Entscheidungsdatum
10.11.2020Norm
GütbefG 1995 §1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Hofrätin Mag. Marihart über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B, Rechtsanwälte OG in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 21.07.2020, ***, betreffend Entziehung der Konzession für den grenzüberschreitenden Güterverkehr nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde) vom 21.07.2020; ***, wurde der A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) die Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr) mit acht Kraftfahrzeugen im Standort ***, ***, gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 3 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) und § 5 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG) entzogen.
Begründend dazu wurde auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin innerhalb der letzten 5 Jahre insgesamt 8 im Bescheid näher bezeichnete Verwaltungsübertretungen zu verantworten habe, da seine Schuld in den rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren festgestellt worden sei. Bei den gegenständlichen Übertretungen handle es sich um Übertretungen der StVO, des KFG sowie des Güterbeförderungsgesetzes (insbesondere habe der handelsrechtliche Geschäftsführer am 03.10.2019 ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,47 mg/l gelenkt), wobei sowohl durch die Art als auch durch die Anzahl der Übertretungen das Tatbestandselement der schwerwiegenden Verstöße auch im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO bzw. § 5 Abs. 2 Z 3 Güterbeförderungsgesetz 1995 erfüllt sei.
Die Wirtschaftskammer Niederösterreich ersuchte mit Stellungnahme vom 17.03.2020 mit Hinweis auf die aktuelle Corona-Krise dringend, von einer Entziehung abzusehen; in eventu wurde um Fristerstreckung bis Jahresende 2020 ersucht.
Abschließend stellte die belangte Behörde fest, dass in Zusammenschau mit dem jedenfalls an sich schweren Verstoß gegen die Sicherheit im Straßenverkehr infolge Lenkens eines Kraftfahrzeugs im alkoholisierten Zustand die übrigen Verwaltungsübertretungen dazu führen, dass insgesamt die Zuverlässigkeit des Herrn C als handelsrechtlichem Geschäftsführer nicht mehr als gegeben angenommen werden könne. Im übrigen sei der handelsrechtliche Geschäftsführer und Gesellschafter der Beschwerdeführerin von dieser seiner Position nicht innerhalb der gesetzten Frist entfernt worden. Die GmbH würde die Entfernung auch nicht beabsichtigen, sodass ein behördliches Zuwarten nicht erforderlich sei, sondern müsse die gegenständliche Gewerbeberechtigung entzogen werden.
Gegen diesen Bescheid erhob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte auf das Wesentliche zusammengefasst vor, der Bescheid leide an Rechtswidrigkeit des Inhaltes, da entgegen der Ansicht der belangten Behörde gegenständlich das in § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandsmerkmal der schwerwiegenden Verstöße nicht erfüllt sei.
Es handle sich gegenständlich zwar um 8 Verwaltungsübertretungen, aber nur um 5 Straferkenntnisse, weil sowohl die Strafverfügung der BH St. Pölten vom 20.03.2017, Zahl: ***, als auch die Strafverfügung der BH St. Pölten vom 20.06.2018, Zahl: ***, einen einheitlichen Lebenssachverhalt betrafen.
Die Strafverfügungen würden zudem teilweise fünf Jahre zurückliegen und seien nicht wieder vorgekommen.
Das in § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandselement der „schwerwiegenden Verstöße“ sei gegenständlich nicht erfüllt, weil eine Vielzahl von Übertretungen, die bei einer wertenden Gesamtschau einen ähnlichen Unrechtsgehalt vorweisen würden wie bei der Verletzung einer einzigen Verwaltungsvorschrift mit schwerwiegendem Unrechtsgehalt, gegenständlich nicht vorliegen würden. Insbesondere habe es sich bei der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO um einen einmaligen Ausrutscher gehandelt und sei von der Behörde damals auch die Mindeststrafe verhängt worden. Durch Absolvierung der begleitenden Maßnahme gelte der Beschwerdeführer gemäß Art 6 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26 als rehabilitiert.
Insgesamt stelle die Aberkennung der Zuverlässigkeit somit eine unverhältnismäßige Reaktion im Sinne des Artikels 6 der VO (EG) 1071/2009 dar, die die Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht rechtfertige.
Darüberhinaus sei die Stellungnahme der Wirtschaftskammer, die sich ausdrücklich gegen die Entziehung der Gewerbeberechtigung ausgesprochen habe, durch die belangte Behörde unberücksichtigt geblieben und sei auch die beantragte Einvernahme des Geschäftsführers unterblieben, was als Verfahrensmangel gerügt werde.
Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einvernahme des handelsrechtlichen Geschäftsführers sowie die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids beantragt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 19. Oktober 2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde Beweis erhoben durch Verlesung des Aktes der belangten Behörde ***, Verlesung des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zahl LVwG-AV-933-2020 sowie Verlesung der vom erkennenden Gericht eingeholten Verwaltungsstrafakten zu den im Bescheid angeführten Verwaltungsübertretungen.
Ebenso wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des handelsrechtlichen Geschäftsführers C.
Zu Beginn der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter der Beschwerdeführerin eine Bestätigung der ÖGK dahingehend vor, dass keine Beanstandungen bezüglich der Beschwerdeführerin bestünden und alle Arbeitnehmer- und Arbeitgeberabgaben bezahlt worden seien.
Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:
Die Beschwerdeführerin ist unter der Firma A GmbH seit 23. März 2002 mit der Firmenbuchnummer *** im Firmenbuch des Landesgerichtes *** eingetragen. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr. Verfahrensgegenständlich geht es um die Entziehung der Konzession für den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit acht Kraftfahrzeugen im Standort ***, ***.
Herr C, geb. ***, ist handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer, persönlich haftender Gesellschafter und Verkehrsleiter der Beschwerdeführerin.
Im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen, wiederkehrenden Überprüfung wurde festgestellt, dass Herr C innerhalb der letzten 5 Jahre insgesamt 8 Mal wegen Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft wurde. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Übertretungen:
Strafverfügung der BH St. Pölten vom 17.02.2015, Zahl: ***, weil es das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der Beschwerdeführerin nach außen berufene Organ in ihrer Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten hat, dass am 09.02.2020 um 8.45 Uhr durch den Lenker D mit dem Lastkraftwagen Marke Scania R490, mit dem Kennzeichen *** und dem Anhänger Marke Reisch, Kennzeichen *** im Gemeindegebiet von *** auf der Landesstraße ***, beim Straßenkilometer *** in Fahrtrichtung *** eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern durchgeführt und im Kraftfahrzeug dabei kein Beschäftigungsvertrag oder eine Bestätigung des Arbeitgebers mitgeführt worden ist.
Strafnorm und verhängte Geldstrafe: § 6 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Z. 2 und § 23 Abs. 1 Z. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 - € 363,00
Straferkenntnis der BH St. Pölten vom 23.06.2016, Zahl: ***, weil es das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der Beschwerdeführerin nach außen berufene Organ in ihrer Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten hat, dass am 04.03.2016 der Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen *** mit dem Anhänger, Kennzeichen *** durch Herrn E im Gemeindegebiet *** auf der Schnellstraße *** nächst Strkm. *** in Fahrtrichtung *** gelenkt wurde, wobei die Summer der Gesamtgewichte gem. § 4 Abs. 7a KFG für Kraftwagen mit Anhänger von 40.000 kg um 2.120 kg bzw. 5,3 % überschritten wurde.
Strafnorm und verhängte Geldstrafe: § 4 Abs. 71, § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 iVm § 9 Abs. 1 VStG 1991 - € 209,00
Strafverfügung der BH St. Pölten vom 20.03.2017, Zahl: ***, weil es das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der Beschwerdeführerin nach außen berufene Organ in ihrer Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten hat, dass am 07.02.2017 im Gemeindegebiet von *** auf der Landstraße *** beim Straßenkilometer *** in Fahrtrichtung *** mit dem Lastkraftwagen der Marke Scania R450, Kennzeichen *** und mit dem Anhänger der Makre Peischl 3 ESPOS, Kennzeichen *** durch den Lenker F eine gewerbsmäßige Güterbeförderung von *** nach *** (Tschechien), durchgeführt wurde, und im Kraftfahrzeug dabei keine von der Behörde beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt wurde, kein Beschäftigungsvertrag oder eine Bestätigung des Arbeitgebers mitgeführt wurde.
Strafnormen und verhängte Geldstrafen:
Zu 1. § 6 Abs. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Z. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 - € 363,00
Zu 2. § 23 Abs. 1 Z. 2, § 6 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Z. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 - € 363,00
Strafverfügung der BH St. Pölten vom 20.06.2018, Zahl: ***, weil es das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der Beschwerdeführerin nach außen berufene Organ in ihrer Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten hat, dass am 16.05.2018 im Gemeindegebiet *** auf der Landstraße *** nächst Strkm. *** Fahrtrichtung *** der Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen *** samt Anhänger mit dem Kennzeichen *** durch Herrn G gelenkt wurde, obwohl das KFZ folgenden kraftfahrrechtlichen Vorschriften nicht entsprochen hat:
§ 8 Abs. 1 KFG, da beim Fahrzeug die Lenkvorrichtung nicht verlässlich wirkte, weil das Lenkgelenk (Spurstange) an der 3. Achse links und rechts ein radiales Spiel aufwies,
§ 7 Abs. 1 KFG, da beim KFZ die Spritzschutzmatten in allen Radabdeckungen fehlten,
§ 19 Abs. 1 KFG, da beim Anhänger der hintere linke und rechte Fahrtrichtungsanzeiger bereits eine annähernd weiße Lichtfarbe hatte.
Strafnormen und verhängte Geldstrafen:
Zu 1. § 8 Abs. 1, § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG 1991 - € 70,00
Zu 2. § 7 Abs. 1, § 103 Abs. 1 Z 1 KFG i.v.m. § 9 Abs. 1 VStG 1991 - € 20,00
Zu 3. § 19 Abs. 1, § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.v.m. § 9 Abs. 1 VStG 1991 - € 50,00
Straferkenntnis der BH St. Pölten vom 14.11.2019, Zahl: ***, weil der handelsrechtliche Geschäftsführer am 03.10.2019 im Gemeindegebiet ***, ***, *** nächst Objekt Nr. *** einen Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen *** gelenkt hat, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat und der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,47 mg/l betrug.
Strafnorm und verhängte Geldstrafe: § 5 Abs. 1, § 99 Abs. 1b StVO 1960 - € 800,00
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.02.2020 wurde der Beschwerdeführerin diese Sachlage mitgeteilt und wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Herrn C als handelsrechtlichen Geschäftsführer und von der Position als Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter bis 10. Juni 2020 zu entfernen.
Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich teilte in ihrem Schreiben vom 01. April 2020 mit, dass gegen die Entziehung der Gewerbeberechtigung keine Einwände erhoben werden.
Die Fachgruppe für das Güterbeförderungsgewerbe der Wirtschaftskammer Niederösterreich sprach sich in ihrer Stellungnahme vom 17. März 2020 gegen die Entziehung der Gewerbeberechtigung aus und ersuchte auch im Hinblick auf die Corona-Krise dringend von einer Entziehung abzusehen, in eventu um Fristerstreckung bis Jahresende 2020.
Die Beschwerdeführerin erstattete mit Eingabe ihrer Rechtsvertreter vom 8. Juni 2020 eine umfangreiche Stellungnahme, in der sie auf das Wesentliche zusammengefasst ausführte, dass die Voraussetzungen zur Einleitung eines Verfahrens zur Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht vorliegen würden und dem Auftrag auf Entfernung des Geschäftsführers daher nicht entsprochen werde. Die Zuverlässigkeit des handels- und gewerberechtlichen Geschäftsführers sei nachwievor gegeben.
Die Beschwerdeführerin verwies auf die Entscheidung des VwGH vom 13.12.2000, 2000/04/0180, wonach der VwGH eine Vielzahl an Übertretungen bei einer Anzahl von 15-maligen Übertretungen bzw. 22-maligen Übertretungen angenommen habe. Eine Vielzahl von Übertretungen, die bei einer wertenden Gesamtschau einen ähnlichen Unrechtsgehalt vorweisen, wie bei der Verletzung einer einzigen Verwaltungsvorschrift mit schwerwiegendem Unrechtsgehalt liege jedoch gegenständlich nicht vor.
Die Beschwerdeführerin entfernte daher Herrn C nicht als handelsrechtlichen Geschäftsführer und Alleingesellschafter innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Frist.
Zu den einzelnen Strafen ist Nachstehendes auszuführen:
Betreffend die angeführte Verwaltungsstrafe *** ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin über ein System dahingehend verfügt, dass den Lenkern ausnahmslos unmittelbar nach erfolgter, ordnungsgemäßer Anmeldung bei den Sozialversicherungsträgern eine Kopie derselben als Nachweis der ordentlichen Beschäftigung vor Arbeitsantritt persönlich überreicht wird. Der mit dem Tatvorwurf konfrontierte LKW-lenker gab gegenüber dem Geschäftsführer an, dass er im Zuge der Amtshandlung nicht erkennen konnte, welche Papiere er vorzuweisen hatte, obwohl er diese ohnedies mit sich führte.
Zum Straferkenntnis *** ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig bis zu fünf Ladungen Sägespäne und Rinde von der Firma H in *** zur Firma I in *** transportiert. Für diese Fahrten werden der Beschwerdeführerin seit mehreren Jahren sogenannte Routengenehmigungen ausgestellt, welche es erlauben, das höchstzulässige Gesamtgewicht der Fahrzeuge auf 42 t zu erhöhen. Diese Genehmigungen mussten jährlich beantragt werden.
Der handelsrechtliche Geschäftsführer beantragte am 26.01.2016 für das Jahr 2016 eine entsprechende Ausnahmegenehmigung, über die jedoch zum Zeitpunkt der Kontrolle am 04.03.2016 noch nicht abschließend entschieden worden war. Diese wurde sodann am 09.03.2016 – nur fünf Tage nach der Kontrolle – antragsgemäß erteilt.
Zum Straferkenntnis *** ist festzuhalten, dass der Geschäftsführer im Unternehmen der Beschwerdeführerin jedes Fahrzeug mit ident ausgestatteten und aufgebauten Mappen ausstattet, in denen sämtliche gesetzlich erforderliche Urkunden und Unterlagen enthalten sind. Dem Geschäftsführer ist kein Grund bekannt, weshalb der kontrollierte Lenker dennoch die geforderten Unterlagen nicht vorlegen konnte.
Betreffend das Straferkenntnis *** ist auszuführen, dass die Beschwerdeführerin für sämtliche Fahrzeuge einen Reparatur- und Wartungsvertrag bei der Herstellerfirma abgeschlossen hat und der handelsrechtliche Geschäftsführer daher von dieser regelmäßig über notwendige Arbeiten bei den Fahrzeugen informiert wird. Dies beinhaltet neben den jährlichen Überprüfungen nach § 57a KFG auch weitere Service-Arbeiten. Bezüglich der verwendeten Anhänger besteht ein internes Controlling- und Managementsystem um auch hier sicherzustellen, dass sämtliche verwendete Anhänger den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechen.
Hinsichtlich der Spritzschutzmatten ist festzuhalten, dass die Fahrzeuge der Beschwerdeführerin sehr oft auf unbefestigten Flächen und Kompostanlagen eingesetzt werden und daher täglich eine starke Verschmutzung auftritt. Durch diese Verschmutzungen werden Matten bisweilen beschädigt und / oder gehen verloren.
Anlässlich der bezughabenden Kontrolle wurde die Weiterfahrt mit dem gegenständlichen KFZ nicht untersagt.
Zum Straferkenntnis *** ist auszuführen, dass es sich um eine einmalige Übertretung handelte und über den handelsrechtlichen Geschäftsführer die Mindeststrafe verhängt wurde. Auch hat sich dieser bei der Kontrolle wohlverhalten, seine Schuld eingestanden und bei der Aufklärung mitgewirkt. Der handelsrechtliche Geschäftsführer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung sein tiefes Bedauern erklärt und ausgeführt, im Rahmen einer an eine Jagd anschließende Feier zu viel getrunken zu haben; dies in dem Glauben, dass seine Gattin den PKW auf der Fahrt nach Hause lenken würde. Bedauerlicherweise habe auch seine Gattin auf der Feier Alkohol konsumiert, sodass letztlich doch der handelsrechtliche Geschäftsführer den PKW gelenkt habe.
Der Geschäftsführer hat sich seitdem wohlverhalten.
Insgesamt handelt es sich bei den Übertretungen jeweils um geringfügige Übertretungen. Und wurden bei Strafnormen mit Mindeststrafe jeweils die Mindeststrafen verhängt.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang sowie der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung verlesenen Verwaltungsakt der belangten Behörde und dem Gerichtsakt, insbesondere aus der Einsichtnahme in die zugrundeliegenden Verwaltungsstrafbescheide betreffend den handelsrechtlichen Geschäftsführer. Auch erschien dem Gericht die Rechtfertigung zu den einzelnen Verwaltungsübertretungen durchaus nachvollziehbar und glaubwürdig, keinesfalls versuchte der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sich freizureden.
Der handelsrechtliche Geschäftsführer machte insgesamt bei seiner Einvernahme im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen einen um Wahrheitsfindung bemühten, aufrichtigen und glaubwürdigen Eindruck, sodass das Gericht seinen Ausführungen bezüglich des Kontrollsystems, der persönlichen Überreichung sämtlicher relevanter Unterlagen an die Fahrer sowie die regelmäßige Reparatur und Wartung aller KFZ Glauben schenken konnte.
Beweisergebnisse, die der Aussage des Geschäftsführers entgegenstehen, liegen nicht vor.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen im gegenständlichen Fall zur Anwendung:
§ 28 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lautet auszugsweise:
„§28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftfahrzeugunternehmers […] (in der Folge: Verordnung (EG) Nr. 1071/2009) lauten:
„Artikel 3
Anforderungen für die Ausübung des Berufs des Kraftverkehrsunternehmers
(1) Unternehmen, die den Beruf des Kraftverkehrsunternehmers ausüben, müssen:
a) über eine tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in einem Mitgliedstaat verfügen;
b) zuverlässig sein;
c) eine angemessene finanzielle Leistungsfähigkeit besitzen und
d) die geforderte fachliche Eignung besitzen.
(2) Die Mitgliedstaaten können beschließen, zusätzliche verhältnismäßige und nicht diskriminierende Anforderungen festzulegen, die die Unternehmen im Hinblick auf die Ausübung des Berufs des Kraftverkehrsunternehmers erfüllen müssen.“
Artikel 6
„Voraussetzungen bezüglich der Anforderung der Zuverlässigkeit
(1) Vorbehaltlich Absatz 2 des vorliegenden Artikels legen die Mitgliedstaaten fest, welche Voraussetzungen ein Unternehmen und ein Verkehrsleiter erfüllen müssen, damit die Anforderung der Zuverlässigkeit nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b erfüllt ist.
Bei der Entscheidung darüber, ob ein Unternehmen diese Anforderung erfüllt hat, berücksichtigen die Mitgliedstaaten das Verhalten des Unternehmens, seiner Verkehrsleiter und gegebenenfalls anderer vom jeweiligen Mitgliedstaat bestimmter maßgeblicher Personen. Jede Bezugnahme in diesem Artikel auf verhängte Urteile und Sanktionen oder begangene Verstöße schließt die gegen das Unternehmen selbst, seine Verkehrsleiter und gegebenenfalls andere vom jeweiligen Mitgliedstaat bestimmte maßgebliche Personen verhängten Urteile und Sanktionen bzw. die von diesen begangenen Verstöße ein.
Die in Unterabsatz 1 genannten Voraussetzungen umfassen mindestens Folgendes:
a) Die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des Verkehrsunternehmens darf nicht zwingend in Frage gestellt sein, etwa durch Verurteilungen oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften in folgenden Bereichen:
i) Handelsrecht,
ii) Insolvenzrecht,
iii) Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche,
iv) Straßenverkehr,
v) Berufshaftpflicht,
vi) Menschen- oder Drogenhandel, und
b) gegen den Verkehrsleiter oder das Verkehrsunternehmen darf in keinem Mitgliedstaat ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion verhängt worden sein wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere in folgenden Bereichen:
i) Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte,
ii) höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr,
iii) Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer,
iv) Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge,
v) Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrs,
vi) Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der Straße,
vii) Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in bestimmten Fahrzeugklassen,
viii) Führerscheine,
ix) Zugang zum Beruf,
x) Tiertransporte.
(2) Für die Zwecke von Absatz 1 Unterabsatz 3 Buchstabe b gilt Folgendes:
a) Wurde gegen den Verkehrsleiter oder das Verkehrsunternehmen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion wegen schwerster Verstöße gegen Gemeinschaftsvorschriften gemäß Anhang IV verhängt, so führt die zuständige Behörde des Niederlassungsmitgliedstaats rechtzeitig auf geeignete Art und Weise ein ordnungsgemäß abgeschlossenes Verwaltungsverfahren, gegebenenfalls einschließlich einer Prüfung in den Räumlichkeiten des betreffenden Unternehmens, durch.
In dem Verfahren ist festzustellen, ob in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten die Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde. Alle Feststellungen sind gebührend zu begründen und zu rechtfertigen.
Würde die Aberkennung der Zuverlässigkeit ihres Erachtens eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen, so kann die zuständige Behörde feststellen, dass die Zuverlässigkeit nicht beeinträchtigt ist. In diesem Fall wird die Begründung in das einzelstaatliche Register aufgenommen. Die Zahl solcher Entscheidungen wird in dem in Artikel 26 Absatz 1 genannten Bericht aufgeführt.
Stellt die Aberkennung der Zuverlässigkeit nach Auffassung der zuständigen Behörde keine unverhältnismäßige Reaktion dar, so führt die Verurteilung oder Sanktion zur Aberkennung der Zuverlässigkeit.
b) Die Kommission erstellt eine Liste der Kategorien, Arten und Schweregrade der gegen die Gemeinschaftsvorschriften begangenen schwerwiegenden Verstöße, die neben den in Anhang IV aufgeführten Verstößen zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen können. Die Mitgliedstaaten tragen den Informationen über solche Verstöße, auch den von anderen Mitgliedstaaten erhaltenen Informationen, Rechnung, wenn sie die Prioritäten für die Kontrollen nach Artikel 12 Absatz 1 festlegen.
Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung, die diese Liste betreffen, werden nach dem in Artikel 25 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
Zu diesem Zweck handelt die Kommission wie folgt:
i) Sie legt die Kategorien und Arten von Verstößen fest, die am häufigsten festgestellt werden;
ii) sie definiert die Schwere der Verstöße nach der von ihnen ausgehenden Gefahr tödlicher oder schwerer Verletzungen; und
iii) sie setzt die Zahl der Verstöße fest, bei deren Überschreiten wiederholte Verstöße als schwerwiegendere Verstöße eingestuft werden, und zwar unter Berücksichtigung der Zahl der Fahrer, die vom Verkehrsleiter für die Verkehrstätigkeit eingesetzt werden.
(3) Die Anforderung nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b gilt so lange als nicht erfüllt, wie eine Rehabilitierungsmaßnahme oder eine andere Maßnahme gleicher Wirkung gemäß den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften nicht erfolgt ist.“
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG) lauten:
„§1. […]
(5) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen die Gewerbeordnung 1994 mit der Maßgabe, dass das Güterbeförderungsgewerbe als reglementiertes Gewerbe gilt, auf das § 95 Abs. 2 der GewO 1994 anzuwenden ist.“
„§ 5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes folgende Voraussetzungen gemäß Artikel 3 Verordnung (EG) Nr. 1071/09 erfüllt sind:
1. die Zuverlässigkeit,
2. die finanzielle Leistungsfähigkeit,
3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) und
4. eine tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in Österreich.
Der Bewerber hat überdies entsprechend dem beabsichtigten Konzessionsumfang (§ 3) in der in Aussicht genommenen Standortgemeinde oder einer anderen Gemeinde im selben oder einem angrenzenden Verwaltungsbezirk über die erforderlichen Abstellplätze außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verfügen. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§ 87 bis 91 GewO 1994 bleiben hiervon unberührt. Die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ist vor der Erteilung der Konzession aufzufordern, zur Frage der Leistungsfähigkeit des Betriebes eine Stellungnahme abzugeben.
(1a) Die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen sind der zur Erteilung der Konzession zuständigen Behörde alle fünf Jahre ab Erteilung der Konzession nachzuweisen. Überprüfungen im Rahmen der Erteilung einer Gemeinschaftslizenz gemäß Art. 6 in Verbindung mit Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/09 gelten als Überprüfung der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 Z 1 bis 4.
(2) Die Zuverlässigkeit ist, abgesehen von den in Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1071/09 geregelten Fällen, insbesondere dann nicht gegeben, wenn
1. der Antragsteller, der Gewerbeberechtigte oder der Verkehrsleiter von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt wurde, solange die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt (§§ 1 bis 6 Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68), oder
2. dem Antragsteller, dem Gewerbeberechtigten oder dem Verkehrsleiter aufgrund der geltenden Vorschriften die Bewilligung zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes rechtskräftig entzogen wurde, oder
3. der Antragsteller, der Gewerbeberechtigte oder der Verkehrsleiter wegen schwerwiegender Verstöße gegen die Vorschriften über
a) die für den Berufszweig geltenden Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen oder
b) die Güterbeförderung, insbesondere die Lenk- und Ruhezeiten der Lenker, die Gewichte und Abmessungen der Kraftfahrzeuge, die Sicherheit im Straßenverkehr und der Kraftfahrzeuge und den Umweltschutz sowie die sonstigen Vorschriften in Bezug auf die Berufspflichten,
rechtskräftig bestraft wurde.
[ …]“
Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lauten:
„§ 13. […]
(7) Andere Rechtsträger als natürliche Personen sind von der Ausübung des Gewerbes ausgeschlossen, wenn eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des betreffenden Rechtsträgers zusteht, gemäß Abs. 1 bis 3, 5 oder 6 von der Gewerbeausübung ausgeschlossen ist. Trifft auf die natürliche Person ein Ausschlussgrund gemäß Abs. 4 zu, ist der betreffende Rechtsträger nur von der Ausübung eines Gewerbes, das Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung beinhaltet, ausgeschlossen. Abs. 1 letzter Satz gilt sinngemäß.“
„87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
[…]
3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt oder
[…]“
„§ 91. […]
(2) Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.“
Erwägungen:
Die gegenständliche Beschwerde ist begründet.
Zunächst ist auszuführen, dass das GütbefG keine Bestimmung über die Vorgehensweise enthält, wenn der Gewerbetreibende – wie im vorliegenden Fall – eine juristische Person ist und sich der Konzessionsentziehungsgrund der mangelnden Zuverlässigkeit sinngemäß auf eine natürliche Person bezieht, der maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des Konzessionsinhabers zusteht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesem Fall § 91 Abs. 2 GewO 1994 anzuwenden, wobei die Bezugnahme auf die in § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründe ua. den Entziehungsgrund der mangelnden Zuverlässigkeit (§ 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994) betrifft und damit die für Güterbeförderungsgewerbe in § 5 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 GütbefG speziell geregelten Zuverlässigkeitsbestimmungen miteinschließt (vgl. VwSlg. 16.602 A/2005).
Diese Vorgehensweise steht im Einklang mit der seit 04. Dezember 2011 geltenden – unmittelbar anwendbaren – Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftfahrunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates (in der Folge: Verordnung (EG) Nr. 1071/2009), wonach die Mitgliedstatten bei der Entscheidung darüber, ob ein Unternehmen die Anforderung der Zuverlässigkeit erfüllt, nicht nur das Verhalten des Unternehmens und seines Verkehrsleiters sondern auch anderer von den Mitgliedstaaten bestimmter maßgeblicher Personen berücksichtigen (vgl. Art. 6 Abs. 1 u. Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009).
Die Sache des gegenständlichen Entziehungsverfahrens wurde durch das Aufforderungsschreiben der belangten Behörde vom 28.02.2020 festgelegt, welches auch die darin angeführten für die Entfernung des handelsrechtlichen Geschäftsführers bestimmten Gründe umfasst. Für die rechtliche Beurteilung durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sind alleine die diesem Aufforderungsschreiben zugrunde gelegten Gründe, aus denen die Entfernung des handelsrechtlichen Geschäftsführers aus dessen Funktion für erforderlich erachtet wurde, maßgeblich (vgl. VwGH 11.11.2015, Ra 2015/04/0063, VwGH 29.06.2017, Ra 2017/04/0059, jeweils mwN).
Im gegenständlichen Fall wurde die Entfernung des handelsrechtlichen Geschäftsführers sowie Alleingesellschafters aus dessen Funktion im Hinblick auf die oben genannten Verwaltungsstrafen nach der StVO, dem KFG sowie dem GütbefG wegen fehlender Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 3 GütbefG von der belangten Behörde für erforderlich erachtet.
Art. 6 Abs. 1 u. Abs. 3 lit. A der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 normiert, dass die Zuverlässigkeit nicht zwingend in Frage gestellt sein darf, beispielsweise durch Verurteilungen oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften etwa im Bereich Sicherheit im Straßenverkehr (vi).
§ 5 Abs. 1 GütbefG legt für die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes zusätzliche Voraussetzungen zu den Bestimmungen der GewO 1994 fest. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, so ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen. § 5 Abs. 2 GütbefG regelt im Besonderen die für die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit, wobei auch auf die in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 geregelten Fälle verwiesen wird und es sich bei den Z 1 bis 3 nur um eine demonstrative Aufzählung handelt. Der Tatbestand der Z 3 umfasst schwerwiegende verwaltungsrechtliche Verstöße, wodurch sichergestellt ist, dass nicht schon jede geringfügige Verletzung der genannten Rechtsvorschriften zur Entziehung der Gewerbeberechtigung führt. Durch diese Bestimmung werden vor allem jene Verstöße erfasst, die mit der Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes in engem Zusammenhang stehen, wie insbesondere die Lenk- und Ruhezeiten der Lenker, die Gewichte und Abmessungen der Kraftfahrzeuge, die Sicherheit im Straßenverkehr und der Kraftfahrzeuge und den Umweltschutz sowie die sonstigen Vorschriften in Bezug auf die Berufspflichten (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem GelverkG vgl. VwGH 21.06.2017, Ra 2016/03/0086, wonach nach Art 6 Abs. 2 lit a zweiter Satz VO festzustellen ist, ob in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten die Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde, wobei alle Feststellungen gebührend zu begründen und rechtzufertigen sind. Daraus ergibt sich, dass in einem solchen Verfahren zwingend eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen ist, bei der alle zugunsten und zulasten des Betroffenen sprechenden Umstände in Betracht zu ziehen und gegeneinander abzuwägen sind).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erhält § 5 Abs. 2 Z 3 GütbefG (grundsätzlich) eine zwingende Rechtsvermutung, dass bei Vorliegen schwerwiegender Verstöße im Sinne dieser Norm die Zuverlässigkeit des Gewerbeberechtigten nicht mehr gegeben ist. Das Gewicht des Verstoßes ergibt sich aus der Bedeutung des verletzten Schutzinteresses und der Schwere seiner Verletzung. Ersteres findet nicht zuletzt auch in den gesetzlich für derartige Verstöße vorgesehenen (schweren) Sanktionen, letzteres in den - im Einzelfall - in den bezughabenden Straferkenntnissen für die begangenen Delikte verhängten Strafen (oder anderen Rechtsfolgen) ihren Ausdruck (VwGH 29.04.2015, Ra 2015/03/0018).
Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 enthält eine Liste der schwersten Verstöße gemäß Art. 6 Abs. 2 lit. a der Verordnung. Nach Punkt 3. Dieses Anhangs fallen darunter etwa sehr schwer wiegende Mängel an Bremssystemen, Lenkstange, Rädern/Reifen, Federung oder Fahrgestell, die eine solche unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen würden, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird. Punkt 7 des Anhangs nennt Güterbeförderungen unter Überschreitung der zulässigen Gesamtmasse um 20 % oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen.
Das Tatbestandsmerkmal der "schwerwiegenden Verstöße" wird nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen, wobei im Zusammenhang mit dem GütbefG bei der Zuverlässigkeitsbeurteilung nicht nur Verstöße beachtlich sind, die in Ausübung des konkreten Gewerbes begangen wurden. Entscheidend ist dabei, dass sich aus dieser Vielzahl von Verstößen unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Antragsteller sei nicht (bzw nicht mehr) als zuverlässig anzusehen (vgl VwSlg 18.170 A/2011, unter Hinweis darauf, dass eine solche Sichtweise auch vor dem Hintergrund des sich aus Art 6 StGG ergebenden Gebots der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in die Erwerbsfreiheit erforderlich ist; vgl auch VwGH vom 29. Jänner 2015, Ra 2015/03/0001; VwGH 29.04.2015, Ra 2015/03/0018).
Bei den der gegenständlichen Konzessionsentziehung zugrundeliegenden rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen handelt es sich zum Teil um Übertretungen des KFG (Überschreitung des Gesamtgewichtes, Vorschriften bezüglich des äußerlichen Zustands der KFZ), wobei es sich diesbezüglich grundsätzlich um Vorschriften handelt, die die Sicherheit im Straßenverkehr betreffen und somit im Zusammenhang mit der Zuverlässigkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers zu berücksichtigen sind, andererseits jedoch nicht einmal annähernd in die im Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 genannten Tatbestände fallen und bei einem Strafrahmen von bis zu € 5.000,00 jeweils im untersten Rahmen (€ 20,00 bis € 190,00) das Auslangen gefunden werden konnte.
Zum Teil wurden Bestimmungen des GütbefG übertreten (Mitführen der erforderlichen Unterlagen), wobei in jedem Fall nur die Mindeststrafe verhängt wurde. Auch hier wird ein mit den in der genannten Liste des Anhangs IV der Verordnung enthaltenen Verstößen vergleichbarer Schweregrad nicht einmal ansatzweise erreicht.
Auch bezüglich des Alkoholdeliktes, welches in fünf Jahren nur ein Mal vorkam, wurde die Mindeststrafe verhängt, zumal der Grenzwert an Alkohol pro l Atemluft nur geringfügig überschritten wurde und sich der handelsrechtliche Geschäftsführer sogleich einsichtig und reumütig gezeigt hatte.
Bezüglich der Übertretungen nach dem KFG und dem GütbefG konnte der handelsrechtliche Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dartun, im Unternehmen der Beschwerdeführerin ein wirksames (Kontroll-)System etabliert zu haben, wodurch vermieden werden kann, dass vorgeschriebene Dokumente von Fahrern nicht mitgeführt werden. Auch bezüglich der hinsichtlich aller Fahrzeuge abgeschlossenen Serviceverträge erscheint es dem Gericht glaubhaft, dass relevante Mängel an den Fahrzeugen ausgeschlossen werden können.
Insgesamt kann im vorliegenden Fall auf Grund der getroffenen Feststellungen betreffend die Art und Anzahl der Verstöße unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung nicht der Schluss gezogen werden, der handelsrechtliche Geschäftsführer sei nicht oder nicht mehr als zuverlässig anzusehen (vgl. VwGH 29.04.2015, Ra 2015/03/0018; VwSlg. 18.170 A/2011).
Die von der belangten Behörde angeführten Verwaltungsübertretungen waren sohin in ihrer Summe nicht als schwerwiegend zu werten und reichen nicht zur Entfernung des handelsrechtlichen Geschäftsführers aus. Auch die erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung ergab, dass eine Entziehung der gegenständlichen Konzession von 8 Kraftfahrzeugen und 8 Fahrern nicht verhältnismäßig ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die Revision ist unzulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der im Sinne des Art. 133 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht einerseits nicht von der gesicherten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab und kann sich andererseits auf den eindeutigen, klaren Gesetzeswortlaut stützen.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Güterbeförderungsgewerbe; Konzession; Entziehung; schwerwiegender Verstoß;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.933.001.2020Zuletzt aktualisiert am
22.12.2020