TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/3 96/01/1064

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.1997
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs3;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Laszlo-Attila Dallos in Wels, vertreten durch

Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 4, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1996, Zl. Gem(Stb)-37247/5-1996/Sch, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Rumäniens, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf sein minderjähriges Kind Tamas gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Z. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311/1985 (StbG), (im angefochtenen Bescheid mit BGBl. Nr. 505/1994 zitiert), abgewiesen.

Die belangte Behörde gründete die Abweisung des Antrages im wesentlichen darauf, daß die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte engagierte Berufsausübung und die damit verbundene materielle Absicherung der Existenz sowie die Führung eines auch in den sozialen Bereichen untadeligen Lebenswandels als selbstverständliche Lebenshaltung anzusehen sei und nicht das Kriterium des besonders berücksichtigungswüridgen Grundes, der die frühzeitige Verleihung der Staatsbürgerschaft rechtfertige, zu erfüllen vermöge. Auch die dem Beschwerdeführer zuerkannte Flüchtlingseigenschaft bilde für sich allein noch keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft. Was den Standpunkt anbelange, daß aufgrund der Rechtsprechung der belangten Behörde bis zum Jänner 1996 vergleichbare Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft positiv erledigt worden seien und daher eine derartige positive Erledigung auch für Staatsbürgerschaftsansuchen vorzusehen sei, die vor diesem Zeitpunkt eingebracht worden seien, werde festgestellt, daß sich die Beurteilung eines staatsbürgerschaftlichen Sachverhaltes nicht nach der Antragstellung, sondern nach dem Abschluß des Ermittlungsverfahrens vor Entscheidung richte. Bei Abwägung der dargelegten Gesichtspunkte sei die belangte Behörde daher zur Überzeugung gelangt, daß keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vorlägen, die eine frühzeitige Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer rechtfertigten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. das Erkenntnis vom 16. Oktober 1996, Zl. 96/01/0573, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Unbestritten ist, daß der (im Jahre 1964 geborene) Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt, weil er nach dem mit dem Inhalt der Verwaltungsakten übereinstimmenden Beschwerdevorbringen erst seit Jänner 1989 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hat. Von der belangten Behörde zu prüfen war daher, ob gemäß § 10 Abs. 3 leg. cit. vom Erfordernis des zehnjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes wegen Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes abgesehen werden kann.

Als solchen hat der Beschwerdeführer zunächst seine Stellung als anerkannter Konventionsflüchtling im Zusammenhang mit seiner fortgeschrittenen Integration, die sich insbesondere durch seine anerkennenswerte Arbeitsleistung zeige, und seiner Verbundenheit mit Österreich geltend gemacht. In einer ergänzenden Stellungnahme hat der Beschwerdeführer auf die sich ihm bietende - an den Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft gebundene - Gelegenheit verwiesen, nach Ablegung der Meisterprüfung in den Geschäftsführungsbereich der Z. & K. Ges.m.b.H. einzutreten, sowie auf die bisher geübte Vollzugspraxis österreichischer Verwaltungsbehörden, wonach die vor dem 1. Jänner 1996 gestellten Staatsbürgerschaftsansuchen positiv erledigt worden seien.

Wie der Beschwerdeführer richtig erkannt hat, stellt das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft für sich allein keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG dar, sondern ist erst bei der Ermessensübung gemäß § 11 zweiter Satz StbG "gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention ist "(vgl. für viele andere z.B. die hg. Erkenntnisse vom 22.Mai 1996, Zl. 96/01/0091, und vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0091). Diese Ermessensübung kann erst dann einsetzen, wenn alle Verleihungsvoraussetzungen im Sinne des § 10 StbG - somit bei einer das Ausmaß von zehn Jahren unterschreitenden Dauer des Hauptwohnsitzes auch das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes - gegeben sind. Liegt aber ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund nicht vor, kann auch die in § 11 zweiter Satz StbG verankerte Bedachtnahme auf die Flüchtlingseigenschaft eines Verleihungswerbers nicht dazu führen, daß in Ausübung des freien Ermessens von der angeführten Verleihungsvoraussetzung abgesehen werden könnte. Dies schließt aber nicht die Verpflichtung der Behörde aus, daß auf das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft in Fällen, in denen alle Verleihungsvoraussetzungen des § 10 StbG - somit auch in Fällen des § 10 Abs. 3 leg. cit. - gegeben sind, besonders Bedacht zu nehmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. April 1997, Zl. 96/01/0513).

Die zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgeübte (hier: unselbständige) Erwerbstätigkeit stellt nach § 10 Abs. 1 Z. 7 eine zwingende Verleihungsvoraussetzung dar. Die Ausübung einer Beschäftigung an sich kann daher nicht als "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 leg. cit. angesehen werden (vgl. dazu die bereits zitierten hg. Erkenntnisse, Zlen. 95/01/0091 und 96/01/0091).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er beabsichtige, die Geschäftsführung der Z. & K. Ges.m.b.H. zu übernehmen, wenn er die dafür vorgesehene Meisterprüfung ablegen könne, wofür der Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft Voraussetzung sei, ist entgegenzuhalten, daß die engagierte Ausübung seines Berufes und die damit im Zusammenhang stehenden besonderen Ambitionen in bezug auf sein berufliches Fortkommen ausschließlich im privaten Interesse des Beschwerdeführers liegen und daher nicht geeignet erscheinen, einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG darzustellen. Es erübrigt sich somit auch zu prüfen, ob nach der Gewerbeordnung für die Zulassung eines Nähmaschinenmechanikers zur Meisterprüfung der Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft erforderlich ist. Ebensowenig wird durch die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Integration in die Gesellschaft ein die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 3 leg. cit. rechtfertigender besonders berücksichtigungswürdiger Grund aufgezeigt, ist doch das Bemühen um Integration im sozialen Bereich als selbstverständlich zu erwartende Lebenshaltung anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1988, Zl. 86/01/0191).

Auch die geltend gemachte Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich kann angesichts des Umstandes, daß für die Erfüllung der in § 10 Abs. 1 StbG normierten zehnjährigen Wohnsitzdauer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch mehr als zwei Jahre fehlten, nicht als besonders berücksichtigungswürdiger Grund angesehen werden.

Schließlich vermag auch das Argument, daß aufgrund bisheriger Behördenpraxis vor dem 1. Jänner 1996 gestellte, vergleichbare Staatsbürgerschaftsansuchen positiv erledigt worden seien, der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da der Beschwerdeführer aus der behaupteten Vollzugspraxis österreichischer Verwaltungsbehörden keinen Rechtsanspruch ableiten kann, sodaß er durch ein allenfalls als Abgehen von solchen Gepflogenheiten zu wertendes Vorgehen der Behörde in keinem subjektiven Recht verletzt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. April 1997, Zl. 96/01/0568).

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, die belangte Behörde habe die ihr zur bescheidmäßigen Erledigung eingeräumte Frist von 6 Monaten überschritten, macht er damit keinen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Frage stellenden Verfahrensmangel geltend. Auch kommt dem Umstand, daß die belangte Behörde in der Lage gewesen wäre, ihre Entscheidung zu einem früheren Zeitpunkt zu treffen, wodurch das Ansuchen des Beschwerdeführers - seiner Ansicht nach - noch im Sinne der von ihm aufgezeigten früheren Entscheidungspraxis der belangten Behörde entschieden worden wäre, für die Frage einer allfälligen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides keine Bedeutung zu (vgl. in diesem Zusammenhang die hg. Erkenntnisse vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0745, und vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340).

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin frei von den in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeiten, sodaß diese gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996011064.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten