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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AKG 1992 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des J in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 30. März 1994, Zl. 53.140/6-3/94, betreffend Arbeiterkammerzugehörigkeit (mitbeteiligte Partei: Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien I, Prinz Eugen Straße 20-22), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer richtete am 16. Juni 1993 an den Bundesminister für Arbeit und Soziales einen Antrag mit folgendem Begehren:
"Ich stelle gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a Arbeiterkammergesetz den Antrag auf Feststellung, daß ich als Bediensteter des Generalsekretariates des Österreichischen Bundestheaterverbandes nicht der Arbeiterkammer angehöre."
Begründend führte er aus, der Tatbestand des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a AKG sei aus näher dargestellten Gründen erfüllt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. März 1994 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ab und stellte fest, der Beschwerdeführer gehöre als Bediensteter des Generalsekretariats des Österreichischen Bundestheaterverbandes gemäß § 10 Abs. 1 Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 626/1991 (AKG), der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien an.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Mit Erkenntnis vom 15. März 1995, B 1006/94-9, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, der Beschwerdeführer sei durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden. Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerde ab und trat sie zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sei, antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Mit Schriftsatz vom 4. September 1995 entsprach der Beschwerdeführer der Aufforderung, die Beschwerde für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof u.a. durch die Bezeichnung des Rechtes, in dem er sich verletzt erachte, und durch die Anführung der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stütze, zu ergänzen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerde ist unzulässig.
In seinem in der vorliegenden Angelegenheit ergangenen Erkenntnis vom 15. März 1995, B 1006/94, hat der Verfassungsgerichtshof in ausdrücklicher Übernahme seiner Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 lit. a AKG 1954 ausgesprochen, nach § 10 Abs. 1 (gemeint: Abs. 2) Z. 1 lit. a AKG (1992) habe jeder, der dem Personalstand einer Dienststelle angehöre, die in Vollziehung der Gesetze tätig sei, und bei einer solchen Dienststelle verwendet werde, ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht, nicht der Arbeiterkammer anzugehören. Da der Verfassungsgerichtshof die Voraussetzungen hiefür beim Beschwerdeführer nicht als gegeben ansah, sprach er aus, die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a AKG habe nicht stattgefunden.
Im Ergänzungsschriftsatz vom 4. September 1995 bezeichnet der Beschwerdeführer als das Recht, in dem er verletzt zu sein behauptet, sein "Recht auf rechtsrichtige Auslegung des Arbeiterkammergesetzes 1992 (AKM), insbesondere dessen § 10 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 lit. a". Begründend führt der Beschwerdeführer aus, die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes sei gegeben, weil mit der Entscheidung darüber, daß der Beschwerdeführer der Arbeiterkammer zugehörig sei, indirekt auch über seine einfachgesetzlich geregelte Umlagepflicht entschieden worden sei. Die durch Verfassungsbestimmungen geregelte Kammerzugehörigkeit sei gleichsam als Vorfrage zu beurteilen und unterliege somit auch der Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer weise "im übrigen darauf hin", daß nur die Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a AKG eine Verfassungsbestimmung sei, nicht jedoch § 10 Abs. 1 AKG, der die Arbeiterkammerzugehörigkeit positiv formuliere. Der Rest der im Ergänzungsschriftsatz nachgetragenen Beschwerdebegründung dient - ausschließlich - der Untermauerung des vom Beschwerdeführer schon vor dem Verfassungsgerichtshof vertretenen Rechtsstandpunktes, der Beschwerdeführer falle in den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a AKG.
Damit macht der Beschwerdeführer keine Verletzung in einem anderen als dem durch § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a AKG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht geltend. Zur Entscheidung über eine derartige Rechtsverletzung - über die der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Fall schon entschieden hat - ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. dazu die Beschlüsse vom 29. Juni 1983, Zl. 01/3443/80, und vom 28. März 1985, Zl. 82/01/0084).
Das Argument, die belangte Behörde habe "indirekt" auch über die Umlagepflicht des Beschwerdeführers entschieden, vermag daran nichts zu ändern. Für die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nämlich nicht darauf an, ob eine verfassungsrechtlich geregelte Frage überdies für eine einfachgesetzlich geregelte Rechtsfrage Vorfrage ist (wie hier dadurch, daß die Beitragspflicht des Beschwerdeführers von der Entscheidung über seine Arbeiterkammerzugehörigkeit dem Grunde nach mitentschieden wird); da die Abgrenzung der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes (Art. 130 Abs. 1 B-VG) von der Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit des Verfassungsgerichtshofes (Art. 144 Abs. 1 B-VG) nach der Prozeßbehauptung erfolgt, dh ob der Beschwerdeführer behauptet, in einfachgesetzlichen Rechten oder ob er behauptet, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (bzw. wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Rechtsvorschrift in seinen Rechten) verletzt zu sein, kommt in jenen Fällen, in denen eine bestimmte Sachfrage ausschließlich auf verfassungsgesetzlicher Ebene geregelt ist, überhaupt nur letzteres in Betracht und daher eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in einer solchen Angelegenheit (mag sie auch für eine andere Sache Vorfrage sein) gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG von vornherein nicht in Frage.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995080125.X00Im RIS seit
20.11.2000