TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/29 L524 2007773-3

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Veröffentlicht am 29.09.2020
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Entscheidungsdatum

29.09.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L524 2007773-3/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Julian A. MOTAMEDI, Baumannstr. 9/12A, 1030 Wien, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2020, Zl. 557627300/200038647, zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 01.08.2019, XXXX , verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.06.2020, Zl. 557627300/200038647, wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 23.07.2020.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde erst mit Schreiben vom 23.09.2020 (eingelangt am 25.09.2020) vor.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem angeführten Bescheid, der Beschwerde, dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem BFA sowie dem erwähnten Strafurteil.

III. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

1. Über die gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erhobene Beschwerde ist mit Erkenntnis zu entscheiden (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0224).

2. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 18 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) …

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(3) – (6) …

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

3. Die belangte Behörde stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es zur Begründung der Notwendigkeit der sofortigen Ausreise nicht, dafür auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0128, Rn. 18; 16.01.2020, Ra 2019/21/0360, Rn. 18; 04.04.2019, Ra 2019/21/0053, Rn. 12).

Derartige Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat das BFA nicht aufgezeigt.

Das BFA verweist auf die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers vom August 2019. Der Beschwerdeführer wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Weshalb auf Grund dieser Verurteilung eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers – ein Jahr nach der Verurteilung – notwendig sein sollte, ist nicht ersichtlich. Die Begründung des BFA zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt somit nicht die gesetzlichen Anforderungen.

Die Begründung des BFA zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0224). Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung besondere Umstände ersatzlose Behebung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2007773.3.00

Im RIS seit

28.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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