Entscheidungsdatum
29.06.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W221 2204808-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (nunmehr: Bundesministerin für Justiz) vom 19.07.2018, Zl. BMJ-Pr12.014/0004-III1/2017,
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.05.2020 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:
„Dem Antrag vom 15.10.2017 auf Zuerkennung einer Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG 1956 für die Dauer der Dienstzuteilung vom 01.02.2016 bis 30.04.2017 wird stattgegeben und festgestellt, dass dem Antragsteller eine Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG 1956 in der Höhe von € 1.827,60 gebührt.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 15.10.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung einer Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG 1956 für die Dauer seiner Dienstzuteilung vom 01.02.2016 bis 30.04.2017. Begründend führte er dazu aus, dass er für einen mehr als sechs Monate dauernden Zeitraum mit den Aufgaben eines höherwertigen Arbeitsplatzes betraut gewesen sei.
Mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz vom 19.07.2018 wurde dieser Antrag abgewiesen. Begründend wird darin ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Aufgaben von Kontrollinspektor T. übernommen habe, der wiederum die Aufgaben von Chefinspektor F. übernommen habe, der wiederum vorübergehend die Aufgaben des Leiters der Kompetenzstelle Aufsicht übernommen habe. Diese vorübergehende Aufgabenteilung in der Kompetenzstelle Aufsicht sollte längstens bis zum Ende der anderweitigen Verwendung des Leiters der Kompetenzstelle aufrechtbleiben. Der Beschwerdeführer habe für die Dauer seiner Dienstzuteilung eine nicht ruhegenussfähige Funktionsabgeltung gewährt bekommen. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Damit sei über die gehaltsrechtlichen Ansprüche des Beschwerdeführers aufgrund seiner Dienstzuteilung bereits entschieden und eine kumulative Zuerkennung der Funktionszulage und Ergänzungszulage sei rechtlich nicht zulässig. Darüber hinaus gebühre einem Beamten die Funktionsabgeltung, wenn er vorübergehend auf einem gegenüber seiner Funktionsgruppe um mindestens zwei Funktionsgruppen höher zugeordneten Arbeitsplatz verwendet werde. Die vorübergehende Verwendung hänge davon ab, ob von vornherein eine zeitliche Begrenzung der Verwendungsdauer bestanden habe oder nicht. Dies liege insbesondere bei einer Tätigkeit vor, die vertretungsweise oder im Zuge einer provisorischen Betrauung oder einer Dienstzuteilung ausgeübt werde. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welchem er ausführte, dass seine über mehr als sechs Monate (15 Monate) dauernde Tätigkeit den gesetzlichen Erfordernissen des § 77a GehG 1956 entsprechen würde. § 77a GehG 1956 enthalte keine Kollisionsregel bezugnehmend auf § 78 Abs. 1 GehG 1956. Daher würde sehr wohl auch bei einem vorangegangenen Zuspruch nach § 78 leg.cit. eine Ergänzungszulage nicht ausgeschlossen sein.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 03.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 21.01.2020 wurde der gegenständliche Akt der Gerichtabteilung W221 neu zugewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.05.2020 in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Rechtsvertreters und der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer befragt wurde und den Parteien Gelegenheit gegeben wurde, zur gegenständlichen Rechtssache Stellung zu nehmen. Die Verhandlung wurde im Einverständnis mit den Parteien aufgrund der aktuellen Lage in Bezug auf COVID-19 und der sonst notwendigen Anreise des Beschwerdeführers aus Tirol mittels Zoom durchgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht als Exekutivbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit seiner Zustimmung wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 01.02.2016 für die Dauer von drei Monaten dem Bundesministerium für Justiz, Kompetenzstelle „Aufsicht“ der Abteilung II 2 der Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehende Maßnahmen zur Dienstleistung zugeteilt. Zweck der Dienstzuteilung war die vorübergehende, vertretungsweise Betrauung mit dem Arbeitsplatz aufgrund der vorübergehenden Abwesenheit des Arbeitsplatzinhabers. Der Beschwerdeführer hat die Arbeitsplatzaufgaben seines Vorgängers wahrgenommen, die sich nicht geändert haben.
Die Dienstzuteilung wurde in weiterer Folge mit dem Einverständnis des Beschwerdeführers um weitere sechs Monate bis zum 31.10.2016 verlängert.
Mit Wirksamkeit vom 01.09.2016 wurde der Beschwerdeführer mit dem Arbeitsplatz „Sachbearbeiter-Direktionsstelle“ in der Justizanstalt XXXX (E2a/2) betraut, wobei die Dienstzuteilung aufrecht blieb.
Die Dienstzuteilung wurde mit Einverständnis des Beschwerdeführers um ein weiteres Jahr bis 31.10.2017 verlängert und endete vorzeitig auf Wunsch des Beschwerdeführers mit Ablauf des 30.04.2017.
Die Dienstzuteilung war immer nur vorübergehend geplant und dies war dem Beschwerdeführer auch bewusst.
Während seiner Dienstzuteilung bezog der Beschwerdeführer das Gehalt E2a, Grundlaufbahn.
Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 28.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 78 Abs. 1 und 3 GehG 1956 für die Dauer seiner Dienstzuteilung eine nicht ruhegenussfähige Funktionsabgeltung vom 01.02.2016 bis 31.08.2016 im Ausmaß von zwei Vorrückungsbeträgen und vom 01.09.2016 bis 30.04.2017 im Ausmaß von einem Vorrückungsbetrag gewährt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Dem Beschwerdeführer wurden daraufhin tatsächlich insgesamt € 861,– ausbezahlt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit den Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung und sind soweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels gegenteiliger Anordnung im BDG oder GehG Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A)
3.1. Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des GehG 1956 lauten wie folgt:
„Ergänzungszulage für bestimmte vorübergehende Verwendungen
§ 77a. (1) Dem Beamten des Exekutivdienstes gebührt eine ruhegenussfähige Ergänzungszulage, wenn
1. er
a) gemäß § 145b Abs. 8 BDG 1979 in Verbindung mit § 145b Abs. 9 erster Satz BDG 1979 mit einer in diesen Bestimmungen angeführten Funktion betraut ist oder
b) für einen sechs Monate überschreitenden Zeitraum mit einer Tätigkeit auf einem Arbeitsplatz betraut ist, ohne damit dauernd oder gemäß § 145d Abs. 1 oder § 145b Abs. 8 BDG 1979 betraut zu sein, und
2. ihm für den Fall einer dauernden Betrauung oder einer Betrauung gemäß § 145d Abs. 1 BDG 1979 mit dieser Verwendung ein Monatsbezug gebühren würde, der den Monatsbezug des Beamten übersteigt.
(1a) Voraussetzung für eine Ergänzungszulage nach Abs. 1 ist, dass der Inhalt des Arbeitsplatzes, mit dem der Beamte gemäß Abs. 1 betraut ist, gleich geblieben ist. Ist die Identität dieses Arbeitsplatzes auf Grund von inhaltlichen Änderungen nicht mehr gegeben oder ist der Beamte mit einem neu eingerichteten Arbeitsplatz gemäß Abs. 1 betraut, gebührt eine Ergänzungszulage nach Abs. 1 nur unter der Bedingung, dass der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit der Bundesministerin oder dem Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport ein Bewertungsverfahren nach den Kriterien des § 143 BDG 1979 durchgeführt hat. Dies gilt insbesondere für Projektarbeitsplätze, die zusätzlich folgende Kriterien erfüllen müssen:
1. die Projektdauer beträgt mindestens sechs Monate und maximal zwei Jahre; in begründeten Ausnahmefällen ist das Überschreiten der Höchstdauer um bis zu sechs Monate möglich, und
2. mit den Qualitäten des Personalplans kann das Auslangen gefunden werden.
(2) Die Ergänzungszulage gebührt,
1. wenn dem Beamten des Exekutivdienstes im Fall einer Betrauung gemäß § 145d Abs. 1 BDG 1979 ein Fixgehalt gebührte, in der Höhe des Unterschiedes zwischen
a) seinem Monatsbezug sowie der Vergütungen nach § 82 bis § 83 und
b) dem jeweiligen Fixgehalt,
2. wenn dem Beamten des Exekutivdienstes, dem eine Funktionszulage gebührt, im Fall einer dauernden Betrauung eine höhere Funktionszulage gebühren würde, in der Höhe des Unterschiedes zwischen
a) seiner Funktionszulage und
b) der jeweiligen höheren Funktionszulage,
abzüglich einer allfälligen Ergänzungszulage nach § 77,
3. wenn dem Beamten des Exekutivdienstes, der sich nicht in der Ausbildungsphase befindet und dem weder ein Fixgehalt noch eine Funktionszulage gebührt, im Fall einer dauernden Betrauung eine Funktionszulage gebühren würde, in der Höhe dieser Funktionszulage abzüglich einer allfälligen Ergänzungszulage nach § 77.
(3) Ist eine im Abs. 1 angeführte Verwendung einer der Funktionsgruppen 8 bis 12 der Verwendungsgruppe E 1 zugeordnet, gelten durch die Ergänzungszulage alle Mehrleistungen des Beamten des Exekutivdienstes in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten. Dabei gilt jener Teil der Ergänzungszulage als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen, der dem Betrag entspricht, der sich gemäß § 74 Abs. 4 letzter Satz oder gemäß § 74a Abs. 4 letzter Satz im Fall einer Ernennung auf den betreffenden Arbeitsplatz ergäbe.
Funktionsabgeltung
§ 78. (1) Einem Beamten des Exekutivdienstes, der vorübergehend, aber an mindestens 29 aufeinanderfolgenden Kalendertagen auf einem gegenüber seiner Funktionsgruppe um mindestens zwei Funktionsgruppen höher zugeordneten Arbeitsplatz verwendet wird, gebührt eine nicht ruhegenußfähige Funktionsabgeltung. Als eine vorübergehende Verwendung gelten insbesondere Tätigkeiten, die vertretungsweise oder im Zuge einer provisorischen Betrauung oder einer Dienstzuteilung ausgeübt werden.
[…]
(5a) Ein Anspruch auf Ergänzungszulage nach § 77a schließt für die Verwendung auf dem betreffenden Arbeitsplatz einen Anspruch auf Funktionsabgeltung aus. Wird der Beamte des Exekutivdienstes während der Zeit, in der er Anspruch auf Ergänzungszulage nach § 77a oder auf eine Verwendungszulage nach § 75 Abs. 4 hat, gemäß Abs. 1 auf einem anderen Arbeitsplatz verwendet, ist für die Ermittlung der Funktionsabgeltung für eine vorübergehende Verwendung auf einem anderen Arbeitsplatz abweichend von den Abs. 1 bis 5 nicht von der Einstufung des Beamten, sondern von der Einstufung des Arbeitsplatzes auszugehen, für den diese Verwendungszulage oder Ergänzungszulage gebührt. Gebührt jedoch dem Beamten eine Verwendungszulage nach § 75 Abs. 2, ist dabei nicht von der der Einstufung des Arbeitsplatzes entsprechenden Funktionszulage auszugehen, sondern von der Funktionszulage, die dem Beamten tatsächlich gebührt.“
3.2. Aus den Erläuterungen ergibt sich zu den genannten Bestimmungen Folgendes:
RV 636 BlgNR 21. GP, 60 f.:
„Die Bestimmungen über diese Ergänzungszulage führten auf Grund des sehr engen Anwendungsbereiches – erfasst sind nur Bedienstete, die im Zuge einer Nachbesetzung vorübergehend zum Beispiel mit einem länger als sechs Monate unbesetzten Arbeitsplatz betraut werden – zu großen Unklarheiten. Die Neufassung der gesamten Regelungen betreffend diese Ergänzungszulage soll die bestehenden Unklarheiten beseitigen. Zu diesem Zweck wird die zentrale Einschränkung: ‚Tätigkeiten im Zuge einer Nachbesetzung von Arbeitsplätzen‘ ersatzlos gestrichen. Dadurch wird der Anwendungsbereich nun auf alle Fälle ausgeweitet, in denen ein Beamter länger als sechs Monate mit einer Tätigkeit auf einem höherwertigen Arbeitsplatz vorübergehend betraut wird. Die in der alten Fassung vorhandenen Regelungen betreffend Projektarbeitsplätze und Sonderfunktionen im Bereich des Exekutivdienstes sind nun von den allgemeinen Regelungen mit umfasst. […]“
Seite 71 f.:
„Die Ergänzungszulage setzt voraus, dass der Beamte vorübergehend mit Aufgaben eines höherwertigen Arbeitsplatzes betraut wird. Die Betrauung erfolgt mit Dienstauftrag. Ein Dienstauftrag kann allerdings unterbleiben, wenn eine höherwertige Tätigkeit bereits auf Grund einer dauerhaft zugewiesenen Stellvertreterfunktion vorübergehend wahrzunehmen ist. Es entspricht den Erfordernissen der Verwaltungspraxis, dass schon aus Gründen der Nachvollziehbarkeit dem Beamten ein schriftlicher Dienstauftrag über die vorübergehende Betrauung ausgefolgt wird. Ist eine Betrauung bereits früher mündlich angeordnet worden, so hat dies auf die Ansprüche des Bediensteten keinen Einfluss. Im Dienstauftrag sollten alle für die Ergänzungszulage relevanten Angaben enthalten sein. Vor allem muss hervorgehen, dass es sich um eine vorübergehende Betrauung handelt und mit welcher Tätigkeit bzw. welchem Arbeitsplatz der Beamte betraut wird und wie diese Tätigkeit bewertet ist. Die vorübergehende Betrauung kann unter Abberufung vom bisherigen Arbeitsplatz oder als Zusatzfunktion zum bisherigen Arbeitsplatz erfolgen. Der Zeitpunkt des Beginnes der Betrauung ist im Dienstauftrag aufzunehmen. Das in Aussicht genommene Ende der Betrauung kann kalendermäßig oder auch nur bestimmbar angegeben sein (zB bis zum Abschluss eines bestimmten Organisationsvorhabens, für die Dauer der Abwesenheit des dauernd betrauten Arbeitsplatzinhabers, usw.). Soll die Betrauung mit Aufgaben eines Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle erfolgen, ist hiefür eine Dienstzuteilung erforderlich. Ein Anspruch auf Ergänzungszulage besteht somit, wenn der Beamte auf Grund vorübergehender Betrauung länger als sechs Monate Aufgaben des anderen Arbeitsplatzes wahrgenommen hat. Ist der Anspruch auf Ergänzungszulage entstanden, gebührt die Ergänzungszulage für die gesamte Dauer der vorübergehenden Betrauung. Der Zulagenanspruch wirkt zurück bis zum Beginn der Wahrnehmung der vorübergehenden Betrauung. Der Zeitpunkt der Wirksamkeit des Anspruches auf Ergänzungszulage ist gemäß § 6 Abs. 3 GehG zu bestimmen. Im Regelfall wird die Ergänzungszulage mit dem auf die Erfüllung und dem Wegfall der Tatbestandsmerkmale des § 36b GehG folgenden Monatsersten zu leisten und einzustellen sein. Einer bescheidmäßigen Zu- und Aberkennung der Ergänzungszulage bedarf es nicht, wenn der Beamte dies nicht ausdrücklich begehrt.“
Seite 74:
„4. Konkurrenz mit anderen Zulagen und sonstigen Bezügen
4.1. Funktionsabgeltung
Gemäß § 37 Abs. 6a GehG schließt ein Anspruch auf Ergänzungszulage für die Verwendung auf dem betreffenden Arbeitsplatz einen Anspruch auf Funktionsabgeltung aus. Eine vorübergehende höherwertige Verwendung kann sowohl den Tatbestand für eine Funktionsabgeltung als auch für eine Ergänzungszulage erfüllen. Auf Grund unterschiedlicher Voraussetzungen der Anspruchsrealisation beider Bezugsteile, ist es möglich, dass zuerst ein Anspruch auf Funktionsabgeltung begründet wird und erst später, nach Ablauf von sechs Monaten vorübergehender Betrauung der Anspruch auf Ergänzungszulage begründet wird. Da der Anspruch auf Ergänzungszulage zurückwirkt auf den, den Beginn der vorübergehenden Betrauung folgenden Monatsersten (§ 6 Abs. 3 GehG), wirkt ebenso der Ausschlusstatbestand des § 37 Abs. 6a GehG zurück. Der Anfall der Ergänzungszulage korreliert daher mit dem Wegfall der Funktionsabgeltung.
4.1.1. Leistungsmodalität bei ungewisser Betrauungsdauer
Ist nicht gewiss, ob die betraute Tätigkeit länger als sechs Monate wahrgenommen wird und entsteht nach dem Anspruch auf Funktionsabgeltung der Anspruch auf Ergänzungszulage, muss im Rückwirkungszeitraum eine Gegenverrechnung der beiden sich rückwirkend ausschließenden Bezugsteile vorgenommen werden. Nur der Überhang an Ergänzungszulage ist zu leisten.“
3.3. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung einer Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG 1956 verletzt.
Wie sich aus den unstrittigen Feststellungen ergibt, war der Beschwerdeführer vom 01.02.2016 bis zum 30.04.2017 dem Bundesministerium für Justiz zur Dienstleistung zugeteilt. Zweck der Dienstzuteilung war die vorübergehende, vertretungsweise Betrauung mit dem Arbeitsplatz aufgrund der vorübergehenden Abwesenheit des Arbeitsplatzinhabers.
Es handelte sich somit um eine befristete Verwendung, wobei von einer fortbestehenden Identität des Arbeitsplatzes, dessen Aufgaben der Beschwerdeführer für die Dauer von 15 Monaten übernahm, auszugehen ist, da der Beschwerdeführer die Arbeitsplatzaufgaben seines Vorgängers unverändert übernommen hat (Voraussetzung des § 77a Abs. 1a GehG 1979).
Fallbezogen sind somit die in § 77a Abs. 1 Z 1 lit. b und Z 2 GehG 1979 genannten Voraussetzungen erfüllt, weshalb trotz der sechs Monate übersteigenden Betrauung nicht von einer dauernden Verwendung des Beschwerdeführers auf dem Arbeitsplatz auszugehen ist. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung selbst an, dass die Dienstzuteilung immer nur vorübergehend geplant und dies ihm auch bewusst war.
Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 28.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer jedoch gemäß § 78 Abs. 1 und 3 GehG 1956 für die Dauer seiner Dienstzuteilung eine Funktionsabgeltung gewährt.
Zur Abgrenzung zur Funktionsabgeltung ist im Sinne der Erläuterungen festzuhalten, dass eine vorübergehende höherwertige Verwendung sowohl den Tatbestand für eine Funktionsabgeltung als auch für eine Ergänzungszulage erfüllen kann. Auf Grund unterschiedlicher Voraussetzungen der Anspruchsrealisation beider Bezugsteile, ist es möglich, dass zuerst ein Anspruch auf Funktionsabgeltung begründet wird und erst später, nach Ablauf von sechs Monaten vorübergehender Betrauung der Anspruch auf Ergänzungszulage begründet wird.
Die Funktionsabgeltung stellt also maßgeblich darauf ab, dass es sich um eine vorübergehende Tätigkeit handelt, die einen nicht sechs Monate überschreitenden Zeitraum umfasst.
Da dies im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, weil der Beschwerdeführer insgesamt 15 Monate dienstzugeteilt war, hat der Beschwerdeführer Anspruch auf die Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG 1956.
Die belangte Behörde hält dem noch entgegen, dass der Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer die Funktionsabgeltung zugesprochen wurde, in Rechtskraft erwachsen ist und dies der Zuerkennung der Ergänzungszulage entgegenstehen würde, da der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt hätte, den Bescheid mit Bescheidbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht zu bekämpfen.
Dem ist entgegenzuhalten, dass im Sinne der Erläuterungen davon auszugehen ist, dass in jenen Fällen, in denen nicht klar ist, ob die betraute Tätigkeit länger als sechs Monate wahrgenommen wird und somit der Anspruch auf Ergänzungszulage nach dem Anspruch auf Funktionsabgeltung entsteht, im Rückwirkungszeitraum eine Gegenverrechnung der beiden sich rückwirkend ausschließenden Bezugsteile vorgenommen werden muss, sodass nur der Überhang an Ergänzungszulage zu leisten ist.
Im vorliegenden Fall war nicht von Anfang an klar, dass die Tätigkeit länger als sechs Monate dauern wird, da die erste Dienstzuteilung mit drei Monaten befristet war, um beurteilen zu können, ob sich der Beschwerdeführer am Arbeitsplatz bewährt.
Auch wenn im vorliegenden Fall der zu diesem Zeitpunkt noch unvertretene Beschwerdeführer seinen Antrag auf Zuerkennung einer Funktionsabgeltung erst am 31.10.2016 gestellt hat und die Zuerkennung der Funktionsabgeltung am 28.02.2017 erfolgte, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits klar war, dass die Tätigkeit länger als sechs Monate wahrgenommen wurde, ging der Gesetzgeber offenbar davon aus, dass eine Gegenverrechnung der beiden Zulagen möglich ist. Dass dies davon abhängen soll, wann der betroffene Beamte seinen Antrag auf Zuerkennung einer Zulage stellt und wann die Behörde darüber abspricht, lässt sich dem Gesetz und der Intention des Gesetzgebers nicht entnehmen. Denn auch im hypothetischen Vergleichsfall, dass ein Beamter gleich nach 29 Tagen einen Antrag auf Zuerkennung der Funktionsabgeltung stellen und die Behörde sofort darüber positiv absprechen würde, würde ein rechtskräftiger Bescheid vorliegen, der nach der Intention des Gesetzgebers die Gegenverrechnung nicht nur nicht ausschließt, sondern sogar erforderlich macht, sobald klar ist, dass ein über sechs Monate hinausgehender Zeitraum vorliegt.
Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass fraglich ist, ob der Beschwerdeführer den Bescheid vom 28.02.2017 überhaupt hätte bekämpfen können, da er ausdrücklich die Zuerkennung der Funktionsabgeltung gemäß § 78 GehG 1956 begehrt hat und diese ihm zugesprochen wurde, sodass er in diesem Verfahren unter Umständen gar keine Beschwer gehabt hätte.
Daher ist im vorliegenden Fall eine Gegenverrechnung der Zulagen vorzunehmen:
Dem Beschwerdeführer gebührt für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis 30.04.2017 eine Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG 1956 in der Höhe von € 2.688,60. Die Höhe ergibt sich aus der nachvollziehbaren Berechnung der belangten Behörde, welche der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung für richtig befunden hat.
Der Beschwerdeführer hat für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis 30.04.2017 insgesamt € 861,– als Funktionsabgeltung ausbezahlt bekommen.
Dem Beschwerdeführer gebührt daher noch eine Ergänzungszulage in der Höhe von € 1.827,60.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im Konkreten fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen § 77a GehG 1956 und § 78 GehG 1956 sowie zur Frage, ob die Rechtskraft des Bescheides über die Zuerkennung der Funktionsabgeltung gemäß § 78 GehG 1956 die Zuerkennung einer Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG 1956 hindert.
Schlagworte
Abgrenzung Beamter Dienstzuteilung Ergänzungszulage Exekutivdienst Funktionsabgeltung Justizanstalt Revision zulässig Verlängerung vorübergehende ArbeitsleistungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2204808.1.00Im RIS seit
07.12.2020Zuletzt aktualisiert am
07.12.2020