TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/25 95/01/0187

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Veröffentlicht am 25.06.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §3;
AsylG 1991 §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde der 1.) HM in Y, 2.) mj. BM, und 3.) mj. EM, die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Februar 1995, Zl. 4.345.718/1-III/13/95, betreffend Ausdehnung der Gewährung von Asyl, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der "Jugosl. Förderation", stellte am 22. Dezember 1994 einen Antrag auf Gewährung von Asyl, zog diesen jedoch in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom selben Tag zurück und stellte für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder (die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin) einen Antrag gemäß § 4 Asylgesetz 1991.

Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. Jänner 1995 ab, weil der Antrag des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin in erster Instanz bereits abgewiesen worden sei.

In der dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, in Kosovo als Angehörige der albanischen Minderheit Verfolgungen ausgesetzt zu sein.

Mit Bescheid vom 9. Februar 1995 wurde die Berufung vom Bundesminister für Inneres abgewiesen. Begründend führte der Bundesminister für Inneres aus, die Erstbeschwerdeführerin habe bei ihrer niederschriftlichen Befragung am 22. Dezember 1994 ausdrücklich ihren Antrag gemäß § 3 Asylgesetz 1991 mangels eigener Fluchtgründe zurückgezogen und gleichzeitig einen Antrag auf Ausdehnung der Gewährung von Asyl nach ihrem Ehegatten gestellt. In ihrem Fall sei somit lediglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausdehnung der Gewährung von Asyl vorlägen. Dies bedeute, daß zu prüfen sei, ob ihrem Ehegatten Asyl gewährt worden sei. Da der Asylantrag des Ehegatten rechtskräftig abgewiesen worden sei, könne dem Antrag auf Ausdehnung der Gewährung von Asyl nicht stattgegeben werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Gewährung von Asyl gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 1991, insbesondere der §§ 3 und 4, verletzt. Wie sich aus der Berufung der Beschwerdeführer ergebe, hätten sie vor den österreichischen Behörden behauptet, Flüchtlinge im Sinn des Asylgesetzes zu sein, und dies damit begründet, daß sie als Angehörige der albanischen Volksgruppe in Kosovo aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch die serbische Polizei nach Österreich geflüchtet seien, nachdem ihr Ehegatte (bzw. Vater) zunächst verhaftet worden, diesem jedoch die Flucht nach Österreich gelungen sei. Dieses Vorbringen wäre als Änderung des Sachverhaltes vom Bundesministerium für Inneres in seiner Berufungsentscheidung zu berücksichtigen gewesen, zumal die Berufungsbehörde spätestens durch die Erhebung der Berufung Kenntnis von einer wohlbegründeten Furcht der Beschwerdeführer vor Verfolgung wegen ihrer Zugehörigkeit zur albanischen Volksgruppe im Kosovo hätten haben müssen. Die belangte Behörde hätte daher eine Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen gehabt. Die belangte Behörde habe es somit zu Unrecht unterlassen, sich mit der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer auseinanderzusetzen.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, daß weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde ihrer gebotenen Manuduktionspflicht hinreichend nachgekommen sei. Im angefochtenen Bescheid komme deutlich zum Ausdruck, daß die Beschwerdeführer offensichtlich in Unkenntnis der Rechtslage im höchsten Zweifel vermeint hätten, keine geeigneten Asylgründe zu haben, und nur aus diesem Grund ihren anfänglich auf § 3 Asylgesetz 1991 gestützten Antrag zurückgezogen und ihren Asylantrag lediglich auf § 4 leg. cit. gestützt hätten. Letztendlich erscheine es aber völlig unerheblich, ob sie ihren Asylantrag auf § 3 oder § 4 Asylgesetz 1991 gestützt hätten, zumal die erstinstanzliche Behörde nach entsprechender Aufklärung den entscheidungsrelevanten Sachverhalt von Amts wegen festzustellen und diesen ihrer Entscheidung zugrundezulegen habe. Abschließend rügen die Beschwerdeführer eine mangelnde Begründung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsgverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie sowohl der Spruch als auch die Begründung des angefochtenen Bescheides erkennen lassen, stellt dieser einen Abspruch über einen Antrag auf Ausdehnung von Asyl gemäß § 4 Asylgesetz 1991 dar. Nur DIESE behördliche Entscheidung ist Gegenstand des gegenständlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Gemäß § 4 erster Satz Asylgesetz 1991 ist die Gewährung von Asyl auf Antrag auf die ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kinder und den Ehegatten auszudehnen, sofern sich diese Personen in Österreich aufhalten und die Ehe schon vor der Einreise nach Österreich bestanden hat.

Die in § 4 Asylgesetz 1991 vorgesehene Ausdehnung der Gewährung von Asyl auf eheliche und außereheliche Kinder und den Ehegatten setzt schon nach ihrem Wortlaut voraus, daß einem Elternteil bzw. Ehegatten - im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde - bereits Asyl gewährt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/01/0455). Im vorliegenden Beschwerdefall wurde jedoch der Antrag des Ehegatten (bzw. Vaters) der Beschwerdeführer auf Gewährung von Asyl abgewiesen (die diesbezüglichen Bescheidfeststellungen werden in der Beschwerde nicht bestritten). Da somit dem Ehegatten (bzw. Vater) der Beschwerdeführer kein Asyl gewährt wurde, schied eine Ausdehnung der Asylgewährung auf die Beschwerdeführer gemäß § 4 Asylgesetz 1991 von vornherein aus.

Soweit die Beschwerdeführer auf die ihnen aus ihrer allfälligen Rückkehr in ihre Heimat drohende Verfolgungsgefahr hinweisen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß aus diesem Vorbringen für die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausdehnung der Asylgewährung nichts gewonnen werden kann.

Gemäß § 3 zweiter Satz Asylgesetz 1991 hat die Asylbehörde einem Asylantrag mit Bescheid stattzugeben, wenn nach diesem Bundesgesetz glaubhaft ist, daß der Asylwerber Flüchtling und die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 Abs. 2 und 3 ausgeschlossen ist. Durch einen Bescheid, mit dem ein Antrag auf Ausdehnung von Asyl gemäß § 4 Asylgesetz 1991 abgewiesen wird, kann in das an die Flüchtlingseigenschaft eines Asylwerbers geknüpfte Recht gemäß § 3 Asylgesetz 1991 nicht eingegriffen werden. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist somit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Sollten die Beschwerdeführer der Auffassung sein, daß über einen von ihnen gestellten Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 bislang noch nicht entschieden wurde, steht ihnen die Rechtsverfolgung im Wege einer Geltendmachung der Entscheidungspflicht nach § 73 AVG offen.

Soweit in der Beschwerde gerügt wird, daß sowohl die Erstbehörde als auch die belangte Behörde im Verwaltungsverfahren ihrer Manuduktionspflicht nicht gehörig nachgekommen seien, weil die Beschwerdeführer, wie der angefochtene Bescheid zeige, "sichtlich in Unkenntnis der Rechtslage im höchsten Zweifel" vermeint hätten, keine geeigneten Asylgründe zu haben und "nur aus diesem Grund vermutlich auf Anraten der Organwalter" ihren anfänglich auf § 3 Asylgesetz 1991 gestützten Antrag zurückgezogen und den Antrag lediglich auf § 4 leg. cit. gestützt hätten, gehen die damit im Zusammenhang stehenden Ausführungen ins Leere, weil mit dem angefochtenen Berufungsbescheid - im Rahmen der "Sache" gemäß § 66 Abs. 4 AVG, also der Angelegenheit, über die die Erstbehörde entschieden hat - lediglich über den Antrag auf Ausdehnung der Asylgewährung gemäß § 4 Asylgesetz 1991 abgesprochen worden ist.

Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt demnach nicht vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG verzichtet werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995010187.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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