TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/7 LVwG-2020/32/2844-1

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Veröffentlicht am 07.01.2021
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Entscheidungsdatum

07.01.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §14 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde des AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 25.11.2020, ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25.11.2020 wurde gemäß § 340 Abs 1 und 3 GewO 1994 festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des vom Beschwerdeführer angemeldeten Gewerbes „Regalbetreuung (Schlichtung, Ordnung, Aus- und Umpreisung von Waren; Austausch von beschmutzter, beschädigter und abgelaufener Ware; Produkt- und Regalreinigung; Evidenthaltung von Waren in Lagern und Regalen; Lagerkontrolle; Anbringung von Werbematerial; Einteilung nach Warengruppen)“ im Standort **** Z, Adresse 1, nicht vorliegen. Gemäß
§ 340 Abs 3 GewO 1994 wurde weiters die Ausübung des angemeldeten Gewerbes untersagt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keinen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich besitze. Laut Mitteilung der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung (FGA) sei der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz negativ beschieden worden. Gegen diese negative Entscheidung sei Beschwerde erhoben worden und sei dieses Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Somit sei erwiesen, dass der Beschwerdeführer keinen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich habe und somit würden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Kenntnisnahme der Gewerbeanmeldung nicht vorliegen.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in jener der Beschwerdeführer zusammengefasst ausführt, dass er am 16.09.2020 das Gewerbe „Regalbetreuung“ bei der belangten Behörde angemeldet habe und nun über diese Gewerbeanmeldung negativ entschieden worden sei. Er wolle selbständig sein und verstehe nicht, warum er eine negative Entscheidung erhalten habe. Abschließend wurde um die neuerliche Überprüfung seiner Gewerbeanmeldung ersucht.

II.      Sachverhalt:

Der afghanische Staatsangehörige AA (in Folge: Beschwerdeführer), geboren am xx.xx.xxxx, stellte erstmals am 09.11.2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz (Asylantrag). In der Folge stellte der Beschwerdeführer am 21.03.2016 abermals einen Asylantrag beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Asylantrag wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen und befindet sich diese Angelegenheit seit 01.02.2019 in einem Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Der Beschwerdeführer ist im Besitz einer Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51
Asylgesetz 2005 mit Ausstellungsdatum 14.08.2017.

Am 16.09.2020 meldete der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde das freie Gewerbe „Regalbetreuung (Schlichtung, Ordnung, Aus- und Umpreisung von Waren; Austausch von beschmutzter Ware; Produkt- und Regalreinigung; Evidenthaltung von Waren in Lagern und Regalen; Lagerkontrolle; Anbringung von Werbematerial; Einteilung nach Warengruppen)“ an.

III.     Beweiswürdigung:

Die oben angeführten Sachverhaltsfeststellungen lassen sich unzweifelhaft aufgrund der bezüglichen, dem behördlichen Akt einliegenden Schriftstücke treffen.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich ua deshalb Abstand genommen werden, da weder der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittelschriftsatz vom 17.12.2020, noch die belangte Behörde in ihrem Vorlageschreiben vom 21.12.2020 die Durchführung einer Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol beantragt haben, wie dies gemäß § 24 Abs 3 VwGVG vorgesehen ist.

Schließlich hat auch das erkennende Gericht die Vornahme einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Gegenstandsfall nicht für erforderlich erachtet, zumal der entscheidungswesentliche Sachverhalt auch ohne mündliche Erörterung ausreichend geklärt werden konnte, dies auf Grundlage der dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegenden Aktenlage.

Insgesamt ließ die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Einem Entfall der Verhandlung standen weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl § 24 Abs 4 VwGH). Jedenfalls wurde vorliegend durch das Beschwerdevorbringen keine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufgeworfen, die eine mündliche Erörterung erforderlich gemacht hätte (vgl VwGH 15.12.2014,
Ro 2014/17/0121).

IV.      Rechtslage:

Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, § 9 idF BGBl I Nr 45/2018:

„§ 14

(1) Ausländische natürliche Personen dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. Angehörige von Staaten, mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen wurde, Personen, denen Asyl gewährt wird, oder Staatenlose dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den für sie in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits in Österreich aufhalten dürfen. Für Drittstaatsangehörige, die noch nicht rechtmäßig aufhältig sind (Erstantragsteller) und in Österreich ein Gewerbe ausüben wollen, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, zur rechtmäßigen Ausübung dieses Gewerbes erforderlich.

…“

Im Übrigen wird auf die Internetseite des Bundeskanzleramtes ris.bka.gv.at verwiesen.

V.       Erwägungen:

Gemäß § 340 Abs 1 GewO 1994 hat die Behörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen.

Liegen die im § 340 Abs 1 GewO 1994 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde dies gemäß § 340 Abs 3 GewO 1994 mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Im nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid stützte sich die belangte Behörde begründend auf den fehlenden rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hält dazu Folgendes fest:

Der in § 14 Abs 1 GewO 1994 aufgestellte Grundsatz besagt, dass ausländische natürliche Personen ein Gewerbe wie Inländer ausüben dürfen, wenn ein Staatsvertrag eine Gleichstellung vorsieht. So ist im EWR-Vertrag ebenso wie im AEUV enthalten, dass Angehörige der Vertragsstaaten ein Gewerbe wie Inländer ausüben dürfen. Eine derartige Vereinbarung besteht mit Afghanistan nicht.

Angehörige anderer Staaten (insbesondere Drittstaatsangehörige), anerkannte Flüchtlinge oder Staatenlose dürfen ein Gewerbe ausüben, wenn sie sich nach den ausländerrechtlichen Bestimmungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet aufhalten dürfen.

Für die Ausübung eines Gewerbes durch eine ausländische natürliche Person ist grundsätzlich ein diesen Aufenthaltszweck deckender Aufenthaltstitel erforderlich, welcher durch die zuständige Behörde nach den nationalen fremdenrechtlichen Vorschriften zu erteilen ist
(vgl VwGH 20.10.2004, 2004/04/0037). Auch ein Staatenloser darf ein Gewerbe nur dann ausüben, wenn er sich legal in Österreich aufhält und der ihm erteilte Aufenthaltstitel die Erwerbstätigkeit als Gewerbetreibender deckt (VwGH 26.03.2012, 2011/03/0174).

Bei Ausländern, denen die Gewerberechtsfähigkeit nicht durch einen Staatsvertrag garantiert ist, bei Asylwerbern und bei Staatenlosen wird das Recht zur Ausübung eines Gewerbes sohin von ihrem legalen Aufenthalt in Österreich abhängig gemacht.

Unter Berücksichtigung des eindeutigen, keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlautes von Art 15 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Aufnahmerichtlinie), ist unter Gewährung eines „effektiven“ Arbeitsmarktzuganges zu verstehen, dass der Antragsteller einen tatsächlichen und wirksamen Zugang erhält, der also nicht in unangemessener Weise beschränkt ist. Ein unbeschränktes Offenstehen sämtlicher Berufsfelder kann nach dem Wortlaut und Zweck der Regelung daraus aber nicht abgeleitet werden. Darüber hinaus sieht Abs 1 nach seinem Wortlaut die Verpflichtung der Einräumung eines solchen Zugangs nur bis zur Erlassung einer erstinstanzlichen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vor. Ein Schutz auf Entzug des Rechts auf Arbeitsmarktzugang im Rechtmittelverfahren über den Antrag auf internationalen Schutz setzt voraus, dass die Gewährung des Rechts, also des Arbeitsmarktzuganges durch Erteilung einer entsprechenden Beschäftigungsbewilligung vor Erlassung der (ablehnenden) erstinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren erfolgte. Diese Auslegung von Art 15 der Richtlinie 2013/33/EU in seinem Gesamtzusammenhang führt dazu, dass ein Asylwerber innerhalb der ersten Monate seines Aufenthalts in Österreich nach Zulassung zum Asylverfahren, nach einer Wartefrist von drei Monaten, dem Arbeitsmarkt während des laufenden behördlichen Asylverfahrens zugeführt werden kann.

Eine weitergehende Anwendung auf Fälle der Antragstellung nach Vorliegen einer ablehnenden behördlichen erstinstanzlichen Asylentscheidung findet darin keine Deckung
(vgl VwGH 28.04.2020, Ro 2019/09/0011).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass, da dem Beschwerdeführer der Asylstatus vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im erstinstanzlichen Verfahren nicht zuerkannt wurde und das Rechtsmittelverfahren noch im Gange ist, er bislang über keinen Aufenthaltstitel für Österreich verfügt, der ihm das Recht zur Ausübung eines Gewerbes bieten würde.

Es konnte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 25.11.2020 erkannt werden und war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Gewerbeanmeldung durch Asylwerber;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2020.32.2844.1

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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