Index
L82000 Bauordnung;Norm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde
1. des Ing. AA und 2. der JA, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 29. April 1996, Zl. 1/02-35.377/3-1996, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. AW sen., 2. AW jun., 3. RW, alle A, und
4. Stadtgemeinde Hallein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 11. November 1957 wurde dem Eigentümer der Parzelle 3/37, KG G, A.H. die Bewilligung zur Abteilung des angeführten Grundstückes auf vier Bauplätze nach Maßgabe der eingereichten Pläne und Beschreibungen und unter den "in dieser Verhandlungsschrift festgelegten Bedingungen und Vorschreibungen des technischen Amtssachverständigen, der Stadtgemeinde Hallein und der Salzburger Stadtwerke, Elektrizitätswerke, erteilt." Gemäß den Ausführungen des technischen Amtssachverständigen in der Verhandlung bestand gegen die Erteilung der Parzellierungsgenehmigung bei Einhaltung u.a. folgender Bedingung kein Einwand:
"7.
Die Parzellierungsbewilligung wird unwirksam, wenn nicht binnen drei Jahren mit der Bauführung auf den einzelnen Parzellen begonnen wird."
Mit Bauansuchen vom 19. September 1994 beantragten die Erst- bis Drittmitbeteiligten die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 3/146, KG T, das eines der im Jahre 1957 von dem Grundstück Nr. 3/37 abgeteilten Grundstücke ist. Es war die Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses mit nördlich angegliederten Garagentrakten mit Keller-, Erd- und Obergeschoß mit einer gesamten verbauten Fläche von 217,89 m2 (für das Wohnhaus 176,49 m2 und für die Garagen 41,40 m2) beabsichtigt.
Im erstinstanzlichen Verfahren machten die Beschwerdeführer nach ordnungsgemäßer und unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG erfolgter Ladung zur Verhandlung am 6. April 1995 in der fortgesetzten Verhandlung am 10. April 1994 geltend, daß die Umwidmung der Parzelle zum Baugrund erst eine Stunde vor der eigentlichen Bauverhandlung in Form einer neuerlichen "Baugrund-Erklärung" erfolgt sei. Es seien in dieser Verhandlungsschrift nicht die anläßlich der Parzellierung verbindlich vorgeschriebenen Verpflichtungen aufgenommen worden. Es sei im Kaufvertrag entsprechend den Bauvorschriften nach dem Lageplan nur ein Einfamilienhaus vorgeschrieben und durch Notar Dr. S. festgehalten worden. Diese Verpflichtungen würden mit dem vorliegenden Projekt nicht eingehalten. Der Beschwerdeführer hätte das Grundstück nicht gekauft, wenn ihm entlang seiner Südgrenze (im Ausmaß von 2/3 dieser Grenze) eine Hausmauer in einem Abstand von 4 m "vor Haus und Garten gesetzt würde". Der "Monsterbau" mit 260 m2 reiner Wohnfläche sei unzumutbar und abzulehnen. Dieser Bau entspreche nicht annähernd dem Parzellierungsplan. Die geplante Hausfront mit 6 m Traufenhöhe verhindere nicht nur die Sonneneinstrahlung des Gartens vom Fichtenweg bis zu seinem Haus, sondern auch für die Südfront seines Hauses mit Balkon, Südterrasse mit Loggia und das einzige sonnenbestrahlte Blumenfenster des einzigen Wohnraumes. Das Projekt bringe für ihn eine erhebliche Wertminderung des Grundstückes und des Hauses und stelle darüber hinaus eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität dar. Die Hausgarage vor der Südseite seines Grundstückes sei keine "einzelstehende" Garage, sondern ein Raum im Hausverband und daher dem Gebäudekomplex zuzurechnen. Der Abstand von der Grundgrenze sei mit 2/3 der Traufenhöhe zu berechnen. Das sei bei einer Garagenhöhe von 3 m ein Abstand von 2 m vom Zaun und nicht 1,2 m. Die am 6. April 1995 begonnene erstinstanzliche Verhandlung wurde am 10. April bzw. 18. April 1995 fortgesetzt bzw. beendet.
Mit einem weiteren Schriftsatz vom 13. April 1995 wandten sich die Beschwerdeführer dagegen, daß sie über das Verfahren zur Bauplatzerklärung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes bzw. zur Abänderung der Bauplatzerklärungsbescheides vom 11. November 1957 sowie zur Festlegung von ergänzenden Bebauungsgrundlagen nicht in Kenntnis gesetzt bzw. beigezogen worden seien. Im anhängigen Baubewilligungsverfahren sei die Anhängigkeit auch dieses Verfahrens hervorgekommen. Der Beschwerdeführer sei daher im Recht auf Parteiengehör verletzt. Die im Protokoll wiedergegebenen Ausführungen des Verhandlungsleiters in der Verhandlung vom 6. April 1995, daß die verfahrensgegenständliche Grundparzelle gemäß § 27 Bebauungsgrundlagengesetz als zum Bauplatz erklärt zu betrachten sei, diese Grundparzelle nur hinsichtlich ihrer Bebauungsgrundlagen an den Stand der Gesetzeslage anzupassen sei und daß alle im Bewilligungsbescheid vom 11. November 1957 festgelegten Bebauungsgrundlagen und Aufschließungsbedingungen durch die im Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom selben Tag neu festgesetzten Bebauungsgrundlagen ersetzt würden, sei in vielfacher Hinsicht unrichtig bzw. gesetzwidrig. Sollte bereits ein Bauplatzerklärungsbescheid vorliegen, so werde dieser ausdrücklich angefochten. Die angeführte Bauplatzbewilligung aus dem Jahre 1957 sei lediglich unter der Bedingung erteilt worden, daß mit der Bauausführung innerhalb einer Frist von drei Jahren begonnen würde. Auf der verfahrensgegenständlichen Parzelle sei bis jetzt keinerlei Bauausführung erfolgt. Die angeführte Parzellierungsbewilligung sei nach Ablauf der Frist, also am 11. November 1960, unwirksam geworden. Eine Anpassung dieses Bescheides sei bereits mangels einer rechtlichen Existenz dieses Bescheides nicht möglich.
§ 27 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz sei daher nicht anwendbar. Im übrigen sei die vorliegende Parzelle im Rahmen des Flächenwidmungsplanes wiederum in Grünland zurückgewidmet worden. Es bedürfte daher auch einer neuerlichen Abänderung des Flächenwidmungsplanes. Die nunmehr vorgesehene ganz erhebliche Abweichung von den Bestimmungen der Bebbauungsgrundlagen hätte einerseits eine ganz erhebliche Beeinträchtigung der Liegenschaft der Einschreiter zur Folge und entspreche andererseits nicht den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes. Durch die in diesem Verfahren vorgesehenen Bestimmungen wären jedenfalls auch die grundlegenden Raumordnungsziele und -grundsätze des § 2 ROG in entscheidendem Ausmaß verletzt. Ohne auf die einzelnen in diesem Verfahren vom Amtssachverständigen dargelegten Festsetzungen der Bebauungsgrundlagen näher einzugehen, würden diese auch wegen inhaltlicher Mängel, insbesondere grobe Beeinträchtigung von Nachbarrechten, bemängelt. Es werde dieses Vorbringen ausdrücklich zu Einwendungen gegen die Erteilung einer Bauplatzerklärung für die Grundparzelle 3/146, KG T, erhoben.
Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 19. Juli 1995 wurde den Erst- bis Drittmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Zweifamilienhauses mit angegliederten Garagentrakten auf dem Grundstück Nr. 3/146, KG T, Gemeinde Hallein, nach Maßgabe des in der Verhandlungsschrift vom 6. April 1995 wiedergegebenen Sachverständigengutachtens, des bautechnischen Amtssachverständigen und unter Vorschreibung etlicher Auflagen erteilt.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Stadtgemeindevertretung der viertmitbeteiligten Partei vom 30. Oktober 1995 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß mit Bescheid des Bürgermeisters der viertmitbeteiligten Partei vom 3. Juli 1995 (zugestellt am 17. Juli 1995) die Bebauungsgrundlagen für das Grundstück Nr. 3/146, KG T, NEU festgelegt worden seien. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 11. November 1957 erteilte Bewilligung zur Abteilung des Grundstückes 3/37, KG T, auf vier Bauplätze hinsichtlich des nunmehr gegenständlichen Bauplatzes noch Rechtswirksamkeit besitze. Die baubehördliche Bewilligung sei mit Bescheid vom 16. August 1995 ergangen, sodaß vor Erteilung der Baubewilligung der Bauplatzbescheid rechtskräftig gewesen sei. Die Einwendungen bezüglich der baulichen Ausnützbarkeit seien inhaltlich unbegründet, weil einerseits die festgelegte Geschoßflächenzahl von 0,45 im Sinne der Anforderungen des § 2 des Raumordnungsgesetzes (sparsamer Umgang mit Grund und Boden) als niedrig (bezogen auf die übrige Verbauung im Ortsteil R) zu beurteilen sei und andererseits hinsichtlich der festgelegten Gebäude- und Traufenhöhen die östlich und südlich angrenzenden Liegenschaften eine höhere Bebauung aufwiesen. Im Sachprogramm für Wohn- und Betriebsstandorte für die Stadtgemeinde Hallein sei eine durchschnittliche Geschoßflächenzahl über das gesamte Gemeindegebiet mit 0,5 festgelegt. Die bauliche Ausnutzbarkeit liege daher im gegenständlichen Fall unter dem Durchschnitt. Die Abstimmung der Geschoßflächenzahl auf ein bereits konkret bekanntes Bauvorhaben sei zulässig, wenn dieses Bauvorhaben eine wesentlich geringere bauliche Ausnützung des gegenständlichen Grundstückes vorsehe als die Bebauungsdichte im angrenzenden Dorfzentrum des Ortsteiles R der viertmitbeteiligten Partei. Mit dem gegenständlichen Bauvorhaben würden die gesetzlich vorgesehenen Nachbarabstände nicht unterschritten. Diesbezüglich würden im Vorstellungsvorbringen auch keine Einwendungen vorgebracht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne davon ausgegangen werden, daß die Besonnung und Belichtung des Nachbargrundstückes unter Einhaltung der gesetzlichen Nachbarabstände nicht beeinträchtigt würden, sodaß diesbezüglich die Beschwerdeführer in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten nicht verletzt seien. Die Personalunion zwischen Verhandlungsleiter und Amtssachverständigen widerspreche grundsätzlich keinen verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Das Vorliegen einer privatrechtlichen Vereinbarung hinsichtlich der Bebauungsdichte auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück könne nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens sein. Diesbezüglich könne allenfalls der Zivilrechtsweg beschritten werden. Das Ergebnis des Verfahrens ergebe insgesamt keine Anhaltspunkte, die geeignet seien, die volle Unbefangenheit des Verfahrensleiters bzw. des Amtssachverständigen anzunehmen.
2. Parallel zum Verfahren betreffend das angeführte Bauansuchen machten die Erst- bis Drittmitbeteiligten ein Verfahren um Erteilung der Bauplatzerklärung für das verfahrensgegenständliche Grundstück anhängig. Mit Schriftsatz vom 14. April 1994 (beim Stadtamt Hallein eingelangt am 19. September 1994) wurde das Grundstück Nr. 3/146, KG T, entsprechend den beiliegenden Planunterlagen zum Bauplatz erklärt. In der mündlichen Verhandlung vom 6. April 1995 führte der bautechnische Amtssachverständige zu den Bebauungsgrundlagen folgendes aus:
"1.
Die Baufluchtlinie (§ 31 ROG 1992) wird mit 7,5 m von der Straßenachse F-Weg festgesetzt. Diese bei der Bauführung einzuhaltende Linie wurde im Lageplan M 1:500 eingetragen.
2.
Bauliche Ausnutzbarkeit (§ 32 ROG 1992):
GFZ 0,45
3.
Verlauf der Gemeindestraßen:
Dieser ist aus den beigebrachten Planunterlagen ersichtlich.
4.
Verbote und Beschränkungen der Einmündungen von Zu-, Aus-(fahrten) in Verkehrsflächen:
keine
5.
Bauweise (§ 34 ROG 1992):
Es wird eine offene Bebauung festgesetzt.
6.
Bauhöhe (§ 33 ROG 1992):
Die max. Traufenhöhe kann 440,50 m NN betragen. Die max. Firsthöhe kann 442,60 m NN betragen.
Die max. Höhenlage des Erdgeschoßfußbodens kann 434,65 m NN betragen.
Dächer und sonstige Aufbauten dürfen unter Beachtung der festgelegten Höchsthöhe eine von der zulässigen Höchstlage des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe ausgehende, 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrißfläche nicht überragen.
7.
Wasserversorgung:
Die Versorgung mit Trink- und Nutzwasser hat wie folgt zu erfolgen: Anschluß an die städtische Wasserversorgungsanlage;
8.
Abwasserbeseitigung:
Die anfallenden, verunreinigten häuslichen Abwässer sind wie folgt abzuleiten: Anschluß an die städtische Kanalisation I, 4, 2, DN 200;
9.
Lage der Bauten im Bauplatz (Abschnitt III des Bebauungsgrundlagengesetzes):
a)
Die Bauten müssen (von Sonderbauten usw. im Sinne des § 25 (7) abgesehen) im Bauplatz so gelegen sein, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von 3/4 ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4,0 m haben. Für den Abstand von der gegen die Verkehrsfläche liegenden Grundgrenze gilt die festgelegte Baufluchtlinie. Im Bauplatz muß jeder Bau von einem anderen einen Abstand von mindestens der Summe ihrer nach dem vorstehenden ersten Satz vorgeschriebenen Grenzabstände haben.
b)
...
c)
Nebengebäude für Wirtschaftsräume (Waschküchen, Brennstofflager, Abstellräume und dgl.) ...
d)
Für Garagen geltend die Bestimmungen nach Abs. a), jedoch unter unter Berücksichtigung der Sonderbestimmungen der Garagenordnung."
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Hallein vom 3. Juli 1995 wurde folgendes ausgesprochen:
"1. Der Bauplatzerklärungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 11. November 1957, ..., wird in bezug auf die Bebauungsgrundlagen, in der Form abgeändert, daß alle im Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein festgelegten Bebauungsgrundlagen und Aufschließungsbedingungen durch die im Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen neu festgesetzten Bebauungsgrundlagen ersetzt werden.
2. Bebauungsgrundlagen
Gemäß § 12 (3) BGG, LGBl. 69/1968 idgF werden die von dem bautechnischen Amtssachverständigen in der Verhandlungsschrift vom 6. April 1995, ..., angeführten Grundlagen wie in Befund und Gutachten festgehalten, abgeändert bzw. neu festgelegt."
3. In der gegen den im Bauverfahren ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 1996 erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich in bezug auf die baurechtlichen Abstandsbestimmungen, insbesondere im Hinblick auf § 25 Abs. 1, 3 und 4 Sbg Bebauungsgrundlagengesetz und § 12 Abs. 2 Reichsgaragenordnung, verletzt.
II.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A).
Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Juli 1981, Slg. Nr. 10.513/A, und vom 9. März 1993, Zl. 92/06/0212) ist aus § 12 Abs. 1 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG), wonach Bauführungen nach den baurechtlichen Vorschriften nur auf Grundflächen bewilligt werden dürfen, die in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung), kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht abzuleiten. Den Nachbarn steht es jedoch frei, in bezug auf die Bauplatzerklärung eine Verletzung jener Bestimmungen, die im Sinne des § 9 Abs. 1 lit. g Sbg. Baupolizeigesetz dem Schutz des Nachbarn dienen, mit Einwendungen im Baubewilligungsverfahren geltend zu machen.
Nach Auffassung der Beschwerdeführer sei der Bescheid betreffend die Bauplatzerklärung aus dem Jahre 1957 nach Ablauf von drei Jahren außer Kraft getreten. Es stelle sich somit als Rechtswidrigkeit dar, die Abänderung eines unwirksamen Bescheides vorzunehmen.
Die Beschwerdeführer sind zwar im Recht, daß der Bescheid betreffend die Bauplatzerklärung vom 11. November 1957 gemäß der ausdrücklich in diesem Bescheid vorgeschriebenen Anordnung, die auch im Einklang mit dem damals geltenden § 30 Abs. 2 Sbg. Landbauordnung - LBO 1952, LGBl. Nr. 55, steht, unwirksam wurde, da nicht binnen drei Jahren mit der Bauführung auf den einzelnen Parzellen begonnen worden ist. Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 3. Juli 1995 betreffend die Bauplatzerklärung hat somit keinen normativen Inhalt, weil der Abänderung eines Bescheides, der selbst keine normative Wirkung mehr entfaltet, kein normativer Gehalt zukommen kann. Unabhängig davon wurden aber mit Spruchpunkt 2.
("Bebauungsgrundlagen") des Bescheides des Bürgermeisters der viermitbeteiligten Partei vom 3. Juli 1995 die Bebauungsgrundlagen für das verfahrensgegenständliche Grundstück entsprechend dem in der Verhandlung abgegebenen Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen festgelegt. Wie bereits dargelegt, kommt dem Nachbarn aber kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Einhaltung des § 12 Abs. 1 Sbg. BGG zu. Die Beschwerdeführer können also in diesem Zusammenhang keinesfalls in Rechten verletzt sein.
Gemäß § 9 Abs. 1 lit. g Sbg. BauPolG kommt dem Nachbarn ein Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über die Lage und Höhe eines Gebäudes zu. Der Nachbar besitzt somit u.a. ein Recht auf Einhaltung von Vorschriften betreffend Abstände, Gebäudehöhen und betreffend Beschränkungen der Bebaubarkeit eines Grundes (vgl. Hauer, Salzburger Baurecht2, 82 Anm. 16 zu § 9 Sbg. BauPolG). Im Zusammenhalt mit Einwendungen des Nachbarn gegen den Bescheid betreffend die Bauplatzerklärung kommt dem Nachbar nicht nur ein Recht auf Einhaltung etwa der Abstandsvorschriften, der vorgeschriebenen Gebäudehöhe und der Ausnutzbarkeit eines Bauplatzes zu, sondern immer auch ein Recht darauf, daß die Festsetzung des Abstandes, der Gebäudehöhe und der Ausnützbarkeit auch im Bauplatzerklärungsbescheid gesetzmäßig erfolgt ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1982, Slg. Nr. 10.930/A und vom 10. April 1986, Zl. 84/06/0081).
Wenn die Beschwerdeführer die Angaben in den Plänen über die Höhenkotierung und die Maßangaben rügen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß sie, die sie ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen geladen worden waren, diese Einwendungen im erstinstanzlichen Verfahren betreffend die Baubewilligung bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht erhoben haben. Die Beschwerdeführer sind daher in dieser Hinsicht gemäß § 42 AVG präkludiert. Diese Präklusion ist auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beachtlich. Dies gilt auch, soweit die Beschwerdeführer nunmehr die Nichteinhaltung von gesetzlich vorgeschriebenen Abständen von der Grundgrenze geltend machten, mit Ausnahme des Abstandes der Garage zur Grundgrenze der Beschwerdeführer. Die Beschwerdeführer haben sich im erstinstanzlichen Verfahren weder gegen die Entfernung des verfahrensgegenständlichen Gebäudes, soweit es nicht die zur Grundgrenze der Beschwerdeführer gelegene Garage betrifft, gewendet noch die Einhaltung des Abstandes zwischen den beiden Gebäuden im Sinne des § 25 Abs. 4 BGG gefordert. Präklusion ist dem Beschwerdeführer auch in bezug auf die nunmehr vorgetragenen Einwände betreffend § 12 Abs. 2 Reichsgaragenordnung entgegenzuhalten.
Soweit die Beschwerdeführer die Gesetzmäßigkeit der erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren bescheidmäßig festgelegten Geschoßflächenzahl von 0,45 bezweifeln, sind sie darauf zu verweisen, daß sie eine solche Einwendung in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht geltend gemacht haben und somit die Gesetzmäßigkeit der Geschoßflächenzahl nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht haben. Die Beschwerdeführer forderten vielmehr nur eine andere Situierung des Bauvorhabens auf dem Bauplatz.
Die Beschwerdeführer machen in der Beschwerde nicht mehr geltend, daß der Abstand zur Garage im Ausmaß von 1,20 m nicht gesetzmäßig wäre. Soweit die Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang Mängel der Darstellung in den Plänen ins Treffen führen, sind sie - wie bereits ausgeführt - in dieser Hinsicht präkludiert. Aufgrund des genehmigten Planes ist aber davon auszugehen, daß in bezug auf die zur Nachbargrenze der Beschwerdeführer gelegene Garage ein Abstand von 1,20 m einzuhalten ist. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang festzustellen, daß die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Zweifamilienhauses mit angegliederten Garagentrakten nach Maßgabe des in der Verhandlungsschrift vom 6. April 1995 wiedergegebenen sachverständigen Gutachtens des bautechnischen Amtssachverständigen bewilligt wurde, was in bezug auf die Garagen bedeutet, daß deren Traufenhöhe statt ursprünglich vorgesehen mit 3 m mit 2,5 m bewilligt wurde. Im Hinblick auf diese Traufenhöhe hat die Baubehörde den Abstand von 1,20 m als ausreichenden Seitenabstand im Sinne des § 13 Abs. 4 Reichsgaragenordnung angesehen. Diese Schlußfolgerung wird auch von den Beschwerdeführern nicht in Frage gestellt.
Die Beschwerdeführer sind auch nicht im Recht, wenn sie meinen, daß für die vorliegenden beiden Garagentrakte die Reichsgaragenordnung nicht zur Anwendung kommen solle. Es handelt sich dabei um bauliche Anlagen oder Räume, die im Sinne des § 1 Abs. 2 Reichsgaragenordnung zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind. Der Gesetzeswortlaut gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß im Falle des Anbaues von Garagen an ein Wohngebäude die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht erfüllt sind.
Zu der Rüge betreffend die Befangenheit des Verhandlungsleiters des erstinstanzlichen Verfahrens ist festzustellen, daß selbst im Falle der Annahme der von den Beschwerdeführern behaupteten Befangenheit der Behörde erster Instanz diese durch die Entscheidung der auch von den Beschwerdeführern nicht für befangen erachteten Berufungsbehörde saniert wurde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1995, Zl.93/07/0006 u.a.).
Wenn der Beschwerdeführer letztlich geltend macht, daß sich aus § 25 Abs. 1 BGG ergebe, daß die Bauten im Bauplatz so anzuordnen seien, daß für auf benachbarten Plätzen bestehende Bauten eine ihrem Zweck entsprechende Besonnung und Belichtung erhalten bleibe, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß diese Bestimmung als Determinante bei der Festlegung der Lage der Bauten im Bauplatz durch den Bebauungsplan anzuwenden ist, ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht. Der Nachbar hat vielmehr ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf die Einhaltung der sich aus § 25 Abs. 3 und 4 ergebenden Mindestabstände.
Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996060160.X00Im RIS seit
03.05.2001