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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §6 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,
Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1996, Zl. 304.782/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - unter anderem - gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei ein Erstantrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch im Zeitpunkt seiner Antragstellung und auch in der Folge im Bundesgebiet aufgehalten. Damit sei der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die privaten Interessen des Beschwerdeführers an Familienzusammenführung (nach der Aktenlage mit seiner österreichischen Ehegattin).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (31. Jänner 1996) hatte die belangte Behörde die Rechtslage nach Inkrafttreten der AufG-Novelle, BGBl. Nr. 351/1995, sowie die am 22. Dezember 1995 ausgegebene Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, anzuwenden.
§ 2 Abs. 3 und § 6 Abs. 2 AufG lauten auszugsweise:
"§ 2. ...
(3) Die Bundesregierung kann in dieser Verordnung insbesondere
...
4. in Österreich geborene Kinder von Fremden (§ 3 Abs. 1 Z. 2), Angehörige österreichischer Staatsbürger (§ 3 Abs. 1 Z. 1), ..., insoweit von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen ausnehmen, als dadurch das Ziel der Zuwanderungsregelung nicht beeinträchtigt wird, und ...
§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. ..."
§ 4 Z. 2 und 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, ...
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er sich im Zeitpunkt seiner durch einen Vertreter bei der österreichischen Botschaft in Budapest erfolgten Antragstellung im Inland aufgehalten hat. Gemäß § 6 Abs. 2 AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung grundsätzlich vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Mit "der Einreise nach Österreich" im Sinne dieser Bestimmung ist ohne jeden Zweifel die Einreise des Antragstellers gemeint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1600). Die Antragstellung durch einen Vertreter vom Ausland aus, während sich der Fremde selbst im Inland aufhält, entspricht nicht der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG. Ihre Anwendung wird auch - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - nicht dadurch gehindert, daß der Fremde die genannte Vorgangsweise bei der Antragstellung aufgrund einer falschen Interpretation des Aufenthaltsgesetzes wählte, mag diese auch durch einen "Beamten der MA 62" veranlaßt worden sein.
Insoweit sich der Beschwerdeführer auf seine am 19. September 1994 geschlossene Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen beruft, ist ihm zu entgegnen, daß § 4 Z. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 nur solche Angehörige von österreichischen Staatsbürgern zur Antragstellung im Inland berechtigt, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde. Das Zutreffen dieser Voraussetzungen wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus dem von ihm vorgelegten Reisedokument geht die Erteilung eines gewöhnlichen Sichtvermerkes nicht hervor. Für eine Einreise des Beschwerdeführers vor der durch das am 6. Juli 1992 ausgegebene BGBl. Nr. 386a/1992 kundgemachten Aussetzung der pragmatischen Weiteranwendung des Abkommens zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, im Verhältnis zum Heimatstaat des Beschwerdeführers, der Bundesrepublik Jugoslawien, bestehen keine Anhaltspunkte. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob eine Einreise aufgrund des genannten Abkommens überhaupt als solche "gemäß § 14 Abs. 3 FrG" angesehen werden könnte.
Der Gesetzgeber der AufG-Novelle aus 1995 hat mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen. Dagegen, daß die Bundesregierung diese Verordnungsermächtigung lediglich in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, genutzt hat, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof im Hinblick darauf, daß § 4 Z. 4 der in Rede stehenden Verordnung sinngemäß auch auf Angehörige österreichischer Staatsbürger, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten, anwendbar ist (vgl. das zur insoweit gleichlautenden Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0536), keine Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK (vgl. in diesem Zusammenhang das zum Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497). Eine weitere Bedachtnahme auf die in Rede stehende Bestimmung der Europäischen Menschenrechtskonvention durch den Rechtsanwender kommt im Hinblick auf diese Rechtslage nicht in Betracht (vgl. das zur gleichlautenden Bestimmung des § 3 Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0845).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996190785.X00Im RIS seit
02.05.2001