TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/17 W208 2229402-1

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Veröffentlicht am 17.06.2020
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Entscheidungsdatum

17.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18 Abs1 Z2 litb
GebAG §19 Abs2
GebAG §23
GebAG §3 Abs1 Z2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2229402-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde der Revisorin des Oberlandesgerichtes WIEN gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes MEIDLING vom 25.07.2018, Zl. XXXX , wegen Zeugengebühren zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG mit der Maßgabe stattgegeben, dass der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass Punkt 2.) ersatzlos entfällt und die Summe der bestimmten Gebühren des Zeugen Dkfm. XXXX für die Teilnahme an der Verhandlung am 27.06.2018 € 4,80 beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Mitbeteiligte Dkfm. XXXX (im Folgenden: Zeuge) wurde in einer mündlichen Verhandlung am 27.06.2018 – nach Terminverlegung vom ursprünglich angesetzten Termin für den 03.05.2018 – in dem Verfahren XXXX vor dem Bezirksgericht MEIDLING (im Folgenden: BG) von 11:30 Uhr bis 11:40 Uhr als Zeuge einvernommen und seine Anwesenheit bis 12:00 Uhr bestätigt.

Die Ladung war dem Zeugen am 30.04.2018 persönlich an seiner Wohnadresse in XXXX , zugestellt worden.

Mit Schreiben vom 05.07.2018 machte der Zeuge einen Verdienstentgang in Höhe eines halben Beratungstages im Betrag von € 380,00 geltend und legte eine Bestätigung vom 04.07.2018 vor, wonach ihm ein näher genanntes Unternehmen bestätigte, dass er zwei- bis drei Tage wöchentlich in deren Büro in XXXX bei SALZBURG oder in BAYERN als Berater auf Werkvertragsbasis tätig sei, im Normalfall zwischen Dienstag und Donnerstag. Dies wäre auch am Mittwoch, dem 27.06.2018 der Fall gewesen. Aus dem Werkvertrag würde sich ein Tagessatz von € 760,00 brutto ergeben.

Mit Verbesserungsauftrag des Vorstehers des BG vom 06.07.2018 wurde der Zeuge aufgefordert, binnen 14 Tagen ein beiliegendes Formular zur Erklärung der Selbstständigkeit auszufüllen und zu belegen, dass der von ihm geforderte Geldbetrag unwiderruflich verloren gegangen sei. Begründend wurde ausgeführt, dass von einem tatsächlichen Verdienstentgang bei einem selbstständigen Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden könne, wenn während der Erfüllung der Zeugenpflicht versäumte Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren gegangen sei. Er werde darauf hingewiesen, dass er seit dem 30.04.2018 Kenntnis von der Verhandlung gehabt habe und es ihm zumutbar gewesen wäre, seine Termine zu verschieben oder einen Stellvertreter zu beauftragen.

In daraufhin ergangenem Schreiben vom 15.07.2018 brachte der Zeuge im Wesentlichen vor, dass der von ihm genannte Geldbetrag eines halben Tagsatzes ein konservativ angesetzter Betrag sei, der unwiderruflich verloren gegangen sei, da er seinen Kundenauftrag in Salzburg am 27.06.2018 nicht habe wahrnehmen können. Als Einzelunternehmer habe er keine Vertretung beauftragen können. Da die Erfüllung des Kundenauftrages darüber hinaus seine persönliche, wöchentliche Präsenz von mindestens zwei Tagen zwischen Dienstag und Donnerstag bei seinem Kunden erfordere und jede Terminverschiebung einen anderen Arbeitstag in Anspruch genommen hätte, wäre der Verdienstentgang im Fall einer solchen Verschiebung nicht geringer ausgefallen. Abschließend ersuchte er nochmals um Bewilligung der Entschädigung und legte gleichzeitig das unterfertigte Formular zur Erklärung der Selbstständigkeit vor.

2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid des Vorstehers des BG vom 25.07.2018 wurden die Gebühren des Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung gemäß dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) mit insgesamt € 384,80 davon unter Punkt 2. „Entschädigung für Zeitversäumnis (§§ 17-18)“ ein tatsächlicher Verdienstentgang von € 380,00 (1/2 Beratungstag) bestimmt. (Der Punkt 1. „Reisekosten“ iHv € 4,80 für zwei Fahrscheine á € 2,40 ist mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.)

Begründend wurde lediglich ausgeführt, die Entscheidung finde in den angegebenen Bestimmungen des GebAG ihre Deckung.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 08.08.2018 fristgerecht eingebrachte Beschwerde der Revisorin des Oberlandesgerichtes WIEN. In dieser wird der Bescheid insofern angefochten, als dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von € 380,00 zugesprochen wurde, und begehrt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Zeugengebühren in diesem Punkt gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG mit € 42,60 (Pauschalgebühr für 3 Stunden zu je € 14,20) bestimmt werden. Der Zuspruch der Reisekosten iHv € 4,80 blieb hingegen unbestritten.

Begründend wird insbesondere Folgendes ausgeführt: Im gegenständlichen Fall habe der Zeuge eine Bestätigung über einen Werkvertrag vorgelegt, welche aber als Grundlage für den Nachweis eines konkreten Verdienstentganges nicht geeignet sei. Überdies gehe aus der Bestätigung nicht hervor, dass es nicht möglich gewesen wäre den Termin zu verschieben. Die Ladung zur Verhandlung am 27.06.2018 sei am 30.04.2018 vom Zeugen entgegengenommen worden. Es wäre also Zeit gewesen den Termin so zu disponieren, dass keine Beratungstätigkeit ausfalle. Aus dem Akt gehe hervor, dass es sich bei der Ladung um eine Terminverlegung vom ursprünglich angesetzten Termin für den 03.05.2018 gehandelt habe. Die Terminverschiebung sei aufgrund eines Schreibens des Zeugen vom 19.04.2018, in dem er um einen Termin im Juni gebeten habe und lediglich den 22.06.2018 ausgeschlossen habe erfolgt. Bezüglich der Wochentage habe er darum gebeten, einem Montag oder Freitag den Vorzug zu geben, was die Interpretation zulasse, dass die anderen Wochentage nicht als Termine auszuschließen seien. Im Schreiben vom 15.07.2018 habe der Zeuge seinen Verdienstentgang damit begründet, dass die Beratungstätigkeit an keinem anderen Wochentag habe abhalten können. Dies stehe aber im Widerspruch zu seinem Werkvertag, aus dem hervorgehe, dass er im Zeitraum zwischen Dienstag und Donnerstag flexibel 2-3 Tage tätig sei. Daher hätte er durchaus, den Mittwoch, an dem die Verhandlung stattgefunden habe, auslassen können. Ein tatsächlicher Einkommensentgang liege nur vor, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verlorenging und die Tätigkeit an einem anderen Termin nicht möglich gewesen sei.

4. Mit Schreiben vom 05.03.2020, eingelangt am 09.03.2020, legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zur Entscheidung vor.

5. Das BVwG veranlasste mit Schreiben vom 11.03.2020 eine Beschwerdemitteilung an die Parteien des Grundverfahrens sowie den Zeugen und räumte diesen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme binnen zweier Wochen ein. Dem Zeugen wurde weiters aufgetragen, binnen dieser Frist Beweismittel vorzulegen, die die Unverschiebbarkeit seiner Beratungstätigkeit und den tatsächlichen Entgang des angesprochenen Einkommens bescheinigen würden (zB Auszüge aus Auftragsbüchern, Rechnungen etc. im Zeitraum Juni/Juli 2018).

6. In der daraufhin am 26.03.2020 per E-Mail eingebrachten Stellungnahme führte der Zeuge aus, dass er der Aufforderung vom 11.03.2020 über die Vorlage von Beweismitteln nicht nachkommen könne, da der damit verbundene Zeitaufwand für ihn wirtschaftlich nicht vertretbar sei. Er würde daher auf die beantragte Entschädigungszahlung verzichten.

Die Zustellung der Beschwerdemitteilungen an die übrigen Parteien erfolgte am 12.03.2020. Diese gaben keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I.1. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Der Zeuge ist als Unternehmensberater mit seiner Firma „ XXXX “ selbstständig erwerbstätig.

Es kann nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe der Zeuge aufgrund der Teilnahme an der Verhandlung einen Einkommensentgang erlitten hat.

Überdies wird festgestellt, dass der Zeuge selbst auf die Zahlung der „Entschädigungszahlung“ verzichtet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

Gemäß § 19 Abs 2 GebAG hat der Zeuge die Umstände die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu bescheinigen. Nach der ständigen Rsp des VwGH bedeutet „bescheinigen“, dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss (VwGH 18.09.2000, 96/17/0360; 08.09.2009, 2008/17/0235; 20.06.2012, 2010/17/0099).

Der Zeuge hat durch seine entsprechenden Erklärungen bescheinigt, dass er als Unternehmensberater selbstständig erwerbstätig ist.

Der Zeuge verwies bei der Geltendmachung des Betrages iHv € 380,00 lediglich darauf, dass dies ein „konservativ angesetzter“ Betrag sei, der unwiderruflich verloren gegangen sei, da er seinen Kundenauftrag in Salzburg am 27.06.2018 nicht habe wahrnehmen können. Dazu übermittelte er die Bestätigung seines Kunden, wonach sich dieser Tagessatz von € 760,00 brutto aus dem Werkvertrag ergeben würde. Der Betrag iHv € 380,00 sei somit die Hälfte des Tagessatzes.

Diese Beweismittel sind jedoch nicht geeignet, einen konkreten Verdienstentgang zu bescheinigen, sondern lediglich allenfalls ein fiktiv nach Durchschnittsätzen errechnetes Einkommen. Dieses ist jedoch für die Beurteilung des Sachverhalts ohne Bedeutung, da es gerade kein „tatsächlich entgangenes Einkommen" iSd § 3 Abs 1 Z 2 GebAG darstellt (siehe Punkt 3.3.).

Ob sich der Zeuge durch einen Kollegen hätte vertreten lassen können, ist ebenfalls unerheblich, da eine Vertretung tatsächlich nicht stattgefunden hat und er auch keine Stellvertreterkosten geltend gemacht hat.

Der Zeuge hat keine konkreten Leistungen genannt, welche er infolge der Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht erbringen habe können. Dem Zeugen ist es somit nicht gelungen zu bescheinigen, dass er einen Einkommensentgang erlitten hat.

Dies wird auch vom Zeugen selbst eingeräumt, wenn er in seiner Stellungnahme am 26.03.2020 angibt, der Aufforderung über Beweismittelvorlage nicht nachkommen zu können und schließlich auch ausdrücklich auf die ursprünglich beantragte „Entschädigungszahlung“ verzichtet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung liegt somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Auch hinsichtlich des Beschwerdebegehrens nach § 9 Abs 1 Z 4 VwGVG ist eine Bindung des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich zu verneinen; allerdings ist eine durch die Prozesserklärung bewirkte Teilrechtskraft (etwa von einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides) vom Verwaltungsgericht zu beachten (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K6).

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 26.01.2012, 2009/09/0187 und in diesem Sinne wohl auch 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) ist nicht erforderlich. Die vorgelegten Verfahrensakten lassen nicht erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist sowohl der Beschwerdeführerin als auch der Verwaltungsbehörde bekannt. Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von solcher Komplexität, dass es dazu Erläuterungen in einer Verhandlung bedürfte.

Ein Entfall der Verhandlung widerspricht weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl 1958/210, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389.
Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebung durch BVwG)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) lauten:

„Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.       die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. […]

Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1.         14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2.         anstatt der Entschädigung nach Z 1
a)         beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b)         beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c)         anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d)         die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.“

Geltendmachung der Gebühr

§ 19. (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 binnen vier Wochen nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen. Dies gilt für die Beiziehung zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen (§ 2 Abs. 1) mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr bei dem Gericht geltend zu machen hat, das den Sachverständigen bestellt hat.

(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren § 3 Abs. 2), zu bescheinigen. [...]

Zahlung der Gebühr. Zurückzahlung

§ 23. (1) Die Gebühr ist dem Zeugen aus den Amtsgeldern des Gerichtes, ist aber ein Kostenvorschuß erlegt worden, aus diesem kostenfrei zu zahlen. [...]
(3) Wird die Gebühr durch eine Rechtsmittelentscheidung herabgesetzt oder übersteigt der dem Zeugen gezahlte Vorschuß die rechtskräftig bestimmte Gebühr, so hat der Zeuge den zuviel gezahlten Betrag zurückzuzahlen. Hierzu ist er unter Setzung einer Frist von 14 Tagen aufzufordern. Bei nicht rechtzeitiger Zurückzahlung ist der Betrag vom Zeugen nach den für die Einbringung der gerichtlichen Gebühren und Kosten geltenden Vorschriften einzubringen.“

In der Regierungsvorlage zu BGBl. 136/1975 [zu Abs. 2 (gemeint: § 18 Abs. 2 GebAG)] wurde ausgeführt: „Der Ersatz [nach § 1 Z 2] soll dem Zeugen aber nur dann zustehen, wenn er seine Ansprüche bescheinigt (s. Abs. 2). Die Art der Bescheinigung wird verschieden sein, je nachdem, ob es sich um einen unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigen handelt. Der Lohn- oder Gehaltsempfänger wird in der Regel eine Bestätigung seines Arbeitgebers beizubringen haben, aus der hervorgeht, dass ihm wegen der Befolgung seiner Zeugenpflicht für jede Stunde seiner Abwesenheit von der Arbeit ein bestimmter Betrag an Arbeitseinkommen, das heißt auf dasjenige, was der Zeuge auf die Hand bekommen hätte. Ausdrücklich wird bestimmt, dass auch die dem Zeugen zusätzlich zu seinem Lohn oder Gehalt zustehende Vergütungen zu ersetzen sind (Abs. 1). Bei einem selbständig Erwerbstätigen wird im Einzelfall zu prüfen sein, welche Bestätigung entspricht […].“

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entschädigung für Zeitversäumnis gebührt dem Zeugen nur, soweit er in dem in § 17 GebAG genannten Zeitraum (i.e. jener Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss) durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet (vgl. VwGH 25.05.2005, Zahl: 2005/17/0085), denn das GebAG will dem Zeugen die mit seiner Mitwirkung an der Rechtspflege verbundenen finanziellen Einbußen ausgleichen, ihn aber nicht entlohnen (s. Krammer/Schmidt, SDG - GebAG³ [2001] Anmerkung 6 zu § 18 GebAG).

Nach stRsp des VwGH kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen iSd § 18 Abs 1 Z 2 lit b GebAG ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten (VwGH 22.11.1999, 98/17/0357).

Die Frage der BESCHEINIGUNG muss von jener der BEHAUPTUNG eines konkreten Vermögensschadens unterschieden werden. Der selbständig erwerbstätige Zeuge hat KONKRET den Entgang einer oder mehrerer Verdienstmöglichkeiten zu behaupten, was in vielen Fällen eine Aufgliederung erforderlich macht. Lediglich für die DARTUUNG eines solcherart konkret behaupteten Vermögensschadens begnügt sich das Gesetz mit einer Bescheinigung (Glaubhaftmachung), dh, dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss. Ob hiefür die bloßen Behauptungen des Antragstellers genügen, ist von Fall zu Fall zu prüfen (VwGH 25.05.2005, 2004/17/0004).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren ausschließlich die in Punkt 2. des bekämpften Bescheides bestimmte Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß §§ 17, 18 Abs 1 Z 2 lit b GebAG iHv € 380,00. Der Spruchpunkt 1. des Bescheides (Reisekosten iHv € 4,80) ist mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.

Die Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 18 Abs 1 Z 2 lit b GebAG umfasst gemäß § 3 Abs 1 Z 2 GebAG beim selbständig Erwerbstätigen das durch die Befolgung der Zeugenpflicht tatsächlich entgangene Einkommen.

Die Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs 1 Z 2 GebAG umfasst sowohl den Grund des Anspruches als auch dessen Höhe (vgl. VwGH 15.04.1994, 92/17/0231).

Unter dem „tatsächlich entgangenen Einkommen" ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittsätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Vielmehr kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren gegangen ist, also ein konkreter Vermögensschaden. Die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbstständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, können idR bezeichnet, beschrieben und allenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden (siehe Gebührenanspruchsgesetz [GebAG 1975], bearbeitet und kommentiert von Mag. Erich FEIL, siebente Auflage, Wien 2015, S. 35 und die vorne zitierte Judikatur des VwGH).

Dem Zeugen soll die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs 2 iVm § 19 Abs 2 GebAG dann gebühren, wenn er die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, bescheinigt.

Wie oben in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist dies dem Zeugen im vorliegenden Fall nicht gelungen und hat er vielmehr nach diesbezüglicher Aufforderung durch das BVwG in seiner Stellungnahme am 26.03.2020 eingeräumt, einer Beweismittelvorlage nicht nachkommen zu können und daher schließlich auch ausdrücklich auf die „Entschädigungszahlung“ verzichtet. Daher konnte nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe der Zeuge aufgrund der Teilnahme an der Verhandlung einen Einkommensentgang erlitten hat.

Damit scheidet nicht nur die Zuerkennung eines tatsächlich entgangenen Einkommens nach § 18 Abs 1 Z 2 lit b GebAG, sondern auch jene einer Pauschalentschädigung nach Z 1 leg cit aus, zumal diese die Bescheinigung des Grundes des Anspruches erfordert, welcher in einem Vermögensnachteil liegen muss (§ 18 Abs 2 iVm § 3 Abs 1 Z 2 GebAG). Die Voraussetzungen, dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß §§ 17, 18 GebAG zuzuerkennen, sind somit im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Dem angefochtenen Bescheid haftet vor diesem Hintergrund eine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG an, sodass der Beschwerde mit der im Spruch genannten Maßgabe stattzugeben ist.

Sollte dem Zeugen der Mehrbetrag von € 380,00 bereits ausbezahlt worden sein, so hätte er diesen zurückzuzahlen. Hierzu wäre er von der Behörde unter Setzung einer Frist von 14 Tagen aufzufordern; bei nicht rechtzeitiger Zurückzahlung ist der Betrag vom Zeugen nach den für die Einbringung der gerichtlichen Gebühren und Kosten geltenden Vorschriften einzubringen (§ 23 Abs 3 GebAG).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Bescheinigungspflicht Einkommensentgang Entschädigung Entschädigungsantrag selbstständig Erwerbstätiger Verdienstentgang Verzicht Zeitversäumnis Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2229402.1.00

Im RIS seit

22.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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