TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/21 W115 2235090-1

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Veröffentlicht am 21.10.2020
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Entscheidungsdatum

21.10.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §22a Abs1 Z2
BFA-VG §34 Abs3 Z3
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwG-AufwErsV §1 Z1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2

Spruch

W115 2235090-1/6E

W115 2235091-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch XXXX , wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Festnahme am XXXX und der darauf gestützten Anhaltung von XXXX , XXXX Uhr, bis XXXX , XXXX Uhr, zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und die erfolgte Festnahme und Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG für rechtswidrig erklärt.

II.      Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV hat der Bund (Bundesminister für Inneres) der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch XXXX , wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Festnahme am XXXX und der darauf gestützten Anhaltung von XXXX , XXXX Uhr, bis XXXX , XXXX Uhr, zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und die erfolgte Festnahme und Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG für rechtswidrig erklärt.

II.      Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV hat der Bund (Bundesminister für Inneres) der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige der Türkei, reisten am XXXX legal mit einem Visum D in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich und den Zweitbeschwerdeführer am XXXX Anträge auf internationalen Schutz.

1.1.    Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom XXXX wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

1.2.    Die gegen diese Bescheide erhobene (gemeinsame) Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Geschäftszahl XXXX , XXXX , als unbegründet abgewiesen.

1.3.    Das Bundesamt erließ am XXXX einen Abschiebeauftrag für die begleitete Abschiebung der Beschwerdeführer am XXXX auf dem Luftweg nach Istanbul.

1.4.    Weiters erließ das Bundesamt am XXXX einen Festnahmeauftrag, wonach die Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG am XXXX um XXXX Uhr festzunehmen seien.

1.5.    Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX , XXXX , wurde der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Geschäftszahl XXXX , XXXX , erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

1.6.    Die Beschwerdeführer wurden am XXXX um XXXX Uhr an ihrer Wohnadresse von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Vollziehung des aufrechten Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG festgenommen und in die Familienunterkunft „ XXXX “ verbracht. Im Zuge der Festnahme wurde der Erstbeschwerdeführerin auch die Information zur bevorstehenden Abschiebung gemäß § 58 Abs. 2 FPG in die Türkei ausgehändigt. Die Beschwerdeführerin weigerte sich ohne Angaben von Gründen, die diesbezügliche Übernahmebestätigung zu unterschreiben.

1.7.    Nach der erfolgten Festnahme wurde vom Bundesamt am XXXX der Festnahmeauftrag widerrufen und angeordnet, dass aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof, die Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung aus der Verwaltungsverwahrungshaft zu entlassen seien. Daraufhin wurden die Beschwerdeführer am XXXX , XXXX Uhr, aus der Verwaltungsverwahrungshaft entlassen.

2.       Am XXXX erhob der bevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführer fristgerecht eine (gemeinsame) Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung.

Unter Vorlage der erteilten Vollmacht wurde vom bevollmächtigten Vertreter im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass die Festnahme der Beschwerdeführer am XXXX in rechtswidriger Weise erfolgt sei, da der herangezogene Festnahmegrund gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG aufgrund der vom Verfassungsgerichtshof zuerkannten aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht mehr zum Tragen komme. Dies aus dem Grund, da Voraussetzung für eine Abschiebung gemäß § 46 FPG die Durchsetzbarkeit einer Rückkehrentscheidung sei. Diese sei fallbezogen aber im Hinblick auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX , mit dem der eingebrachten Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, nicht mehr gegeben. Es werde daher beantragt, die erfolgte Festnahme und die darauf gestützte Anhaltung für rechtswidrig zu erklären. Weiters wurde Kostenersatz und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

2.1.    Das Bundesamt legte am XXXX die Verwaltungsakte vor und erstattete im Zuge der Aktenvorlage eine Stellungnahme, in der insbesondere darauf hingewiesen wurde, dass der gegenständliche Festnahmeauftrag zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG am XXXX erlassen worden sei. Am XXXX sei durch den Verfassungsgerichtshof der Beschluss über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ergangen. Da für das Führen der jeweiligen Verfahren aufgrund des Wohnsitzwechsels der Beschwerdeführer zwei unterschiedliche Regionaldirektionen zuständig seien, sei die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erst am XXXX nach Vollziehung des Festnahmeauftrages und Überstellung der Beschwerdeführer in die Familienunterkunft „ XXXX “ der für die Abschiebung zuständigen Regionaldirektion bekannt geworden. In weiterer Folge sei sofort der Festnahmeauftrag widerrufen, der Flug storniert und die Beschwerdeführer aus der Anhaltung entlassen worden. Ein Kostenersatz wurde seitens des Bundesamtes nicht beantragt.

2.2.    Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes wurde vom Bundesamt am XXXX mitgeteilt, dass der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, dem Bundesamt am XXXX um XXXX Uhr elektronisch zugestellt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Die Beschwerdeführer sind türkische Staatsangehörige. Sie tragen die im Spruch genannten Namen und sind am XXXX (Erstbeschwerdeführerin) sowie am XXXX (Zweitbeschwerdeführer) geboren. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom XXXX wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Türkei zulässig ist. Weiters wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Geschäftszahl XXXX , XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesamt erließ am XXXX einen Abschiebeauftrag für die begleitete Abschiebung der Beschwerdeführer am XXXX auf dem Luftweg nach Istanbul.

Am XXXX erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag, wonach die Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG am XXXX um XXXX Uhr, festzunehmen sind.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX , XXXX , wurde der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Dieser Beschluss wurde dem Bundesamt noch am XXXX am XXXX Uhr elektronisch zugestellt.

Die Beschwerdeführer wurden am XXXX um XXXX Uhr an ihrer Wohnadresse von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Vollziehung des aufrechten Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG festgenommen und direkt in die Familienunterkunft „ XXXX “ verbracht.

Nach der erfolgten Festnahme wurde vom Bundesamt am XXXX der Festnahmeauftrag widerrufen und angeordnet, dass die Beschwerdeführer aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof, mit sofortiger Wirkung aus der Verwaltungsverwahrungshaft zu entlassen sind. Daraufhin wurden die Beschwerdeführer am XXXX , XXXX Uhr, aus der Verwaltungsverwahrungshaft entlassen.

Zum Zeitpunkt der Festnahme bestand gegen die Beschwerdeführer keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes, die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Bundesamtes vom XXXX (Geschäftszahlen XXXX und XXXX ), in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die zur Staatsangehörigkeit und der Identität der Beschwerdeführer getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus der Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister.

Der Stand des Asylverfahrens und der fremdenrechtliche Status der Beschwerdeführer ergeben sich aufgrund der Aktenlage.

Die Feststellungen zur geplant gewesenen Abschiebung der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem in den Verwaltungsakten einliegenden Abschiebeauftrag vom XXXX .

Die Feststellungen zum Festnahmeauftrag betreffend die Beschwerdeführer und zur Rechtsgrundlage der Festnahme ergeben sich aus dem in den Verwaltungsakten einliegenden Festnahmeauftrag des Bundesamtes vom XXXX .

Der Zeitpunkt der Festnahme sowie die Dauer der Anhaltung der Beschwerdeführer in Verwaltungsverwahrungshaft ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Der Zeitpunkt des Widerrufs des Festnahmeauftrages sowie der Zeitpunkt der Anordnung der Entlassung der Beschwerdeführer aus der Verwaltungsverwahrungshaft ergeben sich unzweifelhaft aus der in den Verwaltungsakten einliegenden diesbezüglichen Anordnung vom XXXX .

Der Umstand, dass der Beschwerde der Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist, ergibt sich unzweifelhaft aus dem in den diesbezüglichen Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Geschäftszahlen XXXX und XXXX einliegenden Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX .

Der Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX an das Bundesamt ergibt sich aus den eigenen Angaben des Bundesamtes im Rahmen seiner Mitteilung vom XXXX an das Bundesverwaltungsgericht. So wurde vom Bundesamt angegeben, dass der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes am XXXX um XXXX Uhr elektronisch zugestellt worden sei. Es sind im Verfahren keine Gründe hervorgekommen an diesen Angaben zu zweifeln und stimmen diese auch mit den Ausführungen des bevollmächtigten Vertreters der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde überein.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG das Bundesverwaltungsgericht.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

3.2.    Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt I. - Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung:

3.2.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 BFA-VG idgF lautet:

„§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1.         gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2.         wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3.         der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1.         dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2.         gegen diesen eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3.         gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4.         gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5.         auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.

(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.

(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.“

Der mit „Festnahmeauftrag“ betitelte § 34 BFA-VG idgF lautet:

„§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1.         Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2.         sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und
1.         der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2.         der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.

(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1.         wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2.         wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3.         wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4.         wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

(4) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Asylwerbers anordnen, wenn er sich dem Verfahren entzogen hat (§ 24 Abs. 1 AsylG 2005).

(5) Der Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.

(6) In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen.

(7) Die Anhaltung eines Fremden, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, ist dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen. Dieses hat mitzuteilen, ob der Fremde in eine Erstaufnahmestelle oder Regionaldirektion vorzuführen ist.

(8) Ein Festnahmeauftrag ist zu widerrufen, wenn
1.         das Verfahren zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingestellt wurde und die Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig ist (§ 24 Abs. 2 AsylG 2005) oder
2.         der Asylwerber aus eigenem dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)

(9) Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-VG idgF lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.2.2.  Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Die Beschwerdeführer wurden von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (LPD XXXX ) am XXXX , XXXX Uhr, gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG in Vollziehung des am XXXX erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG am XXXX lagen zwar die diesbezüglichen Voraussetzungen noch vor, dies gilt jedoch nicht mehr für den Zeitpunkt der erfolgten Festnahme der Beschwerdeführer.

Die im gegenständlichen Verfahren angefochtene Festnahme der Beschwerdeführer wurde vom Bundesamt auf § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG (im Kern also auf den Fall, dass für einen Fremden ein Auftrag zur Abschiebung erlassen werden soll) gestützt. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Bundesamt die Festnahme anordnen kann, wenn gegen einen Fremden „ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll“. In § 46 Abs. 1 FPG ist als Voraussetzung dafür, Fremde „zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung)“, unter anderem vorgesehen, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den betreffenden Fremden durchsetzbar ist.

Im konkreten Fall der Beschwerdeführer lag eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung jedoch im Zeitpunkt der Festnahme nicht mehr vor, da mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX (Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des gestellten Antrages auf internationalen Schutz und Bestätigung der Rückkehrentscheidung) die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist und daher der Vollzug des diesbezüglichen Erkenntnisses gemäß § 85 Abs. 3 VfGG aufgeschoben ist. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, wurde der diesbezügliche Beschluss des Verfassungsgerichtshofes dem Bundesamt noch am XXXX am XXXX Uhr elektronisch zugestellt. Daraus folgt, dass das Bundesamt angehalten gewesen wäre, den erlassenen Festnahmeauftrag unverzüglich, spätestens jedoch am XXXX , zu widerrufen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, erfolgte der Widerruf des erlassenen Festnahmeauftrages durch das Bundesamt jedoch erst nach der erfolgten Festnahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX .

Die auf eine untaugliche Grundlage gestützte Festnahme wird auch nicht dadurch zu einer rechtmäßigen Maßnahme, dass allenfalls eine andere (aber nicht herangezogene) Rechtsgrundlage zur Verfügung gestanden wäre (VwGH 20.10.2011, 2009/21/0248; 19.05.2011, 2009/21/0214 u. 0224).

3.2.3.  Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen ergibt sich daher, dass die Festnahme der Beschwerdeführer erfolgte, ohne dass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG vorlagen. Damit erweist sich sowohl die Festnahme am XXXX als auch die darauf gestützte Anhaltung von XXXX , XXXX Uhr, bis XXXX , XXXX Uhr, der Beschwerdeführer als rechtswidrig.

Die Festnahme und die darauf gestützte Anhaltung (vgl. VwGH 25.10.2012, 2010/21/0047; 19.09.2012, 2012/01/0017) sind daher für rechtswidrig zu erklären, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

3.3.    Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt II. - Kostenersatz:

3.3.1.  Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG siehe VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Gemäß Abs. 7 ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten.

3.3.2.  Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl gegen die Festnahme als auch gegen die daran anschließende Anhaltung Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführer haben als (vollständig) obsiegende Parteien Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Das Bundesamt hat keinen Kostenersatz beantragt.

3.4.    Entfall einer mündlichen Verhandlung:

3.4.1.  Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

3.4.2.  Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.5.    Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige - in der Begründung zitierte - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Abschiebung Anhaltung aufschiebende Wirkung Befehls- und Zwangsgewalt Festnahme Kostenersatz Maßnahmenbeschwerde Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W115.2235090.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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