Entscheidungsdatum
17.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W203 2234517-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , wohnhaft in XXXX , vertreten durch Dr. Markus KNOLL, RA in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 29/4, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Tirol vom 27.07.2020, GZ. 75.510/0002-allg/2020, nach einer am 22.10.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass die Schülerin XXXX die Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 am XXXX bestanden hat.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2019/20 die 8B-Klasse des XXXX (im Folgenden: gegenständliche Schule).
2. Sie wurde sowohl im am 20.12.2019 ausgestellten Zeugnis für das Wintersemester 2019 als auch im Zeugnis für das Sommersemester 2020 im Pflichtgegenstand Mathematik mit der Note „Genügend“ beurteilt.
3. Am 28.05.2020 trat die Beschwerdeführerin im Rahmen der Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 zur schriftlichen Klausurarbeit im Prüfungsgebiet Mathematik an. Die Arbeit wurde mit „Nicht genügend“ beurteilt.
4. Am 23.06.2020 entschied die Prüfungskommission, dass die Beschwerdeführerin die abschließende Prüfung (Reifeprüfung) nicht bestanden habe, weil sie im Prüfungsgebiet Mathematik (schriftlich) mit „Nicht genügend“ beurteilt worden sei.
Die Entscheidung wurde den Eltern der damals noch minderjährigen Beschwerdeführerin am 25.06.2020 zugestellt.
5. Am 29.06.2020 erhob die Beschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertretung Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 23.06.2020 und begründete diesen auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:
Die Beurteilung der Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand Mathematik im Zeugnis über das Wintersemester 2019 mit „Genügend“ sei unrichtig gewesen. Vielmehr wäre sie aufgrund der von ihr im Wintersemester 2019 erbrachten Leistungen mit „Befriedigend“ zu beurteilen gewesen. So sei die einzige in diesem Semester vorgesehene Schularbeit, die am 06.12.2019 geschrieben worden sei, mit „Befriedigend“ beurteilt worden. Bei der Beurteilung der Mitarbeitsleistungen seien die von der Beschwerdeführerin stets sorgfältig erledigten Hausübungen nicht berücksichtigt worden. Vom den Pflichtgegenstand Mathematik unterrichtenden Lehrer sei für den 13.12.2019 ein Termin für eine mündliche Prüfung „zwischen den Noten Befriedigend und Genügend“ festgesetzt worden, den die Beschwerdeführer aber nicht wahrgenommen habe. Dennoch sei die für diesen Termin angesetzte, aber tatsächlich nicht stattgefunden habende Prüfung vom unterrichtenden Lehrer als negativer Prüfungsantritt gewertet worden. Festzuhalten sei auch, dass – wären die von der Beschwerdeführerin bis vor der Schularbeit erbrachten Mitarbeitsleistungen derart gewesen, dass ein „Nicht genügend“ im Semesterzeugnis gedroht hätte – die erziehungsberechtigten Eltern der Beschwerdeführerin im Zuge der „Frühwarnung“ darüber in Kenntnis gesetzt werden hätten müssen. Eine solche „Frühwarnung“ sei aber zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
Insgesamt sei die Beurteilung im Wintersemester 2019 mit „Genügend“ somit unter Missachtung gleich mehrerer gesetzlicher Vorgaben zu Unrecht erfolgt. Vielmehr wäre bei korrekter Vorgehensweise der Pflichtgegenstand Mathematik im Wintersemesterzeugnis mit „Befriedigend“ zu beurteilen gewesen.
In weiterer Folge wäre bei einer Beurteilung eines Pflichtgegenstandes im Wintersemester mit „Befriedigend“ und im Sommersemester mit „Genügend“ sowie einer Beurteilung der schriftlichen Klausurarbeit der Reifeprüfung mit „Nicht genügend“ aufgrund der im Schuljahr 2019/20 geltenden, durch die COVID-19-Pandemie bedingen Sonderregelungen für die Leistungsbeurteilung die Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik mit „Genügend“ zu beurteilen und auszusprechen gewesen, dass die Beschwerdeführerin die Reifeprüfung bestanden habe.
6. Bereits am 10.06.2020 gab der unterrichtende Lehrer im Rahmen eines anderen anhängigen Verfahrens eine Stellungnahme zur Beurteilung der Beschwerdeführerin gegenüber der Bildungsdirektion für Tirol ab und führte darin zusammengefasst wie folgt aus:
Er habe im Anschluss an die Rückgabe der Schularbeit am 09.12.2019 die Schülerinnen über den aktuellen Notenstand informiert. Die Schularbeit der Beschwerdeführerin sei mit einem (schwach abgesicherten) „Befriedigend“ beurteilt worden. Unter Einbeziehung aller von der Beschwerdeführerin im Wintersemester erbrachten Leistungen und ohne erforderliche weitere Leistungsfeststellung sei eine gesicherte Semesterbeurteilung mit „Genügend“ festgelegt worden. Dies habe er der Beschwerdeführerin auch so mitgeteilt. Da diese aber auf eine bessere Note gehofft habe, habe er sie über die Möglichkeit einer „Wunschprüfung“ informiert. Es sei auch ein Termin für eine derartige Prüfung festgesetzt worden, der Vater der Beschwerdeführerin habe dem Lehrer aber mitgeteilt, dass diese auf die Prüfung verzichte.
7. Am 30.06.2020 nahm die Schulleitung der gegenständlichen Schule zu dem Widerspruch der Beschwerdeführerin vom 29.06.2020 Stellung und führte dabei aus, dass die Behauptung, dass die Beschwerdeführerin seitens der Schule gleichsam zur Ablegung einer Kompensationsprüfung gezwungen worden wäre, falsch sei.
8. Am 01.07.2020 nahm der den Pflichtgegenstand Mathematik unterrichtende Lehrer zu dem Widerspruch auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt Stellung:
Die Beschwerdeführerin habe zwar Hausübungen vorgelegt, bei der Bearbeitung von Hausübungsbeispielen oder analog formulierten Aufgabenstellungen im Unterricht aber „nur wenige selbständige Leistungen“ nachweisen können. Auf direkte Nachfrage oder Versuche, diese in die Unterrichtsarbeit einzubinden, habe die Beschwerdeführerin grundsätzlich Antworten und Beiträge verweigert. Weitere Mitarbeitsleistungen hätten aufgrund der kontinuierlichen Passivität der Beschwerdeführerin im Unterricht nicht angerechnet werden können. Noch eine Woche vor der Schularbeit im Wintersemsester seien ihr im Unterricht behandelte und vielfach geübte Inhalte „wie neu“ erschienen. Die Mitarbeit der Beschwerdeführerin im Wintersemester könne somit „nicht eindeutig positiv“ beurteilt werden.
Bei der dreistündigen Schularbeit vom 06.12.2019 habe die Beschwerdeführerin 15 Punkte erreicht, 10 davon im Bereich „Grundkompetenz“. Für eine positive Beurteilung hätten 10 Grundkompetenzpunkte, für die Note „Befriedigend“ insgesamt 15 – 20 Punkte erreicht werden müssen. Diese Schularbeit sei daher mit „Befriedigend“ zu beurteilen gewesen.
Am 09.12.2019 sei der Beschwerdeführerin für den 13.12.2019 eine freiwillige Prüfung gemäß § 5 LBVO ermöglicht worden, diese habe aber darauf verzichtet, sodass keine Beurteilung dieser Prüfung erfolgt sei.
Die Leistungen der Beschwerdeführerin hätten im Laufe des Wintersemesters nachgelassen. Die Hausübungen seien zu Beginn des Semesters noch „positiv vermerkt“ worden, später habe sich allerdings herausgestellt, dass die in den Hausübungen geübten Inhalte von der Beschwerdeführerin „kaum beherrscht“ worden wären. In der Zeit vor der Schularbeit sei ein „Abgleiten der Mitarbeit ins Negative“ festgestellt worden, am 02.12.2019 habe eine Übungsstunde für die Schularbeit gezeigt, dass die Beschwerdeführerin wesentliche Teile des Lehrstoffes nicht beherrsche. Unmittelbar vor dem Schularbeitstermin sei dem unterrichtenden Lehrer eine „Frühwarnung“ nicht zweckmäßig erschienen. Das Ergebnis der Schularbeit habe diese Vorgehensweise bestätigt, weil dadurch eine Beurteilung des Pflichtgegenstandes Mathematik mit „Genügend“ möglich gewesen wäre. Aufgrund der „gesicherten Leistungsfeststellung“ sei auch die Abhaltung einer seitens des Lehrers angesetzten Prüfung unmittelbar nach der Schularbeit nicht erforderlich gewesen. Da die von der Schülerin gewünschte Beurteilung mit „Befriedigend“ im Semesterzeugnis aber nicht gerechtfertigt gewesen wäre, habe es nur die Möglichkeit gegeben, auf Wunsch der Beschwerdeführerin eine Prüfung gemäß § 5 LBVO anzusetzen, auf welche aber letztendlich von der Beschwerdeführerin verzichtet worden wäre.
Die Beschwerdeführerin habe zwar die Hausübungen vorgelegt, gleichzeitig aber bei der Bearbeitung – Rechnen und Lösen - von Hausübungsbeispielen oder analog formulierten Aufgabenstellungen im Unterricht nur weniger selbständige Leistungen nachweisen können, als bei entsprechender eigenständiger Erledigung der Hausübungen eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Bei Versuchen, die Beschwerdeführerin in die Unterrichtsarbeit einzubinden, habe diese grundsätzlich Antworten und Beiträge verweigert. Aufgrund ihrer kontinuierlichen Passivität im Unterricht hätten auch keine weiteren relevanten Mitarbeitsleistungen der Beschwerdeführerin angerechnet werden können. Zusammenfassend seien als einziger positiver Mitarbeitsbeitrag die geschriebenen Hausübungen verblieben, weshalb der gesamte Bereich der „Mitarbeit im Unterricht“ für das Wintersemester 2019 nicht positiv und die Gesamtbeurteilung für das Wintersemester aufgrund des „schwachen Befriedigend“ bei der Schularbeit mit „Genügend“ zu beurteilen gewesen wären.
Zur Aufforderung seinerseits zur Ablegung einer Prüfung „zwischen Befriedigend und Genügend“ sei es nie gekommen, weil es einer solchen zur sicheren Beurteilung des Pflichtgegenstandes nicht bedurft habe. Vielmehr habe er lediglich die Beschwerdeführerin auf die Möglichkeit der Ablegung einer solchen Prüfung hingewiesen. Die Behauptung, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich der nicht abgehaltenen Prüfung mit „Nicht genügend“ beurteilt worden sei, entbehre jeder Grundlage.
9. Am 09.07.2020 erstattete die zuständige Schulqualitätsmanagerin ein pädagogisches Gutachten zu dem Widerspruch der Beschwerdeführerin und kam dabei – auf das Wesentliche zusammengefasst – zu folgendem Ergebnis:
Der unterrichtende Lehrer hab die Hausübungen sehr wohl im Rahmen der Mitarbeitsleistungen berücksichtigt, jedoch seien diese als einzige Mitarbeitsleistung für eine positive Beurteilung der Mitarbeit nicht ausreichend.
Durch die beiden zu Recht erfolgten Semesterbeurteilungen jeweils mit „Genügend“ und der negativen Klausur im Rahmen der Reifeprüfung, der gegenständlich das größere Gewicht zuzumessen sei, sei die Beurteilung der Reifeprüfung im Pflichtgegenstand Mathematik negativ ausgefallen. Nur im Falle einer Beurteilung mit „Befriedigend“ im Wintersemester 2019 hätte die Beschwerdeführerin die Reifeprüfung bestanden. Aufgrund der transparenten Leistungsbeschreibung durch den unterrichtenden Lehrer ergebe sich aber nachvollziehbar, dass die Beurteilung des Wintersemesters korrekt vorgenommen worden sei.
10. Am 14.07.2020 nahm die Beschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertretung zu dem pädagogischen Gutachten der Schulqualitätsmanagerin zusammengefasst wie folgt Stellung:
Die Angaben, dass die Beschwerdeführerin die in den Hausübungen geübten Rechenbeispiele „nicht rechnen und nicht lösen“ habe können einerseits und dass diese „grundsätzlich entsprechende Antworten und Beiträge verweigert“ habe anderseits stünden in einem Widerspruch. Es würden auch keine Aufzeichnungen darüber vorliegen, wann wie und auf welche Art und Weise die (Nicht-)Beherrschung des Stoffes durch die Beschwerdeführerin überprüft worden sei.
Wenn sich der unterrichtende Lehrer seinen eigenen Angaben zu Folge durch das Ergebnis der am 06.12.2019 geschriebenen Schularbeit der Beschwerdeführerin, welche mit der Note „Befriedigend“ beurteilt worden sei, darin bestätigt gefühlt habe, dass es vorab keiner „Frühwarnung““ bedurft hätte, könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese die Lerninhalte bis unmittelbar vor dem Schularbeitstermin „kaum beherrscht“ habe, sondern sei vielmehr davon auszugehen, dass diese die Inhalte auf dem Niveau „Befriedigend“ beherrscht habe.
11. Am 16.07.2020 erstattete die zuständige Schulqualitätsmanagerin ein „Ergänzendes Gutachten“ zu dem Widerspruch der Beschwerdeführerin, in dem sie ausführte, dass eine – aus welchen Gründen immer – unterlassene „Frühwarnung“ keinen Hinderungsgrund für eine negative Beurteilung darstelle, da Gegenstand und Maßstab für die Leistungsbeurteilung ausschließlich die Leistungen eines Schülers wären. Die Schularbeit sei zwar mit „Befriedigend“ beurteilt worden, jedoch genau an der Grenze zum „Genügend“ gelegen. In Kombination mit der Mitarbeitsleistung sei die Semesterbeurteilung mit „Genügend“ eindeutig erfolgt.
12. Mit Bescheid der Bildungsdirektion für Tirol (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27.07.2020, GZ.: 75.510/0002-allg/2020 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wurde der Widerspruch abgewiesen und die Beurteilung der Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik mit „Nicht genügend“ festgesetzt (Spruchpunkt 1.) und ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin die Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 an der gegenständlichen Schule nicht bestanden habe (Spruchpunkt 2.).
Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und Zitierung der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen ausgeführt, dass das von der zuständigen Schulqualitätsmanagerin erstellte Amtssachverständigengutachten „schlüssig und gut nachvollziehbar“ wäre und nach Abwägung der vorgebrachten Argumente sowie nach eingehender Prüfung der im Akt befindlichen Unterlagen zu dem Ergebnis gelange, dass die Beurteilung in der Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik zu Recht bestehe. Die Beschwerdeführerin sei zu Recht sowohl im Wintersemester 2019 als auch im Sommersemester 2020 mit „Genügend“ und in der Klausurarbeit der Reifeprüfung mit „Nicht genügend“ beurteilt worden, weswegen sich in der Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik eine Gesamtbeurteilung mit „Nicht genügend“ ergebe.
Die (unterbliebene) Frühwarnung habe ausschließlich Informationscharakter und habe nicht die Unzulässigkeit einer negativen Beurteilung im Zeugnis zur Folge. Außerdem sei die Beschwerdeführerin während des gesamten Wintersemesters 2019 zu keinem Zeitpunkt am Ende des Semesters mit „Nicht Genügend“ zu beurteilen gewesen, weswegen auch keine Notwendigkeit für eine „Frühwarnung“ bestanden habe.
Aus einer mit „Befriedigend“ beurteilten Schularbeit müsse noch keine Gesamtbeurteilung mit „Befriedigend“ resultieren, da gemäß § 3 Abs. 3 LBVO alle genannten Formen der Leistungsfeststellung nie für sich allein oder gemeinsam die alleinige Grundlage einer Semester- bzw. Jahresbeurteilung sein dürften.
Die Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik sei nach erfolgter Überprüfung durch die Schulbehörde daher nach wie vor mit „Nicht genügend“ zu beurteilen, weswegen die Beschwerdeführerin die Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 an der gegenständlichen Schule nicht bestanden habe.
Der angefochtene Bescheid wurde am 29.07.2020 zugestellt.
13. Am 25.08.2020 erhob die Beschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27.07.2020 und begründete diese zusammengefasst wie folgt:
Die Beurteilung der Mitarbeitsleistungen der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2019 mit „Nicht genügend“ könne nicht nachvollzogen werden, da einerseits keine Aufzeichnungen darüber vorlägen und andererseits die Beschwerdeführerin die Hausübungen „sorgfältig und regelmäßig“ erbracht habe. Zudem komme der am Ende des Semesters durchgeführten Schularbeit bei der Gesamtbeurteilung besondere Bedeutung zu.
Insgesamt würde die Stellungnahme des unterrichtenden Lehrers hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin erbrachten Mitarbeitsleistungen - über die auch keine Aufzeichnungen vorliegen würden - inhaltlich widersprüchlich und keinesfalls schlüssig sein.
Auch der Umstand, dass der unterrichtende Lehrer nach der Rückgabe der Schularbeit und Verkündung des Notenstandes der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer „Wunschprüfung“ angeboten habe, lasse darauf schließen, dass zum damaligen Zeitpunkt ein „gesichertes Genügend“ nicht vorgelegen wäre, weil ansonsten durch diese eine Prüfung, die im Regelfall nicht das während des gesamten Beurteilungszeitraums gewonnene Leistungsbild signifikant verändern könne, für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen gewesen wäre.
14. Einlangend am 28.08.2020 wurde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt von der belangten Behörde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
15. Am 22.10.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Beschwerdeführerin bzw. deren Rechtsvertretung und die belangte Behörde als Parteien und der den Pflichtgegenstand Mathematik im Schuljahr 2019/20 an der gegenständlichen Schule unterrichtende Lehrer als Zeuge geladen waren. Ein Vertreter der belangten Behörde erschien zu der Verhandlung nicht.
Im Rahmen der Verhandlung gab die Beschwerdeführerin an, dass generell die ganze Klasse vor dem unterrichtenden Lehrer „sehr viel Respekt“ gehabt habe. Ansonsten habe sie aber zu diesem „ein normales Verhältnis“ gehabt. In der sechsten und siebenten Klasse, in denen sie im Pflichtgegenstand Mathematik auch schon vom nunmehr unterrichtenden Lehrer unterrichtet worden sei, habe sie nur gute Noten, meistens „Zweier“ und „Dreier“ gehabt. Es habe im Schuljahr 2019/20 jeweils eine Schularbeit im Winter- und im Sommersemester gegeben, auf jene im Wintersemester habe sie ein „Befriedigend“, auf jene im Sommersemester ein „Genügend“ bekommen. Man habe während des Unterrichts auch immer die Hausübungen vorzeigen müssen, wenn man dazu aufgerufen worden sei, und habe dann dafür ein „Plus“ oder ein „Minus“ bekommen. Tests oder sonstige schriftliche Leistungsüberprüfungen habe es – abgesehen von den Schularbeiten – nicht gegeben. Im Rahmen der Überprüfung der Mitarbeit sei die Beschwerdeführerin so wie die anderen Schüler auch an die Tafel gerufen worden, wo zum Teil die Beispiele aus den Hausübungen und zum Teil andere Beispiele gelöst werden hätten müssen. Sich freiwillig zu Wort zu melden sei nicht oder nur schwer möglich gewesen, weil der unterrichtende Lehrer selten Fragen gestellt habe. Nachgefragt gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ca. ein- bis zweimal pro Woche vom unterrichtenden Lehrer aufgerufen worden sei. Wenn sie an der Tafel geprüft worden sei, habe sie immer „etwas hingeschrieben“ und versucht, die Aufgabe zu lösen, teilweise habe sie die Lösungen geschafft, teilweise nicht. Sie könne nicht sicher sagen, ob der Lehrer Aufzeichnungen über die Mitarbeitsleistungen gemacht habe, sie gehe aber schon davon aus. Hausübungen seien immer aufgegeben worden, man habe dafür jeweils zwei Tage Zeit gehabt. Die aufgetragenen Hausübungen habe sie selbständig erledigt. Darauf angesprochen, wie sie sich erklären könne, dass sie laut Angaben des unterrichtenden Lehrers die im Rahmen der Hausübungen auszuarbeitenden Aufgaben im unmittelbar anschließenden Unterricht nicht habe lösen können, erklärte die Beschwerdeführerin, dass die an der Tafel zu lösenden Aufgaben meistens neuen Stoff betroffen hätten, den sie „ab und zu nicht verstanden“ habe. Die Aufgaben, die sie zu Hause gemacht habe, habe sie auch lösen können. Sie sei vom unterrichtenden Lehrer aufgefordert worden, eine „Entscheidungsprüfung“ zwischen „Befriedigend“ und „Genügend“ abzulegen, da die von ihr bisher gezeigten Leistungen für ein „Befriedigend“ nicht ausreichten, weil sie bei der Schularbeit bei den Grundkompetenzen viel zu wenig Punkte erreicht habe. Die Beschwerdeführerin sei der Ansicht gewesen, dass ihr aufgrund der mit „Befriedigend“ beurteilten Schularbeit diese Note auch im Semesterzeugnis zustehe und habe deswegen keine derartige „Entscheidungsprüfung“ abgelegt. An dem Tag, an dem sie nicht zu dieser Prüfung angetreten sei, habe sie gesehen, dass der unterrichtende Lehrer etwas in seine Mappe – vermutlich „Nicht genügend“ - hineingeschrieben habe, genau wisse sie aber nicht, was er tatsächlich geschrieben habe. Wegen des „laufenden Verfahrens“ sei sie nicht zur Kompensations- und zur Wiederholungsprüfung angetreten. Ausdrücklich danach gefragt gab die Beschwerdeführerin an, dass sie die Hausübungen immer selber gemacht und nie „abgeschrieben“ habe. Die Aufgaben, die sie nicht verstanden habe, habe sie zusammen mit dem Nachhilfelehrer gemacht. Dieser sei aber nicht immer bei den Hausübungen anwesend gewesen. Nachgefragt, warum sie die in den Hausübungen gezeigten Leistungen während des Unterrichts nicht erbringen habe können, gab die Beschwerdeführerin an, dass es sie sehr nervös gemacht habe, wenn der Lehrer hinter ihr gestanden und die ganze Klasse „dabei gewesen“ sei.
Der als Zeuge geladene unterrichtende Lehrer gab an, dass er die Beschwerdeführerin ganz allgemein als „sehr passiv“ beschreiben würde. Diese Passivität sei auch ein Problem bei der Mitarbeit gewesen. Sie habe auch „die Tendenz gezeigt, speziell für Schularbeiten zu lernen“. Die Beschwerdeführerin sei aber weder in der siebenten noch in der achten Klasse jemals in einer Situation gewesen, dass ihr ein „Nicht genügend“ im Zeugnis gedroht habe. Generell seien die mündlichen Leistungen der Beschwerdeführerin immer schlechter gewesen als deren schriftliche Leistungen. Die Leistungsbeurteilung setze sich aus zwei gleichwertigen Bereichen, nämlich den Mitarbeitsleistungen und den schriftlichen Leistungen, zusammen. An schriftlichen Leistungsfeststellungen habe es im Wintersemester 2019 eine dreistündige Schularbeit gegeben und zusätzlich seien als weitere Formen der Leistungsfeststellung „Mitarbeit, Hausübungen und Mitarbeit bei der Erarbeitung neuer Themengebiete“ eingesetzt worden. Nachgefragt, wie er die Mitarbeitsleistungen der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2019 insgesamt einschätzen würde, gab der Zeuge an, dass es „in Richtung Nicht genügend“ gegangen wäre. Die Hausübungen seien „ganz ordentlich“ gewesen, man habe aber in der Folge gesehen, dass die in den Hausübungen behandelten Inhalte von der Beschwerdeführerin nicht wirklich beherrscht worden wären. Sowohl „in der Bank“ als auch „an der Tafel“ gestellte Fragen hätten gezeigt, dass die Beschwerdeführerin die Aufgaben „mangelhaft oder gar nicht“ beherrschen würde. Es habe da eine große Diskrepanz zu den Hausübungsleistungen gegeben. Die Hausübungen habe die Beschwerdeführerin „fast immer und vollständig“ gemacht, er habe aber nicht feststellen können, wer diese tatsächlich gemacht habe. Er wolle „niemandem etwas unterstellen“, es wäre aber zumindest denkbar, dass die Hausübungen über soziale Netzwerke verbreitet oder von einem Nachhilfelehrer erledigt worden seien. Generell habe es in der Klasse mehrere Schüler gegeben, die zwar gute Hausübungsleistungen gezeigt hätten, diese aber im Unterricht nicht bestätigen hätten können. Er habe die Klasse auch auf dieses Problem angesprochen. Die Beschwerdeführerin habe sich nur nach Aufforderung, aber nie von selbst in die Unterrichtsarbeit eingebracht. Nachgefragt, wie er Aufzeichnungen über die Mitarbeit der einzelnen Schüler führe, gab der Zeuge an, dass er diesbezüglich Listen führe, in welchen die Hausübungskontrollen und in gewissen Abständen Bemerkungen zu einzelnen Schülern eingetragen würden. Nachdem er gemerkt habe, dass die schriftlichen Hausübungsleistungen nicht mit den tatsächlich im Unterricht erbachten Leistungen übereingestimmt hätten, habe er keine weiteren Aufzeichnungen über die Hausübungen mehr gemacht, weil es „keinen Sinn mehr gemacht“ hätte. Nachgefragt, ob er auf Wunsch die Aufzeichnungen über die Mitarbeitsleistungen der Beschwerdeführerin vorlegen könne, gab der Zeuge an, dass er diesbezüglich nachschauen müsse. Es gebe aber generell den Auftrag an die Lehrer, die Listen – sobald sie „nicht mehr gebraucht“ würden – aus Datenschutzgründen zu vernichten. Dieser Zeitpunkt sei aus seiner Sicht im Februar 2020 erreicht gewesen, weil es in der ganzen Klasse keine negativen Noten und auch keine Beeinspruchungen gegeben habe und weil zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht bekannt gewesen sei, dass das Wintersemester 2019 für die Reifeprüfung im Haupttermin 2020 von Relevanz sein könnte. Es sei daher möglich, dass er die Listen „entsorgt“ habe. Nach der Rückgabe der Schularbeit habe er gegenüber der Klasse den aktuellen Notenstand verkündet – die Beschwerdeführerin sei darüber nicht erfreut gewesen, weil sie sich ein „Befriedigend“ erhofft habe. Daraufhin habe er gegenüber dieser die Möglichkeit aufgezeigt, gegen Ablegung einer weiteren Prüfung die angestrebte Note zu bekommen. Er sei sich zum damaligen Zeitpunkt zwar im Klaren darüber gewesen, dass die Beschwerdeführerin auf einem gesicherten „Genügend“ gestanden sei, dass sich diese aber mit einer „stabilen Leistung“ bei der „Wunschprüfung“ noch ein „Befriedigend“ erarbeiten hätte können. Die Beschwerdeführerin sei aber nicht zu einer „Wunschprüfung“ angetreten, selbstverständlich sei daher auch keine Note dafür vergeben worden. Auf Nachfrage durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin gab der Zeuge an, dass deren Hausübungen „in Ordnung“ gewesen wären, er aber Zweifel hege, ob die Hausübungen selbständig gemacht worden seien. Bei der Schularbeit sei „der Lehrstoff“ abgefragt worden. Am Tag vor der Schularbeit habe die Beschwerdeführerin den „mündlichen Teil“ nicht ausreichend beherrscht, sodass er überlegt habe, eine „Frühwarnung“ auszusprechen. Weil aber der Schularbeitstermin schon unmittelbar bevorgestanden sei, habe er davon abgesehen und „die Schularbeit abwarten“ wollen.
16. Im Rahmen einer vom erkennenden Richter per E-Mail durchgeführten „zusätzlichen Zeugenbefragung“ gab der Zeuge am 02.11.2020 an, dass er die Mitarbeitslisten für das Wintersemester 2019 – einer an die Lehrer aus Datenschutzgründen gerichteten Empfehlung folgend – vermutlich im Jänner 2020 vernichtet habe. Damals sei die Einrechnung des Wintersemesters in die „Maturanote“ noch kein Thema gewesen. Am 09.12.2019 – an dem Tag, an dem er die E-Mail des Vaters der Beschwerdeführerin erhalten habe – habe er sich die Leistungen der Beschwerdeführerin nochmals sehr genau angesehen, um sich auf die bevorstehende Sprechstunde vorzubereiten. Daher habe er sich bei seiner Stellungnahme zum Widerspruch noch gut an die Beurteilung erinnern können, auch an eine „Sondernotiz“ vom 02.12.2019, mit der er die fehlenden Kenntnisse der Beschwerdeführerin festgehalten habe. Üblicherweise erfolgten die Aufzeichnungen betreffend die Mitarbeit mit „Plus“, „Minus“, „Plusminus“ oder „fehlt“. Hausübungen würden in roter Farbe, Mitarbeitsleistungen während des Unterrichts mit blauer oder schwarzer Farbe eingetragen. Ein Zeichen stehe jeweils nicht für eine Einzelleistung, sondern es würden etwa fünf bis sechs Hausübungen bzw. Mitarbeitsleistungen während des Unterrichts zu einer Notiz zusammengefasst. Die Mitarbeitsleistung sei aber kein reiner „Mittelwert“, es würden dabei auch Leistungssteigerungen und Leistungsabfälle berücksichtigt.
17. Am 05.11.2020 wurde der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit eingeräumt, bis längstens 12.11.2020 eine Stellungnahme zu der „Ergänzenden Zeugenbefragung“ abzugeben.
18. Am 11.11.2020 nahm die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin zu der „Ergänzenden Zeugenbefragung“ Stellung und führte dabei im Wesentlichen aus, dass aus einem behördeninternen Schreiben vom 07.07.2020 hervorgehe, dass die vorliegenden Unterlagen nicht ausreichten, um die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der gegenständlichen Beurteilung festzustellen. Laut Auskunft durch die belangte Behörde seien Aufzeichnungen mindestens ein Jahr lang aufzubewahren, dennoch seien gemäß den Angaben des Zeugen die Aufzeichnungen betreffend die Mitarbeit der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2019 bereits unmittelbar nach Semesterende entsorgt worden.
19. Am 12.11.2020 gab die belangte Behörde eine Stellungnahme zu der „Ergänzenden Zeugenbefragung“ ab und führte darin aus, dass grundsätzlich keine gesetzliche Aufbewahrungsfrist für die Aufzeichnungen von Mitarbeitsleistungen bestehe, sich aus der Zusammenschau aller schulrechtlichen Bestimmungen aber ergebe, dass diese solange aufzubewahren seien, solange ein Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz eingebracht werden könne. Es habe daher nach dem Ende des Wintersemesters 2019 keine Verpflichtung für den Zeugen mehr gegeben, derartige Aufzeichnungen aufzubewahren. Dass die Semesternote in die Beurteilung der Reifeprüfung einfließen würde, war zum damaligen Zeitpunkt noch niemandem bekannt gewesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Die Beschwerdeführerin erbrachte im Wintersemester 2019 im Pflichtgegenstand Mathematik als Form der besonderen schriftlichen Leistungsfeststellung im Rahmen einer Schularbeit eine Leistung, die mit der Note „Befriedigend“ zu beurteilen war.
Die Beschwerdeführerin erbrachte im Wintersemester 2019 im Pflichtgegenstand Mathematik Mitarbeitsleistungen, die nicht mit „Nicht genügend“ zu beurteilen waren.
Die Beschwerdeführerin erbrachte im Sommersemester 2020 im Pflichtgegenstand Mathematik Leistungen, die mit „Genügend“ zu beurteilen waren.
Die Beschwerdeführerin erbrachte im Rahmen der Reifeprüfung im Haupttermin 2020 in der Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik eine Leistung, die mit „Nicht genügend“ zu beurteilen war.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde und den Ergebnissen der am 22.10.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im Wintersemester 2019 im Pflichtgegenstand Mathematik Mitarbeitsleistungen erbracht hat, die nicht mit „Nicht genügend“ zu beurteilen waren, beruhen auf folgenden Erwägungen:
In die Beurteilung der Mitarbeitsleistungen sind nach den glaubhaften Angaben des unterrichtenden Lehrers während der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die „Hausübungen“, die „Mitarbeit während des Unterrichts“ und die „Mitarbeit bei der Erarbeitung neuer Themengebiete“ eingeflossen.
Im erstgenannten Beurteilungsteilkriterium hat die Beschwerdeführerin praktisch sämtliche Hausübungen – zumindest dem äußeren Anschein nach - rechtzeitig, vollständig und inhaltlich korrekt erledigt und abgeliefert. Dies wurde sowohl von der Beschwerdeführerin glaubhaft vorgebracht als auch vom Zeugen nicht bestritten. Außerdem konnte sich der erkennende Richter durch Einsichtnahme in das Hausübungsheft im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst davon überzeugen. Sofern der unterrichtende Lehrer vorbringt, dass er Zweifel daran hege, dass es sich bei den Hausübungsleistungen um von der Beschwerdeführerin eigenständig erarbeitete Leistungen handle, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich dabei lediglich um nicht belegbare Vermutungen des Lehrers handelt. Es ist zwar – den Ausführungen des Lehrers folgend – nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin bei der Erledigung der Hausübungen Unterstützung erhielt oder dass die Hausübungsaufgaben und deren Lösungen über soziale Netzwerke verteilt worden sind, konkrete Nachweise, dass dies verfahrensgegenständlich der Fall gewesen wäre, konnten aber nicht erbracht werden. Wären die Hausübungsbeispiele tatsächlich regelmäßig über soziale Netzwerke verbreitet worden, wäre davon auszugehen, dass regelmäßig die ganze Klasse die Hausübungen vollständig und korrekt erledigt hätte und wäre dies im Rahmen der regelmäßig stattgefunden habenden Überprüfungen der Hausübungshefte aufgefallen. Derartiges ist im Verfahren aber nicht hervorgekommen, auch wenn der unterrichtende Lehrer angab, dass tendenziell die von den Schülern der 8B-Klasse erbrachten Hausübungsleistungen die im Rahmen der sonstigen Mitarbeit gezeigten Leistungen übertroffen haben. Wenn die Beschwerdeführerin angegeben hat, dass ihr bei manchen Hausübungsbeispielen, die sie „nicht verstanden“ habe, der Nachhilfelehrer geholfen habe, so führt dies zum einen noch nicht dazu, dass die mit Unterstützung erbrachten Leistungen gänzlich als „nicht eigenständig erbrachte Leistungen“ zu bewerten wären, und ist zum anderen aufgrund der Häufigkeit der aufgetragenen Hausübungen auch nicht davon auszugehen, dass der Nachhilfelehrer bei jeder einzelnen Hausübung anwesend war und gleichsam die Hausaufgaben für die Beschwerdeführerin erledigt hat. Unter Berücksichtigung der Schulstufe, auf der sich die Beschwerdeführerin im Schuljahr 2019/20 befand – nämlich die 8. Klasse einer Allgemeinbildenden höheren Schule – kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei jeder einzelnen Hausübung immer jemand dafür Geeigneter – z.B. Eltern oder Geschwister – vor Ort gewesen wäre, um anstelle der Beschwerdeführerin die Hausübungsbeispiele zu lösen. Auch das Vorbringen des unterrichtenden Lehrers, dass die Vermutung, dass die Beschwerdeführerin die Hausübungen nicht eigenständig erledigt habe, schon deswegen naheliegend wäre, weil diese die Hausübungsbeispiele oder diesen ähnliche Aufgaben im unmittelbar anschließenden Unterricht nicht lösen habe können, geht schon insofern ins Leere, weil dafür auch andere Faktoren – z.B. Zeitdruck, Nervosität, Druck durch den anwesenden Lehrer und die anwesenden Mitschüler – ursächlich gewesen sein könnten. Der zwingende Schluss, dass ein Schüler die Hausübungsleistungen keinesfalls alleine und eigenständig erbracht haben könne, wenn dieser nicht in der Lage ist, die Hausübungsleistungen auch auf gleichem Niveau im Rahmen des Unterrichts zu erbringen, ist demnach nicht zulässig. Die Zulässigkeit eines derartigen Rückschlusses würde auch dem der Leistungsbeurteilungsverordnung zugrundeliegenden Konzept, dass die „Bearbeitung von Hausübungen“ einen eigenen, von den sonstigen Beurteilungskomponenten abzugrenzenden Teilbereich der Mitarbeitsbeurteilung darstellt, widersprechen.
Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass die Mitarbeit der Beschwerdeführerin, wenn sich diese ausschließlich aus der Bearbeitung der Hausübungen ergeben würde, mit „Sehr gut“ zu beurteilen wäre.
Wenn nun die beiden sonstigen vom unterrichtenden Lehrer zur Anwendung gebrachten Formen der Mitarbeitsfeststellung – nämlich die „Mitarbeit im Unterricht“ und die „Mitarbeit bei der Erarbeitung neuer Themengebiete“ – den glaubhaften Angaben des unterrichtenden Lehrers zufolge korrekterweise negativ zu beurteilen waren, so kann nach Ansicht des erkennenden Gerichts bei einem vorliegenden Notenbild von einmal „Sehr gut“ und zweimal „Nicht genügend“ die insgesamt zu vergebende Mitarbeitsnote nicht negativ ausfallen, sondern sind die von der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2019 gezeigten Mitarbeitsleistungen insgesamt zumindest mit „Genügend“ zu beurteilen.
Auch der Umstand, dass der unterrichtende Lehrer in seiner Stellungnahme vom 01.07.2020 ausführte, dass ihn das Ergebnis der Schularbeit darin bestätigt habe, keine „Frühwarnung“ auszugeben, indiziert, dass der Notenstand der Beschwerdeführerin unmittelbar vor der Schularbeit – also nur zwei Wochen vor dem Semesterende und zu einem Zeitpunkt, zu dem noch keine schriftlichen Leistungsfeststellungen durchgeführt worden waren und dem Lehrer ausschließlich im Rahmen der Mitarbeit erbrachte Leistungen als Basis für die Leistungsbeurteilung zur Verfügung standen – eindeutig als nicht negativ zu bewerten waren, da ansonsten die Verpflichtung zu einer „Frühwarnung“ bestanden hätte. Ebenso können die von der pädagogischen Gutachterin getätigten und von der belangten Behörde im Begründungsteil des angefochtenen Bescheides übernommenen Ausführungen, wonach die Beschwerdeführerin „zu keinem Zeitpunkt am Ende des Wintersemesters 2019 mit Nichtgenügend zu beurteilen gewesen“ wäre, nur dahingehend gedeutet werden, dass auch die Mitarbeitsleistungen der Beschwerdeführerin isoliert betrachtet nicht eindeutig mit „Nicht genügend“ zu beurteilen gewesen sind. „Zu keinem Zeitpunkt“ kann sich in diesem Zusammenhang nur auf das gesamte Wintersemester 2019 beziehen – diesbezüglich lagen aber wie bereits gezeigt bis etwa zwei Wochen vor Semesterende ausschließlich Mitarbeitsleistungen vor und wurden hinsichtlich der Beschwerdeführerin offenbar auch nach der Schularbeit, zum Teil krankheitsbedingt, keine weiteren Überprüfungen der Mitarbeitsleistung mehr durchgeführt.
Das erkennende Gericht schließt sich daher im Ergebnis dem Beschwerdevorbringen, die unterlassene Frühwarnung sei ein Indiz dafür, dass die Mitarbeitsleistungen der Beschwerdeführerin im Wintersemester nicht negativ zu beurteilen waren, an. Die belangte Behörde ist diesem Vorbringen auch nicht im Rahmen einer etwaigen Beschwerdevorentscheidung oder im Zuge der mündlichen Verhandlung – zu der ein Vertreter der Behörde nicht erschienen ist – entgegengetreten.
Die weiteren Feststellungen betreffend die Richtigkeit der Beurteilung der Schularbeit des Wintersemesters mit „Befriedigend“, des Sommersemesters mit „Genügend“ und der im Rahmen der Reifprüfung abgelegten Klausurprüfung Mathematik mit „Nicht genügend“ beruhen auf den diesbezüglich während des gesamten Verfahrens gleichlautenden, nachvollziehbaren, schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des unterrichtenden Lehrers, denen auch weder in der Beschwerde noch im Zuge der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegengetreten wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Landesschulrates (Stadtschulrates für Wien) wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122 (im Folgenden: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchpunkt A):
3.2.1. Gemäß § 38 Abs. 6 letzter Satz Z 4 des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 , i.d.g.F., ist die abschließende Prüfung „nicht bestanden“, wenn die Leistungen in einem oder mehreren Prüfungsgebieten nicht oder mit „Nicht genügend“ beurteilt werden.
Gemäß § 18 Abs. 1 SchUG hat die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen ab der 4. Schulstufe der Lehrer durch Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche, schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.
Gemäß § 20 Abs. 1 SchUG hat der Beurteilung der Leistungen eines Schülers in einem Unterrichtsgegenstand auf einer ganzen Schulstufe der Lehrer alle in dem betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen (§ 18) zugrunde zu legen, wobei dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist. […] Dabei sind die fachliche Eigenart des Unterrichtsgegenstandes und der Aufbau des Lehrstoffes zu berücksichtigen.
Gemäß § 3 Abs. 1 Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO), BGBl. Nr. 371/1974 i.d.g.F., dienen der Leistungsfeststellung zum Zweck der Leistungsbeurteilung:
a) die Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht,
b) besondere mündliche Leistungsfeststellungen
aa) mündliche Prüfungen,
bb) mündliche Übungen,
c) besondere schriftliche Leistungsfeststellungen
aa) Schularbeiten,
bb) schriftliche Überprüfungen (Tests, Diktate),
d) besondere praktische Leistungsfeststellungen,
e) besondere graphische Leistungsfeststellungen.
Gemäß § 4 Abs. 1 LBVO umfaßt die Feststellung der Mitarbeit des Schülers im Unterricht den Gesamtbereich der Unterrichtsarbeit in den einzelnen Unterrichtsgegenständen und erfaßt:
a) in die Unterrichtsarbeit eingebundene mündliche, schriftliche, praktische und graphische Leistungen,
b) Leistungen im Zusammenhang mit der Sicherung des Unterrichtsertrages einschließlich der Bearbeitung von Hausübungen,
c) Leistungen bei der Erarbeitung neuer Lehrstoffe,
d) Leistungen im Zusammenhang mit dem Erfassen und Verstehen von unterrichtlichen Sachverhalten,
e) Leistungen im Zusammenhang mit der Fähigkeit, Erarbeitetes richtig einzuordnen und anzuwenden.
Gemäß § 5 Abs. 2 LBVO ist auf Wunsch des Schülers in jedem Pflichtgegenstand (ausgenommen in den im Abs. 11 genannten Pflichtgegenständen) einmal im Semester […] eine mündliche Prüfung durchzuführen. Die Anmeldung zur Prüfung hat so zeitgerecht zu erfolgen, daß die Durchführung der Prüfung möglich ist.
Gemäß § 11 Abs. 1 LBVO hat die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen der Lehrer durch die im § 3 Abs. 1 angeführten Formen der Leistungsfeststellung zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.
Gemäß § 14 Abs. 4 LBVO sind mit „Befriedigend“ Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen zur Gänze erfüllt; dabei werden Mängel in der Durchführung durch merkliche Ansätze zur Eigenständigkeit ausgeglichen.
Gemäß Abs. 5 leg. cit. sind mit „Genügend“ Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt.
Gemäß Abs. 6 leg. cit. sind mit „Nicht genügend“ Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit „Genügend“ (Abs. 5) erfüllt.
Gemäß § 71 Abs. 2 lit. e) SchUG ist gegen die Entscheidung, dass eine Reifeprüfung […] nicht bestanden worden ist (§§ 38, 41, 42) ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule […] einzubringen.
Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz der Verordnung zur Bewältigung der COVID-19-Folgen im Schulwesen für die Schuljahre 2019/20 und 2020/21 (C-SchVO), BGBl. II Nr. 208/2020, sind die Bestimmungen des § 2 Abs. 8, § 3 Abs. 1 lit. c sublit. aa, § 7 sowie aus § 20 Abs. 1 der letzte Nebensatz des ersten Satzes der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) auf die Leistungsbeurteilung des Schuljahres 2019/20 nicht anzuwenden.
Gemäß § 10 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung über Vorbereitung und Durchführung abschließender Prüfungen für das Schuljahr 2019/20, BGBl. II Nr. 167/2020 (im Folgenden: VO über abschließende Prüfungen 2019/20), sind bei der Beurteilung eines Prüfungsgebietes die Leistungen der letzten Schulstufe, in der es unterrichtet wurde, zu berücksichtigen. Die Leistungen im Rahmen der abschließenden Prüfungen und die Leistungen der letzten Schulstufe sind gleichwertig. Ergibt sich dabei keine eindeutige Beurteilungsstufe, so ist den Leistungen im Rahmen der abschließenden Prüfungen das größere Gewicht zuzumessen.
3.2.2. Mit ihrem Beschwerdevorbringen ist es der Beschwerdeführerin gelungen, Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
3.2.2.1. Verfahrensgegenstand ist ausschließlich die Frage, ob die Prüfungskommission zu Recht entschieden hat, dass die Beschwerdeführerin die abschließende Prüfung (Reifeprüfung) nicht bestanden hat (vgl. § 71 Abs. 2 lit. e SchUG).
3.2.2.2. Voraussetzung für das Bestehen der Reifeprüfung ist gemäß § 38 Abs. 6 Z 3 SchUG, dass kein Prüfungsgebiet mit „Nicht genügend“ beurteilt wird.
Unstrittig und daher in weiterer Folge nicht zu überprüfen ist, dass die Beschwerdeführerin in allen Prüfungsgebieten außer im Prüfungsgebiet Mathematik nicht mit „Nicht genügend“ beurteilt wurde.
Verfahrensgegenständlich bleibt somit alleine zu prüfen, ob die Beurteilung im Prüfungsgebiet Mathematik mit „Nicht genügend“ korrekt erfolgte.
Dabei ist zunächst als Besonderheit im Schuljahr 2019/20 zu beachten, dass bei der Beurteilung eines Prüfungsgebietes die Leistungen der letzten Schulstufe, in der es unterrichtet wurde, zu berücksichtigen sind, wobei die Leistungen im Rahmen der abschließenden Prüfungen und die auf der letzten Schulstufe erbrachten Leistungen als gleichwertig anzusehen sind und nur dann, wenn sich dabei keine eindeutige Beurteilungsstufe ergibt, den Leistungen im Rahmen der abschließenden Prüfungen das größere Gewicht zuzumessen ist (vgl. § 10 Abs. 4 der oben zitierten VO über abschließende Prüfungen 2019/20). Verfahrensgegenständlich auch zu beachten ist, dass die Beschwerdeführerin im Schuljahr 2019/20 eine NOST-Schule besuchte, sodass dieser kein Jahreszeugnis für das gesamte Schuljahr, sondern jeweils ein Semesterzeugnis für das Wintersemester 2019 und ein Semesterzeugnis für das Sommersemester 2020 auszustellen war.
Während des gesamten Verfahrens im Wesentlichen unstrittig geblieben sind sowohl die Beurteilung der Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand Mathematik im Sommersemester 2020 mit „Genügend“ und die Beurteilung der schriftlichen Klausurprüfung der Beschwerdeführerin im Prüfungsgebiet Mathematik im Rahmen der Reifeprüfung im Haupttermin 2020 mit „Nicht genügend“.
Zu prüfen bleibt somit, ob die Beurteilung der Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand Mathematik im Wintersemester 2019 mit „Genügend“ richtig war oder ob deren im Wintersemester 2019 erbrachten Leistungen korrekter Weise mit „Befriedigend“ zu beurteilen gewesen wären. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass gegen die Beurteilung eines Pflichtgegenstandes kein Widerspruch zulässig ist (vgl. dazu die abschließende Aufzählung des § 71 Abs. 2 SchUG). Da aber aufgrund der Sonderbestimmung des § 10 Abs. 4 der VO über abschließende Prüfungen 2019/20 im Schuljahr 2019/20 die Beurteilung im Wintersemester 2019 unmittelbare Auswirkungen auf die Beurteilung eines Prüfungsgebietes im Rahmen der Reifeprüfung und damit auch auf die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens derselben haben kann, ist die (nachträgliche) Überprüfung der Richtigkeit dieser Beurteilung für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens von maßgeblicher Bedeutung und somit auch zulässig. So hat auch die zuständige Schulqualitätsmanagerin in ihrem pädagogischen Gutachten vom 09.07.2020 zutreffend ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin – wäre sie im Semesterzeugnis über das Wintersemester mit „Befriedigend“ beurteilt worden – auch im Prüfungsgebiet Mathematik insgesamt positiv zu beurteilen gewesen wäre und die Reifeprüfung bestanden hätte.
Wie sich aus dem Akteninhalt und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung ergibt, resultierte die Leistungsbeurteilung im Wintersemester 2019 auf den festgestellten Mitarbeitsleistungen und den festgestellten schriftlichen Leistungen, wobei – was entsprechend der LBVO nicht zu beanstanden ist - beiden Bereichen gleiches Gewicht zugemessen wurde.
Während des Verfahrens unstrittig geblieben ist, dass der Teilbereich „schriftliche Leistungen“ – basierend auf der einzigen diesbezüglichen Leistungsfeststellung in Form einer am 06.12.2019 geschriebenen dreistündigen Schularbeit – mit „Befriedigend“ beurteilt wurde.
Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung aufgezeigt waren die Mitarbeitsleistungen der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2019 im Pflichtgegenstand Mathematik mindestens mit „Genügend“ zu beurteilen. Somit lag am Ende des Wintersemesters 2019 betreffend die Beschwerdeführerin folgendes Notenbild vor: Mitarbeitsleistungen „Genügend“, besondere schriftliche Leistungsfeststellungen (Schularbeit) „Befriedigend“. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass im Zuge der Leistungsbeurteilung dem „zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen“ ist (vgl. § 20 Abs. 1 SchUG und § 20 Abs. 1 LBVO) und sich die Mitarbeitsleistungen gleichmäßig über das gesamte Semester verteilten, während die Schularbeit knapp vor Semesterende geschrieben wurde, ergibt sich somit bei der Gesamtbeurteilung eine Tendenz zum „Befriedigend“. Wenn in diesem Zusammenhang § 9 Abs. 1 der C-SchVO die Anwendung des letzten Nebensatzes des ersten Satzes der Bestimmung des § 20 Abs. 1 LBVO bei der Leistungsbeurteilung des Schuljahres 2019/20 ausschließt, so ergibt sich aus systematischen und teleologischen Erwägungen, dass der Gesetzgeber damit offensichtlich für den Regelfall – also für Schulformen, bei denen ein Jahreszeugnis auszustellen ist – nicht wie üblich den im Sommersemester erzielten Leistungen ein größeres Gewicht zukommen lassen wollte, weil das Sommersemester 2020 pandemiebedingt großteils in Form des „Distance-Learnings“ und „Homeschoolings“ durchgeführt werden musste und bei dieser Form der Beschulung die Leistungsfeststellung und die Leistungsbeurteilung ungleich schwieriger durchzuführen sind als im Falle eines regulären Präsenzunterrichts. Einer Anwendung des in § 20 Abs. 1 SchUG und § 20 Abs. 1 LBVO geregelten Grundsatzes der größeren Gewichtung des zuletzt erbrachten Leistungsstandes ausschließlich auf die im noch nicht von der COVID-19-Pandemie beeinträchtigten Wintersemester 2019 erbrachten Leistungen steht somit nach Ansicht des erkennenden Gerichts nichts im Wege.
Die „Berücksichtigung der auf der letzten Schulstufe erbrachten Leistungen“ im Sinne des § 10 Abs. 4 der VO über die abschließenden Prüfungen ergibt somit bei einem „Befriedigend“ im Wintersemester 2019 und einem „Genügend“ im Sommersemester 2020 kein eindeutiges Ergebnis, insbesondere auch deshalb, da die in einem sonstigen, nicht pandemiebeeinträchtigten Schuljahr geltende Bestimmung betreffend die größere Gewichtung des zuletzt erbachten Leistungsstandes gemäß § 9 Abs. 1 C-SchVO nicht zur Anwendung gelangt. Der Umstand, dass der Gesetzgeber diese Bestimmung über die Gewichtung der Leistungen im Schuljahr 2019/20 ausgesetzt hat, lässt zwar – basierend auf einer wörtlichen Interpretation dieser Bestimmung - nicht zwingend den Umkehrschluss zu, dass den im Wintersemester 2019 erbrachten Leistungen größeres Gewicht zukommt, es erscheint aber wiederum aus teleologischen und systematischen Überlegungen angebracht, bei einem nicht eindeutigen Ergebnis den im Wintersemester erreichten Leistungsstand höher zu gewichten, und zwar aus folgenden Erwägungen: Die mit der C-SchVO (vorübergehend) ausgesetzten Bestimmungen des SchUG und der LBVO erscheinen nur unter der Prämisse sinnvoll, dass während des gesamten Schuljahres Leitungsfeststellungen auf gleiche Weise und sowohl qualitativ als auch quantitativ auf demselben Niveau möglich sind. Bei einer derartigen Ausgangslage ist nachvollziehbar, dass eine Tendenz in Richtung Leistungsanstieg bzw. Leistungsabfall in die abschließende Beurteilung einfließt, was der Gesetzgeber eben in den Gewichtungsbestimmungen des § 20 Abs. 1 SchUG bzw. des § 20 Abs. 1 LBVO zum Ausdruck bringt. Wenn aber – wie im Schuljahr 2019/20 der Fall – eine während des gesamten Schuljahres im wesentlichen gleichbleibende Leistungsfeststellung nicht möglich ist, ist naheliegend, dass der Zeitraum, in dem eine „bessere“ - im Sinne einer umfangreicheren und gesicherteren - Leistungsfeststellung möglich war, höher gewichtet wird. Im Schuljahr 2019/20 war dieser angesprochene Zeitraum ohne Zweifel das Wintersemester 2019, weil im Sommersemester 2020 durch das pandemiebedingte „Homeschooling“ bzw. „Distance-Learning“ Leistungsfeststellungen – insbesondere hinsichtlich der Mitarbeitsleistungen – nur unter wesentlich erschwerten Umständen und in wesentlich geringerem Umfang möglich waren als im von den Auswirkungen der Pandemie noch gänzlich unbeeinflussten Wintersemester. Diese Erwägungen spiegeln sich im Ergebnis auch im Rundschreiben Nr. 6/2020 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung wieder, wenn es darin in den Ausführungen zu § 10 Abs. 4 der einschlägigen VO betreffend die abschließenden Prüfungen heißt, dass an NOST-Schulen „zunächst die Noten des Winter- und Sommersemesters zu einer Note zusammenzuführen sind, wobei hierbei dem Wintersemester mehr Gewicht beizumessen ist“.
Gemäß der eben geschilderten Vorgehensweise wären demnach bei richtiger Anwendung der LBVO und der einschlägigen COVID-19-Verordnungen verfahrensgegenständlich die auf der letzten Schulstufe erbrachten Leistungen im Pflichtgegenstand Mathematik mit „Befriedigend“ und daran anschließend die Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik mit „Genügend“ festzusetzen und auszusprechen gewesen, dass die Beschwerdeführerin die Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 an der gegenständlichen Schule bestanden hat.
Da Maßstab der Leistungsbeurteilungen ausschließlich die von einem Schüler erbrachten Leitungen sind und da die Leistungsbeurteilung eines Schülers eine von den Beurteilungen der Mitschüler unabhängige ist, war auf das sonstige Vorbringen in der Beschwerde bzw. auf die sonstigen im Begründungsteil des angefochtenen Bescheides getätigten Ausführungen – insbesondere betreffend eine unterlassene Frühwarnung, die etwaige Ansetzung einer Prüfung gemäß § 5 Abs. 2 LBVO und eine angebliche Voreingenommenheit des unterrichtenden Lehrers gegenüber der Beschwerdeführerin - nicht näher einzugehen.
3.2.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt B):
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung insbesondere folgender Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt:
3.3.2.1.: Ist es zulässig, alleine aufgrund der Tatsache, dass ein Schüler die im Rahmen der Hausübungen erbrachten Leistungen in der Unterrichtarbeit nicht wiederholen kann und nicht beherrscht, davon auszugehen, dass es sich bei den Hausübungsleistungen um keine eigenständig erbrachten Leistungen des Schülers handeln kann?
3.3.2.2.: Ist es korrekt, die Mitarbeitsleistungen eines Schülers mit „Nicht genügend“ zu beurteilen, wenn dieser zwar sämtliche Hausübungen rechtzeitig, vollständig und korrekt erledigt, ansonsten aber keine positiven Mitarbeitsleistungen erzielt hat?
3.3.2.3.: Ist es im Schuljahr 2019/20 aufgrund der besonderen, durch die COVID-19-Pandemie bedingten Umstände und unter Anwendung der einschlägigen COVID-19-Verordnungen zulässig, bei der Beurteilung der während des gesamten Schuljahres erbrachten Leistungen den Leistungen des Wintersemesters 2019 ein größeres Gewicht beizumessen als jenen des Sommersemesters 2020?
Da es zu diesen Fragen an einer einschlägigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung mangelt und da sich die hier anzuwendenden Regelungen des Schulunterrichtsgesetzes, der Leistungsbeurteilungsverordnung, der C-SchVO und der VO über Vorbereitung und Durchführung abschließender Prüfungen für das Schuljahr 2019/20 auch nicht als so klar und eindeutig erweisen (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90), dass sich daraus die vorgenommenen Ableitungen zwingend ergeben würden, ist die Revision zuzulassen.
3.3.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.
Schlagworte
abschließende Prüfung bestandene Prüfung Frühwarnung Leistungsbeurteilung Leistungsfeststellung letzte Schulstufe Mitarbeit negative Beurteilung pädagogisches Gutachten Pandemie Pflichtgegenstand Prüfungsbeurteilung Reife- und Diplomprüfung Reifeprüfungszeugnis Revision zulässig SemesterzeugnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W203.2234517.1.00Im RIS seit
21.01.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2021