Entscheidungsdatum
25.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
I408 2236181-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Polen, vertreten durch RA Dr. Rudolf Mayer gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, vom 24.04.2020, Zl. XXXX , beschlossen:
Der Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 24.04.2020, zugestellt unter Corona-Bedingungen am 28.04.2020, erging gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.) und es wurde ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Das Einlegen des Behördenbriefes in die entsprechende Abgabeeinrichtung wurde vom Zustellorgan mit seiner Unterschrift dokumentiert (AS 92).
2. Da dieser Bescheid unbekämpft blieb, erließ die belangte Behörde am 02.09.2020 einen Festnahmeauftrag und am 04.09.2020 erfolgte die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Polen.
3. Am 08.09.2020 schritt der bevollmächtigte Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein und es wurde nach Akteneinsicht eine ordnungsgemäße Zustellung des Bescheides in Frage gestellt. Aus der Beanschriftung des Bescheides „ XXXX 1 4/1“ wurden Zweifel an eine tatsächliche Zustellung an der Abgabestelle XXXX 1/4/1, so die Schreibweise lt. ZMR, erhoben. So könnte mit der Schreibweise ohne Schrägstrich die Zustellung unter „ XXXX 14/1“ gemeint oder in Frage gekommen sein (AS 161).
Eine diesbezügliche Anfragebeantwortung durch die Österreichische Pos AG am 25.09.2020 stellte klar, dass in der XXXX nur die Hausnummern 1 bis 5 existieren, sodass im konkreten Fall, von einer kontaktlosen Zustellung an der Abgabestelle XXXX 1/4/1 auszugehen ist. In Bezug auf den konkreten Zustellvorgang hatte der dazu befragte Zusteller nach so langer Zeit keine Erinnerung mehr (AS 176).
Am 01.10.2020 brachte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers unter Hinweis auf die Nichtzustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides eine Beschwerde ein und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Am 26.10.2020 erging an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein Verspätungsvorhalt auf den er mit Stellungnahme vom 02.11.2020 fristgerecht reagierte. Er übermittelte dabei Fotos von den Abgabeeinrichtungen der XXXX 1, u.a. auch der Stiege 4, und das Ergebnis von vorbereiteten Befragungen von Bewohnern der Stiege 2,4 und 5 sowie Bewohner benachbarter Wohnanlagen über Zustellmängel in Bezug auf Briefe und Pakete im letzten Jahr.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und der angeführten Stellungahme vom 02.11.2020.
Rechtliche Beurteilung:
3.3.2. Die für die Zustellung behördlicher Schriftstücke maßgeblichen Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl. 200/1982, hatten in der zeitraumbezogen maßgeblichen Fassung folgenden Wortlaut:
„§ 26a ZustG“
Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 gelten für die Zustellung mit Zustellnachweis der von Gerichten bzw. von Verwaltungsbehörden zu übermittelnden Dokumente sowie die durch die Gerichte bzw. die Verwaltungsbehörden vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden (§ 1) folgende Erleichterungen:
1. Das Dokument wird dem Empfänger zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird; die Zustellung gilt in diesem Zeitpunkt als bewirkt. Soweit dies ohne Gefährdung der Gesundheit des Zustellers möglich ist, ist der Empfänger durch schriftliche, mündliche oder telefonische Mitteilung an ihn selbst oder an Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Zustellung zu verständigen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
(…….)
Demnach war das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle in die dort vorhandene Abgabeeinrichtung einzulegen.
Der Beweis, wonach diese Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch ein Gegenbeweis zulässig ist. Die Behauptung, es liege ein Zustellmangel vor, ist entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. etwa VwGH 07.09.2020, Ra 2020/04/0099).
Der Zustellablauf von Behördenbriefen hat im Postdienst schon immer einen besonderen Stellwert, wird regelmäßig geschult und ist jedem Zusteller, insbesondere in Bezug auf die ordnungsgemäße Dokumentation des Zustellvorganges bekannt. Im gegenständlichen Fall war der Corona bedingte Ablauf, das Einlegen durch den Zusteller in die Abgabeeinrichtung des Empfängers, erst seit kurzem in Kraft und es ist schon deshalb davon auszugehen, dass dieser sorgfältige ausgeführt und dokumentiert wurde. Aus der Anschrift des Behördenbriefes können zweifelsfrei Stiege und Top-Nummer entnommen werden und damit waren die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Zustellung gegeben. Das kann auch den vorliegenden Bildern der Fachanlage der Stiege 4 entnommen werden. Das für Top 1 vorgesehene Brieffach ist für jeden Zusteller zweifelsfrei sowohl aus der Anordnung der Fächer als auch der (teils) vorhandenen Beschriftung erkennbar. Eine Verwechslung der Anschrift „ XXXX 1, Stiege 4“ mit „ XXXX 14“ ist, wie schon aus der Stellungnahme der Österreichischen Post AG hervorgeht, im konkreten Fall ausgeschlossen. Zustellfehler, wie vom Beschwerdeführer über Befragungen mit einem vorgefertigten Fragenkatalog dokumentiert, sind bei der hohen Zahl von zuzustellenden beanschrifteten und unbeanschrifteten Sendungen sowie Pakten, nicht ausgeschlossen, daher aber auch die Zustellung von Behördenbriefen über eine zusätzliche Dokumentation durch den Zusteller, sei es über die Form der Abgabe oder bei Übernahme die Beziehung zum Empfänger.
Für den erkennenden Richter steht damit die Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides am 28.04.2020 fest und die Beschwerde, die 4 Wochen nach Zustellung zu erfolgen hat, erweist sich als verspätet.
Im Übrigen war über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der Verspätung nicht mehr abzusprechen.
Schlagworte
Pandemie Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2236181.1.00Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021