TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/13 W117 2233748-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.10.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Satz1
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z8
FPG §76 Abs3 Z9
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W117 2233748-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Guinea, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom 30.09.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 245746509/200934944, sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 8, Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF, § 1 Z 3 und Z 4 VwG-Aufwandersatzverordnung hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde am 30.09.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.

Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

(…)

F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher der Dolmetscherin? Haben Sie dazu Einwände?

A: Ich verstehe den Dolmetscher die Dolmetscherin gut und habe nichts gegen diesen einzuwenden

F: Sind Sie gesund?

A: Ja.

Sachverhalt

Ihre Asylanträge wurden rechtskräftig abgewiesen bzw. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ihr Aufenthalt ist illegal.

Gegen Sie liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot vor. Sie sind zur Ausreise verpflichtet und Ihre Abschiebung wird ehestmöglich erfolgen.

Die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates liegt vor.

Sie sind Ihrer Verpflichtung zur Meldung im gelinderen Mittel nicht nachgekommen, Sie sind untergetaucht. Sie sind in Österreich behördlich nicht gemeldet und eigenen Angaben zufolge auch nicht rückkehrwillig und Ihr Verhalten ist nicht kooperativ.

LA: Nehmen Sie dazu Stellung

A: Ich bin zum Franz Josef Bahnhof zur Polizeistation gegangen. Ich möchte nicht nach Hause zurück, ich finde das alles unfair, ich bin schon so lange hier in Österreich.

LA: Wo nehmen Sie Unterkunft in Österreich?

A: In der XXXX .

LA: Haben Sie Effekten zum Einholen?

A: Ja, dort in meinem Zimmer sind alle meine Sachen.

LA: Verfügen Sie über Barmittel?

A: Nein, keine.

Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie bis zur Realisierung der Abschiebung weiterhin in Haft verbleiben und in das PAZ rücküberstellt werden.

Mit im Spruch angeführtem Bescheid der Verwaltungsbehörde wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet.

A)       „Verfahrensgang

?        Sie reisten im August 2002 illegal mit dem Flugzeug nach Österreich ein und stellten am 26.08.2002 unter dem Namen XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, da Sie in Guinea verurteilt worden wären und gesucht werden würden.

?        Am 07.04.2003 (rk 11.04.2003) wurden Sie vom Jugendgerichtshof Wien unter der Aktenzahl 11 Hv 26/2003f wegen des teils versuchten, teils vollendeten Vergehens nach den §§ 27 Abs 1 und 2 Z 2 1. Fall SMG, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

?        Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.07.2003, Zl.: 02 23.479, wurde Ihr Asylantrag abgewiesen und Ihre Abschiebung für zulässig befunden, da Ihr Vorbringen nicht glaubhaft war. Der Bescheid erwuchs mit 26.07.2003 in Rechtskraft.

?        Am 11.12.2003 (rk 11.12.2003) wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen Wien unter der Aktenzahl 141 Hv 147/2003a wegen des Verbrechens – teils vollendet, teils versucht – nach den §§ 28 Abs 2, Abs 3 1. Fall SMG, 15 StGB und des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Monaten verurteilt.

?        Mit Bescheid der BPD Wien vom 01.07.2004, Zl.: III-1115756/FrB/04, wurde aufgrund Ihrer Straftaten und Ihrer Mittellosigkeit ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen Sie erlassen. Sie brachten Berufung gegen diesen Bescheid ein. Dieser wurde jedoch von der Sicherheitsdirektion Wien keine Folge gegeben (Bescheid vom 29.11.2004, Zl.: SD 1178/04).

?        Über Ihren Anwalt stellten Sie am 24.05.2005 schriftlich einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren musste jedoch mit 11.07.2005 als gegenstandslos eingestellt werden, da Sie trotz Ladungen nicht beim Bundesasylamt erschienen.

?        Am 28.02.2006 stellten Sie im Stande der Schubhaft Ihren nunmehr dritten Asylantrag. Diesmal gaben Sie den Namen XXXX an und nannten dieselben Gründe, jedoch leicht verändert, wie beim ersten Antrag.

?        Mit Bescheid der EASt Ost vom 15.03.2006, Zl.: 06 02.422, wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückgewiesen und es wurde eine Ausweisung gegen Sie erlassen. Sie brachten Berufung gegen diesen Bescheid ein. Diese wurde jedoch mit Bescheid des UBAS vom 24.04.2006, Zl.: 300.620-C1/E1-V/15/06, abgewiesen (rk 02.05.2006). Sie brachten daraufhin Beschwerde beim VwGH ein.

?        Am 25.04.2006 (rk 28.04.2006) wurden Sie vom Bezirksgericht Josefstadt unter der Aktenzahl 15 U 136/2006p wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Wochen verurteilt.

?        Mit Beschluss des VwGH vom 25.10.2006 wurde Ihnen die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

?        Mit Beschluss des VwGH vom 15.01.2009 wurde Ihre Beschwerde abgewiesen.

?        Am 18.05.2010 (rk 18.05.2010) wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen Wien unter der Aktenzahl 44 Hv 38/2010v wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 8. Fall, Abs 3 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 2. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt.

?        Am 26.03.2012 (rk 26.03.2012) wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen Wien unter der Aktenzahl 061 Hv 32/2012i wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt.

?        Am 10.04.2014 stellten Sie einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides bzgl. der Feststellung der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung gem. § 46a Abs 1a FPG und auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gem. § 46a Abs 2 FPG.

?        Mit Bescheid des BFA vom 03.04.2015 wurde Ihr Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abgewiesen, da Sie nicht an der Beschaffung eines Heimreisezertifikates mitgewirkt haben.

?        Am 22.11.2017 (rk 27.11.2017) wurden Sie vom Bezirksgericht Leopoldstadt unter der Aktenzahl 028 U 91/2017s wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 90 Tagessätzen zu je € 5,-- (€ 450,--) bzw. zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Tagen verurteilt.

?        Am 15.03.2018 stellten Sie neuerlich einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte.

?        Am 09.08.2018 stimmte die Botschaft von Guinea in Berlin einer HRZ-Ausstellung zu.

?        Am 20.09.2018 brachten Sie eine Säumnisbeschwerde bzgl. Ihres Antrages auf Ausstellung einer Duldungskarte ein.

?        Am 11.12.2018 wurden Sie von Beamten der LPD Wien festgenommen und in weiterer Folge in eine Justizanstalt eingeliefert.

?        Am 14.12.2018 zog die Diakonie die Säumnisbeschwerde zurück und gab bekannt, dass die Vollmacht zurückgelegt wird.

?        Mit Bescheid vom BFA vom 27.12.2018 wurde Ihr Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte abgewiesen. Der Bescheid erwuchs mit 01.02.2019 in Rechtskraft.

?        Am 07.03.2019 (rk 26.06.2019) wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen Wien unter der Aktenzahl 065 Hv 16/2019a wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 8. Fall, Abs 3 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren verurteilt.

(…)

-        Mit Bescheid des BFA vom 14.11.2019 wurden eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot befristet auf 10 Jahre gegen Sie erlassen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde aberkannt. Sie haben Beschwerde gegen diesen Bescheid eingebracht, bislang wurde die aufschiebende Wirkung vom BVwG jedoch nicht zuerkannt. Die Rückkehrentscheidung ist daher durchsetzbar.

(…)

?        Am 10.04.2020 wurden Sie bedingt aus der Strafhaft entlassen. Gegen Sie liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot vor. Sie sind zur Ausreise verpflichtet und Ihre Abschiebung wird ehestmöglich stattfinden.

?        Am 10.04.2020 wurde über Ihre Person Schubhaft verhängt.

?        (…)

?         Am 11.08.2020 erkannte das BVwG unter der Zahl W171 2233748-1/3E, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

?        Mit Schreiben vom 17.08.2020 ging bei der ho. Behörden ein Schreiben Ihrer Vertretung mit dem Ersuchen um Entlassung aus der Schubhaft ein und wurde dies damit begründet, dass eine Abschiebung von Ihrer Person offenbar unmöglich ist, da kein Heimreisezertifikat erlangt werden kann.

?        Am 26.08.2020 erfolgte aufgrund der Anhaltedauer eine weitere Vorlage des Schubhaftaktes an das BVwG, welches am 28.08.2020 unter der Zahl 115 2233748-1/3E erkannte, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

?        Am 28.08.2020 langte die Mitteilung ein, dass die Zustimmung zur HRZ-Ausstellung erfolgte.

-        Mit Bescheid vom 17.09.2020 wurde über Sie zur Sicherung der Abschiebung das gelindere Mittel angeordnet.

-        Am 30.09.2020 wurden Sie aufgrund eine vorliegenden und aufrechten Festnahmeauftrages im Sinne des § 40(1) 1 BFA-VG i.V.m. § 34/1/2 BFA-VG festgenommen.

-        Sie wurden am 30.09.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.

Der Schubbescheid wird Ihnen persönlich im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt.

?        Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

B)       Beweismittel

Es wurden alle in Ihrem Akt Zl. IFA 245746509 befindlichen Beweismittel sowie Ihre Befragungs- und Einvernahmeprotokolle herangezogen und gewürdigt.

C)       Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Ihre Identität steht fest. Sie heißen XXXX sind am XXXX in XXXX /Guinea geboren und somit volljährig. Sie sind Staatsangehöriger von Guinea.

Sie befinden sich derzeit im PAZ Wien Hernalser Gürtel in Schubhaft.

Sie sind gesund. Eine schwere bzw. lebensbedrohliche Krankheit konnte nicht festgestellt werden.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Ihre Asylanträge wurden rechtskräftig abgewiesen bzw. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ihr Aufenthalt ist illegal.

Eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot / Anordnung zur Außerlandesbringung gegen Ihre Person ist durchsetzbar. Eine Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates liegt vor.

Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

?        Sie sind nach Österreich illegal eingereist und halten sich bereits jahrelang, zuletzt seit 15.01.2009, unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

?        Sie sind in Österreich noch nie einer legalen, versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.

?        Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie im ersten Asylverfahren Ihre Identität zu verschleiern versuchten, indem Sie einen falschen Vornamen angaben, und Sie außerdem nicht an der Beschaffung eines Heimreisezertifikates mitwirkten.

?        Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

?        Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich. Stattdessen hielten Sie sich illegal im Bundesgebiet auf und begingen weitere Straftaten.

?        Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie das Vergehen der Körperverletzung und mehrfach Suchtmitteldelikte begingen.

?        Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

?        Sie sind in keinster Weise integriert, weil Sie keinerlei familiäre, soziale oder berufliche Bindungen in Österreich haben.

?        Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.

?        Sie kamen Ihren, im gelinderen Mittel gem. § 77 FPG angeordneten Verpflichtungen nicht nach

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Sie sind hier noch nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen.

Sie haben weder familiäre noch wesentliche private Bindungen in Österreich.

Sie wurden in Österreich straffällig und wegen Suchtmitteldelikten mehrfach verurteilt.

Eine nachhaltige Integration im Bundesgebiet ist nicht ersichtlich.

D)       Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 245746509., sowie aus Ihrer Einvernahme am 30.09.2020.

E)       Rechtliche Beurteilung

(…)


In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

(…);

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

(…);

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(…)

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Ziffer 1 ist in Ihrem Fall erfüllt, zumal Sie durch Ihr Verhalten und Ihre Angaben deutlich gemacht haben, dass Sie keinesfalls in Ihr Heimatland zurückwollen. Sie versuchten im ersten Asylverfahren Ihre Identität zu verschleiern. Sie haben weitere ungerechtfertigte Asylanträge mit derselben, leicht veränderten Begründung gestellt, um eine Abschiebung hinauszuschieben. Nach Ihrem 2. Antrag auf internationalen Schutz haben Sie auf Ladungen nicht reagiert, sodass das Verfahren als gegenstandslos eingestellt werden musste. Sie haben nicht an der Erlangung eines Heimreisezertifikates mitgewirkt. Sie tun alles um eine Abschiebung zu umgehen. Sie sind der behördlichen Meldeverpflichtung im gelinderen Mittel nicht nachgekommen und haben sich somit durch Untertauchen entzogen. Es ist daher auch davon auszugehen, dass Sie nach der Haftentlassung untertauchen werden.

Ziffer 3 ist in Ihrem Fall erfüllt, zumal bereits im Jahr 2004 ein Aufenthaltsverbot gegen Sie erlassen wurde, welches nun jedoch bereits abgelaufen ist. 2009 wurde eine gegen Sie erlassene Ausweisung vom VwGH bestätigt. Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung jedoch nie nachgekommen. Zuletzt wurde nun mit Bescheid vom 14.11.2019 eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot gegen Sie erlassen. Diese ist durchsetzbar. Aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann jedoch nicht angenommen werden, dass Sie nun Ihrer Ausreiseverpflichtung nachkommen werden, zumal Sie auch angekündigt haben dies nicht zu tun.

Ziffer 9 ist in Ihrem erfüllt, da Sie in Österreich in keinster Weise integriert sind. Sie haben keine Familienangehörigen im Bundesgebiet, keinen Wohnsitz und sind auch nie einer Beschäftigung nachgegangen. Sie haben im Zuge der Einvernahme vom 30.09.2020 zwar angegeben, dass Sie bei der XXXX , Unterkunft nehmen, allerdings verfügen Sie dort oder auch sonst in Österreich, wie Sie selbst angegeben haben, über keine derartigen Bindungen, dass ein Untertauchen ausgeschlossen werden kann. Dass Sie sich einer Abschiebung entziehen möchten, zeigt sich auch im Umstand, wonach Sie der Meldeverpflichtung im gelinderen Mittel nicht nachgekommen sind. Es ist daher anzunehmen, dass Sie zum Abschiebetermin für die Behörde nicht greifbar sein werden.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, weil Sie nicht in Ihr Heimatland zurück wollen, Sie eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, Sie keine Gesetze oder Anordnungen von Behörden achten und Ihre Abschiebung daher ehestmöglich erfolgen soll.
Die Entscheidung ist verhältnismäßig da die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates bereits vorliegt und die durchschnittliche Dauer der HRZ-Ausstellung 3-4 Monate beträgt.

Die Anordnung der Schubhaft ist auch in der aktuellen Situation im Zusammenhang mit dem Corona-Virus (COVID-19) als verhältnismäßig einzustufen. Entsprechend der medialen Berichterstattung werden zwar aktuell die Reisebewegungen weltweit und aus Österreich vermehrt eingeschränkt. Jedoch handelt es sich bei den derzeitigen Restriktionen um zeitlich begrenzte Maßnahmen. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall eine Abschiebung zwar vorübergehend nicht möglich ist, jedoch in den kommenden Wochen möglich sein wird. Mit Blick auf die höchstzulässige Schubhaftdauer iSd § 80 Abs. … FPG zeigt sich, dass die voraussichtliche Anhaltung in Schubhaft (in Hinblick auf einen realistischen Abschiebetermin) damit ohnehin deutlich länger andauert, als die Aufrechterhaltung der aktuellen Pandemie-Restriktionen gegenwärtig zu erwarten ist. Das Bundesamt für Fremdenswesen und Asyl wird, sobald die aktuellen Pandemiemaßnahmen zurückgenommen werden, die Abschiebung ehestmöglich realisieren.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Sie haben keinen aufrechten Wohnsitz und sind in Österreich noch nie einer legalen, versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen. Sie haben keine Verwandten im Bundesgebiet. Sie haben in der Einvernahme zwar angeführt, dass Sie in Wien bei der Diakonie wieder Unterkunft nehmen könnten, allerdings kann die Behörde aufgrund Ihrer fehlenden Bindungen nicht davon ausgehen, dass Sie zum Abschiebetermin dann dort auch greifbar sein werden. Sie sind Ihrer Meldeverpflichtung im gelinderen Mittel nicht nachgekommen. Sie haben in Österreich kein derart stabiles Umfeld, dass ein Untertauchen, um eine Abschiebung zu verhindern, ausgeschlossen werden kann.

(…)

Sie wurden in Österreich bereits insgesamt 6 Mal wegen Suchtmitteldelikten und einmal wegen Körperverletzung verurteilt, das erste Mal gleich nur ein halbes Jahr nach Ihrer Einreise. Acht Monate darauf wurden Sie schon zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Es folgten weitere unbedingte, nicht geringe Freiheitsstrafe wegen Suchtmitteldelikten und eine Geldstrafe wegen Körperverletzung, bis Sie wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften schließlich zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurden, welche Sie derzeit absitzen. Sie waren bereits mehrmals in Haft. Doch das war Ihnen alles keine Lehre. Wie man bei Ihnen sieht, ist die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten besonders groß. Dazu kommt noch Ihre finanzielle Lage. Sie wollten sich wohl durch den Verkauf von Suchtgift etwas dazuverdienen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie vor Ihrer Ausreise weitere Straftaten begehen würden, ist daher sehr hoch. Die Sicherstellung Ihrer baldigen Abschiebung liegt jedenfalls im öffentlichen Interesse.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Sie haben sich bisher in keinster Weise an die österreichische Rechtsordnung gehalten. Sie haben deutlich klargestellt, dass Sie nicht in Ihr Heimatland zurückwollen. Sie sind der periodischen Meldeverpflichtung im gelinderen Mittel nicht nachgekommen. Sie respektieren keine Anordnungen der Behörde. Es besteht erhebliche Fluchtgefahr. Außerdem soll Ihnen jegliche Möglichkeit genommen werden wieder straffällig zu werden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Sie laborieren an keinen lebensgefährlichen und/oder chronischen Krankheiten, Sie gaben an gesund zu sein.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.“

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid und die darauf basierende Anhaltung binnen offener Frist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen; der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gem. VwG Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, auferlegen.

Der Beschwerdeführer begründete seine Beschwerde wie folgt (Hervorhebungen gemäß der Beschwerde):

„(…)

1. Sachverhalt (Kurzdarstellung)

Der BF reiste im Jahr 2002 nach Österreich ein und hält sich seither ununterbrochen im Bundesgebiet auch. Am 26.08.2002 stellte der BF einen Asylantrag in Österreich. Mit Bescheid des BAA vom 7.7.2003 wurde der Asylantrag des BF abgewiesen. In den Jahren 2005 und 2006 stellte der BF weitere Asylanträge, welche auch keinen positiven Ausgang hatten. Auch ein Duldungsantrag des BF wurde abgewiesen. Der BF wurde mehrfach wegen verstoßen gegen das SMG verurteilt.

Mit Bescheid des BFA vom 14.11.2019 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und ein 10 jähriges Einreiseverbot verhängt.

Der BF hat bereits versucht ein Heimreisezertifikat von dessen Botschaft in Berlin zu erhalten. Dies wurde jedoch von Seiten der Botschaft abgelehnt, da der BF nicht als Staatsbürger Guineas identifiziert werden konnte.

Der BF befindet sich weiterhin in Grundversorgung und hat einen Wohnplatz in einem Wohnhaus der Diakonie. Dies wurde dem BFA auch in einer Stellungnahme in Zusammenhang mit einer geplanten Schubhaftverhängung vom BF vorgebracht.

Gegen den BF wurde mittels Bescheid vom 17.09.2020 das gelindere Mittel zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Wie in weiterer Folge dargestellt wird, hätte mit dem gelinderen Mittel auch weiterhin das Auslangen gefunden werden können und erweisen sich daher die Verhängung der Schubhaft und fortdauernde Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig.

2. Mangelhafte Begründung der Fluchtgefahr und der Nichtsanwendung des gelinderen Mittels Der angefochtene Bescheid leidet an wesentlichen Begründungsmängeln. Die belangte Behörde begründet das Vorliegen von Fluchtgefahr mit den Ziffer 1, 3 und 9.

Tatsächlich hat der BF am Verfahren mitgewirkt, aber wurde ihm in der Vergangenheit kein HRZ ausgestellt. Daher kann man dem BF nicht vorwerfen er hätte seine Mitwirkungspflicht im fremdenpolizeilichen Verfahren verletzt.

Beweis: Bestätigung der Botschaft Guineas in Berlin, vom 14.2.2018

Der BF hat weiterhin eine Wohnmöglichkeit in einem Haus der Diakonie du wird sich dem Verfahren nicht entziehen. Es gibt bereits eine Zuweisung zum Haus Neu Albern, Neu Albern 2, 1110, Wien und hat sich der BF zuletzt dort aufgehalten. Der BF benötigt für die Aufnahme in die Grundversorgung einen Identitätsnachweis vom BFA:

Beweis: mündliche Verhandlung vor dem BVwG

Kurz zusammengefasst besteht keine Fluchtgefahr bzw. wurde diese von der erstinstanzlichen Behörde nur mangelhaft begründet. Aufgrund der möglichen Unterbringung in einer betreuten Unterkunft der Diakonie, wäre jedenfalls eine Fortsetzung des gelinderen Mittels möglich und erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig.

(…)“

Die Verwaltungsbehörde legte den Schubhaftakt vor und gab eine Stellungnahme ab:

„(…)

Der Beschwerde muss entgegengehalten werden, dass im Schubbescheid die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet wurden.

Wie bereits im Schubbescheid begründet, ist der BF nicht bereit behördliche Auflagen einzuhalten und setzt alles daran im Bundesgebiet zu verbleiben. Aufgrund der fehlenden Ausreisewilligkeit wird der BF alles unternehmen, um sich der drohenden Abschiebung zu entziehen. In der Vergangenheit verwendete der BF mehrere Identitäten und versuchte dadurch die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu verhindern bzw. zu verzögern.

(…)

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass der BFA untergetaucht wäre, um sich dem Verfahren der Abschiebung nach Guinea zu entziehen, als schlüssig anzusehen war.

Der Sicherungsbedarf war somit gegeben

1.       die Beschwerde als unbegründet abweisen bzw. unzulässig zurückzuweisen,

2.       gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen

3.       den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

(…)“

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Die von der Verwaltungsbehörde im oben angeführten Schubhaftbescheid gemachten Ausführungen im Rahmen der Rubrik „Verfahrensgang“ sowie die getroffenen und im gegenständlichen Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Aufgrund der gänzlichen Aktenwidrigkeit der Beschwerde wird aber wiederholend festgestellt:

„Am 28.08.2020 langte die Mitteilung ein, dass die Zustimmung zur HRZ-Ausstellung erfolgte.

Sie kamen Ihren, im gelinderen Mittel gem. § 77 FPG angeordneten Verpflichtungen nicht nach.“

Es bestand und besteht (daher) erhebliche Fluchtgefahr; die Abschiebung ist (daher) sehr realistisch.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Schubhaftbescheid übernommenen Feststellungen und aus dem Verfahrensgang übernommenen Sachverhaltsparameter ist auf die eindeutige Aktenlage im Zusammenhang mit den erwägenden Ausführungen der Verwaltungsbehörde zu verweisen, die großteils in der Beschwerde nicht in Kritik gezogen wurden;

Die Beschwerdeausführungen mit Zielrichtung Nichtbestehen von Fluchtgefahr und weiterer Anwendung eines gelinderen Mittels sowie Nichtrealisierung des Schubhaftzwecks sind, wie schon angeführt aktenwidrig.

a) Zur Fluchtgefahr

Die Landespolizeidirektion Wien teilte mit Email vom 23.09.2020 der Verwaltungsbehörde mit, dass der Beschwerdeführer „seiner Meldeverpflichtung unter Pol GZ: PAD/20/1675688/FN bis dato nicht nachkam“ – den Beschwerdeführer war ja mit Bescheid vom 17.09.2020,IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 245746509/200879781, das gelindere Mittel in Form der periodischen Meldeverpflichtung; “Sie haben sich beginnend mit 18.09.2020 jeden Tag bei der Polizeiinspektion Wien Hernalser Gürtel, 1080 Wien Hernalser Gürtel 6 - 12 regelmäßig zu melden.” aufgetragen worden.

Inwiefern die Beschwerde nicht von erheblicher Fluchtgefahr ausgeht und weiter ein gelinderes Mittel für den Beschwerdeführer angewendet wissen will, ist daher nicht nachvollziehbar.

Die Fluchtgefahr war und ist daher gerade aktuell!! vor dem Hintergrund dieses Verhaltens als mehr als erheblich anzusehen.

b) Zur Realisierbarkeit des Schubhaftzweckes:

Auch der diesbezügliche Teil des Beschwerdevorbringens ist aktenwidrig, stützt sich doch die Beschwerde auf eine zwei Jahre alte Auskunft der Vertretungsbehörde Guineas.

Wie aber gleichfalls – bereits im Rahmen des Verfahrensganges angeführt – hatte die Vertretungsbehörde mit Schreiben vom 28. August 2020 die Zustimmung zur Erteilung eines HRZ ausdrücklich erteilt:

„The Embassy of Guinea in Berlin presents its compliment also to the Federal Office for Immigration and accepts to issue the travel certificate for Mr. XXXX XXXX . we need 2 passfotos and the Processing costs 55 Euro.“

Damit steht eindeutig fest, dass die Abschiebung des mittlerweile identifizierten Beschwerdeführers nur eine Frage der Zeit ist.

Da der Sachverhalt als geklärt anzusehen war, war von der Durchführung einer Verhandlung Abstand zu nehmen; eine Verhandlung wurde auch nicht vom Beschwerdeführer beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchpunkt A) I. (Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung):

Gesetzliche Grundlagen:

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlage:

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Vor dem Hintergrund des aktuell feststehenden Sachverhaltes, welcher aber bereits dem angeführten Mandatsbescheid zugrunde gelegt wurde und auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren waren – die nachprüfende Kontrolle bestätigte das bereits von der Verwaltungsbehörde erzielte Ergebnis – wird daher die rechtliche Beurteilung des Schubhaftbescheides zur rechtlichen Beurteilung erhoben: Die Verwaltungsbehörde hatte im Ergebnis zutreffend den Sachverhalt dem Tatbestand des § 76 Abs. 2 Z 1 und § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und 9 FPG unterstellt:

In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Verwaltungsbehörde den Umstand der Verletzung der Meldeverpflichtung auch bereits rechtlich würdigte, allerdings nur im Zusammenhalt mit §76 Abs. 3 Z 9 FPG

„Dass Sie sich einer Abschiebung entziehen möchten, zeigt sich auch im Umstand, wonach Sie der Meldeverpflichtung im gelinderen Mittel nicht nachgekommen sind. Es ist daher anzunehmen, dass Sie zum Abschiebetermin für die Behörde nicht greifbar sein werden.“

Damit wäre aber auch offensichtlich §76 Abs. 3 Z 8 FPG erfüllt – siehe Fortsetzungsausspruch.

Da der Beschwerdeführer bis zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht lange in Schubhaft angehalten wird, erweist sich die bisherige Anhaltung auch in zeitlicher Hinsicht als verhältnismäßig. Irgendwelche Umstände, welche die Verhältnismäßigkeit der bisherigen Anhaltung auch nur ansatzweise relativieren, sind nicht hervorgekommen.

Weil der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung so gänzlich missachtet – siehe strafrechtliche Verurteilungen und jüngste Verletzung der Meldeverpflichtung –, er also so gar nicht kooperationswillig ist, war und ist dem Interesse des Staates am Vollzug fremdenrechtlicher Normen jedenfalls der Vorrang gegenüber dem Interesse des Beschwerdeführers an seiner Freiheit einzuräumen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und der Schubhaftbescheid sowie die darauf aufbauende Anhaltung zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt A II. (Fortsetzung der Anhaltung):

Die entscheidungsrelevante Bestimmungen des § 22 Abs. 3 BFA-VG idgF lautet:

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

All das soeben Gesagte gilt auch für den Ausspruch der Fortsetzung der Haft.

Die Nichtbefolgung des gelinderen Mittels erfüllt aber unzweifelhaft auch den Tatbestand des §76 Abs. 3 Z 8 FPG; gerade durch dieses Verhalten des Beschwerdeführers stellt sich die Gefahr des Untertauchens im Entscheidungszeitpunkt als (mehr als) aktuell dar.

Ein gelinderes Mittel ist daher nicht einmal ansatzweise anzudenken.

Nochmals ist auf die Realisierbarkeit des Schubhaftzweckes hinzuweisen, sodass sich auch die weitere nur wegen der aktuellen Covid-19-Krise prolongierte Anhaltung, die aber der Beschwerdeführer wegen Nichtbefolgung des Gelinderen Mittels einzig und allein zu verantworten hat, jedenfalls als nicht unverhältnismäßig darstellt.

In diesem Sinne ist die Fortsetzung der Haft auszusprechen.

Zu Spruchpunkt III. und IV (Kosten):

In der Frage des Kostenanspruches – beide Verfahrensparteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen - sind gemäß § 56 (3) leg. cit. die §§22 (1a) leg. cit. und § 35 VwGVG die maßgeblichen Normen - diese lauten:

§22 (1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Be schwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schub

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten