Entscheidungsdatum
22.10.2020Norm
WRG 1959 §137 Abs3 Z8Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 23. Juli 2020, ***, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:
I. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 137 Abs. 3 Z 8, 138 Abs. 1 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F.)
§§ 27, 44 Abs. 1 und 2, 50 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz,
BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F.)
§§ 25 Abs. 2, 44a, 45 Abs. 1 Z 1 VStG (Verwaltungsstrafgesetz 1991,
BGBl. Nr. 52/1991 i.d.g.F.)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F.)
Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F.)
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt
1.1. Mit Bescheid vom 21. Februar 2017, ***, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen dem A und der B, den nunmehrigen Beschwerdeführern, den auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützten gewässerpolizeilichen Auftragt folgenden Inhalts:
„Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen verpflichtet Sie, bis spätestens 31.05.2017 auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, Gemeinde ***, folgende Maßnahmen durchzuführen:
1. Die Oberfläche des Vorplatzes vor dem zweigeschossigen Gebäudes ist mit einer Asphalt- oder Betondecke zu befestigen.
2. Die Abwässer (Jauche) aus der Düngerlagerstatte und aus dem Laufstall sind zu sammeln und über eine Rigolrinne in die bestehende Güllegrube einzuleiten.“
Begründend heißt es dazu, dass durch Amtssachverständige festgestellt worden sei, dass die Oberfläche des „südlich vom zweigeschossigen Gebäude liegenden Vorplatz[es]“ nicht befestigt sei, wo stark durch Jauche verunreinigtes Oberflächenwasser in den Untergrund versickere bzw. in den *** abfließe. Für diese bewilligungspflichtige Maßnahme liege die nach § 32 WRG 1959 erforderliche Bewilligung nicht vor; gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 hätte die Behörde „die Beseitigung der Maßnahme spruchgemäß anzuordnen“.
Nachdem der wasserbautechnische Amtssachverständige C, welcher in der Folge vom Gericht als Zeuge befragt worden ist, am 25. Juli 2019 die Feststellung getroffen hatte, dass „die Anbindung des Rigols an die Güllegrube nicht errichtet worden sei“ (wobei auch festgestellt wurde, dass im Überprüfungszeitpunkt wegen der herrschenden Witterung keine Versickerungen erfolgten), leitete die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (in der Folge: die belangte Behörde) gegen die nunmehrigen Beschwerdeführer ein Strafverfahren ein.
1.2. Nach Erlassung von Strafverfügungen, Einspruch dagegen und Durchführung von Ermittlungsverfahren erließ die belangte Behörde am 23. Juli 2020 jeweils ein Straferkenntnis betreffend B und A, worin die Beschwerdeführer inhaltsgleich wie folgt bestraft wurden:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit: 01.06.2017 bis 25.07.2019
Ort: Gemeinde ***, Grundstücksnummer ***, KG ***
Tatbeschreibung:
Sie haben es als bescheidmäßig Verpflichtete(r) zu verantworten, dass die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 21.2.2017,
Zahl ***, gemäß § 138 Abs.1 Wasserrechtsgesetz vorgeschriebene Maßnahme 2 zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes der Versickerung von Abwässern aus der Tierhaltung auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, wie folgt nicht erfüllt wurde:
Maßnahme 2:
Die Abwässer (Jauche) aus der Düngerlagerstätte und aus dem Laufstall sind zu sammeln und über eine Rigolrinne in die bestehende Güllegrube einzuleiten.
Bei der durch den Amtssachverständigen für Wasserbautechnik durchgeführten Überprüfung am 25.7.2019 wurde festgestellt, dass die oben vorgeschriebene Maßnahme bis zum Überprüfungszeitpunkt nicht durchgeführt war, da die Anbindung des Rigols an die Güllegrube nicht errichtet wurde.
Sie haben den gesetzmäßigen Zustand nicht hergestellt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 137 Abs.3 Z.8 Wasserrechtsgesetz i.V.m. Bescheid der BH Neunkirchen vom 21.2.2017, ***
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
€ 300,-- 12 Stunden § 137 Abs.3 Z.8
Wasserrechtsgesetz
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der
Strafe, mindestens jedoch 10 Euro € 30,00
Gesamtbetrag: € 330,00“
In der Begründung finden sich Ausführungen zum Verfahrensverlauf sowie die Wiedergabe von Berichten des Amtssachverständigen. Auf der Tatsachenebene stellt die Behörde fest, dass der objektive Tatbestand (gemeint: im Sinne des Tatvorwurfs) nicht bestritten sei.
1.3. Gegen die Straferkenntnisse vom 23. Juli 2020 erhoben B und A Beschwerde (prot. zu den hg. GZ LVwG-S-1649/001-2020 und LVwG-S-1651/001-2020), welche sie im Wesentlichen damit begründen, dass die Entwässerung des Mistplatzes über eine im Boden verlegte betriebsbereite Ableitung in die Güllegrube erfolgte. Aus dem Rinderstall würde aufgrund einer stets ausreichenden Einstreu kein Mist oder Urin austreten; überdies gebe es eine offene Ableitungsrinne den ganzen Stall entlang. Das Stallgebäude würde nunmehr ausschließlich als Lager genutzt.
1.4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 15. Oktober 2020 eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der die Beschwerdeführer gehört und der Zeuge C befragt wurden.
1.5. Auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, der Beschwerdeführer befindet sich ein Gebäude, welches wenigstens bis zum 25. Juli 2019 als Stall diente. Zum davor befindlichem Vorplatz hin, auf welchen sich die Vorschreibung Nr. 1 des Bescheides vom 21. Februar 2017 bezieht, ist auf die gesamte Länge des Stallbereichs eine Sammelrinne vorhanden, über welche die im Stallbereich anfallende Jauche zu einer Güllegrube abgeführt werden kann. Seitlich des Stallgebäudes bzw. des Vorplatzes befindet sich eine Düngerlagerstätte. Diese ist mit einem Bodenablauf ausgestattet, welcher ebenfalls zur Güllegrube führt.
Dies war auch die Situation bei der Überprüfung durch den Amtssachverständigen.
Der Vorplatz wurde aufgrund der Vorschreibung Nr. 1 des genannten Bescheides betoniert und mit einem Rigol auf die gesamte Länge im Ausmaß von etwa 24 m ausgestattet; über dieses Rigol kann auf dem Vorplatz anfallendes Oberflächenwasser in Richtung der angrenzenden unbefestigten Flächen gelangen. Eine Verbindung dieses Rigols mit der Güllegrube besteht (und bestand auch im vorgeworfenen Tatzeitraum) nicht.
2. Erwägungen des Gerichts
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:
2.1. Feststellung und Beweiswürdigung
Der unter Punkt 1. wiedergegebene Verfahrensverlauf und Inhalt von Schriftstücken ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde und ist unbestritten; das Gericht kann dies seiner Entscheidung zugrunde legen.
Die Feststellungen zur örtlichen Situation konnte das Gericht aufgrund der glaubwürdigen und durch die vorgelegten bzw. im Akt befindlichen Fotos untermauerten Aussage der beiden Beschwerdeführer treffen. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen, der die Angaben der Beschwerde-führer weitgehend bestätigte (so räumte er ein, dass die Darstellung der Beschwerdeführer hinsichtlich der Verbindung der Sammelrinne im Stall bzw. des Einlaufes beim Mistplatz mit der Güllegrube nachvollziehbar sei und ihm der Beschwerdeführer A den Abfluss von in den Ablauf eingebrachten Wasser zur Güllegrube demonstriert hatte). Die ursprüngliche Behauptung der Beschwerdeführer, die Stallnutzung des in Rede stehenden Gebäudes sei bereits vor 2 Jahren beendet worden, haben sie nach Vorhalt der dem Erhebungsbericht vom 26. Juli 2019 angeschlossenen Fotos nicht aufrechterhalten.
Weiterer Feststellungen bedurfte es, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird, nicht.
2.2. Anzuwendende Rechtsvorschriften
WRG 1959
§ 137. (…)
(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36 340 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer
(…)
8.
einem ihm gemäß § 138 Abs. 1 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachkommt;
(..)
§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
b) Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,
c) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,
d) für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.
(…)
VwGVG
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den
angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3)
zu überprüfen.
§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der
Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
(…)
§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über
Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses hat überdies zu enthalten:
1. im Fall der Verhängung einer Strafe die vom Verwaltungsgericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten;
2. im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe.
(3) Jedes Erkenntnis hat einen Hinweis auf die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Verfahren vor dem
Verfassungsgerichtshof und im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu enthalten.
VStG
§ 25. (…)
(2) Die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.
(…)
§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten
§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu
verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die
die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
(…)
VwGG
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision
gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
B-VG
Artikel 133. (…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage
abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe
Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(…)
2.3. Rechtliche Beurteilung
2.3.1. Im vorliegenden Fall wurden die Beschwerdeführer gemäß § 137 Abs. 3 Z 8 WRG 1959 iVm dem gewässerpolizeilichen Auftrag vom 21. Februar 2017 bestraft. Unbestritten ist, dass dieser in Rechtskraft erwachsen ist.
Diesen Bescheid hatte die belangten Behörde erlassen, weil sie erkennbar von einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit a WRG 1959 ausgegangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa die bei Bumberger/Hinterwirth, WRG³, § 138, E161 und E162 sowie E165 angeführten Entscheidungen) hat sich ein Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit a WRG 1959 auf die Anordnung der Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung zu beschränken; die Vorschreibung darüber hinaus gehender Maßnahmen, wie die Verpflichtung der Errichtung von Baulichkeiten oder sonstigen neuen Maßnahmen ist von dieser Gesetzesbestimmung nicht gedeckt. Dies scheint die belangte Behörde bei Erlassung des Bescheides vom 21. Februar 2017 nicht beachtet zu haben. Allerdings kann im Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung eines gewässerpolizeilichen Auftrags nach § 138 WRG 1959 die Rechtswidrigkeit dieses Auftrages nicht mehr releviert werden (z.B. VwGH 20.11.2014, Ra 2014/07/0085). Freilich ist bei der Interpretation des Inhaltes von Bescheiden mittels gesetzes-konformer Auslegung vorzugehen. Diese findet ihre Grenze im (entgegenstehenden) eindeutigen Wortlaut eines Bescheides.
2.3.2. Betrachtet man in diesem Lichte den Bescheid vom 21. Februar 2017, gelangt man zum Ergebnis, dass dieser – insoweit gesetzeskonform - auf die Abstellung einer Einwirkung auf Gewässer abzielte, wobei die Behörde in der Begründung des Bescheides ausdrücklich von der Anordnung der „Beseitigung der Maßnahme“ spricht. Die angeordneten Maßnahmen haben offensichtlich den Zweck, diese unerwünschte Gewässerverunreinigung zu unterbinden, wobei die Maßnahme Nr.1 jedoch eindeutig über den von § 138 Abs.1 lit.a WRG 1959 gedeckten Rahmen hinausgeht. Wenn in der Maßnahme Nr. 2 davon die Rede ist, dass die Abwässer aus Düngerlagerstätte und Laufstall über eine Rigolrinne in die bestehende Güllegrube einzuleiten sind, lässt sich dies im Sinne des Gesetzes dahingehend interpretieren, dass damit die Einbringung belasteter Wässer ins Gewässer verhindert werden soll, somit um die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abfuhr von Abwässern und nicht primär um die Herstellung einer bestimmten Anlage. Dementsprechend ist diese Maßnahme – dem Sinn und Zweck der bescheidmäßigen Vorschreibung zufolge - dann nicht verletzt, wenn etwa gar keine Abwässer anfallen oder die ordnungsgemäße Sammlung und Ableitung der genannten Abwässer anderweitig erfolgt. Daraus folgt aber auch, dass die genannte Maßnahme nicht schon allein deshalb verletzt würde, weil die Anbindung eines (in der Tatbeschreibung überdies nicht näher spezifizierten) Rigols an die Güllegrube nicht errichtet wurde.
2.3.3. § 44a Z 1 VStG stellt an den Spruch eines Straferkenntnisses die Anforderung, dass die als erwiesen angenommene Tat konkret umschrieben wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wenigstens seit dem grundlegenden Erkenntnis vom 03.10.1985, 85/02/0053, VwSlg 11894 A/1985, ist dieser Bestimmung dann entsprochen, wenn
? im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu wiederlegen und
? der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss die Tat nach Ort und Zeit, aber auch hinsichtlich der Umschreibung der anderen nach dem Tatbestand der übertretenen Rechtsvorschriften maßgeblichen Umständen konkret umschrieben sein. Diese Anforderungen müssen auch an die Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG gestellt werden (vgl. VwGH 26.06.2003, 2002/09/0005).
Der Spruch des Straferkenntnisses muss so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (z.B. VwGH 17.09.2014, 2011/17/0210).
2.3.4. Aus dem Umstand alleine – und nur dieser wurde den Beschwerdeführern vorgeworfen – dass (irgend)ein Rigol keine Verbindung zur Güllegrube aufweist, kann – wie bereits unter Punkt 2.3.2. dargelegt - also noch nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass der Maßnahme Nr. 2 des Bescheides vom 21. Februar 2017 nicht entsprochen wurde, da nach dem zuvor Gesagtem eine Verletzung dieser Anordnung nach ihrem Sinn und Zweck auch dann nicht vorliegt, wenn gar keine Abwässer anfallen oder diese anderweitig, z.B. durch über die vorhandene Sammelrinne beim Stall bzw. dem Ablauf bei der Düngerlagerstätte zur Güllegrube abgeleitet werden. Vielmehr hätte es des zusätzlichen (auf entsprechende Feststellungen zu gründenden) Vorwurfs bedurft, dass es deswegen zu weiteren Einwirkungen von aus Stall und/oder Düngerlagerstätte stammenden Abwässern während des angenommenen Tatzeitraumes auf ein Gewässer tatsächlich gekommen ist. Dies ist aber nicht geschehen.
Daraus ergibt sich aber, dass aus der vorliegenden Tatbeschreibung nicht zwingend die angenommene Verwaltungsübertretung folgt. Mit anderen Worten:
Das den Beschwerdeführern Vorgeworfene bildet keine Verwaltungsübertretung.
2.3.5. Somit war der Beschwerde des A Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren (im Rahmen des Tatvorwurfs) gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall VStG einzustellen.
2.3.6. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG war gegenständlich nicht zu lösen, handelte es sich jedoch um die Anwendung einer eindeutigen bzw. durch die (zitierte) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärten Rechtslage auf den Einzelfall bzw. geht es um grundsätzlich nicht revisible Fragen der Auslegung von Bescheiden. Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Verwaltungsstrafe; gewässerpolizeilicher Auftrag; Tatumschreibung; Konkretisierung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.1651.001.2020Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020