TE Bvwg Beschluss 2020/9/15 W272 2233375-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.2020
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Entscheidungsdatum

15.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z4
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W272 2233375-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom XXXX , XXXX , beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.09.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.02.2008, Zl. 05 15.541-BAG, wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Begründet wurde die Gewährung damit, dass der BF einen unter § 7 AsylG zu subsumierenden Sachverhalt vorgebracht hatte, dem keine Ergebnisse des amtswegigen Ermittlungsverfahrens entgegenstehen, sodass diese als Feststellung dem vorliegenden Verfahren zugrunde gelegt werden kann.

3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX .2015, Zl. XXXX , gemäß §§ 15, 87 Abs. 1 StGB, § 107 Abs. 1 und 2 StGB, §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 StGB und §§ 15, 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

4. Aus einem Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.07.2017 geht hervor, dass die Voraussetzungen für eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten (nach § 6 Abs. 1 Z 3 oder 4 AsylG 2005) aktuell nicht vorliegen würden.

5. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX 2019, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

6. Mit Parteiengehör vom 28.05.2020 wurde der Beschwerdeführer von der Einleitung eines Aberkennungsverfahrens, der Prüfung einer Rückkehrentscheidung sowie vom Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme, zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation vom 27.03.2020, verständigt. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen eingeräumt.

7. Mit Schreiben vom 08.06.2020 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den im Rahmen des Parteiengehör übermittelten Fragen ab.

8. Mit Bescheid vom XXXX erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer den mit Bescheid vom 13.02.2008 zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Weiters erkannte es dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation fest (Spruchpunkt V.), legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest(Spruchpunkt VI.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1, Z 4 FPG gegenüber dem Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.). Begründet wurde die Aberkennung mit einer wesentlichen dauerhaften Änderung der Verhältnisse, durch die der BF Asylstatus in Österreich erlangt habe. Das BFA zitierte die Judikatur nach Art. 1 C Z 5 GFK, dass eine Änderung im Herkunftsstaat nachhaltig und nicht bloß von vorübergehender Natur sein muss. Feststellungen zur Straffälligkeit des BF erfolgten nicht, wenngleich die strafbaren Handlungen im Rahmen der Beurteilung zur Rückkehrentscheidung, zum Privat- und Familienleben sowie zum Einreisverbot berücksichtigt wurden.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 08.07.2020 durch seine im weiteren Verfahren bevollmächtigte Rechtsberaterin vollinhaltlich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Heimatregion des Beschwerdeführers unsicher und instabil sei. Immer wieder gebe es terroristische Angriffe und religiöse Konflikte. Der Beschwerdeführer habe seine Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung und mangels Fähigkeit seines Heimatlandes, ihn vor Übergriffen, sowohl von privater als auch von staatlicher Seite zu schützen, verlassen. Ferner habe der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine sozialen Anknüpfungspunkte, von denen er finanzielle oder andere Unterstützung erhalten könne. Der Beschwerdeführer sei mit neun Jahren nach Österreich gekommen und verfüge er über keinerlei Bindungen und über keine Verwandten im Heimatstaat. Er wäre dort auf sich alleine gestellt. Somit würde der Beschwerdeführer Gefahr laufen, einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder ZP Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt zu sein. Laut Verwaltungsgerichtshof falle unter dem Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ nicht automatisch jedes Delikt, das mit einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bedroht sei, sondern nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen würde. Dies seien Kapitalverbrechen, wie Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub oder Ähnliches. Es reiche auch nicht aus, dass die betreffende Person ein abstrakt schwer einzustufendes Delikt verübt habe, sondern die Tat müsse sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Auf Milderungs- Schuldausschließungs- und Rechtfertigungsgründe sei Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer sei jedoch nie wegen der Begehung eines Kapitalverbrechens verurteilt worden. Außerdem müsse auch die Reue des Beschwerdeführers berücksichtigt werden. Ihm sei das Unrecht seiner Tat bewusst und er gelobe er Besserung. Aus Art. 8 EMRK ergebe sich auch ein besonderer Schutz von Personen, welch in ihrer Kindheit in ihren derzeitigen Aufenthaltsstaat gekommen seien. Bei der Bemessung des Einreiseverbots sei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Basis konkreter Feststellungen, eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung komme es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung und oder das Vorliegen des sonstigen genannten an. Die geforderte konkrete Beurteilung sei im gegenständlichen Fall lückenhaft bzw. überhaupt nicht und zudem inhaltlich falsch durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer sei zwar rechtskräftig verurteilt worden, jedoch sei auf die Zukunftsprognose des Beschwerdeführers abzustellen. Der Beschwerdeführer bereue seine Taten und sehe das Unrecht seiner Taten ein. Zudem erweise sich die Erlassung des Einreiseverbotes aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers als nicht erforderlich und als unverhältnismäßig hoch. Daher möge das Einreiseverbot ersatzlos behoben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes reduziert werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Am 23.09.2005 stellte er einen Asylantrag. Dem Beschwerdeführer wurde durch das Bundesasylamt am 13.02.2008 Asyl gewährt. Seither ist der Beschwerdeführer in Österreich aufhältig.

Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet straffällig:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX .2015, Zl. XXXX , gemäß §§ 15, 87 Abs. 1 StGB, § 107 Abs. 1 und 2 StGB, §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 StGB und §§ 15, 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dieses Gerichtsurteil erwuchs mit XXXX .2015 in Rechtskraft.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX , Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dieses Gerichtsurteil erwuchs mit XXXX in Rechtskraft.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete das gegenständliche Statusaberkennungsverfahren aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilungen in Zusammenschau mit der geänderten Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte im Spruchpunkt I den Status als Asylberechtigten gem. § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab. Es ging jedoch in keiner Weise näher darauf ein, unter welchen Ziffern, des § 6 Abs. 1 Z. 1 – 4 die Aberkennung erfolgte. So erfolgte in den Feststellungen oder in der Beweiswürdigung kein Hinweis auf die rechtskräftige Verurteilung und einer etwaigen Gefährdungsprognose oder gar ein Hinweis, ob der BF eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreichs darstelle. In der Feststellung und Begründung ging, dass BF davon aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten infolge Wegfalls der Umstände, die zur Zuerkennung geführt hatten, nicht mehr vorlägen. Hierbei liegt jedoch der Aberkennungsgrund gem. § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 vor. Wodurch hier eine Änderung eingetreten ist, brachte die Behörde weder in den Feststellungen noch in den Begründungen vor und legte nur dar, dass eine Änderung im Herkunftsstaat eingetreten sei.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte keine Einvernahme, sondern wurde der Beschwerdeführer mit Parteiengehör vom 28.05.2020, zu seinem Gesundheitszustand, seinem Lebenslauf, seinen strafrechtlichen Verurteilungen, seinen familiären Angehörigen in der Russischen Föderation und in Österreich, seinen Befürchtungen im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat sowie seinen Lebensumständen in Österreich unter Vorhalt der Länderinformationen befragt.

Der angefochtene Bescheid stützt sich hinsichtlich der Statusaberkennung im Gegensatz zu Spruchpunkt I in den Feststellungen und der Begründung ausschließlich darauf, dass sich die den Beschwerdeführer betreffende Lage in seinem Herkunftsstaat maßgeblich geändert habe und es keine Hinweise auf eine ihn treffende Gefährdungs- oder Bedrohungslage gebe.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Einreise nach Österreich und seinen bisherigen Verfahren ergeben sich unzweifelhaft aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsakts. Dass der Beschwerdeführer bis zum Entscheidungszeitpunkt in Österreich lebte ergibt sich aus seinen unbedenklichen Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die Straftaten des Beschwerdeführers und nachfolgenden strafgerichtlichen Verurteilungen sind aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister in Verbindung mit den vorliegenden gekürzten Urteilsausfertigungen ersichtlich. Der Beschwerdeführer bestritt auch zu keinem Zeitpunkt des vorliegenden Verfahrens das Bestehen der Verurteilungen.

Die Feststellungen zur Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde im gegenständlichen Verfahren ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Die festgestellte wesentliche Begründung der belangten Behörde für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt (vgl. auch VwGH 30.06.2015, Ra 2014/03/0054) und dazu festgehalten, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Das in § 28 leg.cit. insgesamt normierte System verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f)."

Gemäß § 18. Abs. 1 AsylG haben das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich vor diesem Hintergrund in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Die belangte Behörde stützte die Aberkennung des Status des Asylberechtigten im Spruchpunkt I auf den § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2006. Dieser Aberkennungsgrund verweist auf § 6 AsylG, welcher vier verschiedene Gründe vorsieht.

§ 6 Abs. 1 AsylG 2006

§ 6.

(1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2.

einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3.

aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder

4.

er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In den Feststellungen, der Begründung oder rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt I bezog sich das Bundesamt in keinster Weise auf einen etwaigen Grund nach § 6 Abs. 1 Z 1 – 4. Es wurde zu den rechtskräftigen Verurteilungen keine Feststellungen getroffen, welche zu einer Aberkennung führen würde. Auch erfolgte keine Gefährdungsprognose des BF oder stichhaltige Gründe, wodurch angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstelle, sodass das Gericht davon ausgeht, dass die Behörde auch nicht die Aberkennung nach § 7 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005, sondern eine Aberkennung nach § 7 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 wollte, da sie im Bescheid die Begründung für die Aberkennung darauf abstellte, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten infolge Wegfalls der Umstände, die zur Zuerkennung geführt haben, nicht mehr vorliegen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist.

Das Bundesamt kann gemäß § 7 Abs. 3 AsylG 2005 einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

Gemäß Art. 1 Abschnitt C Z 5 der der Genfer Flüchtlingskonvention wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

Die Bestimmungen der Ziffer 5 sind nicht auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen.

Art. 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK entspricht Art. 11 Abs. 1 lit. e iVm Abs. 3 StatusRL, der zufolge ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr Flüchtling ist, wenn er nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf einen Flüchtling, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, abzulehnen.

Die Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. e Status-RL aF, der der aktuellen Rechtslage entspricht, erlischt, wenn in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände in dem fraglichen Drittland diejenigen Umstände, aufgrund deren der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in Art. 2 lit. c der Richtlinie genannten Gründe hatte und als Flüchtling anerkannt worden war, weggefallen sind und er auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor "Verfolgung" im Sinne des Art. 2 lit. c der Richtlinie haben muss (EuGH vom 2.3.2010, Rs C-175/08 ua, Abdulla ua, Rz 76). Die Umstände müssen sich auf grundlegende, in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 GFK angeführte Fluchtgründe beziehen, auf Grund deren angenommen werden kann, dass der Anlass für die - begründete - Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht (VwGH vom 25.6.1997, 95/01/0326).

Die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK stellt primär auf eine grundlegende Änderung der (objektiven) Umstände im Herkunftsstaat ab, kann jedoch auch die Änderung der in der Person des Flüchtlings gelegenen Umstände umfassen, etwa wenn eine wegen der Mitgliedschaft zu einer bestimmten Religion verfolgte Person nun doch zu der den staatlichen Stellen genehmen Religion übertritt und damit eine gefahrlose Heimkehr möglich ist (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K9).

Die Änderungen im Herkunftsstaat müssen nachhaltig und nicht bloß von vorübergehender Natur sein (VwGH vom 22.4.1999, 98/20/0567; VwGH vom 25.3.1999, 98/20/0475). Nach Einhaltung eines längeren Beobachtungszeitraumes wird auch der bloße "Haltungswandel" des bisherigen Verfolgers, ohne dass ein politischer Machtwechsel stattgefunden hat, eine asylrechtlich maßgebliche Änderung der Umstände ergeben und in Folge Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Genfer Flüchtlingskonvention zum Tragen kommen (VwGH vom 21.11.2002, 99/20/0171).

Der Wegfall der Verfolgungsgefahr ist maßgeblich für die Anwendung von Art. 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Genfer Flüchtlingskonvention. Ob die allgemeine wirtschaftliche Lage im Herkunftsstaat schlecht ist oder familiäre beziehungsweise emotionelle Bindungen zum Aufnahmestaat bestehen, ist für den Eintritt der Ziffer 5 grundsätzlich irrelevant.

Diese grundsätzlichen rechtlichen Ausführungen erfolgten durch das BFA.

Dem Beschwerdeführer wurde durch das damals zuständige Bundesasylamt am 13.02.2008 Asyl gewährt. Eine nähere Begründung der Asylgewährung ließ das damals zuständige Bundesasylamt unter Berufung auf § 58 Abs. 2 AVG entfallen.

Das Bundesamt stützte seine Entscheidung im Verfahren des Beschwerdeführers (welchem der Status des Asylberechtigten aufgrund individueller Gründe zuerkannt worden war) in der Begründung des bekämpften Bescheides im Wesentlichen ausschließlich darauf, dass sich die Situation im Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Partei seit der Asylzuerkennung nachhaltig geändert habe, was im Bescheid unkommentiert aus den getroffenen Länderfeststellungen abgeleitet wurde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterließ zu dieser entscheidungswesentlichen Frage jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit: So führte es im Statusaberkennungsverfahren keine Einvernahme durch. Dem Beschwerdeführer wurde lediglich ein Parteiengehör eingeräumt, in der die Frage, ob die asylbegründenden Umstände für den Beschwerdeführer weggefallen sind, nicht ansatzweise thematisiert wurde. So wurden dem BF 11 allgemeine Fragen zur Integration gestellt und die zwölfte Frage allgemein formuliert, ob es Gründe gibt, welche gegen eine Rückkehr in sein Heimatland sprechen vorhanden sind. Der BF beantwortete in kurzer schriftlicher Stellungnahme die Fragen, wobei das BFA auf die Beantwortung der Frage 12 nicht einging, noch feststellte welche Gründe zur Zuerkennung des Asylgrundes führten und inwieweit diese sich tatsächlich änderten. Auch wurden keine sonstigen Ermittlungsschritte in diese Richtung gesetzt. Das verwaltungsbehördliche Aberkennungsverfahren war in keiner Weise auf die Frage des Wegfalls der asylbegründenden Umstände für den Beschwerdeführer.

Im Bescheid wird zwar wiederholt auf eine Änderung der Lage im Herkunftsstaat Bezug genommen, es wird jedoch in keiner Weise konkretisiert, in wie fern sich eine solche (allgemein) anhand der im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ableiten ließe, noch wird auch nur im Ansatz aufgezeigt, weshalb die beim Bechwerdeführer im Jahr 2008 festgestellte individuelle Verfolgungsgefahr zwischenzeitig nicht mehr als vorliegend erachtet werde. Auch enthalten die Länderberichte keine konkreten aktuellen Situationen, welche zur Begründung eines Wegfalls der individuellen Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers herangezogen werden könnten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat daher keine Ermittlungen zur konkreten Lage des BF, der einen Abgleich mit der tatsächlichen Situation im Herkunftsstaat ermöglichen würden, durchgeführt.

Der pauschale Verweis auf eine Lageänderung in der Russischen Föderation sowie den Umstand, dass ua. „es eher unwahrscheinlich, dass ein Tschetschene, der von Tschetschenien verfolgt wird, anderswo in Russland aktiv misshandelt wird“ (Bescheid, Seite 18) erweist sich diesbezüglich als kaum bestimmt und lässt Zugrundelegung der vom Bundesamt im bekämpften Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen – auch keine Rückschlüsse zu, inwiefern sich die Situation für den Beschwerdeführer diesbezüglich tatsächlich nachhaltig geändert haben soll.

Wie sich aus der Statistik des BMI ergibt (siehe Seite 6 von 51) https://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/files/2019/Asylstatistik_Dezember_2019.pdf wird den Staatsbürgern der Russischen Föderation (hauptsächlich aus Tschetschenien stammend) immer noch zu ca. 35 Prozent der Status eines Asylberechtigten zuerkannt, sodass der pauschale Verwies auf eine positive Lageveränderung nicht nachvollziehbar ist.

Auch weder die vom Bundesamt im bekämpften Bescheid vorgenommene Beweiswürdigung noch die rechtliche Beurteilung leistet diesbezüglich eine nachvollziehbare und konkrete Zuordnung. Somit ist aber festzustellen, dass dem bekämpften Bescheid für sich genommen – wie auch in der Beschwerde zurecht gerügt wurde – letztlich auch kein schlüssiger individueller Begründungswert zukommt.

Wie eingangs schon angesprochen, fehlen im angefochtenen Bescheid, neben Widerspruch im Spruch und der Begründung – zusätzlich zur fehlenden Auseinandersetzung mit dem Wegfall der im Fall des Erstbeschwerdeführers festgestellten Verfolgungsgefahr – konkrete Ermittlungsergebnisse zum allfälligen Vorliegen darüberhinausgehender Rückkehrhindernisse.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass sich das Bundesamt in unzureichender und im Ergebnis untauglicher Weise mit der Frage des Vorliegens eines Aberkennungsgrundes gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 bzw. Art. 1 Abschnitt C Z 5 der der Genfer Flüchtlingskonvention sowie einem möglichen Grund für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 auseinandergesetzt hat. Im gegenständlichen Fall erweist sich daher der angefochtene Bescheid des Bundesamtes und das diesen zugrundeliegende Verfahren inbesonders gravierender Weise als mangelhaft. Die entscheidenden Ermittlungshandlungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind (umso mehr es sich gegenständlich um ein von dieser von Amts wegen eingeleitetes Verfahren handelt), wären demnach nahezu zur Gänze erstmals durch das Verwaltungsgericht zu tätigen. Die dargetanen Mängel lassen sohin im Ergebnis nur die Feststellung zu, dass das Bundesamt völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt bzw. bloß ansatzweise ermittelt hat, sodass vom Vorliegen besonders gravierender Ermittlungslücken auszugehen ist.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten und insbesondere des Umstandes, dass die beschwerdeführende Partei vom Bundesamt nicht einmal hinsichtlich der relevanten Aspekte ihrer Rückkehrsituation konkret einvernommen wurden, kann auch ausgeschlossen werden, dass zur Behebung der Mängel (lediglich) „ergänzende“ Ermittlungen durch das Bundesverwaltungsgericht vorzunehmen wären (vgl. etwa VwGH 15.11.2018, Zl. Ra 2018/19/0268-9).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl setzte zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG damit auch lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte. Damit liegen auch keine brauchbaren Ermittlungsergebnisse vor, die im Zusammenhalt mit einer mündlichen Verhandlung bloß zu vervollständigen wären, weil noch überhaupt kein entscheidungserhebliches Verwaltungsverfahren durch die Behörde geführt wurde, das (nur) zu ergänzen wäre. Aus den im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur Situation im Herkunftsland des Beschwerdeführers ergibt sich ebenso nicht zwingend der Schluss, dass für den Beschwerdeführer jene Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt wurde, weggefallen wären, zumal auch im vorliegenden Fall diese Umstände mangels näherer Begründung des damals zuständigen Bundesasylamts im Bescheid vom 13.02.2008 für das Bundesverwaltungsgericht nicht vollständig ersichtlich sind.

Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes gegen eine Kassation der angefochtenen Bescheide sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. So können keine Anhaltspunkte dafür erkannt werden, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in der Sache im Interesse der Raschheit gelegen wäre. Das Verfahren würde durch eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht keine Beschleunigung erfahren. Aus der Aktenlage ergeben sich weiters auch keine Hinweise, wonach die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Vielmehr ist angesichts der Einrichtung und Ausstattung des Bundesamtes als asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde vom Gegenteil auszugehen. Dass das Bundesverwaltungsgericht einen möglichen Grund zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten infolge einer amtswegigen Einleitung eines Aberkennungsverfahrens durch die belangte Behörde erstmals auf Sachverhaltsebene festzustellen und einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen hätte, kann nicht als im Sinne des Gesetzes gelegen erachtet

Auch vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird in der Folge den Beschwerdeführer zumindest einmal persönlich einzuvernehmen und dabei zu ermitteln haben, ob die für ihn asylbegründenden Umstände - welche an sich erst zu ermitteln sein werden - weggefallen sind; dem Beschwerdeführer selbst werden nachfolgend die Ergebnisse dieser Ermittlungen vorzuhalten sein bzw. festzulegen, welche Aberkennungsgründe für das BFA gegeben sind.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 leg. cit. kann eine Verhandlung entfallen, wenn u.a. bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an das Bundesamt zurückzuverweisen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und die Zurückverweisung der Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erlassung eines neuen Bescheids ergeht in Entsprechung der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG. Die Zurückverweisung ist im vorliegenden Fall auf jene Auslegung des Asylaberkennungsgrunds des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK gestützt, die der Verwaltungsgerichtshof grundlegend in seinem Erkenntnis vom 23.10.2019, Ra 2019/19/0059, traf.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Einvernahme Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Rückkehrsituation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W272.2233375.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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