TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/3 W123 2236088-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z8
FPG §55 Abs4

Spruch


W123 2236088-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch RA Mag. Stefan ERRATH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.09.2020, Zl. 652508402-200005765, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, schloss im August 2013 die Ehe mit einem zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten serbischen Staatsangehörigen, auf die sich die Beschwerdeführerin zur Erlangung ihres Aufenthaltstitels im Wege der Familienzusammenführung berufen hatte, und war ab dem 20.12.2013 Inhaberin eines durch das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, ausgestellten Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus“, zuletzt mit einer Gültigkeitsdauer bis 22.12.2018.

Die Ehe der Beschwerdeführerin wurde am 08.08.2016 geschieden.

2. Im Rahmen einer Überprüfung durch Beamte der Landespolizeidirektion Wien im Februar 2019 kam es im Zuge der Erhebungen und der Befragung des ehemaligen Ehemannes zu mehreren Widersprüchen zwischen den Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Ex-Mannes. Weitere Hinweise der durch die Beamten geleiteten Ermittlungen erhärteten den Verdacht auf das vormalige Vorliegen einer Aufenthaltsehe.

3. Gegenüber der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 06.07.2019 mehrere Verfahren über Anträge zur Erteilung von Aufenthaltstiteln „Rot-Weiß-Rot plus“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) amtswegig wiederaufgenommen und unter einem diese Anträge nachträglich abgewiesen. Grund für die Wiederaufnahme dieser Verfahren und die gleichzeitige Abweisung der Anträge der Beschwerdeführerin war, dass die MA 35 über Hinweise dem Verdacht nachging, dass es sich bei der 2013 geschlossenen Ehe der Beschwerdeführerin, um eine Schein- bzw. Aufenthaltsehe handelt, bei der nie ein tatsächliches Eheleben geführt wurde. Daher wurden mit der Wiederaufnahme des Verfahrens des Erstantrages gleichzeitig auch die jeweiligen Anträge der Beschwerdeführerin auf Verlängerung abgewiesen.

4. Die mittlerweile mit einem anderen serbischen Staatsbürger, dem Halbbruder des geschiedenen Ehemannes, verheiratete Beschwerdeführerin erhob gegen den Wiederaufnahmebescheid der MA 35 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Wien.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13.12.2019 wurde eine gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde mit geringfügigen Korrekturen des Bescheidspruches als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, aufgrund des durchgeführten umfassenden Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass es sich bei der Ehe der Beschwerdeführerin um eine Aufenthaltsehe gehandelt hätte, welche nur geschlossen worden sei, um ihr ein Bleiberecht in Österreich zu verschaffen.

5. In einem mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ betitelten Schreiben vom 16.06.2020 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin mit, dass angesichts der festgestellten Aufenthaltsehe und der im wiederaufgenommenen Verfahren erfolgten Abweisung ihrer Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie die Verhängung eines Einreiseverbotes beabsichtigt werde. Der Beschwerdeführerin wurde die Gelegenheit eingeräumt, hierzu sowie zu näher aufgelisteten Fragestellungen zu ihren privaten und familiären Lebensumständen sowie allfälligen auf ihren Herkunftsstaat bezogenen Rückkehrbefürchtungen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.

6. Mit gegenständlichem Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 Asylgesetz 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen (Spruchpunkt I. und II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG wurde gegen die Beschwerdeführerin ein Einreiseverbot auf die Dauer von drei Jahren erlassen (Spruchpunkt VI.).

7. Mit Schriftsatz vom 13.10.2020 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde in vollem Umfang. Die Beschwerdeführerin sei Staatsbürgerin Serbiens und habe ihren Lebensmittelpunkt seit 2013 in Österreich. Aufgrund ihrer intensiven Integration und ihres zum Großteil sich in Österreich befindlichen Freundes- und nahen Verwandtenkreises seien daher ihre sozialen Beziehungen in Österreich deutlich stärker als die in Serbien. Die belangte Behörde habe sich lediglich auf die Annahme einer Aufenthaltsehe gestützt, ohne jedoch selbst beweiswürdigende Überlegungen zu treffen. Aufgrund der nicht bestehenden Gefährdungsprognose sei daher von der Erlassung eines Einreiseverbotes Abstand zu nehmen, zumindest die Höhe desselben zu reduzieren, da dieses überschießend sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin führt die im Spruch angeführte Identität und ist serbische Staatsangehöriger.

1.2. Die Beschwerdeführerin suchte mit Erstantrag vom 22.11.2013 um Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 NAG an und berief sich hierbei auf eine im August 2013 mit dem zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten serbischen Staatsangehörigen XXXX geschlossene Ehe. In Stattgabe dieses Antrags wurde der Beschwerdeführerin ein bis 20.12.2014 befristeter Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ erteilt. Danach stellte die Beschwerdeführerin am 18.11.2014 und am 26.11.2015 jeweils einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte-plus“. Am 08.08.2016 erfolgte die Scheidung jener Ehe im Einvernehmen.

Mit Bescheid des Landeshauptmanns für Wien MA XXXX vom 06.07.2019 wurde das aufgrund des Antrags des Beschwerdeführers vom 22.11.2013 geführte und rechtskräftig abgeschlossene Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG von Amts wegen wiederaufgenommen. Gleichzeitig wurde gemäß §§ 30, 30a iVm 25 Abs. 3 und 24 NAG der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund des Vorliegens einer Aufenthaltsehe abgewiesen.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 13.12.2019, Zahl VWG- XXXX , wurde die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde abgewiesen.

Das Landesverwaltungsgericht Wien stellte im angeführten Erkenntnis fest, dass die Ehe mit Herrn XXXX mit dem Zweck geschlossen worden ist, der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet sowie einen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen und ein Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn XXXX tatsächlich zu keinem Zeitpunkt bestanden hat.

1.3. Die Beschwerdeführerin war ab 2013 an verschiedenen Adressen gemeldet, darunter am Wohnsitz der Stiefmutter ihres jetzigen Ehemannes, der Mutter ihres geschiedenen Mannes. Die Beschwerdeführerin ging zwischen 2014 und 2018 unselbständigen Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet nach.

1.3 Die Beschwerdeführerin heiratete im Jahr 2013 einen im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigten serbischen Staatsbürger, wobei ein echtes Eheleben iSd Art. 8 EMRK niemals bestand und es sich um eine Aufenthaltsehe handelte. Die Beschwerdeführerin wurde zwischenzeitig im Jahr 2016 von dieser Person wieder geschieden, und heiratete im April 2017 einen anderen serbischen Staatsbürger.

1.4. Die Beschwerdeführerin hat drei XXXX , XXXX und XXXX geborene Kinder von ihrem jetzigen Ehemann.

1.5. Die strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführerin hat keine konkreten familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet nachgewiesen. Auch konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration der Beschwerdeführerin in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht konnten nicht festgestellt werden.

1.6. Es besteht keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerin in Serbien einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt ist. Gemäß § 1 Z 6 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) gilt Serbien als sicherer Herkunftsstaat. Es sind im Falle einer Rückkehr nach Serbien auch keine Umstände hinsichtlich etwaiger staatlicher Repressalien oder anderweitig gearteter Probleme bekannt bzw. wurden solche nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin gründen auf den Inhalt des Verwaltungsaktes.

2.3. Die Feststellungen über die von der Beschwerdeführerin in der Vergangenheit geführten Verfahren vor der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde sowie zur Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ lassen sich dem Zentralen Fremdenregister sowie den im Verwaltungsakt einliegenden Ausfertigungen des Bescheides des Landeshauptmanns von Wien vom 06.07.2019 und des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom 13.12.2019 entnehmen.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im August 2013 eine Ehe mit dem Zweck geschlossen hatte, sich einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet sowie einen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ohne dass ein Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem damaligen Ehegatten tatsächlich geführt worden ist, ergibt sich aus den unstrittigen Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 13.12.2019.

Die Feststellungen zu den Meldeadressen der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik vom 15.10.2020.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellung, dass keine Hinweise auf eine Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht vorliegen, war aufgrund der fehlenden Angaben der Beschwerdeführerin zu treffen.

2.4. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die im angefochtenen Bescheid zitierten Quellen, welche in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wurden. Die Beschwerdeführerin ist den Feststellungen, demzufolge in Serbien eine weitgehend unbedenkliche Sicherheitslage sowie eine – auch in medizinischer Hinsicht – ausreichende Grundversorgung besteht, nicht entgegengetreten. Insofern die herangezogenen Länderberichte Quellen älteren Datums enthalten, ist festzuhalten, dass sich die entscheidungsrelevante Lage zufolge laufender Medienbeobachtung im Wesentlichen als unverändert darstellt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Serbien um einen Staat handelt, der zwar etwa im Hinblick auf Korruption Defizite aufweist, darüber hinaus aber weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. – als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098). Letztlich ist abermals darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.


3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Aus der Aktenlage ergeben sich in casu keinerlei Hinweise auf das Vorliegen der in § 57 leg. cit. taxativ aufgelisteten Sachverhalte; solche wurden auch nicht seitens des Beschwerdeführer ins Treffen geführt.

3.1.2. § 10 Abs. 2 AsylG lautet:

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Art. 8 EMRK lautet wie folgt:

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Vom Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd. Art 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl etwa VwGH 26.1.2006, 2002/20/0423; 8.6.2006, 2003/01/0600; 26.1.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, Zl. U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017).

Bei einem über zehnjährigen inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, Zl. 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242).

Aufenthaltsbeendigende Maßnahmen sind aber auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen, wobei die "Zehn-Jahres-Grenze" in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rolle spielt, wenn einem Fremden kein erhebliches strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Hierbei kommt es ebenso auf den Zeitpunkt und der Art des jeweiligen Fehlverhaltens sowie das seither erfolgte Wohlverhalten an (vgl. VwGH 03.09.2015, Zl. 2015/21/0121; aber auch VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001).

3.1.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die Beschwerdeführerin ist mit einem serbischen Staatsangehörigen verheiratet und ist Mutter von zwei volljährigen Söhnen und einer fast volljährigen Tochter (vgl. Geburtsdatum: XXXX ). Bei der 2013 geschlossenen Ehe der Beschwerdeführerin mit dem Halbbruder ihres jetzigen Ehemannes handelt es sich um eine Schein- bzw. Aufenthaltsehe, bei der nie ein tatsächliches Eheleben iSd Art. 8 EMRK geführt wurde (§ 30 NAG).

Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 MRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob eine Trennung der Familie den Eingriff in das Familienleben als unzulässig werten lassen könnte. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht jedenfalls unzulässig, es muss dann aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen sein, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 07.05.2014, 2012/22/0084). Zur Beurteilung dieses öffentlichen Interesses bedarf es einer einzelfallbezogenen Einschätzung der vom Fremden ausgehenden Gefährdung, wozu es näherer Feststellungen über die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild bedarf (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162).

Steht nicht die allfällige zukünftige Gefährdung öffentlicher Interessen im Vordergrund, sondern der Umstand, dass der Fremde durch sein rechtsmissbräuchliches Verhalten den eigentlich zu beendenden Aufenthalt verlängern wollte, was dessen Gesamtdauer und die während dessen erlangte Integration zusätzlich maßgeblich mindert, so ist dem fremdenrechtlich besonders relevanten missbräuchlichen Verhalten, mittels einer Aufenthaltsehe zu versuchen, die Verlängerung des rechtmäßigen Aufenthalts zu erreichen, die gebotene Bedeutung beizumessen. Dabei ist auch nicht als relativierend anzusehen, dass von dem Fremden keine Gefahr für das wirtschaftliche Wohl des Landes ausgeht (vgl. VwGH 6.9.2019, Ra 2019/21/0016). Das Schließen einer "Aufenthaltsehe" stellt einen Umstand dar, der das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren kann (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0117; 26.6.2019, Ra 2019/21/0016). Das Gewicht der im dargestellten Aufenthaltszeitraum begründeten privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet erweist sich demnach als maßgeblich gemindert (vgl. auch VwGH 3.8.2008, 2007/18/0228).

Die erstmals in der Beschwerde behauptete verfestigte Integration der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet und die in diesem Zusammenhang angeblich bestehende soziale Verankerung in Bezug auf ihren Freundeskreis und ihrer in Österreich lebenden Familie, wurde weder durch konkrete Angaben hinsichtlich des Aufenthaltes dieser Personen noch durch Bescheinigungen untermauert. Die nach der Aufenthaltsehe eingegangene Ehe mit dem Vater der Kinder der Beschwerdeführerin, einem serbischen Staatsangehörigen, kann nicht ausschlaggebend für den Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet ins Treffen geführt werden kann, zumal der jetzige Ehemann mangels Aufenthaltstitel ebenfalls unrechtmäßig in Österreich aufhältig ist. Im Hinblick auf die noch minderjährige Tochter, welche ein Aufenthaltsrecht von ihrer Mutter ableitete, stehen dem Zusammenleben in Serbien keine wesentlichen Hindernisse entgegen. Darüber hinaus hat es die Beschwerdeführerin unterlassen, trotz Aufforderung in der übermittelten Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme durch die belangte Behörde, und zwar in concreto auf den darin enthaltenen Fragenkatalog für die zu übermittelnde Stellungnahme, wesentliche Angaben für die Entscheidungsfindung vorzubringen.

Abgesehen davon stand der Beschwerdeführerin wie bereits erwähnt mit dem erhobenen Beschwerdeschriftsatz nunmehr die Möglichkeit offen, sämtliche relevante Tatsachen zu ihren Gunsten vorzubringen, wobei anzumerken ist, dass die Beschwerdeführerin diese Möglichkeit auch im Zuge ihrer Ausführungen in der Beschwerde ungenutzt ließ. So wurde im Beschwerdeschriftsatz auf die in § 9 Abs. 2 BFA-VG (demonstrativ) aufgezählten Aspekte des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zum Teil überhaupt nicht eingegangen. Die Beschwerdeführerin erteilte, abgesehen vom pauschalen Hinweis auf das Bestehen sozialer Anknüpfungspunkte im Inland, weder Auskünfte über (allfällige) Familienangehörige in ihrem Herkunftsstaat, noch über den Stand ihren beruflichen bzw. sozialen Integration in Österreich.

Die Beschwerdeführerin hat dessen ungeachtet nicht dargetan, während ihres Aufenthaltes eine außergewöhnliche Integration erlangt zu haben. Aus einem Versicherungsdatenauszug ergab sich, dass diese im Zeitraum 2014 bis 2018 unterschiedliche Beschäftigungen in Österreich ausgeübt hat. Eine weitergehende (seitherige) berufliche Verankerung im Bundesgebiet hat sie nicht ersichtlich gemacht.

Der Beschwerdeführerin ist jedenfalls die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu ihren Kindern, Freunden und Verwandten in der vorliegenden Konstellation über elektronische oder sonstige Kommunikationsmittel respektive Besuchen im Herkunftsstaat oder allenfalls Drittstaaten objektiv wie subjektiv möglich und zumutbar, zumal das Eheleben in Serbien weitergeführt werden, da ihrem Ehemann ebenfalls kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukommt. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem gesetzwidrigen Handeln einzig und allein die Erschleichung eines Aufenthaltes und in weiterer Folge auch den Aufenthalt ihres Ehemannes in rechtswidriger Weise zu erlangen versuchte. Dadurch musste ihr bewusst sein, dass ihr Aufenthalt in Österreich nicht rechtmäßig war und dadurch auch die Unsicherheit und die Möglichkeit des jederzeitigen Verlustes dieses unrechtmäßigen Status in Kauf nahm.

Hinsichtlich des Privatlebens der Beschwerdeführerin wurde bereits ausgeführt, dass nicht einmal ein 10-jähriger Aufenthalt im Bundesgebiet festgestellt werden konnte, womit aber keinesfalls von einer unüberbrückbaren Verfestigung in Österreich angenommen werden kann.

Die Beschwerdeführerin hat sich zwar für einen mehrjährigen Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten, jedoch gründete dieser Aufenthalt auf dem Eingehen einer Aufenthaltsehe und somit einem fremdenrechtlichen Fehlerverhalten.

Den privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt in Österreich standen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.1.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften manifestieren, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführerin, welche eine besondere Verfestigung im Bundesgebiet nicht aufgezeigt und sich die ihr in der Vergangenheit erteilten Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz durch die Berufung auf eine Scheinehe erschlichen hatte.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwog und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestützt, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat Serbien festgestellt.

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Im Hinblick auf die gemäß § 52 Abs. 9 FPG getroffenen Feststellungen sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt. Personen, die in Serbien einreisen, erhalten eine schriftliche Gesundheitswarnung in englischer und serbischer Sprache über die Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung und zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie (Quelle: https://www.bmeia.gv.at/oeb-belgrad). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf ihr Alter als auch ihren Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach die Beschwerdeführerin bei einer allfälligen COVID-19-Infektion einer Hoch-Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde. Auch die durch das österreichische Außenministerium zuletzt im Hinblick auf Serbien wegen steigender Infektionszahlen neuerlich ausgesprochene Reisewarnung führt zu keiner anderen Einschätzung hinsichtlich des Vorliegens eines realen Risikos einer Verletzung von durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war daher abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt IV. und V. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gegenständlich wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 2 Z 1 BFA-VG aberkannt.

Somit sprach die Behörde zu Recht aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und war die Beschwerde in diesem Punkt spruchgemäß abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

3.4.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(…)

In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0104).

Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20.12.2011, 2011/23/0256; 22.1.2013, 2012/18/0143).

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

3.4.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf den Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG gestützt und mit dem Umstand begründet, dass die Beschwerdeführerin sich unter Berufung auf eine mit einem österreichischen Staatsbürger zu diesem Zweck geschlossene Scheinehe Aufenthaltstitel in Österreich erschlichen hätte.

Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin im August 2013 eine Aufenthaltsehe mit einem zum Aufenthalt in Österreich berechtigten serbischen Staatsangehörigen eingegangen ist, sich auf diese in Verfahren vor der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde berufen hat und sich hierdurch die ihr in der Folge erteilten Aufenthaltstitel erschlichen hat.

Die belangte Behörde hat dieses Fehlverhalten der Beschwerdeführerin, welches zweifelsfrei eine Gefährdung der öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen begründet, der Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von drei Jahren zugrunde gelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass das Eingehen einer Aufenthaltsehe und die mehrmalige Berufung hierauf zur Erlangung fremdenrechtlicher Vorteile das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa VwGH 31.03. 2004, Zl. 2004/18/0066, mwN), erheblich beeinträchtigt (vgl. VwGH 19.6.2008, 2007/18/0228). Da die Beschwerdeführerin sich, wie angesprochen, einen Aufenthalt erwirkte, der nur aufgrund des Eingehens einer Scheinehe rechtmäßig gewesen ist, konnte die Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides jedenfalls von der Gefahr eines weiteren fremdenrechtlichen Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin ausgehen; hierbei ist zu berücksichtigen, dass das letzte Fehlverhalten der Beschwerdeführerin mit ihrem letztmaligen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG im November 2018 erfolgt war, sodass die Behörde zur Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides angesichts des bisherigen Verhaltens der Beschwerdeführerin davon ausgehen konnte, dass sie in Anbetracht ihres bisher gezeigten mangelnden Respekts für die Einhaltung fremdenrechtlicher neuerlich ein Verhalten setzen wird, um die Regelungen über eine legale Niederlassung im Bundesgebiet zu umgehen. Die belangte Behörde konnte daher zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides berechtigt davon ausgehen, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von drei Jahren erforderlich sein wird, um die Beschwerdeführerin von neuerlichen Verstößen gegen Bestimmungen des Fremdenrechtes abzuhalten.

Bei Erlassung eines Einreiseverbots ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Wird durch ein Einreiseverbot in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Was die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin betrifft, bleibt festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin, wie unter Punkt 3.1.3. ausgeführt wurde, in Österreich ein allenfalls eingeschränktes Familienleben führt und darüber hinaus keine entscheidenden integrationsbegründeten Maßnahmen setzte.

Gegenständlich wird es der Beschwerdeführerin – ungeachtet der räumlichen Trennung – möglich sein, dass in der Beschwerde geltend gemachte Familienleben durch Besuche und mittels moderner Kommunikationsmittel aufrechtzuerhalten.

Hierzu ist festzuhalten, dass die fehlende Verbundenheit der Beschwerdeführerin mit der österreichischen Rechtsordnung sowie die von ihr ausgehende Gefährdung öffentlicher Interessen an einem geordneten Fremdenwesen durch den – in der rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom 13.12.2019 festgestellten und demnach unstrittigen – Umstand untermauert wird, dass diese im Jahr 2013 eine (zwischenzeitig geschiedene) Aufenthaltsehe geschlossen hatte, welche ihr ein Aufenthaltsrecht in Österreich und einen Zugang zum hiesigen Arbeitsmarkt ermöglichen sollte, ohne dass ein Familienleben tatsächlich geführt worden war.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, Aufrechterhaltung eines geordneten Meldewesens, Verhinderung von Schwarzarbeit), als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230). Es ist daher auch in Zukunft anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin gleichgelagerte Verstöße gegen fremdenrechtliche Regelungen setzen wird.

Da ein großes öffentliches Interesse an einem geregelten Fremdenwesen in Österreich und an der Einhaltung der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften herrscht und die Nichtbeachtung von Rechtsnormen einem gedeihlichem gesellschaftlichem Zusammenleben zuwiderläuft, ist gegenständlich der Schluss zu ziehen, dass die Beschwerdeführerin durch ihr Verhalten – und der sich daraus resultierenden negativen Zukunftsprognose – den Beweis für die Gefährdung österreichischer – in Art 8 Abs. 2 EMRK genannter – öffentlicher Interessen erbracht hat und die Verhängung eines Einreiseverbotes als notwendiges Mittel zu deren Begegnung zu betrachten ist.

Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 Z 8 FPG kann für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Das dargestellte Verhalten der Beschwerdeführerin ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von illegalem Aufenthalt und Verwaltungsübertretungen massiv zuwidergelaufen.

Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von drei Jahren war trotz bestehender sozialer und wirtschaftlicher Bindungen im Gebiet der Mitgliedstaaten angesichts des persönlichen Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin durch die mehrfachen Verstöße gegen fremdenrechtliche- und melderechtliche Regelungen angemessen. Eine Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes kam daher nicht in Betracht, sondern war gerade auch zum Schutz der angeführten öffentlichen Interessen in Österreich, aber auch in anderen europäischen Staaten, geboten. Die mit dem Einreiseverbot einhergehende zeitweilige Unmöglichkeit, soziale Bezugspersonen in einem vom Einreiseverbot umfassten Staat zu besuchen oder dort legal beruflich tätig zu sein, ist im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen.

Da sich das angeordnete Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes als angemessen erwiesen haben, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 8 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, vom 02.09.2015, Ra 2014/19/0127, vom 15.03.2016, Ra 2015/19/0180, vom 18.05.2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die für die Begründung der Gefährdungsprognose und Bemessung der Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbotes maßgeblichen Sachverhalts wurden zur Gänze bereits im Verfahren vor der belangten Behörde erhoben und im angefochtenen Bescheid offengelegt, wobei die Behörde unter Abwägung des von der Beschwerdeführerin gezeigten Verhaltens eine einzelfallbezogene Begründung des Einreiseverbotes vorgenommen hat. Die Beschwerde hat die Beurteilung des angefochtenen Bescheides pauschal bestritten, jedoch keine Sachverhalte aufgezeigt, die zu einem für die Beschwerdeführerin allenfalls günstigeren Verfahrensergebnis hätten führen können. Die wesentlichen Feststellungen, nämlich der illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin und die nicht belegten familiären und privaten Anknüpfungspunkte, blieben im Wesentlichen unbestritten.

Soweit ergänzend auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13.12.2019 Bezug genommen wurde, in welchem das Eingehen einer Aufenthaltsehe festgestellt worden war, so ist festzuhalten, dass die darin festgestellten Sachverhalte der Beschwerdeführerin als Adressatin der Entscheidung bekannt und angesichts deren Rechtskraft unstrittig sind, sodass eine nochmalige mündliche Erörterung derselben unterbleiben konnte; im Übrigen wurden die darin dokumentierten Sachverhaltsaspekte im gegenständlichen Verfahren lediglich ergänzend berücksichtigt, insofern als diese die im angefochtenen Bescheid dargelegte Gefährdungsprognose bestätigen.

Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen, sodass – ungeachtet des diesbezüglichen Antrages im Beschwerdeschriftsatz – von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsehe aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Familienleben Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung öffentliches Interesse Pandemie Privatleben Risikogruppe Rückkehrentscheidung Scheinehe Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2236088.1.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten