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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. November 1996, Zl. SD 776/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. November 1996 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation (ihren eigenen Angaben zufolge: einer kroatischen Staatsangehörigen), gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Die Beschwerdeführerin, die am 7. April 1992 nach Österreich eingereist sei, habe am 14. März 1993 einen österreichischen Staatsbürger geheiratet, woraufhin sie einen Befreiungsschein erhalten habe und ihr zuletzt im Mai 1994 eine bis 3. Mai 1996 gültig gewesene Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 25. März 1995 sei die Ehe gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden, wobei sich aus dem Urteil ergebe, daß die Eheschließung zu dem Zweck erfolgt wäre, der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu verschaffen, in Österreich eine Arbeits- oder Aufenthaltsbewilligung zu erlangen. Eine derartige Ehe stelle einen Rechtsmißbrauch dar, der die öffentliche Ordnung gefährde und seinem Gehalt nach dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzuhalten sei. Das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin rechtfertige auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme; diese werde noch dadurch verstärkt, daß die Beschwerdeführerin vom Bezirksgericht Floridsdorf wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 1 Z. 4 Waffengesetz rechtskräftig verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführerin lägen darüber hinaus zahlreiche Verwaltungsübertretungen zur Last, derentwegen sie auch rechtskräftig bestraft worden sei, darunter wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes (Straferkenntnis vom 11. März 1993) und dreimal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkerberechtigung (jeweils im Jahr 1995). Damit sie der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt.
Im Hinblick darauf, daß sich die Beschwerdeführerin seit 1992 im Bundesgebiet aufhalte und am 26. Februar 1996 neuerlich einen österreichischen Staatsbürger geheiratet habe, sei ein mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin anzunehmen (§ 19 FrG). Dessen ungeachtet sei diese Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dringend geboten und daher nach § 19 FrG zulässig. Das bisherige Verhalten der Beschwerdeführerin in Österreich habe gezeigt, daß sie nicht in der Lage sei, sich rechtskonform zu verhalten. Sie sei nicht nur eine Scheinehe eingegangen, sondern habe sich auch über Bestimmungen des Fremdengesetzes und des Kraftfahrgesetzes hinweggesetzt, sodaß eine positive Zukunftsprognose nicht möglich sei. Angesichts dieser Sachlage seien die öffentlichen Interessen an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes weitaus höher zu veranschlagen als die damit verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres nunmehrigen Ehegatten, den sie während des bereits laufenden Aufenthaltsverbotsverfahrens geheiratet habe. Da somit die Voraussetzungen der §§ 19 und 20 FrG nicht vorlägen, sei das Aufenthaltsverbot zu erlassen gewesen.
2. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 25. Februar 1997, B 107/97).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht und deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. In der Beschwerde bleiben die von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bestrafungen der Beschwerdeführerin wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne erforderliche österreichische Lenkerberechtigung (§ 64 Abs. 1 iVm Abs. 5 KFG) und wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes (§ 82 Abs. 1 Z. 4 FrG) unbestritten. Da es sich bei dem erstgenannten Gesetzesverstoß - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung - nicht um "geringfügige Verletzungen des Kraftfahrgesetzes", sondern um einen der gröbsten Verstöße gegen das Kraftfahrgesetz, somit um eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG handelt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 18. Jänner 1996, Zl. 94/18/1117, mwN), ist der in dieser Gesetzesstelle umschriebene Tatbestand jedenfalls verwirklicht. Dies auch dann, wenn man der Beschwerdeführerin aufgrund des Vorhandenseins einer ausländischen Lenkerberechtigung hinsichtlich der ersten Übertretung Fahrlässigkeit zugute halten wollte, kann doch angesichts dieser ersten Bestrafung in bezug auf die zweite und dritte gleichartige Übertretung nur vorsätzliche Tatbegehung angenommen werden.
1.2. Da im Hinblick auf das Vorliegen von zumindest zwei rechtskräftigen Bestrafungen wegen schwerwiegender Übertretungen und einer rechtskräftigen Bestrafung wegen Verstoßes gegen die einen hohen Stellenwert einnehmenden, den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften das diesen Übertretungen zugrunde liegende Fehlverhalten der Beschwerdeführerin in seiner Gesamtheit durchaus beachtliches Gewicht aufweist und als solches die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt, kann es dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde in Anbetracht der neuerlichen Eheschließung der Beschwerdeführerin am 26. Februar 1996 deren seinerzeit rechtsmißbräuchlich eingegangene und für nichtig erklärte erste Ehe noch zur Begründung der im § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme heranziehen durfte.
2. Der Gerichtshof hegt - auch unter Außerachtlassung des zuletzt genannten rechtsmißbräuchlichen Verhaltens - keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen die Beschwerdeführerin - unter Bedachtnahme auf den damit verbundenen Eingriff in deren Privat- und Familienleben - zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK angeführten Zielen dringend geboten und demnach gemäß § 19 FrG zulässig ist. Denn auf der einen Seite wiegt das durch das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin (wobei zusätzlich zu beachten ist, daß sie sich seit 3. Mai 1996 - wieder - unerlaubt im Bundesgebiet aufhält) erheblich beeinträchtigte öffentliche Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und an der Sicherheit im Straßenverkehr sehr schwer, während auf der anderen Seite die erst seit kurzem bestehende (zweite) Ehe der Beschwerdeführerin dadurch, daß sie zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als das Aufenthaltsverbotsverfahren gegen sie bereits anhängig war und sie daher rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte - Umstände, die auch ihrem Gatten bewußt sein mußten -, im Rahmen der Interessenabwägung deutlich an Gewicht verliert, und weiters zu bedenken ist, daß der erst ca. viereinhalbjährige (und teilweise unrechtmäßige) Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich keinen hohen Grad an Integration zu begründen vermochte. Daß die Beschwerdeführerin laut - mit der Beschwerde vorgelegter - ärztlicher Bestätigung vom 9. Jänner 1997 zum damaligen Zeitpunkt im vierten Monat schwanger war, konnte von der belangten Behörde, da ihr dieser Umstand bei ihrer Entscheidung nicht bekannt war, nicht zugunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigt werden und hatte auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als unzulässige Neuerung außer Betracht zu bleiben (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
3. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen haftet auch dem Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung keine Rechtswidrigkeit an. Der Gerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß die durch das eine zentrale Vorschrift des Kraftfahrgesetzes wiederholt bewußt mißachtende Verhalten der Beschwerdeführerin und ihre Verstöße gegen wesentliche fremdenrechtliche Normen herbeigeführte Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen schwerer wiegt als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die - wie unter II.2. dargetan ohnehin nicht allzu stark ausgeprägte - private und familiäre Interessenlage der Beschwerdeführerin. Von daher gesehen kann auch hier, wie in Ansehung der Zulässigkeitsprüfung nach § 19 FrG, das in der Schließung der ersten, für nichtig erklärten Ehe begründete rechtsmißbräuchliche Verhalten der Beschwerdeführerin außer Anschlag bleiben.
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180283.X00Im RIS seit
19.03.2001