TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/4 I414 2236351-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2020
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Entscheidungsdatum

04.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 2236351-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. NORDMAZEDONIEN, vertreten durch RAST & MUSLIU Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des BFA, RD NÖ Außenstelle St. Pölten vom 17.09.2020, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Im Zuge einer Amtshandlung der Finanzpolizei wurde bekannt, dass der Beschwerdeführer, ein Nordmazedonier, in Wien gemeinsam mit seinem Bruder eine Eisdiele betreibt und als Selbstständiger sozialversichert ist, nicht aber über einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügt.

Nach niederschriftlicher Einvernahme am 28.06.2019 wurde mit Bescheid vom selben Tag ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig ist (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Diese Entscheidung erwuchs unangefochten in Rechtskraft, der Beschwerdeführer hat am folgenden Tag Österreich freiwillig verlassen. Gegen den Beschwerdeführer wurde von der LPD Niederösterreich am 10.07.2019 eine Strafverfügung wegen unrechtmäßigem Aufenthalt nach Überschreiten eines sichtvermerksfreien Überschreitens von 90 Tagen in 180 Tagen gemäß § 120 Abs. 1a iVm § 31 Abs. 1 FPG erlassen und zur Zahlung von EUR 500,-- verpflichtet.

Am 20.08.2020 stellte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005. Er befinde sich seit 2008 durchgehend in Österreich, sei Teilhaber einer KG, habe alle Steuern und Versicherungen fristgerecht bezahlt und verfüge über eine ortsübliche Unterkunft. Der Beschwerdeführer spreche Deutsch auf Niveau A2, habe enge familiäre Bindungen in Österreich und sei verwaltungs-/strafrechtlich unbescholten. Dem Antrag wurde ein Unterlagenkonvolut beigelegt.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 17.09.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nordmazedonien fest (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 22.10.2020 wurde moniert, dass das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in unverhältnismäßiger Weise berücksichtigt worden wäre und wurde neuerlich auf eine seit zwölf Jahren beinahe ununterbrochenen Aufenthalt, die berufliche und wirtschaftliche Verfestigung und die engen familiären Beziehungen hingewiesen.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht zu Entscheidung vorgelegt und langten vollständig am 28.10.2020 in der zuständigen Gerichtsabteilung I414 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität des nordmazedonischen Beschwerdeführers steht fest. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Eine Tochter lebt in Deutschland, sie besucht die Familie zu Weihnachten und an Feiertagen in Nordmazedonien, die Ehefrau und zwei weitere Kinder leben im Herkunftsstaat. Die Familie besitzt dort ein Haus, ein Grundstück und betreibt sein Bruder eine Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer selbst ist Teilhaber einer KG in Österreich. Er und sein Bruder führen seit dem Jahr 2008 eine Eisdiele mit Gassenverkauf. Zu diesem Zweck hält sich der Beschwerdeführer etwa ein halbes Jahr in Österreich auf, die anderen sechs Monate verbringt er in Nordmazedonien. Der Beschwerdeführer war aber durchgehend in den Zeiträumen von 21.11.2006 bis 03.12.2008, von 19.03.2009 bis 03.07.2018 und von 13.06.2019 bis 13.02.2020 mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung nach Nordmazedonien seit 29.06.2019 und er hat an diesem Tag Österreich freiwillig verlassen. Seit 26.06.2020 verfügt er erneut über eine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer hat die sichtvermerkfreie Aufenthaltsdauer von 90 Tagen in 180 Tagen überschritten und wurde gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Strafverfügung gegen ihn am 10.07.2019 erlassen. Er verfügte und verfügt auch aktuell nicht über einen Aufenthaltstitel. Strafgerichtlich ist der Beschwerdeführer unbescholten.

Der Beschwerdeführer spricht Albanisch, Mazedonisch und Deutsch auf Niveau A2, ist bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen pflichtversichert und brachte er im Jahr 2016 ca. 4.800,-- aus Gewerbebetrieb ins Verdienen.

In Österreich leben sein Bruder, mit dem er gemeinsam die Eisdiele führt und eine Cousine mit ihrer Familie. Der volljährige Sohn des Beschwerdeführers hielt sich in den Semesterferien 2019 in Österreich auf und wurde bei einer Tätigkeit für die Eisdiele von Beamten der Finanzpolizei betreten, ohne über eine dafür notwendige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zu verfügen.

Der Beschwerdeführer wird bei seiner Rückkehr nach Nordmazedonien in keine existenzbedrohende Lage geraten und sich durch Erwerbstätigkeit eine Lebensgrundlage sichern können. Er ist gesund, arbeitsfähig und hat eine Schul- und Berufsausbildung absolviert. Zur Lage im Herkunftsstaat wird auf das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Nordmazedonien verwiesen, das im angefochtenen Bescheid vollständig zitiert ist.

2. Beweiswürdigung:

Feststellungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt ergeben sich aus dem unbestrittenen Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und der Finanzpolizei. Einsicht wurde genommen in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz, in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation und wurden außerdem Auszüge aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (AJ-Web), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Strafregister der Republik Österreich eingeholt.

Aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (AS 55ff) und der Finanzpolizei (AS 51ff) ergeben sich die Feststellungen zur Person und Identität, seinen Lebensumständen und Aufenthalten in Österreich und Nordmazedonien, zu seinen Familienangehörigen im In- und Ausland, zur Tätigkeit in der Eisdiele und zu seinem Gesundheitszustand sowie zur Arbeitsfähigkeit. Diese Feststellungen wurden auch im Bescheid vom 28.06.2019, mit dem eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, rechtskräftig getroffen und haben sich seitdem keine Änderungen ergeben.

Die damaligen Angaben des Beschwerdeführers konnte er auch durch Vorlage diverser Unterlagen wie den Gesellschaftervertrag (AS 263), einem AJ-Auszug, aus dem die aufrechte Pflichtversicherung ersichtlich ist und einem Einkommenssteuerbescheid aus dem Jahr 2016, woraus sich sein Jahreseinkommen in Österreich ergibt (AS 281), bestätigt werden. Zum Beweis seiner Deutschkenntnisse legte er ein Sprachzertifikat des ÖSD vor (AS 273). Da der Beschwerdeführer darüber hinaus keinerlei Vorbringen zu integrativen Verfestigungen tätigte und auch keine weiteren Beweismittel geltend machte, konnte eine über das übliche Maß hinausgehende Integration nicht erblickt werden.

Die Feststellungen zu seinen bisherigen Aufenthalten im Bundesgebiet ergeben sich in Gesamtschau mit Auszügen aus dem ZMR und IZR, die seine Wohnsitzmeldungen bestätigen und gleichzeitig aufzeigen, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt über einen Aufenthaltstitel verfügte. Dass er den sichtvermerkfreien Zeitraum von 90 Tagen mehrfach überschritten hat, ergibt sich aus der aus diesem Grund erlassenen Strafverfügung (AS 231) und wurde dieser Umstand bereits in der Rückkehrentscheidung vom 28.06.2019 festgestellt. Da der Beschwerdeführer seit 26.06.2020 wieder mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet ist, ist ein weiterer sichtvermerkfreier Aufenthalt spätestens Ende September 2020 abgelaufen. Daraus resultiert der zum heutigen Datum unrechtmäßige Aufenthalt.

Der Beschwerdeführer hat zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung oder Bedrohung in seinem Herkunftsstaat geltend gemacht und im Gegenteil angeführt, keine Probleme bei einer Rückkehr zu haben (AS 61). Letztlich gab er zu Protokoll, freiwillig ausreisen und sich bedanken zu wollen, sollte die belangte Behörde nur ein kurzes Einreiseverbot gegen ihn verhängen. Die freiwillige Ausreise wurde damals auch bestätigt (AS 195).

Auch amtswegig haben sich nach Einsicht in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation keine Hinweise auf eine wie auch immer geartete Gefährdung des Beschwerdeführers ergeben. Das LIB für Nordmazedonien, das auf einer Vielzahl unterschiedlicher, voneinander unabhängiger Berichte und Quellen beruht und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbietet und dem der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, konnte deshalb bedenkenlos herangezogen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 10 Abs. 3 und § 55 AsylG 2005 lauten:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

§ 50, § 52 Abs. 3 und Abs. 9, § 53 Abs. 1 und Abs. 2, sowie § 55 Abs. 1 und Abs. 2 FPG 2005 lauten:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Rückkehrentscheidung

§ 52. (3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen."

3.2. Zur Abweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung " zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Im vorliegenden Fall führt der Beschwerdeführer in Österreich kein Familienleben und auch sein Privatleben weist nicht jenen Grad an Intensität auf, welcher die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung" gebieten würde. Bei der Prüfung ist eine Interessensabwägung im Sinne des § 9 Abs. 2 BFA-VG vorzunehmen und schlägt diese aus folgenden Gründen zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 12 ist unter dem Begriff des „Familienangehörigen“ ein Mitglied der Kernfamilie, also der Ehepartner, eingetragene Partner, das minderjährige ledige Kind oder Stief- oder Adoptivkind zu verstehen. Eine volljährige Tochter lebt in Deutschland, der volljährige Sohn, eine minderjährige Tochter und die Ehefrau leben in Nordmazedonien. In Österreich halten sich sein Bruder und eine Cousine auf. Grundsätzlich kann auch zwischen Geschwistern ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK bestehen. In diesen Fällen muss allerdings auf das Bestehen eines tatsächlichen und hinreichend intensiven Familienlebens abgestellt werden. Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nur dann unter den Schutz des Art 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen. Zu denken ist im gegenständlichen Fall an die gemeinsam mit dem Bruder betriebene Eisdiele. Es besteht in dieser Hinsicht eine wirtschaftliche Beziehung. Allerdings ist der Beschwerdeführer bislang ohne Aufenthaltsberechtigung und durch mehrfaches Überschreiten der 90-Tage-Frist für einen sichtvermerkfreien Aufenthalt für die KG tätig gewesen und konnte er diese Beiträge nur nach bzw. während unrechtmäßigem Aufenthalt leisten. Über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügte der Beschwerdeführer außerdem zu keinem Zeitpunkt. Unabhängig davon bleibt der Gesellschaftervertrag unberührt und kann der Beschwerdeführer weiterhin als Teilhaber und Kommanditist der KG auftreten. Das Weiterbestehen des Unternehmens ist dadurch nicht gefährdet. Dass die saisonale Arbeitsleistung des Beschwerdeführers wegfällt, ist diesfalls in Kauf zu nehmen, zumal auch der Beschwerdeführer nicht über eine entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligung und auch nicht über einen rechtmäßigen Aufenthalt verfügte und dieser Zustand über einen Zeitraum von zwölf Jahren aufrecht gehalten wurde. An dieser Stelle sei angemerkt, dass für die Ausübung einer legalen selbstständigen Erwerbstätigkeit unterschiedliche Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Verfügung stehen und sich der Beschwerdeführer um einen entsprechenden Titel bei der zuständigen NAG-Behörde bemühen kann.

Zu prüfen bleibt, ob sonstige Umstände vorliegen, die auf ein schützenswertes Privatleben hinweisen. Vorrangig ist dabei die Aufenthaltsdauer zu berücksichtigen, wobei der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung bei einem mehr als zehn Jahre andauernden Aufenthalt vom Überwiegen der privaten Interessen des Fremden ausgeht (vgl. E 17. März 2016, Ro 2015/22/0016). Der Beschwerdeführer meldete erstmals Ende 2016 seinen Wohnsitz in Österreich an und betreibt seit 2008 die Eisdiele, gab aber selbst an, nur saisonal für ca. sechs Monate in Österreich zu sein und das restliche Jahr in Nordmazedonien zu verbringen. Schon deshalb kann nicht von einem durchgehenden Aufenthalt gesprochen werden und auch nicht der Maßstab der Zehnjahresgrenze herangezogen werden. Die Bindung zum Herkunftsstaat ist zudem nicht abgerissen, immerhin lebt auch seine Kernfamilie in Nordmazedonien.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer als Nordmazedonier gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) nur bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen sichtvermerkfrei in Österreich hätte aufhalten dürfen. Da er weder über Visa noch Aufenthaltstitel verfügte, waren seine jeweils etwa sechsmonatigen Aufenthalte nach Ablauf der 90 Tage ab Einreise unrechtmäßig. Der Beschwerdeführer musste sich dessen bewusst sein und gab er auch an, sich nie um einen Aufenthaltstitel gekümmert zu haben, weil ihn auch niemand danach gefragt hätte (AS 53). Der Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG ("Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war") darf zwar nicht in unverhältnismäßiger Weise in den Vordergrund gestellt werden. Dieser Aspekt hat schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung führen kann. Das gilt insbesondere bei einem mehr als zehn Jahre dauernden Inlandsaufenthalt (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282).

Weitere Vorbringen, die ein schützenswertes Privatleben in Österreich begründen, erstattet der Beschwerdeführer nicht. Eine gefestigte Integration musste verneint werden. Auch seine strafgerichtliche Unbescholtenheit vermag seine persönlichen Interessen nicht entscheidend zu stärken und muss zu Lasten des Beschwerdeführers ausgeführt werden, dass er wegen der Verwaltungsübertretung nach § 120 Abs. 1a FPG bestraft wurde. Insofern zeigt sich der Beschwerdeführer uneinsichtig, wenn er in der Beschwerde wiederholt auf seine, auch verwaltungsstrafrechtliche, Unbescholtenheit pocht.

Insgesamt kann weder ein schützenswertes Familien- noch Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK erkannt werden, weswegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 geboten wäre. Da bereits die Voraussetzungen nach Z 1 nicht vorliegen, kann eine weitere Prüfung der Kriterien der Z 2 unterbleiben, die zusätzlich vorliegen müssten.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Da der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 3 FPG gestützt.

In weiterer Folge ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann. Dabei ist wiederum eine Interessensabwägung nach § 9 Abs. 2 BFA-VG vorzunehmen und kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die vorigen Ausführungen unter Pkt. 3.2. verwiesen werden.

Der Beschwerdeführer führt im Bundesgebiet weder ein schützenswertes Familien- noch Privatleben. Sein bisheriger Aufenthalt dauerte jeweils ca. sechs Monate und war nach Ablauf der 90 Tage nach Art. 20 Abs. 1 SDÜ jedenfalls unrechtmäßig. Dieser Umstand war dem Beschwerdeführer bekannt und bemühte er sich trotzdem nicht um einen legalen Aufenthalt. Nur durch seine unrechtmäßigen Aufenthalte konnte er mit seinem Bruder eine Eisdiele führen und verfügte er daneben auch über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeiten. Seine integrativen Bemühungen in beruflicher Hinsicht waren daher zu relativieren und kann auch festgestellt werden, dass der Fortbestand der Firma durch seine Außerlandesbringung nicht in Gefahr ist, zumal er seine Gesellschafterrechte auch vom Herkunftsstaat aus wahrnehmen kann. Mit der Vorlage eines Deutschzertifikates Niveau A2 hat er auch sonst keine maßgebliche Verfestigung belegen können und hat der Beschwerdeführer in Nordmazedonien zumindest halbjährig seinen Lebensmittelpunkt gehabt. Er besitzt dort Haus und Grundstück, spricht die dortige Landessprache und hat familiäre Anknüpfungspunkte. Er wird sich auch bei ganzjährigem Aufenthalt im Herkunftsstaat als gesunder und arbeitsfähiger Mann eine Existenz sichern können und ist es möglich, gegebenenfalls erzielte Erlöse aus der KG in Österreich nach Nordmazedonien zu transferieren.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, 2004/18/0365). Der Beschwerdeführer mag strafgerichtlich unbescholten sein, allerdings wurde er nach § 120 Abs. 1 FPG bestraft und liegt ein dringendes öffentliches Interesse vor, den auch aktuell unrechtmäßigen Aufenthalt zu beenden und künftig zu unterbinden.

Zur Zulässigkeit der Abschiebung:

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nordmazedonien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er verfügt über eine Unterkunft und Familie im Herkunftsstaat. Schon bisher hat er die Hälfte des Jahres in Nordmazedonien gelebt und gab er selbst an, im Falle einer Rückkehr keine Probleme zu fürchten. Im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat sollte er durch die Aufnahme einer entsprechenden Beschäftigung zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein und liegt auch keine Entwurzelung vor.

Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Nordmazedonien in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein im gemäß § 1 Z 4 HStV sicheren Herkunftsstaat Nordmazedonien keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Der Beschwerdeführer wurde wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes rechtskräftig bestraft, da er sich am 27.06.2019 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt; damit ist Z 3 des oben wiedergegebenen Abs. 2 des § 53 FPG erfüllt und stützte die belangte Behörde sich in Spruchpunkt IV. zurecht auf diese Bestimmung.

Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbot (insbesondere solche in der Dauer von weniger als 18 Monaten) oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes haben nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht, etwa wenn "nur" einer der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG erfüllt ist. Ist dagegen davon auszugehen, dass es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, von dessen Aufenthalt im Sinne des § 53 Abs. 3 FPG eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, so wird zumeist ein längerfristiges Einreiseverbot zu verhängen sein. In der bisherigen Rechtsprechung wurde aber auch bereits darauf hingewiesen, dass der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde (VwGH, 04.08.2016, Ra 2016/21/0207).

Im gegenständlichen Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2008, in dem er die Eisdiele mit seinem Bruder übernommen hat, jeweils für ca. sechs Monate im Bundesgebiet aufhielt, ohne über ein Aufenthaltsrecht zu verfügen bzw. wurde sein Aufenthalt jeweils nach Überschreiten der 90 Tage gemäß § 20 Abs, 1 SDÜ unrechtmäßig. Über diesen Umstand war sich der Beschwerdeführer auch bewusst und gab er an, sich nicht um einen Aufenthaltstitel gekümmert zu haben, weil Behörden dies nie überprüft hätten.

Der Beschwerdeführer ist nicht nur Kommanditist der KG, sondern wurde auch bei Erbringung von Arbeitsleistungen durch die Finanzpolizei betreten. Dafür fehlt dem Beschwerdeführer außerdem die arbeitsmarktrechtliche Bewilligung.

Wenn er angab, etwa ein halbes Jahr in Österreich zu verbringen und die weiteren sechs Monate in Nordmazedonien zu leben, ist der Beschwerdeführer auch seiner melderechtlichen Verpflichtung nicht nachgekommen, weil er in den Zeiträumen von 21.11.2006 bis 03.12.2008, von 19.03.2009 bis 03.07.2018 und von 13.06.2019 bis 13.02.2020 durchgehend seinen Hauptwohnsitz in Österreich angemeldet ließ.

In einer Zusammenschau der Umstände erscheint daher das gegenständliche, mit 12 Monaten ohnehin sehr kurz bemessene Einreiseverbot gerechtfertigt und zeigte sich auch der Beschwerdeführer selbst mit der Erlassung der Einreisebeschränkung einverstanden („Ich bedanke mich, wenn Sie mir ein kurzes Einreiseverbot geben […]“; AS 63). Soweit in der Beschwerde auf die Beziehung zu seinem Bruder und der Cousine hingewiesen wurde, wurde bereits dargelegt, dass ein schützenswertes Familienleben mit ihnen nicht besteht und die Geschäftsbeziehung zum Bruder auch aus dem Ausland aufrecht gehalten werden kann.

Im Ergebnis war die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von einem Jahr nicht zu beanstanden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zur Frist für die freiwillige Ausreise und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 BFA-VG aberkannt wurde. Dies ist gegenständlich der Fall.

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".

Wie bereits mehrfach ausgeführt, ist nicht nur der aktuelle Aufenthalt des Beschwerdeführers unrechtmäßig, sondern wiederholte er seine Einreisepraktiken bzw. Überschreitungen der sichtvermerkfreien Aufenthaltszeiten über Jahre hinweg. Die Beendigung eines erneut unrechtmäßigen Aufenthalts liegt unbestritten im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und führt auch der VwGH dazu aus: „Es trifft aber auch zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt.“ (vgl. E 30. April 2009, 2009/21/0086).

Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz sind im vorliegenden Beschwerdefall damit erfüllt, die belangte Behörde hat der vorliegenden Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannt und folglich auch keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren gehabt.

Die Beschwerde war auch gegen Spruchpunkte V. und VI. abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung. Er ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2236351.1.00

Im RIS seit

29.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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