TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/13 I406 2228363-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2020
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Entscheidungsdatum

13.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs11
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs2
IntG §11 Abs2
IntG §9
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I406 2228363-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL über die Beschwerde des XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2020, Zl. XXXX nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 27.05.2020 und am 04.08.2020, zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV., erster Spruchteil des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gegen XXXX gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird gemäß §§ 54 Abs. 1 Z 1, 55 Abs. 1 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

III.    Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkten IV., zweiter Spruchteil und V. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und diese ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste im November 2015 legal mit einem Touristenvisum auf dem Luftweg nach Frankreich ein. Er begab sich nach Deutschland und stellte dort am 12.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, der negativ entschieden wurde.

2.       In Deutschland lernte er eine auf Grundlage einer Rot-Weiß-Rot Karte plus rechtmäßig in Österreich niedergelassene nigerianische Staatsangehörige kennen. Am XXXX 2018 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren, woraufhin der Beschwerdeführer einen Hauptwohnsitz in Österreich begründete. Am XXXX .2019 heiratete er seine Frau in Österreich.

3.       Am 13.08.2019 stellte er den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen machte er zusammengefasst geltend, in seiner Heimat ein großes Problem mit einer einflussreichen Familie zu haben. Er sei innerhalb Nigerias drei Mal geflüchtet, doch jedes Mal gefunden worden. Bei einer Rückkehr befürchte er, von diesen Leuten entführt, eingesperrt, oder getötet zu werden.

4.       Am 09.09.2019 und am 23.10.2019 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Er habe in Nigeria internationale Beziehungen studiert und im Jahr 2011 eine Reise nach Südafrika und Kenia für andere Studenten organisiert. Jeder Student habe ungefähr 300.000-400.000 Naira für die Reise bezahlt. Ein Mittelsmann habe sie um das Geld (insgesamt 6.000.000 Naira) betrogen und sie haben nicht mehr reisen können. Die Studenten seien deswegen sehr böse auf ihn gewesen. Viele von ihnen hätten einflussreiche Väter in politischen Funktionen oder im Geschäftsleben. Der Beschwerdeführer sei zunächst festgenommen und in weiterer Folge auf Kaution freigelassen worden, doch die Studenten und ihre Väter hätten das Geld zurückgefordert. Der Beschwerdeführer habe jeden Tag Todesdrohungen erhalten und sei sogar niedergeschlagen worden. Daher habe er sich entschlossen, zu fliehen. Er fürchte, in Nigeria umgebracht zu werden. Außerdem seien seine Frau und sein Sohn in Österreich und er wolle bei ihnen bleiben.

5.       Mit angefochtenem Bescheid vom 20.01.2020, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.08.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV., erster Spruchteil) und stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria fest (Spruchpunkt IV., zweiter Spruchteil). Gleichzeitig wurde eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt V.).

6.       Mit Verfahrensanordnung vom 22.01.2020 stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die ARGE-Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht als Rechtsberater amtswegig zur Seite.

7.       Mit Schreiben vom 04.02.2020 übermittelte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung dem BFA seine vollumfängliche Beschwerde gegen den vorangeführten Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

8.       Am 27.05.2020 sowie am 04.08.2020 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, wobei die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Er ist nigerianischer Staatsbürger, volljährig, Angehöriger der Volksgruppe der Yoruba und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Er ist jung, gesund und arbeitsfähig, hat in Nigeria eine zwölfjährige Schulbildung absolviert und anschließend ein Jahr internationale Beziehungen an der Universität studiert, ohne sein Studium abzuschließen.

Der Beschwerdeführer verfügt mit seiner Mutter und einer Schwester über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat.

Der Beschwerdeführer verließ seine Heimat Nigeria im November 2015 und stellte am 12.07.2016 in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz, der negativ entschieden wurde.

Er war erstmals von Juli 2018 bis Januar 2019 im Bundesgebiet aufhältig und lebt seit Juni 2019 durchgehend in Österreich.

Am 13.08.2019 stellte er in Österreich den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen regulären österreichischen Aufenthaltstitel und ist nur während der Dauer seines Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.

Der Beschwerdeführer ist seit ungefähr 2017 mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten nigerianischen Staatsbürgerin liiert, die er am XXXX .2019 vor dem Standesamt XXXX heiratete. Er führt mit ihr und dem gemeinsamen, am XXXX 2018 geborenen Kind ein umfassendes Familienleben. Seit der Ankunft des Beschwerdeführers in Österreich leben sie im gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer kümmert sich um die Betreuung seines Sohnes sowie den Haushalt und ermöglicht seiner Ehefrau dadurch eine Erwerbstätigkeit in Vollzeitanstellung; diese wäre andernfalls darauf angewiesen, den Lebensunterhalt aus Sozialleistungen zu bestreiten.

Der Sohn und die Ehefrau des Beschwerdeführers sind Inhaber einer Rot-Weiß-Rot Karte plus, seine Ehefrau lebt auf Grundlage dieses Aufenthaltstitels seit dem Jahr 2011 in Österreich. Die Ehefrau des Beschwerdeführers verneint für sich die Möglichkeit, nach Nigeria zurückzukehren, mit der Begründung, sie sei ein Opfer des Menschenhandels.

Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse und hat am 15.07.2020 eine ÖIF-Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 absolviert, er ist in der Lage, einfache an ihn gestellte Fragen zu verstehen und diese zu beantworten.

Der Beschwerdeführer ist Mitglied einer Kirchengemeinschaft.

Er ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Sein Lebensunterhalt ist durch die Unterstützung seiner Ehefrau gesichert, zusätzlich erhält der Beschwerdeführer – unter Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau – Leistungen aus der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer wurde im Herkunftsstaat nicht verfolgt und hat auch im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mit Verfolgungshandlungen zu rechnen.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People´s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives´ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders „Radio Biafra“ im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen („Juju“); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der Vorlage seines nigerianischen Reisepasses Nr. XXXX , ausgestellt am 31.07.2017 durch die nigerianische Botschaft in Wien, fest.

Die Feststellungen zu den Lebensumständen und persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers stützen sich auf den Akteninhalt, insbesondere auf die Angaben des Beschwerdeführers gegenüber dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht, sowie auf die unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand, zur Ausbildung und zur Familie des Beschwerdeführers in Nigeria gründen sich auf seine eigenen, glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zu seiner Ausreise aus Nigeria, zum negativ entschiedenen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Deutschland, sowie zu seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, dem am 08.10.2020 erstellten Auszug aus dem zentralen Fremdenregister und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zum bestehenden Familienleben im Bundesgebiet ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht sowie den vorgelegten Unterlagen. Aus einem Abgleich der eingeholten zmr-Auskünfte seiner Familie ergibt sich die Feststellung zum Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes. Dass seine Ehefrau einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht, ergibt sich aus ihren eigenen glaubhaften Angaben sowie einer Abfrage aus der Sozialversicherungsdatenbank (AJ-Web).

Die Feststellung zu den seiner Ehefrau und seinem Sohn erteilten Aufenthaltstiteln geht aus den eingeholten Auszügen aus dem zentralen Fremdenregister hervor. Dass die Ehefrau nicht nach Nigeria zurückkehren möchte, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung betreffend die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers beruht auf dem Eindruck in den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie dem von ihm vorgelegten ÖIF-Zeugnis.

Dass der Beschwerdeführer Mitglied einer Kirchengemeinschaft ist, keiner Erwerbstätigkeit und keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht ergibt sich aus seinen eigenen Angaben. Die finanzielle Unterstützung des Beschwerdeführers durch seine Ehefrau und der teilweise Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung geht aus dem eingeholten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem des Bundes hervor.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 08.10.2020.

2.3. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers

Der erkennende Richter geht aufgrund des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der Beschwerdeführer den angegebenen Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte; dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer hat bei seinen Einvernahmen, insbesondere in der Gegenüberstellung der polizeilichen Erstbefragung, der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 23.10.2019 und der Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.05.2020 sowie am 04.08.2020 in wesentlichen Punkten widersprüchliche, nicht nachvollziehbare, oberflächliche und unplausible Angaben gemacht.

So machte er im Zuge seiner polizeilichen Erstbefragung zusammengefasst geltend, in seiner Heimat ein großes Problem mit einer einflussreichen Familie zu haben. Er sei innerhalb Nigerias drei Mal geflüchtet, doch jedes Mal gefunden worden. Bei einer Rückkehr befürchte er, von diesen Leuten entführt, eingesperrt, oder getötet zu werden.

Gegenüber dem BFA erklärte er hingegen, dass seine Angaben aus der Erstbefragung nicht stimmen würden. Er habe nur ein kleines Problem gehabt und sei eigentlich hierhergekommen, um einen besseren Ort zum Leben zu finden. Ihm sei von den Leuten, die er getroffen habe geraten worden, zu lügen. Zu seinem Problem in Nigeria führte er näher aus, dass er im Jahr 2011 an seiner Universität für die Organisation einer Studienreise nach Südafrika und Kenia für andere Studenten zuständig gewesen sei. Ein Mittelsmann habe ihn um die Anzahlung der Studenten in Gesamthöhe von etwa 6.000.000 Naira betrogen, weshalb die Reise nicht mehr stattfinden habe können. Die Studenten seien deshalb sehr böse auf ihn gewesen und der Beschwerdeführer sei festgenommen worden. Nach seiner Freilassung auf Kaution hätten die Studenten das Geld von ihm zurückgefordert und den Beschwerdeführer bedroht. Viele von ihnen würde aus einflussreichen Familien kommen. Nach rund drei Jahren der Bedrohung zwischen 2012 und 2015 habe sich der Beschwerdeführer im November 2015 entschlossen, sein Land zu verlassen. Er habe nicht in Erwägung gezogen, in einen anderen Bundesstaat Nigerias zu reisen. Er hätte die Mittel nicht gehabt und keine Wohnmöglichkeit, kein Essen und keine Arbeit gefunden. In Nigeria könne man nicht einfach beschließen, woanders hinzugehen, wenn man nicht das Geld habe.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in Zusammenschau als widersprüchlich und daher als nicht glaubhaft einstuft.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer diese Widersprüche vorgehalten und konnte er diese nicht aufklären.

Vielmehr verstrickte sich der Beschwerdeführer in Bezug auf das fluchtauslösende Ereignis und die Personen, die ihm die Flucht ermöglicht haben, in weitere Widersprüche.

So erklärte er etwa erstmals bei der Verhandlung am 27.05.2020, das konkrete Ereignis, welches ihn veranlasste, seinen Herkunftsstaat zu verlassen sei ein Angriff in seinem Haus durch als Taxifahrer verkleidete Menschen gewesen, die damals ebenfalls an der Reise hätten teilnehmen wollen. Er habe gerade zu seinem Chef gehen wollen, weil dieser ihm gedroht habe, kein Geld mehr zu zahlen, weil er schon länger nicht mehr zur Arbeit gegangen sei. Die Leute hätten ihn überfallen und geschlagen und verlangt, dass er in das Taxi einsteige, doch der Beschwerdeführer habe sich gewehrt und mit der Hilfe von Passanten entkommen können. Dadurch sei ihm klargeworden, dass er in Nigeria nicht erklären können. Dieses Ereignis hatte der Beschwerdeführer gegenüber dem BFA mit keinem Wort erwähnt, vielmehr habe er behauptet, er sei attackiert worden, als er in die Kirche gegangen sei. Bei der Beschwerdeverhandlung erklärte der Beschwerdeführer – neuerlich in Widerspruch – die Leute seien ganz normal gekleidet gewesen, in Nigeria gebe es für Taxifahrer keine spezielle Uniform.

Zudem konnte er keinerlei Nachweise über die behauptete Verfolgung vorlegen Bezeichnend ist auch, wenn der Beschwerdeführer wiederholt vorbringt, er kenne die Namen seiner Verfolger nicht. Dies erschüttert die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens erheblich, zumal der Beschwerdeführer gleichzeitig behauptet hatte, es handle sich bei seinen Verfolgern teilweise um die Kinder namhafter Politiker. Es gelang dem Beschwerdeführer jedoch nicht, eine plausible Erklärung dafür zu finden.

Dass dies nicht glaubwürdig ist, leuchtete dem Beschwerdeführer dann offensichtlich doch ein, und so „fiel“ ihm dann im Zuge der Beschwerdeverhandlung nach mehrmaliger Nachfrage doch ein Name „ein“, unmittelbar darauf schildert er noch eine dramatische Verfolgungshandlung - diese sei zudem die erste Verfolgungshandlung gewesen - durch diese Person.

Insgesamt ist darüber hinaus festzuhalten, dass schon angesichts des überaus ausweichenden Antwortverhaltens des Beschwerdeführers in den Beschwerdeverhandlungen dessen Glaubwürdigkeit stark herabgesetzt ist.

Gegen die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers spricht weiters der Umstand, dass er bereits im Jahr 2016 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte, der negativ entschieden worden war und im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung erklärte, gegenüber den deutschen Behörden gelogen zu haben, um sich einen Vorteil im dort geführten Asylverfahren zu verschaffen.

Nach Würdigung aller Umstände sprechen diese Angaben des Beschwerdeführers und sein Verhalten vor der Stellung des Asylantrages deutlich dafür, dass primär wirtschaftliche Fluchtmotive vorliegen und keine Gründe, die für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung sprechen, vorliegen.

Ungeachtet einer allfälligen Glaubhaftigkeit fehlt dem Fluchtvorbringen auch an einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung. Hierfür spricht auch der Umstand, dass laut seinen eigenen Angaben das fluchtauslösende Ereignis im Jahr 2011 stattfand, der Beschwerdeführer den Entschluss für seine Ausreise erst im Jahr 2015 fasste und er tatsächlich erst im November 2015 seinen Herkunftsstaat verließ. Die Voraussetzung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung wird in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459; dazu auch VwGH 19.10.2000, 98/20/0430). Besondere Gründe, die für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung sprächen, obwohl der Beschwerdeführer noch Jahre nach den fluchtauslösenden Gründen im Herkunftsstaat verweilte, wurden nicht glaubhaft gemacht oder behauptet und sind auch nicht im Verfahren hervorgekommen.

Die Tatsache, dass dem Beschwerdeführer über einen derart langen Zeitraum der Verbleib in seinem Herkunftsstaat möglich war, spricht somit gegen das Bestehen einer wohlbegründeten Furcht.

Doch selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers sei angemerkt, dass es sich in diesem Fall um eine Privatverfolgung handelt. Bei einer Verfolgung durch Privatpersonen handelt es sich weder um eine von einer staatlichen Behörde ausgehende, noch um eine dem Staat zurechenbare Verfolgung, die von den staatlichen Einrichtungen geduldet würde. Auch sonst sind im gesamten Verfahren keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, die auf eine mögliche Asylrelevanz der behaupteten Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat hindeuten würden.

Konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass die staatlichen Institutionen in Nigeria im Hinblick auf eine mögliche Verfolgung durch Privatpersonen tatsächlich weder schutzfähig noch schutzwillig wären, sind weder aus dem Vorbringen vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der Beschwerdeverhandlung, noch aus den der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ersichtlich. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden kann, weshalb dem Fehlen eines solchen keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177; 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191). So hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt, weshalb die staatlichen Stellen des Herkunftsstaates, insbesondere die Sicherheits- und Justizbehörden, entgegen den diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen nicht in der Lage oder nicht willens wären, ihn vor den behaupteten Übergriffen angemessenen Schutz zu bieten.

Außerdem ist es gerichtsbekannt, dass in Nigeria - selbst bei Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung in einem Teil des Landes - grundsätzlich in anderen Teilen des Landes wie etwa den multiethnischen Zentren Lagos oder Abuja eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 Asylgesetz 2005 besteht, die im Allgemeinen auch zumutbar ist (zu diesem Erfordernis vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 2011, Zl. 2008/01/0047); im Besonderen wäre es vor allem dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, innerhalb Nigerias Schutz vor der von ihm behaupteten Gefahr zu suchen, da es sich bei ihm um einen gesunden Erwachsenen handelt, dem ein Ortswechsel ohne weiteres möglich gewesen wäre. Letzteres erschließt sich schon alleine aus dem Umstand, dass es dem Beschwerdeführer schließlich auch gelungen ist, aus Nigeria kommend unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich einzureisen.

Während der Beschwerdeführer in der polizeilichen Erstbefragung noch behauptet hatte, insgesamt drei Mal innerstaatlich geflüchtet zu sein, erklärte er dazu in Widerspruch gegenüber dem BFA, einen Umzug innerhalb Nigerias gar nicht versucht zu haben und begründete dies mit wirtschaftlichen Gründen. Es kann daher auch deshalb nicht von einer aktuellen, konkreten und maßgeblichen Verfolgungsgefahr ausgegangen werden.

Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Da der Beschwerdeführer dem bekämpften Bescheid weder in seiner Beschwerde, noch in der Beschwerdeverhandlung substantiiert entgegentrat und sich sein Vorbringen darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 20.05.2020 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AA - Auswärtiges Amt (16.4.2020): Nigeria: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/ nigeriasicherheit/205788#content_5, 16.4.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (2.4.2020): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_5, Zugriff 16.4.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019): Nigeria - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205844 , Zugriff 31.1.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019b): Nigeria - Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeria/205786, Zugriff 9.4.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019c): Nigeria - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ aussenpolitik/laender/nigeria-node/wirtschaft/205790, Zugriff 16.4.2020

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit, Schutz im EWR-Staat oder in der Schweiz oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Die Verfolgungsgefahr muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer - wie unter II.2.3 ausgeführt - eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht glaubhaft gemacht, daher sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl nicht gegeben.

3.2 Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Dem Beschwerdeführer droht in Nigeria - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er weist eine zwölfjährige Schulbildung und die Universitätsreife auf und hat in Nigeria Familienangehörige in Form seiner Mutter und seiner Schwester, die ihm nach seiner Rückkehr behilflich sein können.

Somit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Nigeria nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können.

Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV., erster Spruchteil des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Zu prüfen ist im gegenständlichen Fall, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, oder ob eine Trennung bzw. Fortführung des Familienlebens außerhalb Österreichs, im Heimatstaat des Beschwerdeführers zumutbar ist, respektive ob eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554).

Zum Familienleben ist grundsätzlich auszuführen, dass das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK das Zusammenleben der Familie schützt. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Trennung von einem österreichischen Ehepartner nur dann als gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug". (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271; zuletzt VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0026)

Unbestritten besteht zwischen jedem Elternteil und seinem Kind ein unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls schützenswertes familiäres Band. Wie der EGMR in seinem Urteil vom 12.07.2001, Rs 25702/94 in Rz 150 ausführt, bedarf es aber auch hier einer Beurteilung faktischer Umstände ("…the existence or non-existence of "family life" is essentially a question of fact depending upon the real existence in practice of close personal ties").

Es ist auch bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung notwendig, sich mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl auseinanderzusetzen (vgl. etwa VwGH 24.9.2019, Ra 2019/20/0420; 20.9.2017, Ra 2017/19/0163; jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug der Fall ist (VwGH 24.9.2019, Ra 2019/20/0274; 20.8.2019, Ra 2019/18/0046; jeweils mwN).

Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen - etwa nach dem SMG -, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. vgl. VwGH, 28.11.2019, Ra 2019/19/0359 und 0369; VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0174; 26.6.2019, Ra 2019/21/0034; jeweils mit weiteren Hinweisen).

§ 138 ABGB (samt Überschrift) lautet:

"Kindeswohl

§ 138. In allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten, insbesondere der Obsorge und der persönlichen Kontakte, ist das Wohl des Kindes (Kindeswohl) als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. Wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls sind insbesondere

1. eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes;

2. die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes;

3. die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern;

4. die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes;

5. die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung;

6. die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte;

7. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben;

8. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen;

9. verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen;

10. die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes;

11. die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie

12. die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung."

Dass diese Bestimmung auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab dient, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten (vgl. etwa betreffend das in seinem § 28 Abs. 1 Z 2 ausdrücklich auf das Kindeswohl abstellende Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 VwGH 15.5.2019, Ra 2018/01/0076; in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof betont, für die Auslegung der Wendung "wenn es dem Kindeswohl entspricht", ist "der durch das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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