Entscheidungsdatum
27.11.2020Norm
BFA-VG §22a Abs3Spruch
W137 2166397-1/13E
GEKÜRZTE AUSFERTIGUNG DES AM 09.08.2017 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen die Anhaltung in Schubhaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.08.2017 zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Mit Bescheid vom 14.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen.
2. Der Beschwerdeführer wurde am 29.07.2017 einer Identitätsfeststellung unterzogen und aufgrund eines Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs 3 Z 3 BFA-VG festgenommen. Das Bundesamt verhängt mit Mandatsbescheid vom 29.07.2017, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag, gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung über den Beschwerdeführer.
3. Am 02.08.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a BFA-VG ein. Am selben Tag wurden die Akten durch das Bundesamt vorgelegt.
4. Am 03.08.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdevorlage des Bundesamtes ein.
5. Am 09.08.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeverhandlung durch, an derer der Beschwerdeführer und seine rechtsfreundliche Vertretung teilnahmen. Die Behörde nahm nicht teil, eine Zeugin wurde einvernommen.
Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:
Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht für Österreich. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2001 wurde rechtskräftig schon 2007 bezüglich der Gewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz abgewiesen. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.02.2017 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung bezogen auf den Herkunftsstaat Nigeria erlassen und ausgesprochen, dass einer dagegen erhobenen Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung bisher nicht zuerkannt.
Gegen den Beschwerdeführer liegt somit eine seit Mitte März 2017 durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Der Beschwerdeführer war in Österreich zwischen 11.07.2007 und 07.09.2016 nicht gemeldet. Seit 07.09.2016 liegt eine Obdachlosenmeldung (Postfach) beim Verein Ute Bock vor. Der Beschwerdeführer hat dem Bundesamt den Ort seiner tatsächlichen Unterkunft nicht bekannt gegeben. Er führt seit 2015 eine Beziehung mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten nigerianischen Staatsangehörigen, bei der er regelmäßig übernachtet.
Betreffend den Beschwerdeführer liegt ein nigerianisches Heimreisezertifikat vor; seine Abschiebung war für 10.08.2017 vorgesehen.
Der Beschwerdeführer war haftfähig. Er befand sich im Entscheidungszeitpunkt im Stande der Schubhaft, welche in einem Polizeianhaltezentrum vollzogen wurde.
Betreffend den Fortsetzungsausspruch gründet sich die Fluchtgefahr auf das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG und die mangelhafte Mitwirkung im Verfahren gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG. Auch der Grad der sozialen Verankerung im Bundesgebiet gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ist nicht dergestalt, dass sich daraus ein Fehlen der Fluchtgefahr begründen hätte lassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergaben sich aus der mündlichen Verhandlung, den vorgelegten Verwaltungsakten des Asyl- und Schubhaftverfahrens, den eingeholten Urteilen aus den Strafverfahren, den eingeholten Informationen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, den Auskünften aus dem ZMR, GVS, IZR, Strafregister und der Anhaltedatei.
2. Rechtliche Beurteilung
Die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 1, 2 Z 1 FPG liegen weiterhin vor: Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger, sohin Fremder iSd § 76 Abs 1 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde ihm nicht erteilt und wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Der Beschwerdeführer verfügt weder über ein Aufenthaltsrecht in Österreich, noch in einem anderen Mitgliedsstaat der EU. Der Beschwerdeführer wurde zutreffend zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten.
Im Falle des Beschwerdeführers liegt Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 3 Z 1, 3 und 9 FPG vor: es lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor (Z 3) und wirkte mangelhaft am Verfahren mit (Z 1). Auch der Grad der sozialen Verankerung im Bundesgebiet war nicht dergestalt, dass sich daraus ein Fehlen der Fluchtgefahr begründen hätte lassen (Z 9).
Die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ist verhältnismäßig: Es lag bereits ein Heimreisezertifikat vor und war die Abschiebung bereits für den 10.08.2017 anberaumt. An der faktischen Durchführung der Überstellung bestand kein begründeter Zweifel.
Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann insbesondere aufgrund des verdichteten Sicherungsbedarfs durch die unmittelbar bevorstehende Abschiebung und des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer unstrittig haftfähig, weshalb die Schubhaft auch aus diesem Grund nicht unverhältnismäßig war. Auch die absehbare Dauer dieser ist nicht als unverhältnismäßig anzusehen, da die Abschiebung des Beschwerdeführers am 10.08.2017 bevorsteht.
Es ist daher festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gekürzte Ausfertigung Kooperation Meldeverpflichtung Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2166397.1.01Im RIS seit
02.02.2021Zuletzt aktualisiert am
02.02.2021