TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/15 LVwG-M-7/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2020
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Entscheidungsdatum

15.10.2020

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
NAG 2005 §10 Abs3 Z5
NAG 2005 §20 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch seinen Richter

HR Dr. Pichler über vorliegende Maßnahmenbeschwerde des A, vertreten durch Rechtsanwalt C in ***, ***, gerichtet gegen Organe der Polizeiinspektion *** wegen unmittelbarer Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am Flughafen *** im Zeitraum 09.01.2019 bis 10.01.2019, nach durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen vom 12.12.2019 und 05.08.2020, jeweils am Sitz des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich in St. Pölten, rechtlich erwogen wie folgt und somit zu Recht erkannt:

I.

Vorliegender Maßnahmenbeschwerde wird keine Folge gegeben und diese auch hinsichtlich sämtlich dezidiert angeführter Maßnahmen als

u n b e g r ü n d e t

abgewiesen.

II.

Die durch Organe der Polizeiinspektion *** ausgeübte unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt bezüglich der Verweigerung der Einreise nach Österreich am 09.01.2019 über den Flughafen ***, die erfolgte Anhaltung des Beschwerdeführers im Transitraum des Flughafens *** im Zeitraum 09.01.2019 bis 10.01.2019 sowie die anschließend erfolgte Abschiebung des A in die Türkei am 10.01.2019 erweisen sich als

r e c h t s k o n f o r m.

III.

Der Beschwerdeführer A als unterlegene Partei hat der obsiegenden Partei, der Landespolizeidirektion Niederösterreich, gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung nach Z 3 leg. cit. den Betrag von 57,40 Euro als Ersatz des Vorlageaufwandes, nach Z 4 obzitierter Bestimmung den Betrag von 368,80 Euro als Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie den Ersatz des Verhandlungsaufwandes von 461 Euro binnen der angemessenen Frist von acht Wochen zu bezahlen.

IV.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer A, vertreten durch seinen ausgewiesenen Rechtsanwalt, erhob vorliegende Maßnahmenbeschwerde wegen behaupteter Verletzung der ihm gesetzlich gewährleisteten Rechte auf Einreise nach Österreich und Aufenthalt im Bundesgebiet, der Nichtanhaltung im Transitraum des Flughafens *** sowie Nichtverbringung in die Türkei nach einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und begehrte, unter Verweis auf zitierte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, die Rechtswidrigkeitserklärung der mit dieser Beschwerde bekämpften faktischen Amtshandlungen und Kostenzuspruch.

Im Zuge des erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde dem Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers widersprochen, hat im Rahmen der Unmittelbarkeit das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 12.12.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und diese – nach erfolgtem Richterwechsel – im Rahmen einer fortgesetzten Verhandlung neu durchgeführt und folgenden verfahrensrelevanten Sachverhalt als erwiesen angenommen und folgender rechtlicher Beurteilung zu Grunde gelegt:

Der am *** geborene Beschwerdeführer A ist türkischer Staatsbürger, lebte von Geburt an bis Dezember 2017 in Österreich, hat dieses Land verlassen und war ab diesem Zeitpunkt bis zur versuchten Einreise ins österreichische Bundesgebiet am 09.01.2019 weder in Österreich noch im EU-Raum aufhältig.

Zweck der versuchten Einreise am 09.01.2019 war ein geplanter Familienbesuch des Vaters des Beschwerdeführers, welcher österreichischer Staatsbürger ist und seit Jahren in Österreich seinen ordentlichen Wohnsitz hat.

Hauptzweck, warum der Beschwerdeführer, der rund 15 Jahre durchgehend in Österreich, lebte dieses Land verlassen hat, war, eine höhere Schule in der Türkei zu besuchen und befindet er sich nach derzeitigem Wissensstand noch in universitärer Ausbildung an der Hochschule in ***.

Es besteht die Absicht des Beschwerdeführers, nach Abschluss seines Studiums in Österreich zu arbeiten, wird der ledige Beschwerdeführer finanziell derzeit seitens seines in Österreich lebenden Vaters unterstützt.

Diese Feststellungen blieben auch im Rahmen des gesamten Verfahrens seitens der Verfahrensparteien der Richtigkeit nach unbestritten, verwiesen auch in ihren jeweiligen Schlussausführungen im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.08.2020 die Parteien auf den eigenen Rechtsstandpunkt, begehrten jeweilig in diesem Sinne, unter gleichzeitigem Kostenzuspruch, ihrem Rechtsstandpunkt zu folgen.

Unter Wertung und Würdigung des gesamten Akteninhaltes der im Rahmen der Unmittelbarkeit im Zuge der beiden durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen gewonnenen Erkenntnisse und des unstrittig, obig dargelegten, feststehenden Sachverhaltes kommt nach der Rechtsmeinung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich gegenständlicher Maßnahmenbeschwerde inhaltlich materiell-rechtlich gesehen keine Berechtigung zu.

Entscheidungsrelevant für gegenständlich zu lösende rechtliche Angelegenheit ist die Frage, ob im Zusammenhang mit türkischen Staatsangehörigen deren Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ aufgrund einer längeren Abwesenheit ex lege erloschen und diese daher beim Versuch der Einreise nach Österreich mangels Erfüllen der Einreisevoraussetzungen zurückzuweisen sind.

Gegenständlich türkische Staatsangehöriger, der Beschwerdeführer A, mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, war länger als 24 Monate durchgehend außerhalb des EWR-Gebietes aufhältig.

Auch wenn § 20 Abs 4 NAG auf türkische Staatsangehörige mit Erwerbsabsicht nicht anzuwenden ist, ist eine Besserstellung gegenüber Unionsbürgern zu vermeiden und daher § 10 Abs 3 Z 5 NAG analog anzuwenden, welcher von einem Verlust der Rechtsstellung bei mehr als zweijähriger aufeinanderfolgender Abwesenheit vom Bundesgebiet ausgeht, dieser Fall gegenständlich hier vorliegt.

Daher ist bei diesem türkischen Staatsangehörigen, versehen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, welcher zum Zeitpunkt der versuchten Einreise noch in Studienausbildung stand, von seinem in Österreich lebenden Vater finanziell unterstützt wird, und der sich länger als 24 Monate durchgehend außerhalb des EWR-Raumes aufgehalten hat, dieser Aufenthaltstitel ex lege erloschen bzw. gegenstandslos geworden.

Sohin ist dieser Fremde mangels Erfüllen der Einreisevoraussetzungen und Nichtvorliegen eines Grundes für eine Visums-Erteilung an der Grenze zurückzuweisen, welcher Fall aufgrund obig zitierter Rechtsgrundlagen gegenständlich zur Anwendung zu bringen ist.

Da A zum Zeitpunkt der versuchten Einreise am 09.01.2019 ohne Erwerbsabsicht nach Österreich einreisen wollte, ist der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ gemäß § 20 Abs 4 NAG erloschen, da keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe für die längere Abwesenheit – vorliegende frei gewählte Schulausbildung in der Türkei – vorlagen und hat auch dahingehend im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungsverpflichtung A dies der Behörde zuvor auch nicht mitgeteilt, dazu auf die Bestimmung des § 20 Abs 4 zweiter Satz NAG verwiesen wird.

Da sohin aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens feststeht, dass der Fremde A mangels Erfüllen der Einreisevoraussetzung und Nichtvorliegens eines Grundes für eine Visums-Erteilung an der Grenze zurückzuweisen war, erweist sich gegenständlich bekämpfte unmittelbare Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in sämtlichen Einzelakten wie Nichterstattung der Einreise nach Österreich und Aufenthalt im Bundesgebiet, Anhaltung im Transitraum des Flughafens *** sowie anschließende Verbringung in die Türkei als rechtskonform.

Es war daher gegenständlich fristgerecht eingebrachte Maßnahmenbeschwerde unter Bezugnahme auf die spruchgenannten Kostenbestimmungen abzuweisen, der Beschwerdeführer als unterlegene Partei in die gesetzlich normierten Kostentragungspflicht zu verfällen.

Zum Ausschluss der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Darüber hinaus handelt es sich um keine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen in diesem Einzelfall.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Einreiseverweigerung; Anhaltung;

Anmerkung

VwGH 20.04.2021, Ra 2020/21/0505-4, Revision zurückgewiesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.M.7.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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