Entscheidungsdatum
19.01.2021Norm
AuslBG §4cSpruch
I406 2237386-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus HINTNER und Emanuel STRAKA als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Ovacin Rechtsanwaltskanzlei, Stadtstraße 33, 3. Stock, 6850 XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX , Regionale Geschäftsstelle, vom 22.10.2020, ABB-Nr: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der türkische Staatsangehörige XXXX , geb. am XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer), beantragte am 18.09.2020 beim Arbeitsmarktservice XXXX (in weiterer Folge: AMS) die Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG.
2. Mit Parteiengehör vom 24.09.2020 brachte das AMS dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass die Voraussetzungen für eine Beschäftigungsbewilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 erster Unterabsatz des Beschlusses Nr. 1/60 des Assoziationsrates EWG/Türkei (ARB 1/80) nicht vorliegen würden.
Eine einjährige Beschäftigung des Beschwerdeführers beim selben Arbeitgeber liege laut den vorgelegten Unterlagen nicht vor.
3. Der Beschwerdeführer übermittelte dazu fristgerecht mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 01.10.2020 eine Stellungnahme.
Die Beschäftigungszeiten bei den unterschiedlichen Arbeitgebern seien zusammenzurechnen, zumal der Verlust der jeweiligen Arbeitsstelle unverschuldet erfolgt sei. Sein erster Arbeitgeber sie in Insolvenz geraten, die Beendigung der anderen Arbeitsverhältnisse sei der Covid-19-Pandemie geschuldet.
4. Mit angefochtenem Bescheid vom 22.10.2020, ABB-Nr: XXXX , wies das AMS den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG ab.
Begründend führte das AMS nach Zitierung der angewandten gesetzlichen Bestimmungen aus, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß Artikel 6 Abs. 1 erster Unterabsatz ARB 1/80 nicht erfüllt seien.
Eine einjährige Beschäftigung des Beschwerdeführers beim selben Arbeitgeber liege gemäß dem vorgelegten Versicherungsdatenauszug nicht vor. Selbst bei – aus Sicht der belangten Behörde unzulässiger – „Addition“ der einzelnen Beschäftigungszeiten würden jedenfalls die vom Gesetz geforderten vier Jahre nicht erreicht.
5. Mit Schriftsatz vom 13.12.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Er vertrat dabei die in bereits in seiner Stellungnahme dargelegte Rechtsauffassung und verwies auf die Entscheidung EuGH Güzeli C-4/05.
6. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 01.12.2020 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und am XXXX geboren.
Ihm war erstmals am 30.07.2019 von der BH XXXX eine Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers ausgestellt worden.
Er beantragte am 18.09.2020 beim AMS XXXX die Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG.
Der Beschwerdeführer war von 16.08.2019 bis 06.12.2019 als geringfügig beschäftigter Arbeiter beim Dienstgeber XXXX beschäftigt. Von 04.10.2019 bis 19.05.2020 ging er einer Tätigkeit als Arbeiter für den Dienstgeber XXXX nach, von 03.01.2020 bis 23.05.2020 war er geringfügig als Arbeiter bei XXXX beschäftigt und von 20.05.2020 bis 24.08.2020 als Arbeiter bei XXXX .
Insgesamt betragen die Zeiten seiner Beschäftigung ein Jahr und acht Tage.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellung zu der dem Beschwerdeführer ausgestellten Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt und der dem Akt inneliegenden Kopie dieser Aufenthaltskarte in Zusammenschau mit einer zusätzlich eingeholten Auskunft aus dem zentralen Fremdenregister (IZR).
Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Sozialversicherungsdatenauszug in Zusammenschau mit einem Datenauszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (AJ-Web) vom 21.12.2020 ergibt sich die Feststellung zu den Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen:
§ 4c AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 72/2013, lautet:
„§ 4c. (1) Für türkische Staatsangehörige ist eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Artikel 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB - Nr. 1/1980 erfüllen.
(2) Türkischen Staatsangehörigen ist von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen. Der Befreiungsschein berechtigt zur Aufnahme einer Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet und ist jeweils für fünf Jahre auszustellen. Der Befreiungsschein ist zu widerrufen, wenn der Ausländer im Antrag über wesentliche Tatsachen wissentlich falsche Angaben gemacht oder solche Tatsachen verschwiegen hat.
(3) Die Rechte türkischer Staatsangehöriger auf Grund der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben unberührt. Für die Verfahrenszuständigkeit und die Durchführung der Verfahren gemäß Abs. 1 und 2 gelten, soweit dem nicht Bestimmungen des ARB Nr. 1/1980 entgegenstehen, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.“
Art. 6 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) lautet:
„Artikel 6
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat
- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.
(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.
(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt.“
Mit Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wurde ein System der abgestuften Eingliederung der türkischen Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats geschaffen.
Aus der Systematik und der praktischen Wirksamkeit dieses Systems folgt, dass die in den drei Gedankenstrichen dieser Bestimmung jeweils aufgestellten Bedingungen von den Betroffenen nacheinander erfüllt werden müssen (vgl. VwGH 28.02.2019, Ra 2018/22/0100 Rn: 8, unter Hinweis auf EuGH Urteil 10. Jänner 2006, Rs C-230/03, Sedef, Rn. 37).
Aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ergibt sich, dass der erste und der zweite Gedankenstrich dieser Bestimmung die Voraussetzungen regeln, unter denen ein türkischer Arbeitnehmer, der rechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist ist und dort die Erlaubnis erhalten hat, eine Beschäftigung auszuüben, seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausüben kann:
Nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung darf er weiterhin bei demselben Arbeitgeber arbeiten (erster Gedankenstrich) und nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung kann er sich - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten einzuräumenden Vorrangs - für den gleichen Beruf auf ein Stellenangebot eines anderen Arbeitgebers bewerben (zweiter Gedankenstrich).
Im Gegensatz dazu verleiht Abs. 1 dritter Gedankenstrich (nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung) dem türkischen Arbeitnehmer nicht nur das Recht, sich auf ein vorliegendes Stellenangebot zu bewerben, sondern auch uneingeschränkten Zugang zu jeder von ihm frei gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis (vgl. VwGH 09.08.2018, Ro 2017/22/0015 Rn: 15, unter Verweis auf EuGH Urteil 7. Juli 2005, Rs C-383/03, Dogan, Rn. 13; EuGH Urteil 10. Jänner 2006, Rs C-230/03, Sedef, Rn. 36 und 44).
Um die Härte dieses Systems abzumildern, führt Absatz 2 für die Zwecke der Berechnung der unterschiedlichen Zeiten einer ordnungsgemäßen Beschäftigung bestimmte legitime Gründe für die Unterbrechung der unselbständigen Erwerbstätigkeit an (EuGH Urteil 10. Jänner 2006, Rs C-230/03, „Sedef“, Rn. 47/48).
Absatz 2 nennt verschiedene Fälle von Unterbrechungen und regelt deren Auswirkungen auf die Berechnung der erforderlichen Beschäftigungszeiten.
Dabei besteht ein Unterschied zwischen den Unterbrechungen nach Satz 1 und nach Satz 2. Die Fehlzeiten nach Satz 1 (Jahresurlaub und Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit) sind den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung im Sinne von Absatz 1 gleichgestellt.
Bei den Fehlzeiten nach Satz 2 (Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit und Abwesenheit wegen langer Krankheit) verliert der Arbeitnehmer zumindest nicht die durch die vorherigen Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung erworbenen Ansprüche (EuGH Urteil 23.01.1997, RS C-171/95, „Tetik“, Rn. 36-39).
Zeiten der Abwesenheit wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit beeinträchtigen somit die bereits nach Absatz 1 erworbenen Rechte nicht.
Diese Vorschrift soll nur verhindern, dass ein türkischer Arbeitnehmer, der wieder zu arbeiten beginnt, nachdem er wegen langer Krankheit oder unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht arbeiten konnte, von neuem – wie ein türkischer Arbeitnehmer, der in dem betreffenden Mitgliedstaat noch nie eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausgeübt hat – die in Artikel 6 Absatz 1 erster bis dritter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 vorgeschriebenen Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung zurücklegen muss (EuGH Urteil 26.10.2016, RS C-4/05„Güzeli“, Rn. 42).
Satz 2 knüpft an bereits erworbene „Ansprüche“ an. Daher bleiben nur die Beschäftigungszeiten, die die in den drei Spiegelstrichen von Absatz 1 aufgestellten Voraussetzung bezüglich der Dauer der Beschäftigung erfüllen, von den in Satz 2 genannten Unterbrechungen unberührt.
Bis zum Erreichen der Jahresschwelle des Absatz 1 Spiegelstrich 1 (also in der „vorassoziationsrechtlichen Anwartschaftsphase“) werden keine Ansprüche begründet, die unberührt bleiben könnten.
War also ein Arbeitnehmer etwa nur acht Monate lang bei dem gleichen Arbeitgeber beschäftigt, reicht dies noch nicht aus, um ihn von der Regelung Satz 2 profitieren zu lassen. Hat der türkische Staatsangehörige – hinsichtlich der jeweiligen Beschäftigung – aufgrund von Absatz 1 noch kein unmittelbares Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt erworben, liegt in jedem Fall eine erhebliche Unterbrechung der Beschäftigung vor. (EuGH Urteil 26.10.2016, RS C-4/05„Güzeli“, Rn. 43.)
Eine solche Auslegung ist mit dem Zweck von Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 des Beschlusses Nr. 1/80 vereinbar, der die Aufrechterhaltung und den Fortbestand der Ansprüche gewährleisten soll, die ein türkischer Arbeitnehmer aufgrund vorher zurückgelegter Beschäftigungszeiten bereits erworben hat.
Der dort verwendete Begriff „Ansprüche“ beinhaltet, dass es sich nicht um Zeiten von beliebiger – gegebenenfalls äußerst kurzer – Dauer handelt, sondern um vorherige Beschäftigungszeiten, die ausreichend lang sind, um einen Anspruch auf die Beschäftigung zu begründen, der nach der Logik dieser Vorschrift – unbeschadet der vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit aus Gründen, die dem türkischen Arbeitnehmer nicht angelastet werden können – fortbestehen soll. (EuGH Urteil 26.10.2016, RS C-4/05 „Güzeli“, Rn. 44 ff.)
3.2. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:
Am Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei im Zeitraum 16.08.2019 bis 24.08.2020 für vier verschiedene Arbeitgeber beschäftigt gewesen, besteht kein Zweifel. Ebenso ist unstrittig, dass keines dieser Beschäftigungsverhältnisse eine einjährige Dauer erreicht hat.
Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt eine Hinzurechnung der Zeiten des unverschuldeten Arbeitgeberwechsels vor dem erstmaligen Erwerb einer Berechtigung nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 nicht in Betracht (vgl. EuGH Urteil 26.10.2006, RS C-4/05, Güzeli und auch Landesverwaltungsgericht Wien vom 20.10.2015, VGW-151/080/31606/2014).
Daher sind die Voraussetzungen für Ausstellung eines Befreiungsscheins nach § 4c Abs. 2 AuslBG nicht gegeben und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Sofern der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in der Beschwerde nicht einen verfahrenseinleitenden Antrag nach § 4c Abs. 2 AuslBG sondern einen nach § 4c Absatz 1 anführt, ist festzuhalten, dass auch für diesen die Voraussetzungen nicht gegeben sind, da in Artikel 6 Absatz 1 erster Unterabsatz als Mindestanforderung ein Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung bei dem gleichen Arbeitgeber festgelegt ist. Die Zusammenrechnung der bei verschiedenen Arbeitgebern in Beschäftigung verbrachter Zeiten kommt angesichts des Wortlautes der Bestimmung nicht in Betracht; angesichts des oben angeführten Umstandes, dass noch keine „Ansprüche“ erworben wurden, kommen ebensowenig die legitimen Gründe für die Unterbrechung der unselbständigen Erwerbstätigkeit des Artikel 6 Absatz 2 in Frage.
Entfall der mündlichen Verhandlung
In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen.
Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im festgestellten Umfang unbestritten und geklärt. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Anspruchsvoraussetzungen Befreiungsschein Beschäftigungsausmaß ZeitraumbezogenheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I406.2237386.1.00Im RIS seit
22.02.2021Zuletzt aktualisiert am
22.02.2021