Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr, Dr. Schwarz und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, über die Revision des N S B, in M, vertreten durch Mag. Michael Rebasso, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Ferstelgasse 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 1. Oktober 2019, Zl. 405-11/157/1/14-2019, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein russischer Staatsangehöriger, stellte am 3. Jänner 2019 um 09.40 Uhr bei der österreichischen Botschaft in Moskau persönlich den Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ gemäß § 44 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).
2 Die belangte Behörde wies diesen Antrag mangels Vorliegen eines Quotenplatzes zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass für Drittstaatsangehörige und deren Familienangehörige, die sich ohne Erwerbsabsicht auf Dauer in Österreich niederlassen dürfen, in Salzburg 40 Niederlassungsbewilligungen erteilt werden dürfen, der gegenständliche Antrag aber an 43. Stelle gereiht sei.
3 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Antrag des Revisionswerbers mit dem Antragszeitpunkt („3.1.2019 09:40:48“) in das Quotenregister 2019 eingegeben und auf dem Quotenplatz 43 gereiht worden sei. Im Quotenregister schienen das Eingangsdatum und die genaue Eingangsuhrzeit auf und die Anträge würden im Register automatisch chronologisch gereiht. Für die auf den Quotenplätzen 1 bis 40 gereihten Anträge sei jeweils eine „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ erteilt worden. Die EDV-technische Lösung des Quotenregisters sei von den zuständigen „Abteilung[en] des Landeshauptmannes von Salzburg“ beauftragt und technisch umgesetzt worden. Die Eingabe der einzelnen Anträge in das Quotenregister erfolge durch die jeweilige für den Antrag zuständige Bezirksverwaltungsbehörde.
5 Beweiswürdigend hielt das Verwaltungsgericht fest, der Quotenplatz des Revisionswerbers ergebe sich aus dem Auszug aus dem Quotenregister 2019 für das Bundesland Salzburg. Die Feststellung, wonach die technische Entwicklung und Umsetzung des Quotenregisters durch den Landeshauptmann von Salzburg erfolge, gründe sich auf die vom Vertreter des Referats Wahlen und Staatsbürgerschaft „des Landeshauptmannes von Salzburg“ übermittelten Unterlagen. Zur Eingabe der einzelnen Anträge in das Quotenregister hätten die Vertreterin der belangten Behörde und der als Zeuge einvernommene Mitarbeiter des Referats Wahlen und Staatsbürgerschaft übereinstimmend angegeben, dass die Anträge aus den Berufsvertretungsbehörden vom Landeshauptmann per E-Mail übermittelt und diese Anträge samt Datum und Uhrzeit von den Mitarbeitern der Bezirksverwaltungsbehörden in das Programm eingegeben würden.
6 In seinen rechtlichen Erwägungen verwies das Verwaltungsgericht zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2013, 2011/22/0120, demzufolge auf den Zeitpunkt des Einlangens des Antrages bei der Berufsvertretungsbehörde im Ausland abgestellt werden müsse, wenn die Berufsvertretungsbehörde die Behörde im Sinn des § 12 Abs. 2 NAG sei, die den Antrag entgegenzunehmen habe. Die Reihung im Quotenregister habe daher nach dem Zeitpunkt des Einlangens des Antrages bei der zuständigen Berufsvertretungsbehörde zu erfolgen. Die Eingabe des Antrags des Revisionswerbers in das Quotenregister entspreche hinsichtlich Datum, Uhrzeit und Reihung dem § 12 Abs. 2 erster Satz NAG. Im Jahr 2019 seien bereits „40 quotenpflichtige Anträge“ auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit“, die zeitlich vor dem Antrag des Revisionswerbers gestellt worden seien, positiv erledigt worden. Der Antrag sei daher zu Recht mangels Vorliegen eines Quotenplatzes zurückgewiesen worden.
Dem Vorbringen des Revisionswerbers, wonach kein gesetzeskonformes Quotenregister vorliege, weil dieses von den Bezirksverwaltungsbehörden geführt werde, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, das EDV-Programm für das Quotenregister werde vom Landeshauptmann von Salzburg, dem auch die Aufsicht obliege, erstellt und zur Verfügung gestellt; lediglich die Eingabe der Anträge in das Quotenregister erfolge durch die ihm unterstellten, gemäß der NAG-Ermächtigungsverordnung 2006 für die Anträge zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden.
Zum Vorbringen des Revisionswerbers, wonach im Quotenregister die Einbringungsbehörde anzuführen sei, hielt das Verwaltungsgericht fest, dass gemäß § 12 Abs. 2 NAG die Anführung der Einbringungsbehörde im Quotenregister nicht vorgesehen und daher nicht erforderlich sei. Gleiches gelte für das Vorbringen, wonach eine Differenzierung nach § 44 und § 46 Abs. 5 NAG vorzunehmen und bei Anträgen nach § 46 Abs. 5 NAG anzugeben wäre, ob ein Fall nach § 12 Abs. 7 NAG vorläge. Zudem sei gegenständlich ein Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ und nicht ein der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung unterliegender Antrag gestellt worden. Es stehe - so das Verwaltungsgericht - dem Gesetzgeber nicht nur frei, Quoten für den Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ festzulegen, sondern auch, welche Aufenthaltstitel er in diese Quote einrechne. Selbst wenn Erteilungen von Aufenthaltstitel nach § 46 Abs. 5 NAG im Quotenregister enthalten sein sollten, würde die Anrechnung dieser Aufenthaltstitel auf die Quote daher keinen Widerspruch zur Richtlinie 2003/86/EG darstellen.
Die in der Beschwerde behaupteten Unschlüssigkeiten des Quotenregisters lägen - so das Verwaltungsgericht mit jeweils näherer Begründung - nicht vor. Die Beweisanträge des Revisionswerbers (auf Beischaffung der 42 Akten, die im Quotenregister vor dem Antrag des Revisionswerbers gereiht gewesen seien, bzw. auf Gewährung von Akteneinsicht) erachtete das Verwaltungsgericht als unzulässige Erkundungsbeweise, weil sie sich lediglich auf die unbestimmte Vermutung gründeten, dass das Eingangsdatum und die Uhrzeit der Anträge nicht richtig protokolliert worden seien. Anhaltspunkte in diese Richtung seien im Verfahren jedoch nicht hervorgekommen.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie sich neben weitergehenden Ausführungen zusammenfassend der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes anschloss.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Zur Zulässigkeit der Revision wird ua. ausgeführt, dass zur Rechtsfrage, ob die Aufnahme von Anträgen auf Familienzusammenführung nach § 46 Abs. 5 NAG in das Quotenregister für „Niederlassungsbewilligungen - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ der Richtlinie 2003/86/EG widerspreche, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Des Weiteren werden Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der - dem Antrag des Revisionswerbers im Quotenregister vorgereihten - Anträge bzw. der dazu geführten Verfahrensakten geltend gemacht.
10 Die Revision erweist sich im Hinblick darauf zwar als zulässig, sie ist jedoch aus nachstehenden Erwägungen nicht begründet.
11 Die relevanten Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten auszugsweise:
„Quotenpflichtige Niederlassung
§ 12. (1) Den Regelungen über die Quotenpflicht unterliegen gemäß § 13:
1. die erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 44 Abs. 1, 46 Abs. 1 Z 2, Abs. 4 und 5, 47 Abs. 4, 49 Abs. 1, 2 und 4 und 56 Abs. 3 und
2. die Zweckänderung eines gültigen Aufenthaltstitels, soweit der beantragte Aufenthaltstitel bei erstmaliger Erteilung quotenpflichtig wäre.
(2) Anträge innerhalb eines Quotenjahres auf Erteilung eines der Quotenpflicht unterliegenden Aufenthaltstitels sind nach dem Datum und der Uhrzeit der Antragstellung bei der Behörde in ein nach Quotenjahren und Quotenarten zu führendes Register, das vom Landeshauptmann zu führen ist, aufzunehmen und diesem Quotenjahr zuzuordnen. Sofern ein Antrag abweichend von § 19 Abs. 1 nicht persönlich gestellt wird, ist im Falle der Behebung des Mangels für die Eintragung in das Register der Zeitpunkt des tatsächlichen persönlichen Erscheinens des Antragstellers bei der Behörde maßgeblich. In einem Quotenjahr gestellte Anträge sind unbeschadet des Erledigungszeitpunktes auf dieses Quotenjahr so lange anzurechnen, wie Quotenplätze im Register vorhanden sind.
(3) Unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels darf ein solcher nur dann erteilt werden, wenn ein aus dem Register nach Abs. 2 zugeordneter Quotenplatz zur Verfügung steht. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels verringert die im Register nach Abs. 2 vorhandene Anzahl von Plätzen. Die konkrete Zuteilung eines Quotenplatzes erfolgt mit Erteilung des Aufenthaltstitels und in den Fällen des § 23 Abs. 2 mit Beauftragung der zuständigen Berufsvertretungsbehörde.
(4) Steht zum Zeitpunkt der Antragstellung oder zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag in diesem Quotenjahr kein Quotenplatz im Register nach Abs. 2 mehr zur Verfügung, so ist - ausgenommen in Fällen der Familienzusammenführung nach § 46 Abs. 1 Z 2 oder Abs. 4 - der Antrag ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen, wobei die Zurückweisungsentscheidung Angaben über die Reihung und die Gesamtzahl der bis zum Entscheidungszeitpunkt gestellten Anträge im Quotenjahr und der zur Verfügung stehenden Quotenplätze zu enthalten hat.
(5) Kann auf Grund der Reihung im Register nach Abs. 2 ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht zurückgewiesen werden, weil noch nicht alle verfügbaren Quotenplätze der betreffenden Quotenart rechtskräftig vergeben worden sind, ist die Erledigung dieses Antrages bis zum Freiwerden eines Quotenplatzes der betreffenden Quotenart oder bis zur Ausschöpfung der betreffenden Quotenart aufzuschieben. Der Aufschub hemmt den Ablauf der Fristen gemäß § 8 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013.
(6) Wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgewiesen oder zurückgewiesen und wurde dagegen Beschwerde erhoben, hat dies keinen Einfluss auf die Reihungen von anderen Anträgen im Register nach Abs. 2. Liegt eine abweisende oder zurückweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichtes des Landes - ausgenommen eine Zurückverweisung gemäß § 28 VwGVG - vor, wird der betreffende Quotenplatz frei.
(7) Ist in Fällen der Familienzusammenführung gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 oder Abs. 4 die Anzahl der Quotenplätze in einem Land ausgeschöpft oder - wenn auch nicht rechtskräftig - zugeteilt, hat die Behörde die Entscheidung über den Antrag aufzuschieben, bis ein Quotenplatz vorhanden ist, sofern sie den Antrag nicht aus anderen Gründen zurückzuweisen oder abzuweisen hat. Ein solcher Aufschub hemmt den Ablauf der Fristen gemäß § 8 VwGVG. Der Fremde oder der Zusammenführende hat zum Stichtag des Aufschubes einen Anspruch auf Mitteilung über den Platz in der Reihung des Registers. Die Mitteilung über die Reihung ist auf Antrag des Fremden einmalig in Bescheidform zu erteilen. Weitere Reihungsmitteilungen können auch in anderer technisch geeigneten Weise, die den Schutz personenbezogener Daten wahrt, ergehen. Drei Jahre nach Antragstellung ist ein weiterer Aufschub nicht mehr zulässig und die Quotenpflicht nach Abs. 1 erlischt.
[...]
Niederlassungsverordnung
§ 13. (1) Die Bundesregierung erlässt über Vorschlag des Bundesministers für Inneres im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates eine Verordnung, mit der für jeweils ein Kalenderjahr die Anzahl der Aufenthaltstitel gemäß §§ 44 Abs. 1, 46 Abs. 1 Z 2, Abs. 4 und 5, 47 Abs. 4, 49 Abs. 1, 2 und 4 und 56 Abs. 3 sowie die Höchstzahl der Beschäftigungsbewilligungen für befristet beschäftigte Fremde festgelegt werden (Niederlassungsverordnung).
(2) In der Niederlassungsverordnung ist getrennt nach Quotenarten die Anzahl der Aufenthaltstitel festzulegen, die
[...]
4. Drittstaatsangehörigen und deren Familienangehörigen, die sich ohne Erwerbsabsicht (§§ 44 Abs. 1 und 46 Abs. 5) auf Dauer in Österreich niederlassen dürfen und
[...]
in dem Kalenderjahr, für das die Verordnung erlassen wird (Quotenjahr), höchstens erteilt werden dürfen. [...]
‚Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit‘
§ 44. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine ,Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit‘ erteilt werden, wenn
1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,
2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
3. deren feste und regelmäßige monatliche Einkünfte der Höhe nach dem Zweifachen der Richtsätze des § 293 ASVG entsprechen.
[...]
Bestimmungen über die Familienzusammenführung
§ 46 [...]
(5) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen gemäß §§ 43 Abs. 2 oder 44 kann eine ,Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit‘ erteilt werden, wenn
1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
2. im Fall von Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen im Sinne des § 44 Abs. 1 ein Quotenplatz vorhanden ist.
[...]“
12 Die relevanten Bestimmungen der Niederlassungsverordnung 2019 - NLV 2019), BGBl. II Nr. 29, lauten auszugsweise:
„Quotenpflichtige Aufenthaltstitel
§ 3. [...]
(5) Im Jahr 2019 dürfen in Salzburg höchstens 436 quotenpflichtige Aufenthaltstitel erteilt werden, hievon
[...]
2. 40 Niederlassungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige und deren Familienangehörige, die sich ohne Erwerbsabsicht auf Dauer in Österreich niederlassen dürfen (§ 13 Abs. 2 Z 4 NAG);
[...]“
13 Die relevante Bestimmung der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (Richtlinie 2003/86/EG), ABl. Nr. L 251 vom 3.10.2003, S 12, lautet auszugsweise:
„Artikel 8
Die Mitgliedstaaten dürfen verlangen, dass sich der Zusammenführende während eines Zeitraums, der zwei Jahre nicht überschreiten darf, rechtmäßig auf ihrem Hoheitsgebiet aufgehalten hat, bevor seine Familienangehörigen ihm nachreisen. Abweichend davon kann ein Mitgliedstaat, dessen bei Annahme der Richtlinie geltendes nationales Recht im Bereich der Familienzusammenführung die Aufnahmefähigkeit dieses Mitgliedstaats berücksichtigt, eine Wartefrist von höchstens drei Jahren, zwischen der Stellung eines Antrags auf Familienzusammenführung und der Ausstellung eines Aufenthaltstitels an Familienangehörige, vorsehen.“
14 Der Revisionswerber bringt vor, dass im Quotenregister - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes - auch die Angabe der jeweiligen Einbringungsbehörde erforderlich sei. Ohne Angabe der Einbringungsbehörde wäre das Quotenregister nicht überprüfbar, weil mögliche Fehleintragungen nicht bis zu ihrer „Wurzel“ zurückverfolgt werden könnten. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auslegung des § 12 Abs. 2 NAG würde dieser Norm einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen, weil die Unmöglichkeit der Überprüfung der Richtigkeit der Eintragungen in das Quotenregister dem Rechtsstaatsprinzip widerspreche. Wären die Eintragungen im Quotenregister um die jeweilige Einbringungsbehörde ergänzt worden, wäre es dem Revisionswerber möglich gewesen, ergänzende Recherchen (etwa hinsichtlich der Öffnungszeiten) durchzuführen. Entsprechende Beweisaufnahmen hätten wiederum die Korrektur einzelner Eintragungen im Quotenregister zur Folge haben können.
In diesem Zusammenhang rügt der Revisionswerber auch unzureichende Feststellungen des Verwaltungsgerichtes dazu, ob die von ihm aufgezeigten Ungereimtheiten tatsächlich auf einer Fehlprotokollierung beruhten oder nicht. Der Begründungspflicht sei nicht entsprochen, wenn lediglich festgehalten werde, dass die fraglichen Eintragungen „möglich“ seien. Auch sei der Beweisantrag auf Beischaffung der 42 vorgereihten Anträge samt Verfahrensakten kein unzulässiger Erkundungsbeweis, weil der Revisionswerber konkrete Unschlüssigkeiten aufgezeigt habe. Darüber hinaus hätte das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Akteneinsicht stattgeben müssen, weil sich die Akteneinsicht auf alle Aktenbestandteile erstrecke und die Richtigkeit der Eintragung der vorgereihten Anträge in das Quotenregister auch die Sache des Revisionswerbers betreffe.
15 Zum behaupteten Erfordernis, die Einbringungsbehörde in das Quotenregister einzutragen, ist zunächst auf die Regelung des § 12 Abs. 2 NAG zu verweisen, der zufolge Anträge auf Erteilung eines der Quotenpflicht unterliegenden Aufenthaltstitels nach dem Datum und der Uhrzeit der Antragstellung bei der Behörde in das Quotenregister aufzunehmen sind. § 12 Abs. 4 NAG sieht wiederum vor, dass die Zurückweisungsentscheidung (mangels Vorhandensein eines Quotenplatzes) Angaben über die Reihung, die Gesamtzahl der bis zum Entscheidungszeitpunkt gestellten Anträge im Quotenjahr und der zur Verfügung stehenden Quotenplätze zu enthalten hat. Die Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP 123) verweisen diesbezüglich auf die für die Zurückweisung „maßgeblichen Angaben“ aus dem Register. Die dargestellten Angaben waren im angefochtenen Erkenntnis (wie auch im zugrunde liegenden Bescheid der belangten Behörde) enthalten. Weder das NAG noch die Erläuterungen sehen eine Bezugnahme auf die konkrete Einbringungsbehörde vor. Bei welcher Einbringungsbehörde der Antrag gestellt wurde, ist auch kein Reihungskriterium.
16 Soweit der Revisionswerber die Angabe der Einbringungsbehörde bzw. die Einbeziehung der weiteren - dieselbe Quotenart betreffenden - Verfahren aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit fordert, ist zur Erteilungsvoraussetzung eines vorhandenen Quotenplatzes (vorliegend nach § 44 Abs. 1 Z 2 NAG) zunächst Folgendes festzuhalten:
17 Nach § 12 Abs. 3 NAG darf ein quotenpflichtiger Aufenthaltstitel nur dann erteilt werden, wenn ein aus dem Quotenregister zugeordneter Quotenplatz zur Verfügung steht. Mit der Erteilung des Aufenthaltstitels erfolgt die konkrete Zuteilung eines Quotenplatzes und die im Register nach § 12 Abs. 2 NAG vorhandene Anzahl von Plätzen verringert sich. Steht zum Zeitpunkt der Antragstellung oder zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag in diesem Quotenjahr kein Quotenplatz im Quotenregister mehr zur Verfügung, so ist nach § 12 Abs. 4 NAG der Antrag ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. § 12 Abs. 5 NAG sieht wiederum vor, dass die Erledigung eines Antrages bis zum Freiwerden eines Quotenplatzes der betreffenden Quotenart oder bis zur Ausschöpfung der betreffenden Quotenart aufzuschieben ist, wenn der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auf Grund der Reihung im Quotenregister nicht zurückgewiesen werden kann, weil noch nicht alle verfügbaren Quotenplätze der betreffenden Quotenart rechtskräftig vergeben worden sind. Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgewiesen oder zurückgewiesen und dagegen Beschwerde erhoben, hat dies nach § 12 Abs. 6 NAG keinen Einfluss auf die Reihungen von anderen Anträgen; der betreffende Quotenplatz wird erst mit der abweisenden oder zurückweisenden Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes frei. Daraus ergibt sich, dass die Zurückweisung eines Antrages nicht bloß an die Reihung im Quotenregister anknüpft, sondern an die rechtskräftige Vergabe aller zur Verfügung stehenden Quotenplätze, wobei die Vergabe bzw. Zuteilung des Quotenplatzes mit der rechtskräftigen Erteilung des Aufenthaltstitels erfolgt.
18 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass für die auf den Quotenplätzen 1 bis 40 gereihten Anträge die beantragten Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ jeweils erteilt worden seien. Damit stand aber zum Zeitpunkt der Zurückweisung des Antrags des Revisionswerbers durch die belangte Behörde kein Quotenplatz mehr zur Verfügung und die Entscheidung erweist sich als rechtmäßig. Auf die seitens des Revisionswerbers mit seinem diesbezüglichen Vorbringen aufgeworfene Frage, ob die der Titelerteilung jeweils zugrunde liegende Eintragung der seinem Antrag vorgereihten Anträge auf einer fehlerhaften Protokollierung beruht oder nicht, kommt es für die Zurückweisung seines Antrages nach dem insofern klaren Wortlaut der Regelung nicht an.
19 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003, G 119/03, verweist und diesbezüglich Zweifel an der Überprüfbarkeit der entscheidungswesentlichen Eintragungen in das Quotenregister äußert, ist dem entgegenzuhalten, dass dem zitierten Erkenntnis eine alte Rechtslage zugrunde lag, nach der die Behörde die Bescheiderlassung über einen Antrag unter Berufung auf das Nichtvorhandensein eines Quotenplatzes und ohne Bezugnahme auf bestimmte Kriterien für die Reihung zurückzustellen hatte. Damit sei - so der Verfassungsgerichtshof - dem Antragsteller die Möglichkeit genommen worden, die Rechtmäßigkeit der Zurückstellung des Abspruchs über seinen Antrag überprüfen zu lassen. Zudem sei die Regelung auch unbestimmt gewesen, weil der Gesetzgeber nicht geregelt habe, wie über zu vergebende Quotenplätze verfügt werden solle.
20 Daraus lässt sich aber angesichts der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 8. März 2005, G 42/04, für die nunmehr maßgebliche Rechtslage nichts ableiten. Der Verfassungsgerichtshof wies darin zunächst darauf hin, dass er bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 14.191/1995 das Quotensystem für die Steuerung der Einwanderungspolitik unter Sachlichkeitsaspekten gebilligt habe. Anschließend legte er dar, dass die - dem Erkenntnis G 119/03 zugrunde liegende - Regelung des § 22 Fremdengesetz 1997 (FrG) in der Fassung vor BGBl. I Nr. 126/2002 nur deswegen gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen habe, weil durch die unbestimmte Regelung „gleichzeitig verhindert“ worden sei, dass der Antragsteller in einem rechtsstaatlichen Verfahren die Kriterien für die Reihung überprüfen lassen könne. Angesichts der unterschiedlichen Verfahrensgestaltung - die dem Erkenntnis G 42/04 zugrunde liegende Regelung des § 23 Abs. 2 FrG 1997 sah bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Bewilligungen eine Antragsabweisung vor - vermochte der Verfassungsgerichtshof hinsichtlich dieser Rechtslage keine verfassungswidrige Unbestimmtheit zu erkennen.
21 Auch nach der nunmehr maßgeblichen Regelung des § 12 NAG hat ein (Zurückweisungs)Bescheid zu ergehen, der die entscheidungsrelevanten Kriterien wie die Anzahl der insgesamt zur Verfügung stehenden Quotenplätze sowie die Reihung des Antragstellers zu enthalten hat. Der Antragsteller kann diese Entscheidung in einer einem rechtsstaatlichen Verfahren entsprechenden Weise überprüfen lassen. Ausgehend davon besteht aber auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen keine Veranlassung, § 12 NAG über seinen Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen, dass im Quotenregister Angaben über die Einbringungsbehörden enthalten sein müssten bzw. bei der Überprüfung der Zurückweisung eines Antrages auch die Eintragung der weiteren - dieselbe Quotenart betreffenden - Anträge in das Quotenregister überprüft werden müsse. Somit kommt dem Vorbringen betreffend den behaupteten Begründungsmangel sowie die Anträge auf Aktenbeischaffung und Akteneinsicht hinsichtlich der 42 weiteren - dieselbe Quotenart betreffenden - Verfahrensakten keine Relevanz zu.
22 Zum Vorbringen des Revisionswerbers, wonach das Quotenregister entgegen der Vorgabe des § 12 Abs. 2 NAG nicht vom Landeshauptmann, sondern von der Bezirksverwaltungsbehörde geführt werde, genügen folgende Hinweise: Zunächst lässt sich aus dem Umstand, dass vorliegend die (gemäß der NAG-Ermächtigungsverordnung 2006, LGBl. Nr. 97/2005, jeweils zuständige) Bezirksverwaltungsbehörde die vom Landeshauptmann übermittelten Angaben faktisch in das Quotenregister einträgt, nicht schließen, dass damit den Bezirksverwaltungsbehörden die Führung des Registers zukommt. Ein derartiger Schluss erscheint schon deshalb nicht angebracht, weil auch die Regelung des § 12 Abs. 2 NAG zwischen der Führung des Registers (durch den Landeshauptmann) und der Aufnahme der Anträge in dieses Register differenziert. Schließlich hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass das hier fragliche landesweite Register vom Landeshauptmann von Salzburg beauftragt sowie technisch eingerichtet wurde und beaufsichtigt wird. Darüber hinaus ist - im Hinblick darauf, dass es für das Nichtvorhandensein eines Quotenplatzes und die darauf gestützte Zurückweisung des Antrags des Revisionswerbers auf die (von ihm nicht bestrittene) Erteilung von Aufenthaltstiteln an die ihm vorgereihten Antragsteller ankommt - nicht ersichtlich, inwieweit der Revisionswerber durch den von ihm behaupteten Mangel in Rechten verletzt sein könnte.
23 Schließlich bringt der Revisionswerber - unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 27. Juni 2006, C-540/03, Rn. 100 - vor, die Aufnahme von Anträgen auf Familienzusammenführung nach § 46 Abs. 5 NAG in das Quotenregister für „Niederlassungsbewilligungen - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ widerspreche Art. 8 der Richtlinie 2003/86/EG. Die Quotenpflicht nach § 46 Abs. 5 Z 2 NAG sei unionsrechtswidrig. Das Verwaltungsgericht hätte die genannte unionsrechtliche Norm beachten und dementsprechend die auf § 46 Abs. 5 NAG beruhenden Anträge bei der Reihung der Quotenplätze unberücksichtigt lassen müssen.
24 Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich beim Antrag des Revisionswerbers nicht um einen solchen auf Familienzusammenführung handelt, weshalb die Richtlinie 2003/86/EG fallbezogen von vornherein nicht zur Anwendung kommt. Ausgehend davon könnte der bloße Umstand der Einrechnung bestimmter Anträge bzw. Aufenthaltstitelerteilungen in die für „Niederlassungsbewilligungen - ausgenommen Erwerbstätigkeit“ vorgesehene Quote - selbst dann, wenn für einzelne dieser Anträge eine Quotenpflicht unzulässig wäre - im vorliegenden Fall keine Unionsrechtswidrigkeit nach sich ziehen.
25 Aus den dargelegten Gründen war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 11. November 2020
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019220233.L00Im RIS seit
04.01.2021Zuletzt aktualisiert am
04.01.2021