TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/12 97/18/0221

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Veröffentlicht am 12.06.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Oktober 1996, Zl. SD 1021/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Oktober 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der seit September 1988 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer habe lediglich bis 30. September 1992 über einen Sichtvermerk verfügt. Sein am 18. April 1993 gestellter Sichtvermerksantrag sei vom Landeshauptmann von Wien rechtskräftig abgewiesen worden. Im Zeitraum vom 21. Mai bis 21. Juni 1996 habe er über einen Touristensichtvermerk verfügt.

Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1993 zweimal wegen Ausübung eines Gastgewerbes ohne erforderliche Konzession und zweimal wegen Ausübung eines Gastgewerbes ohne erforderliche Gewerbeberechtigung sowie im Jahr 1995 wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden. Nach Ansicht der belangten Behörde handle es sich bei den Verstößen nach § 366 Abs. 1 Z. 1 bzw. Z. 2 GewO um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG. Bei Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers sei darüber hinaus zu berücksichtigen, daß er auch wegen neun Übertretungen nach verschiedenen anderen Verwaltungsvorschriften, darunter gegen das Preisgesetz, das Preisauszeichnungsgesetz und das Bazillenausscheidergesetz, und weiters 13 Mal wegen Verstoßes gegen § 103 Abs. 2 KFG rechtskräftig bestraft worden sei. Hinzu komme, daß sich der Beschwerdeführer seit 1. Oktober 1992 ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufhalte. Sein Fehlverhalten beeinträchtige daher die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodaß vorliegend auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Aufgrund des insgesamt relativ langen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers - familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestünden keine - sei ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG anzunehmen. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit dieser Maßnahme aufgrund ihres Dringend-geboten-seins zu bejahen. Wer, wie der Beschwerdeführer, in einer Vielzahl von Fällen wesentliche Bestimmungen der Gewerbeordnung, des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, aber auch des Kraftfahrgesetzes mißachte, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig machten.

Ebenso schlage die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zuungunsten des Beschwerdeführers aus, zumal er sich aufgrund seines langen unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht auf einen besonders hohen Grad an Integration berufen könne. Demgegenüber müsse den hier berührten öffentlichen Interessen an einem geordneten Gewerbewesen und Fremdenwesen, aber auch am Schutz des Arbeitsmarktes das ungleich größere Gewicht beigemessen werden. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen jedenfalls nicht schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser trat die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 25. Februar 1997, B 4873/96).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und begehrt aus diesem Grund dessen Aufhebung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß vorliegend der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht worden sei, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen - vier rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 bzw. Z. 2 GewO 1973 und eine rechtskräftige Bestrafung wegen Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz - keine Bedenken. Dazu, daß es sich bei der Ausübung eines Gewerbes (hier: Gastgewerbes) ohne die erforderliche Konzession bzw. ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung um eine "schwerwiegende Verwaltungsübertretung" i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG handelt, sei auf das (zu dem insoweit inhaltlich übereinstimmenden § 3 Abs. 2 Z. 2 FrPolG ergangene) hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0314, verwiesen.

Gleichfalls einwandfrei hat die belangte Behörde das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers - außer den den vorgenannten Bestrafungen zugrunde liegenden (aktenkundigen) strafbaren Handlungen noch zahlreiche Verstöße gegen verschiedene andere Verwaltungsvorschriften sowie ein bereits mehr als vier Jahre dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt - dem § 18 Abs. 1 FrG unterstellt und die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung als gerechtfertigt angesehen.

2.1. Die Beschwerde meint, die belangte Behörde hätte § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 FrG nicht anwenden dürfen, weil sie mit dem "Institut der Verwarnung" das Auslangen hätten finden können. Im Hinblick darauf, daß mit dem Inkrafttreten des Fremdengesetzes das Institut des Vollstreckungsaufschubes weggefallen sei, komme der Verwarnung in der Praxis besondere Bedeutung zu. Es wäre gerade in einem Fall jahrelangen legalen Aufenthaltes gerechtfertigt, daß dem Fremden "einmal im Zuge einer niederschriftlichen Verwarnung die Konsequenzen der beabsichtigten Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zur Kenntnis gebracht werden".

2.2. Dieses Vorbringen ist verfehlt. Weder der Umstand, daß das Fremdengesetz - anders als das Fremdenpolizeigesetz - die Möglichkeit eines "Vollstreckungsaufschubes" nicht vorsieht, noch die bisweilen zu beobachtende Behördenpraxis, einem Fremden für den Fall neuerlichen Straffälligwerdens die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Aussicht zu stellen ("Ermahnung", "Verwarnung"), ändern etwas daran, daß die Behörde bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 18 Abs. 2 iVm Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Zulässigkeit gemäß § 19 und § 20 leg. cit. - ein Aufenthaltsverbot zu verhängen hat - ohne daß es einer diesbezüglichen (im Gesetz nicht vorgesehenen) "Ankündigung" bedürfte. Da im Beschwerdefall, wie dargetan, die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 2 iVm Abs. 1 FrG gegeben waren, hatte die belangte Behörde (die Zulässigkeit dieser Maßnahme nach den §§ 19 und 20 leg. cit. vorausgesetzt) gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot zu erlassen.

3. Zu der im bekämpften Bescheid vertretenen Auffassung, daß ungeachtet eines mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG diese Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten sei, enthält die Beschwerde keine Ausführungen. Mit der belangten Behörde ist der Gerichtshof der Ansicht, daß die nachhaltige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (in verschiedenen Bereichen, insbesondere auf dem Gebiet des Fremdenswesens) durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers (vgl. oben II. 1.) zum Schutz dieses Rechtsgutes die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn erforderlich macht - wobei die im übrigen ohnehin nur schwach ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich zurückzutreten haben.

4.1. Die Beschwerde hält das Ergebnis der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig. Dies deshalb, weil entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht von einem langen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gesprochen werden könne, sei doch zu berücksichtigen, daß er "in der Zwischenzeit" einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt habe (über den bisher noch nicht entschieden worden sei). Außerdem könne nicht von einer Gefährdung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen und einem geordneten Arbeitsmarkt durch den Beschwerdeführer die Rede sein, da dieser in der Vergangenheit als Selbständiger tätig gewesen sei und auch künftig - im Fall der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - sein würde.

4.2. Der Gerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, daß ein mehr als vierjähriger unrechtmäßiger Aufenthalt (bei einer Gesamtaufenthaltsdauer von etwas über acht Jahren) als "langer unrechtmäßiger Aufenthalt" zu werten ist. Dies mit der Folge, daß solcherart das einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens erheblich beeinträchtigt wurde. Die durch den Beschwerdeführer herbeigeführte Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung einer geordneten Arbeitsmarktverwaltung findet ihre Begründung in dem Verstoß des Beschwerdeführers gegen eine wesentliche Vorschrift des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (dessentwegen er gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. rechtskräftig bestraft wurde). Die (bloße) Stellung eines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz und die Absicht, als Selbständiger tätig zu sein, vermögen die Gefährdung der vorbezeichneten öffentlichen Interessen durch das besagte Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht zu schmälern. Von daher gesehen sowie unter Bedachtnahme darauf, daß der Beschwerdeführer unbestritten im Bundesgebiet über keine familiären Bindungen verfügt, ist die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme.

5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997180221.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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