TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/15 97/10/0154

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Veröffentlicht am 15.09.1997
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Index

L40052 Prostitution Sittlichkeitspolizei Kärnten;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ProstG Krnt 1990 §16 Abs1 lita;
ProstG Krnt 1990 §4 Abs1;
StGB §34;
VStG §19 Abs2;
VStG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des R in Klagenfurt, vertreten durch DDr. Georg M. Krainer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Feldm.-Conrad-Platz 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 30. April 1997, Zl. KUVS-K2-466/3/96, betreffend Übertretung des Kärntner Prostitutionsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in der Zeit vom 1. August bis zumindest 18. November 1996 in V., B-Gasse 17, ein Bordell ohne behördliche Bewilligung betrieben. Nach § 16 Abs. 1 lit. a des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1990 (Ktn ProstG) wurde eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt. Begründend wurde dargelegt, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Magistrats V. vom 3. Juli 1991 gemäß § 5 Ktn ProstG die Bewilligung für den Betrieb eines Bordells in V., B-Gasse 17, befristet bis zum 31. Juli 1996 erteilt worden. Der Beschwerdeführer habe den Bordellbetrieb nach Ablauf der Bewilligung jedenfalls bis zum 18. November 1996 (Zeitpunkt des Straferkenntnisses erster Instanz) ohne Bewilligung weitergeführt. Er habe nicht um Verlängerung der Bewilligung angesucht. Nach Feststellungen über die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und Hinweisen auf die Rechtslage vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Zur Strafbemessung legte die belangte Behörde nach dem Zitat der §§ 19 bis 21 VStG dar, erschwerend sei eine rechtskräftige Vorstrafe des Beschwerdeführers nach dem Ktn ProstG, mildernd das Geständnis. Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe liege nicht vor. Auch die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe seien nicht gegeben, weil der dreieinhalb Monate dauernde Betrieb eines Bordells ohne Bewilligung nicht als unbedeutende Übertretung zu qualifizieren sei.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 Ktn ProstG darf ein Bordell nur mit Bewilligung der Behörde (Bordellbewilligung) betrieben werden.

Nach § 16 Abs. 1 lit. a ProstG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, zu bestrafen mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 50.000,--, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 100.000,--, wer ein Bordell (oder eine bordellähnliche Einrichtung) ohne Bewilligung oder abweichend von der erteilten Bewilligung betreibt.

Die Beschwerde macht geltend, daß "ein Verschulden im Sinne eines fahrlässigen Verhaltens nicht ohne weiteres anzunehmen" sei. Zwar sei einzuräumen, daß der Beschwerdeführer Kenntnis von der Befristung der Bewilligung hatte; allein die Kenntnis einer Frist ermögliche nicht eo ipso deren Einhaltung. Die belangte Behörde hätte daher prüfen müssen, ob dem Beschwerdeführer auch "das Einhalten der Frist, nämlich durch solche Maßnahmen, welche das rechtzeitige Einbringen eines Verlängerungsantrages vor Ablauf der Bewilligungsfrist verläßlich gewährleistet hätten, zuzumuten war".

Diese Darlegungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde übersieht, daß tatbildlich im vorliegenden Fall das Betreiben eines Bordells ohne Bewilligung war (vgl. § 16 Abs. 1 lit. a Ktn ProstG). Bei der subjektiven Tatseite geht es daher nicht etwa darum, ob es dem Beschwerdeführer zumutbar war, einen "Verlängerungsantrag" zu stellen; maßgebend ist vielmehr, ob der Beschwerdeführer von dem Umstand, daß die erteilte Bewilligung infolge Fristablaufes erloschen war und der weitere Betrieb des Bordells somit ohne Bewilligung erfolgte, in Kenntnis oder schuldhafter Unkenntnis war. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß die belangte Behörde von fahrlässiger Begehung des Deliktes und somit von schuldhafter Unkenntnis des Fristablaufes ausging. Bei dem in Rede stehenden Delikt ist der Eintritt eines bestimmten Erfolges nicht Tatbestandsvoraussetzung; es handelt sich um ein Ungehorsamsdelikt. Für diese Deliktskategorie begründet § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die widerlegliche Vermutung der fahrlässigen Begehung. Selbst die Beschwerde gesteht zu, daß der Beschwerdeführer von der Befristung der Bewilligung in Kenntnis war; es kann somit nicht davon die Rede sein, daß der Beschwerdeführer im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG glaubhaft gemacht hätte, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden träfe.

Die Beschwerde macht (sinngemäß) weiters geltend, die belangte Behörde hätte gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen müssen. § 16 Abs. 1 lit. a Ktn ProstG erfasse "typischerweise den vorsätzlichen bewilligungslosen Betrieb und diesen auch in der Regel ohne Vorliegen der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen (§§ 6 und 7 leg. cit.), da das Bewilligungsverfahren in der Regel gerade wegen dessen Aussichtslosigkeit vermieden wird". Im vorliegenden Fall bleibe das Verhalten des Beschwerdeführers, nämlich der lediglich von der Befristung der Bewilligung abweichende Betrieb bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für eine Betriebsbewilligung erheblich hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld des Beschuldigten nur dann geringfügig im Sinne des § 21 VStG, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betroffenen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 92/07/0112, und die dort zitierte Vorjudikatur). In dem Umstand, daß dem Beschwerdeführer zuvor eine befristete Bewilligung erteilt worden war und - wie behauptet wird - die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Bewilligung vorgelegen wären, liegt unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Tatseite keine solche Besonderheit des Falles, daß von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens hinter dem in § 16 Abs. 1 lit. a Ktn ProstG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt gesprochen werden könnte. Für den Standpunkt der Beschwerde wäre somit selbst dann nichts gewonnen, wenn man die Folgen der Übertretung als im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG unbedeutend ansähe.

Die Beschwerde macht weiters geltend, die belangte Behörde habe die vorliegenden Milderungsgründe nicht vollständig erfaßt. Sie habe damit sowohl gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Strafbemessung nach § 19 VStG verstoßen als auch das Vorliegen der Voraussetzungen einer außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG zu Unrecht verneint. Als besonderer Milderungsgrund hätte im vorliegenden Fall die fahrlässige Begehung des Deliktes und der Umstand gewertet werden müssen, daß auch während des Tatzeitraumes die Voraussetzungen einer Bewilligung vorgelegen wären, der Beschwerdeführer sogleich nach Aufmerksamwerden auf den von der erteilten Bewilligung abweichenden Betrieb um Verlängerung der Bewilligung angesucht habe und diese auch (unbefristet) erteilt worden sei.

Auch darin ist der Beschwerde nicht zu folgen. Es liegt kein besonderer Milderungsgrund darin, daß eine Übertretung, zu deren Begehung Fahrlässigkeit ausreicht, fahrlässig begangen wurde; im übrigen ist daran zu erinnern, daß die Beschwerde die Kenntnis des Beschwerdeführers von der Befristung der Bewilligung zugesteht.

Ebensowenig stellt das (behauptete) Vorliegen der Voraussetzungen einer Bewilligung in Ansehung des an den Betrieb eines Bordells ohne Bewilligung oder abweichend von der Bewilligung anknüpfenden Tatbestandes einen besonderen Milderungsgrund dar. Auch das Vorliegen von Bewilligungen, die sich auf die Zeit vor und nach der Tat beziehen, sind keinem der in § 34 StGB (§ 19 Abs. 2 VStG) genannten Gründe gleichzuhalten. Mit dem neuerlichen Hinweis auf diese Umstände wird somit nicht aufgezeigt, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung auf Milderungsgründe nicht Bedacht genommen hätte.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997100154.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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