesen an die Projektleitung/Supervisorin der Beschwerdeführerin melden/weiterleiten und auf diese Art und Weise abschließen.

Wenn ein Call-Center-Agent über einen längeren Zeitraum nicht für das XXXX -Kundenservice-Projekt telefoniert hat, wurden auf Wunsch der Auftraggeberin seitens der Beschwerdeführerin individuell die technischen Zugänge zum XXXX -tool gesperrt (Anlage 3 der Beschwerde).

Laut der Vereinbarung für Teilnahmegebühr zur Projektpräsentation vom 21.06.2017 (Anlage 1 der Beschwerde) musste eine Mindestanzahl an Anrufen – 1.000 Calls – innerhalb von einem halben Jahr erreicht werden. Bei Nichterreichung dieses Callvolumens wäre Frau XXXX verpflichtet gewesen die Teilnahmegebühr zur Projektpräsentation (= anfängliche 3 tägige Einführung) an die Beschwerdeführerin zurückzuzahlen.

Bei erhöhtem Callaufkommen wurde Frau XXXX bzw. die Call-Center-Agents über das Telefonsystem automatisiert oder durch die Projektleitung persönlich (per E-Mail, SMS, etc.) verständigt. Als Motivation für die Übernahme solch freier Stunden wurden €-Boni bezahlt.

Die monatliche Abrechnung erfolgte im Nachhinein über eine Aufzeichnung der Anzahl der abgeschlossenen Anrufe im Telefonsystem. Die Entlohnung von Frau XXXX lag im verfahrensgegenständlichen Zeitraum jeweils unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (Wert 2017: € 425,70).

Frau XXXX hätte auch für ein anderes Unternehmen derselben Branche tätig sein können; war sie aber nicht. Überlassene Unterlagen und vor allem Dateien und Zugangsdaten waren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses an die Beschwerdeführerin zurückzugeben.

Frau XXXX hatte keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel, keine eigene Unternehmensstruktur und kein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko zu tragen.

2. Beweiswürdigung:

Sozialversicherungsrechtliche Verfahren betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht – hier der von Frau XXXX - sind stets Einzelfallentscheidungen.

Bei der Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse, die konkrete Ausgestaltung und das „tatsächlich Gelebte“ an. Auf eine theoretisch mögliche andere Gestaltung kommt es bei der Beurteilung des im gegenständlichen Fall verwirklichten Sachverhalts nicht an.

Der Verfahrensgang und die Sachverhaltsfeststellungen konnten in Zusammenschau mit der am 21.10.2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem aktenkundigen, regen Schriftverkehr im Ermittlungsverfahren vor der (nunmehr:) ÖGK und den im Akt befindlichen (wesentlichen) Urkunden getroffen werden. Die verfahrensgegenständlichen Zeiträume wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.

Wie selbst in der Beschwerde vom 20.02.2019 ausgeführt, wurde der Sachverhalt von den beteiligten Parteien im Wesentlichen gleich geschildert. Davon konnte sich auch das Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung überzeugen; den jeweiligen Ausführungen im Rahmen der Parteieneinvernahme in diesem Mehrparteienverfahren wurde in keiner Weise widersprochen. Die Beschwerde moniert vielmehr, dass der Sachverhalt von Seiten der ÖGK nicht richtig gewürdigt wurde.

Das unterschiedliche Vorbringen der Parteien bezieht sich auf die Würdigung und rechtliche Beurteilung des Sachverhalts und zwar im konkreten auf die Frage, ob nach dem Gesamtbild des Tätigseins von Frau XXXX für die Beschwerdeführerin eine (so die ÖGK) Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 ASVG in Anwendung – vorliegend – des § 5 Abs 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit a ASVG oder (so die Beschwerdeführerin) bei Überschreitung der Versicherungsgrenze eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorliegt.

Unstrittig ist, dass Frau XXXX in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen als Inbound-Call-Center-Agent für die Beschwerdeführerin tätig war. Unbestritten blieb auch, dass der monatliche Verdienst von Frau XXXX fallbezogen nicht über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze lag.

Laut Frau XXXX kam es im Zuge ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin zu keinem konkreten Vertretungsfall ihre Person betreffend. Frau XXXX verrichtete – wie sie selbst betont - ihre Arbeit stets persönlich. Generell ist anzumerken, dass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf die Judikatur des VwGHs entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kein generelles Vertretungsrecht vorliegen könne, weil entweder eine Vertretung nur über einen großen Vertretungspool, der von aktiven oder bereits ausgeschiedenen Call-Center-Agents der Beschwerdeführerin gespeist wird, möglich gewesen sei oder die spezifischen Zugangsdaten für das Telefonsystem der Beschwerdeführerin und insbesondere auch jene der XXXX an die zwar das System kennenden ausgeschiedenen Call-Center-Agents der Beschwerdeführerin oder auch an fremde/dritte Personen weitergegeben werden hätten müssen; für letzte sei drüber hinaus eine kurze Einschulung in das System von Nöten. Eine solche generelle Vertretungsbefugnis widerspricht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes der vertraglich festgelegten Vertraulichkeitserklärung und der Datenschutzerklärung zur Geheimhaltung der Passwörter.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet ua durch die Vereinbarung für die Teilnahmegebühr zur Projektpräsentation auch das seitens der Beschwerdeführerin behauptete generelle sanktionslose Ablehnungsrecht als ausgeschlossen. In dieser Vereinbarung ist nämlich explizit verankert, dass nur bei Erreichung eines bestimmten Callvolumens keine Teilnahmegebühr der Projektpräsentation zu bezahlen ist. Auch ist ein selbständiges Austragen (zB aufgrund wie im Fall XXXX eines kurzfristig länger dauernden Arztbesuches) eines einmal eingetragenen Zeitfensters im Online-Termin-Kalender nicht möglich; Frau XXXX musste sich aus dem Online-Termin-Kalender durch die Projektleiterin der Beschwerdeführerin austragen lassen. Das wording dieser E-Mail lässt darauf schließen, dass kurzfristige Änderungen im Online-Kalender seitens der Beschwerdeführerin (hier: Projektleiterin) nicht gerne gesehen wurden.

Was die Bindung an den Arbeitsort betrifft, ist zu bemerken, dass Frau XXXX laut eigenen Angaben ihre Tätigkeit stets und ausschließlich zuhause ausgeübt hat. Dies war nicht zuletzt Folge der Vorgabe der Beschwerdeführerin über die Mindestanforderung an die entsprechende technische Infrastruktur; nur mit der technischen Ausstattung, die den Standard in privaten Haushalten überschreitet, war ein Arbeiten als Call-Center-Agent für die Beschwerdeführerin möglich. Die (fixe) technische Infrastruktur (insbesondere die „feste“ Internetverbindung) war wiederum erforderlich um sich mit den Zugangsdaten/Passwort zum Telefonsystem der Beschwerdeführerin und mit dem XXXX -link samt Passwort zum XXXX -System anmelden zu können. Eine flexible Gestaltung des Arbeitsortes war sohin aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht gegeben. Wenn von der Beschwerdeführerin vorgebracht wird, dass Frau XXXX nicht dazu verpflichtet gewesen sei, nur von zuhause aus zu arbeiten, so ist diesem Einwand entgegenzuhalten, dass es wie bereits oben ausgeführt bei der Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses auf die tatsächlichen Verhältnisse, die konkrete Ausgestaltung und das „tatsächlich Gelebte“ ankommt.

Zur Arbeitszeit ist auszuführen, dass Frau XXXX – wie übereinstimmend angegeben – an die Rahmenzeit der von der XXXX vorgegebenen Servicezeit des Kundendienstes (Montag bis Freitag von 7 bis 19 Uhr und Samstag von 7 bis 13 Uhr) gebunden war. Innerhalb dieses Zeitrahmens konnte Frau XXXX ihre Dienste vollkommen frei gestalten. Sie konnte sich im Online-Termin-Kalender eintragen (Löschen war nur durch die Projektleitung möglich) oder ohne Eintragung Anrufe ab- und bearbeiten. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Tätigkeit von Frau XXXX bereits ihrer Art nach eine gewisse Einordung in den Betriebsablauf erforderte. Die Eintragung in den seitens der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Online-Termin-Kalender dient nach Ansicht des erkennenden Gerichtes zur Koordinierung der Arbeitsplätze und sollte dadurch ein ordentlicher Betrieb – va auch hinsichtlich Erreichbarkeit – wie von jedem Unternehmensführer gewünscht sichergestellt werden.

Wie wohl Frau XXXX nicht in eine „klassische“ Unternehmensorganisation (vor Ort, Abteilungssturktur) eingebunden war, gab es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sehr wohl vorliegend Merkmale einer Einordnung in den Betrieb der Beschwerdeführerin. So gab es zB eine 3tägige Einschulung/Projektpräsentation, bei dem die Anliegen/Wünsche der XXXX weitergegeben wurden, mit Unterlage und Gesprächsleitfaden, Vorgaben zum Gesprächsablauf und zur verpflichtenden Nachbearbeitung eines Telefonats (Begrüßungsformel der XXXX , Dokumentation und Protokollierung des Anrufes in eine vorgefertigte XXXX -Eingabe-Maske mit Auswahl- und Freitextfeldern, bei Nichterfüllenkönnen des Anrufes Weiterleitung an die Projektleitung), weil nur so eine Beendigung eines Telefonats eine Weitertelefonieren möglich machte. Vorgaben dieser Art sprechen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes für weisungsgebundene Dienstleistungen. Selbst, wenn trotz der Projekt- und Themenbezogenheit der Telefonkontakte eine überwiegend freie Gestaltung der diversen Telefongespräche angenommen wird, ergibt sich der Gesprächsablauf dennoch weitgehend bereits aus den Zielvorgaben der Beschwerdeführerin und vor allem deren Auftraggeberin, was im gegebenen Zusammenhang nicht für eine freie Gestaltung der Tätigkeit spricht. Als Ansprechpartner für die Call-Center-Agents fungierte eine hierarchisch übergeordnete Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin als Projektleiterin/Supervisorin.

Auch bestand durch die nicht nur nummerische, sondern auch vollständig inhaltliche Aufzeichnung jedes Telefonates eine Kontrollmöglichkeit seitens der Beschwerdeführerin. Auch, wenn vorliegend seitens der Beschwerdeführerin betont wird, dass die Kontrolle qualitativen Zwecken und für die Abrechnung der jeweiligen Entgelte gedient habe, war eine Kontrollmöglichkeit jederzeit gegeben und wurde eine Kontrolle wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt auch regelmäßig durchgeführt. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wird darauf hingewiesen, dass laut Judikatur des VwGH die bloße Möglichkeit der Kontrolle ausreicht; unwesentlich ist, ob eine tatsächliche Kontrolle stattgefunden hat oder nicht. Solche Kontrollen mündeten im Fall von Frau XXXX in persönlichen Anweisungen wie zB dass sie zu lange Pausen zwischen den Sätzen mache oder ihre Gespräche kürzer fassen solle. Durch das Aufzeichnen der Anrufe bestand auch die Möglichkeit die An- bzw. Abwesenheit von Call-Center-Agents – auch von Frau XXXX – (= indirekte Zeiterfassung) und die Anzahl der erledigten Anrufe genau festzustellen. So ist aktenkundig, dass beispielsweise einer Call-Center-Agent, die längere Zeit nicht für das XXXX -Kundenservice-Projekt telefoniert hat, der technische Zugang gesperrt wurde.

Wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt ist es richtig, dass der Laptop, das Headset und der feste Internetanschluss von Frau XXXX als Betriebsmittel neu angeschafft wurden. Die Anschaffung insbesondere des Internetanschlusses war allerdings aufgrund der spezifischen technischen Mindestvorgaben der Beschwerdeführerin erforderlich. Dessen ungeachtet, erkennt das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall als wesentlichstes Betriebsmittel nicht die Hardware, sondern die Software, nämlich die Datenbankzugänge, Passworte und links zu den internen spezifischen individuellen Telefonsystem der Beschwerdeführerin und projektbezogen zum System der XXXX an. Ohne diese Zugänge und Daten, die ausschließlich von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wurden, wäre der Beschwerdeführerin ein Arbeiten als Call-Center-Agent für die Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen. Sohin wurden von Frau XXXX eben keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verwendet.

Als Gegenleistung hat sich die Beschwerdeführerin verpflichtet, monatlich im Nachhinein Frau XXXX pro Call zu bezahlen; zudem gab es für kurzfristig übernommene Anrufzeiten ein Bonussystem iSv Belohnungen. Die Bezahlung nach angenommenen Calls begründet kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko. Das Vorliegen eines ausgabenseitigen Unternehmerrisikos ist nicht behauptet worden.

Der sich aus dem Vertrag ergebenden Verschwiegenheitspflicht wurde von keinen der Verfahrensparteien widersprochen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. § 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In der vorliegenden Angelegenheit wurde kein derartiger Antrag gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. § 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

3.4. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) und Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

ASVG:

Vollversicherung

§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1.       die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer; (…)

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.

(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a)       dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b)       dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c)       dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d)       dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

(5) (aufgehoben)

(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 aus.

Ausnahmen von der Vollversicherung

§ 5. (1) Von der Vollversicherung nach § 4 sind unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung ausgenommen:
1. …
2. Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Z 6 genannten Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen);

3. bis 17. …

(2) Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 € (Anm. Stand 2017) gebührt. An die Stelle dieses Betrages tritt ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 10) der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag.

(3) Kein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis liegt vor, wenn
1. das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in Abs. 2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder die für mindestens einen Monat oder auf unbestimmte Zeit vereinbarte Beschäftigung im Lauf des betreffenden Kalendermonates begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde;
2. es sich um eine Beschäftigung als HausbesorgerIn nach dem Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970, handelt, außer während der Zeit eines Beschäftigungsverbotes nach den §§ 3 und 5 des Mutterschutzgesetzes 1979 (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979, oder einer Karenz nach dem MSchG oder dem Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl. Nr. 651/1989, oder bei Anspruch auf Wochengeld.

Teilversicherung von im § 4 genannten Personen

§ 7. Nur in den nachstehend angeführten Versicherungen sind von den im § 4 genannten Personen auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (teilversichert):

1. und 2. …

3. in der Unfallversicherung hinsichtlich der nachstehend bezeichneten Tätigkeiten (Beschäftigungsverhältnisse):

a) die im § 5 Abs. 1 Z 2 von der Vollversicherung ausgenommenen Beschäftigten;

b) bis d) …

Dienstgeber

§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

(…)

Grundsätze der Sachverhaltsfeststellung

§ 539a. (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung

nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

AlVG:

Umfang der Versicherung

§ 1. (1) Für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) sind

a)       Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, (…)

soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind.

3.5. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

In der Sache wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Beurteilung der ÖGK, wonach die Tätigkeit der mitbeteiligten Frau XXXX als Call-Center-Agent in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in Anwendung des § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 20.05.1980, Slg. Nr. 10.140/A, grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und hat - in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre - ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liegt ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, ankommt. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (vgl. die VwGH-Erkenntnisse vom 05.06.2002, Zlen. 2001/08/0107, 0135, sowie vom 03.07.2002, Zl. 2000/08/0161).

Beim Telefonieren im Rahmen eines Kundenservice handelt es sich nicht um ein Endprodukt im genannten Sinn, sondern um laufend zu erbringende, durchschnittlich qualifizierte (Dienst)leistungen eines Erwerbstätigen, der - mag er sich für seine Arbeit auch eigener Betriebsmittel (PC, Headset, Internetanschluss) bedienen - über keine unternehmerische Organisation verfügt und letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert. Aus einem solchen Erwerbstätigen wird auch dann kein selbständiger Erbringer von Werkleistungen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw. mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu "Werken" mit einer "gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung" erklärt werden (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 24. 04.2014, Zl. 2013/08/0258, mwN; zu "atomisierten Werkverträgen" vgl. Mosler, Die sozialversicherungsrechtliche Stellung freier Dienstnehmer, DRdA 2005, 487 ff). Demgemäß ist auch kein Maßstab ersichtlich, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des "Werkes" einer solchen Call-Center-Agent beurteilt werden sollten (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 21.09.2015, Zl. Ra 2015/08/0045, mwN).

Es liegt somit entgegen dem Beschwerdevorbringen keine selbständige Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertragsverhältnisses vor. Das Vertragsverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Frau XXXX als Call-Center-Agent hat ihre Dienstleistungen immer (wieder) - über einen längeren Zeitraum - persönlich erbracht und war mangels Verfügung über wesentliche eigene Betriebsmittel auch wirtschaftlich abhängig (vgl. § 4 Abs. 4 ASVG), sodass auch das Vorliegen eines unternehmerähnlichen freien Dienstvertrages, der eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG begründen würde, auszuschließen ist (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 23.01.2008, Zl. 2007/08/0223, VwSlg 17359 A/2008).

So bleibt die Frage zu klären, ob Frau XXXX in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wurden (§ 4 Abs. 2 ASVG), oder ob sie auf Grund eines freien Dienstvertrages zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet und pflichtversichert war (§ 4 Abs. 4 ASVG).

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgeschlossen ist noch nach § 7 ASVG eine Teilversicherung begründet.

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 21.02.2001, Zl. 96/08/0028).

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 25.04.2007, VwSlg. 17.185/A). Die persönliche Arbeitspflicht fehlt einerseits dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 17.11.2004, Zl. 2001/08/0131). Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen einer unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient. Die "generelle Vertretungsbefugnis" spielt insbesondere bei der Abgrenzung zwischen selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeiten eine Rolle. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. etwa VwGH-Erkenntnis vom 16.11.2011, Zl. 2008/08/0152, mwN).

Vorliegend hat nach den Feststellungen eine in Sinne der zitierten Judikatur generelle Vertretungsmöglichkeit nicht bestanden. Zu einer tatsächlichen Vertretung durch den sog. Vertretungspool oder durch dritte Personen ist es im vorliegenden Fall niemals gekommen. Frau XXXX hat die Tätigkeit immer persönlich erfüllt. Im Übrigen wurde aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ein Vertretungsrecht auch durch die vertragliche Vertraulichkeitserklärung und die Vereinbarung zur Geheimhaltung und Datenschutz ausgeschlossen (ständige Rechtsprechung: vgl. VwGH-Erkenntnis vom 19.10.2015, Zl. 2013/08/0185 und vom 14.03.2013, Zl. 2012/08/0018). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist insofern der Geheimhaltungspflicht durchaus Bedeutung beizumessen. Bloße Vertretungsregelungen und Mitspracherechte im Rahmen einer flexiblen Diensteinteilung bzw. Dienstplangestaltung, wie sie im Arbeitsleben häufig vorkommen, haben mit dem für das Fehlen der persönlichen Arbeitspflicht herausgearbeiteten Kriterium eines "generellen Vertretungsrechts" nichts zu tun und berühren die in der Phase der Beschäftigung bestehende persönliche Abhängigkeit nicht. Dasselbe gilt für die "Verpflichtung" des Dienstnehmers, für Ersatz zu sorgen und so den Dienstgeber bei der Organisation eines reibungslosen Betriebsablaufs zu unterstützen. Der "tatsächliche Gebrauch" solcher Vertretungsbefugnisse wirkt sich lediglich darauf aus, ob kontinuierliche oder tageweise abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen (vgl. VwGH- Erkenntnis vom 14.02.2013, Zl. 2012/08/0268).

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt andererseits auch dann, wenn einem Beschäftigten ein "sanktionsloses Ablehnungsrecht" zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen kann unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen werde.

Die Befugnis eines Erwerbstätigen, angebotene Beschäftigungsmöglichkeiten auszuschlagen, berührt die persönliche Arbeitspflicht in keiner Weise, mag diese Befugnis auch als "sanktionsloses Ablehnungsrecht" (in einem weiteren Sinn) bezeichnet werden. Zwischen der sanktionslosen Ablehnung der Erbringung einzelner Leistungen, etwa bei deren Abruf im Zuge einer Rahmenvereinbarung bei verpflichtender Tätigkeit im Fall der Zusage, und einem generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht, das die persönliche Abhängigkeit ausschließt, ist ein deutlicher Unterschied zu machen (vgl. VwGH- Erkenntnisse vom 04.07.2007, Zl. 2006/08/0193, und nochmals (das) vom 14.02.2013, Zl. 2012/08/0268). Aufgrund der Tatsache, dass vereinbarungsgemäß Frau XXXX sich verpflichtet hat, ein Callvolumen von 1000 Calls innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (1/2 Jahr) zu erreichen, ansonsten sie die Teilnahmegebühr zur Projektpräsentation an die Beschwerdeführerin zu bezahlen gehabt hätte, kann von vornherein von keinem generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht gesprochen werden. Es bestanden Ablehnungsmöglichkeiten im kleinen Rahmen und zwar von angebotenen Beschäftigungsmöglichkeiten oder - eingeschränkt, weil begründbar, seitens der Beschwerdeführerin nicht gerne gesehen und nicht selbst löschbar, - von bereits übernommenen im Online-Termin-Kalender eingetragenen Zeiten; mit einem echten sanktionslosen Ablehnungsrecht iSd VwGH- Judikatur haben diese beiden letzteren Fallkonstellationen nichts zu tun. Selbst eine ausdrücklich vereinbarte Befugnis des Beschäftigten, bereits zugesagte Arbeitseinsätze jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu können, stünde ebenfalls im Verdacht, ein "Scheingeschäft" zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre (vgl. §§ 539 und 539a ASVG). Das Bestehen, die Praktikabilität und die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit eines ständig präsenten Arbeitskräftepools von Call-Center-Agents wurde weder behauptet noch festgestellt. Im Gegenteil selbst bei großen Callaufkommen konnte nicht sofort die nächste Arbeitskraft abgerufen werden, sondern wurde Frau XXXX bzw. die Call-Center-Agents über das Telefonsystem automatisiert oder durch die Projektleitung persönlich (per E-Mail, SMS, etc.) mit einem Bonussystem zur Übernahme freier Zeiten gelockt. Ein sanktionsloses Ablehnungsrecht (ieS) ist den Feststellungen zu Folge hier weder vereinbart noch jemals ausgeübt worden.

Auch, wenn sohin im vorliegenden Fall die persönliche Arbeitspflicht von Frau XXXX zu bejahen ist, so steht nur fest, dass kein Grund vorliegt, ein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit schon aus diesem Grunde auszuschließen. Dies lässt aber noch nicht den Gegenschluss auf ein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit zu, weil dafür das Gesamtbild der Beschäftigung maßgebend ist (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 17.10.2012, Zl. 2010/08/0256). Es ist somit zu klären, ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jener persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist.

Dies hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zB auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl. VwGH-Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10.12.1986, VwSlg. Nr. 12.325/A). Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein.

Bei Beschäftigten, die ihre Tätigkeit disloziert, dh in Abwesenheit des Dienstgebers oder des von ihm Beauftragten außerhalb einer Betriebsorganisation ausüben, stellt sich die Frage der Weisungsgebundenheit im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten in anderer Weise als bei einer Einbindung in eine Betriebsorganisation. Im ersten Fall wird das Vorliegen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses in der Regel durch eine über die bloß sachliche Kontrolle des Ergebnisses einer Tätigkeit hinausreichende, die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit bzw. durch (auf das Ergebnis derartiger Kontrollen aufbauende) persönliche Weisungen dokumentiert, während die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge hat, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert sein (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 15.05.2013, Zl. 2013/08/0051).

Bei der Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag ist grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung auszugehen, weil diese die rechtlichen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar macht und daher als Deutungsschema für die tatsächlichen Verhältnisse dient. Der Vertrag hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Diese müsste durch den Nachweis, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den vertraglichen Vereinbarungen über das Vorliegen eines freien Dienstvertrages abweichen, entkräftet werden. Solche Abweichungen werden naturgemäß umso weniger manifest sein, im je geringerem zeitlichen Ausmaß der Beschäftigte tätig ist (vgl. nochmals das VwGH-Erkenntnis Zl. 2013/08/0051, mwN).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin mit Frau XXXX schriftlich bzw. konkludent eine Rahmenvereinbarung getroffen, nach deren wesentlichem Inhalt die zu erbringende Leistung "auf Basis einer selbständigen Erwerbstätigkeit" erfolgen sollte, was nach dem Gesagten nicht zutrifft. Eine solche Vereinbarung kann nicht einem Deutungsschema, wonach dieser die Vermutung der Richtigkeit für sich hat, zu Grunde gelegt werden.

Somit hat vorliegend die genannte Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag nach dem Gesamtbild der konkret nach den tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilenden Beschäftigung und der oben genannten Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems zu erfolgen.

Nach einhelliger Auffassung in Lehre und Judikatur ist die Bindung an einen bestimmten Arbeitsort kein Indiz für persönliche Abhängigkeit, wenn sich diese aus der Natur der Tätigkeit ergibt (vgl Naderhirn, Neuformulierung 7 f mwN; Mosler in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 4 ASVG Rz 91; Auer-Mayer, ZAS 2016, 130 mwN; aus der Judikatur ua VwGH 20.04.1993, 91/08/0180 betreffend Discjockeys). Obwohl die von Frau XXXX ausgeübte Tätigkeiten eine ist, die ihrer Natur nach an verschiedensten Orten verrichtet werden hätte können, war Frau XXXX an einen ganz bestimmten Arbeitsort gebunden, weil sie - wie festgestellt – ihren Telefonaten aufgrund der technischen Mindestanforderungen, die den üblichen Standard eines jeden Privathaushalt überschritten haben, nur von zuhause aus für die Beschwerdeführerin nachgehen konnte; nur zuhause war die technische Infrastruktur eingerichtet. Sohin ist vorliegend die Bindung an einen Arbeitsort für die Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit aussagekräftig.

Hinsichtlich der Arbeitszeit ist festzuhalten, dass Frau XXXX ihre Tätigkeit der Natur der Sache nach lediglich während der Servicezeit (Montag bis Freitag von 7 bis 19 Uhr und Samstag von 7 bis 13 Uhr) des Kundendienstes der Auftraggeberin der Beschwerdeführerin ausüben konnte. Frau XXXX konnte in diesem Zeitfenster – sowohl was die einzelnen Tage betrifft als auch die Uhrzeiten - ihre Arbeitszeit vollkommen frei wählen; es kann daher im vorliegenden Fall, was die tägliche Arbeitszeit betrifft, von einer selbstbestimmten Einteilung der Arbeitszeit gesprochen werden. Obwohl es auch hier durch die Vereinbarung für Teilnahmegebühr zur Projektpräsentation (kurz: Erreichung eines Callvolumens sonst Bezahlung/Rückzahlung der Teilnahmegebühr) und durch eine Sperre des XXXX -System-Zuganges bei längerem Nichttätigsein zu einer Beschränkung der Freiheit der Arbeitszeit (zB (über längere Zeit) überhaupt kein Tätigwerden) kommen könnte.

Die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über das arbeitsbezogene Verhalten und die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollrechte stellen nach der Rechtsprechung des VwGH ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Versicherungspflicht dar. Die Weisungen über das arbeitsbezogene Verhalten betreffen den Arbeitsablauf, die Arbeitsfolge und die damit im Zusammenhang stehenden organisatorischen Maßnahmen. Dagegen betreffen die sachlichen Weisungen die Arbeitsziele bzw. Arbeitsergebnisse.

Dass die Beschwerdeführerin den Gesprächsablauf nicht im Einzelnen vorgab, spricht im gegebenen Zusammenhang schon deshalb nicht gegen die Weisungsunterworfenheit und für die Selbständigkeit der Mitarbeiter, weil sich der Gesprächsablauf ohnedies weitgehend aus den Zielvorgaben der Beschwerdeführerin ergibt (vgl. VwGH vom 22.03.2010, Zl. 2009/15/0200). Der Umstand, dass Frau XXXX sich generell am Projekt „Kundenservice“, am Gesprächsleitfaden (mit Begrüßungsformel und Floskeln), an den Anliegen der XXXX auch im Hinblick auf das Befüllen der elektronischen XXXX -Eingabe-Maske, an der Weitergabe von unbeantwortbaren Anrufen an die Projektleiterin, etc. zu orientieren hatte, ist als Hinweis auf das Vorliegen arbeitsbezogener Weisungen zu sehen, ebenso die Tatsache, dass Frau XXXX Anweisungen hinsichtlich ihres Gesprächsverhaltens (kürze Gespräche, keine so langen Pausen zwischen den Sätzen) von der Projektleiterin der Beschwerdeführerin erhalten hat. Weiters gab es regelmäßig wiederkehrende Vorgaben zB wenn gewisse Telefonnummern nicht mehr weiterzugeben waren, bei Aufscheinen gewisser Telefonnummern den Anruf nicht entgegenzunehmen oder den Anrufer wegzudrücken. Die Tätigkeit von Frau XXXX war somit nicht frei ausgestaltbar, sondern ergab sich aus Zielvorgaben der Beschwerdeführerin. Frau XXXX war somit bei Ausübung ihrer Tätigkeit an die von der Beschwerdeführerin bzw. von deren Auftraggeberin vorgegebenen Betriebsziele gebunden.

Zudem waren im Telefonsystem der Beschwerdeführerin zahlreiche Kontrollmöglichkeiten installiert, die persönliche (An-)Weisungen nach sich ziehen konnten und im konkreten Fall - wie wiederholt ausgeführt und festgestellt - auch nach sich zogen. Durch die Aufzeichnungen eines jeden Anrufes und die regelmäßigen Auswertungen übte die Beschwerdeführerin und ihre Auftraggeberin eine weitreichende Kontrolle aus. Auch durch das Aus-/Befüllen des XXXX -Maskensystems nach jedem Anruf wurde der Beschwerdeführerin so die Möglichkeit gegeben, sich ein für eine wirksame Kontrolle ausreichend genaues Bild über die inhaltliche Durchführung der Tätigkeiten von Frau XXXX zu verschaffen. Als indirektes Kontrollelement wird auch das nicht selbständige Löschen eines einmal im Online-Termin-Kalender eingetragenen Dienstes und die Möglichkeit die An- und Abwesenheiten (sprich Arbeitszeiten) durch die stetigen Aufzeichnungen aller Calls qualifiziert.

Aufgrund all dieser Erwägungen ist festzuhalten, dass Frau XXXX in ihrer Funktion als Inbound-Call-Center-Agent bei der Beschwerdeführerin in mehrfacher Hinsicht in die betriebliche Struktur eingebunden und der Beschwerdeführerin weisungs- und (indirekt) stark ausgeprägt kontrollunterworfen war. Schlussendlich lag aus Sicht des erkennenden Gerichtes – bei genauer Betrachtung des Einzelfalles und (vielleicht) erst auf dem zweiten Blick erkennbar – eine ausgeprägte Bindung der Beschäftigten an Ordnungsvorschriften der Beschwerdeführerin vor.

In einer einzelfallbezogenen Gesamtschau sind somit die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit als überwiegend zu beurteilen. Die im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung heranzuziehenden Nebenkriterien sprechen nämlich insgesamt betrachtet gegen das Vorliegen eines freien Dienstvertrages, weil einzig das Kriterium der Bindung an eine bestimmte Arbeitszeit flexibel durch die Beschäftigte gestaltbar war; alle anderen Kriterien einer Bindung der Beschäftigten an die Ordnungsvorschriften liegen in - etwas verschleierter Form – aber dennoch intensiv ausgeprägt vor.

Eine Abwägung iSd § 4 Abs. 2 ASVG ergibt daher, dass bei der Tätigkeit von Frau XXXX als "Inbound-Call-Center-Agent" die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit jedenfalls überwiegen.

Die Merkmale für das Bestehen persönlicher Abhängigkeit sind im gegenständlichen Fall als gegeben anzusehen. Im Verfahren betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung ist es ausreichend, darzulegen, dass jedenfalls ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegender Entgeltanspruch bestand (vgl. VwGH vom 04.09.2013, Zl. 2013/08/0110). Dass der Anspruchslohn von Frau XXXX im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze des Jahres 2017 lag, wurde im gesamten Verfahren weder bestritten noch wurde Gegenteiliges behauptet oder vorgebracht.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel finde, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.

Wie festgestellt hat Frau XXXX über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt; die technischen Zugänge (Datenbank Telefonsystem und XXXX -Eingangs-Maske sowie die entsprechenden Passwörter) stellte die Beschwerdeführerin bzw. deren Auftraggeberin.

Zusammenfassend spricht das Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit für ein Dienstverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit.

Gemäß § 4 Abs. 6 ASVG schließt sohin eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 ASVG für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG aus.

Aufgrund der Tatsache, dass die monatliche Geringfügigkeitsgrenze jeweils nicht überschritten wurde, kommt für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Ausnahmebestimmung von der Vollversicherung und die Teil(Unfall)versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG zur Anwendung. Die Ausnahmebestimmung und Teil(Unfall

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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