TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/19 W192 1306169-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W192 1306169-4/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Bachmann, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2020, Zl. 760459805/181165509, zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, reiste im März 2006 mit einem Schengenvisum legal nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Seit seiner Einreise wohnte der Beschwerdeführer mit seiner nunmehrigen Ehefrau, einer österreichischen Staatsbürgerin, in einem gemeinsamen Haushalt und hat mit der Ehefrau drei gemeinsame Kinder, die ebenfalls österreichische Staatsbürger sind. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.09.2006 gemäß § 3,8 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen. Eine gegen diesen Bescheid zunächst erhobene Beschwerde wurde hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz mit Schriftsatz des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 18.03.2010 zurückgezogen. In Erledigung der Beschwerde gegen die verfügte Ausweisung hat der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.10.2010 der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Serbien gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 auf Dauer unzulässig ist.

Der Beschwerdeführer verfügte in weiterer Folge zunächst über Aufenthaltstitel als Familienangehöriger, zuletzt erteilt am 22.10.2015 mit Gültigkeit bis 22.10.2018.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des zuständigen Landesgerichts vom 17.10.2018 wegen Verbrechen des Suchtgifthandels und weiteren strafbaren Handlungen in mehreren Tathandlungen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer, der seit Mai 2018 in Untersuchungshaft angehalten wurde, brachte unter Verwendung des vorgesehenen Formulars am 19.11.2018 einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels ein. Zugleich führte er durch seinen Rechtsvertreter aus, dass er den Antrag auf Verlängerung deswegen nicht rechtzeitig habe einbringen können, weil er sich in Untersuchungshaft befunden habe, ihm bei der Verhaftung sein Aufenthaltstitel abgenommen und sichergestellt worden sei und er daher wegen eines Irrtums den Ablauf der Gültigkeit seines Aufenthaltstitels nicht vorhersehen habe können. Dies sei ihm erst bekannt geworden, als seine Ehefrau am 05.11.2018 seine Karte bei Gericht mittels Ausfolgungsantrag behoben habe.

Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Beschwerdeverfahren zur Einsicht angeforderten Verwaltungsakt der zuständigen NAG-Behörde ist ersichtlich, dass der Verlängerungsantrag aufgrund dieser Ausführungen des Rechtsvertreters als Verlängerung im Sinne des § 24 Abs. 1 NAG gewertet worden ist und ein Widereinsetzungsbescheid nicht erforderlich gewesen sei, da die Verlängerung gemäß § 24 Abs. 2 NAG gestellt worden ist.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers durch die erfolgte Verurteilung illegal geworden sei.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Schriftsatz des nunmehrigen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 28.07.2020 rechtzeitig erhobene Beschwerde.

1.4. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der ursprünglich zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

1.5. Am 07.09.2020 übermittelte die zuständige NAG-Behörde dem Bundesverwaltungsgericht auf Ersuchen den Verwaltungsakt betreffen das Verfahren über den Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des vorliegenden Verwaltungsverfahrens und aus dem Verfahrensakt der zuständigen NAG-Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

§ 24 Abs. 1 und 2 NAG lauten:

„(1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(2) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn

1.der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und

2.der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.

Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.“

3.2. Die Annahme des Bundesamts für Fremdenwesen im angefochtene Bescheid, dass der Beschwerdeführer nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei, ist auf Grund der Feststellung, dass er den Verlängerungsantrag gemäß § 24 Abs. 1, 2 NAG eingebracht hat, wodurch sein Aufenthalt weiterhin rechtmäßig war, verfehlt. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers durch die erfolgte Verurteilung illegal geworden sei, haben keine gesetzliche Grundlage.

Die vom Bundesamt für Fremdenwesen auf § 52 Abs 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids setzte voraus, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Angesichts seines rechtmäßigen Aufenthalts erfolgte sie zu Unrecht und ist daher zu beheben. Dies bedingt auch den Entfall der übrigen, auf der Rückkehrentscheidung aufbauenden Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids, die somit in Stattgebung der Beschwerde zu beheben sind.

3.3. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.

3.4. Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen, zumal sich das BVwG an bestehender Rechtsprechung des VwGH orientieren konnte.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Aufenthaltstitel Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben rechtmäßiger Aufenthalt Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W192.1306169.4.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten